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E-Akte


Begriff und Definition der E-Akte

Die E-Akte („elektronische Akte“) bezeichnet eine digitale Aktenführung auf Grundlage elektronisch gespeicherter Informationen, die sowohl das gesamte Aktenmanagement als auch den Dokumentenbestand nach rechtlichen Vorgaben organisiert. Die E-Akte tritt an die Stelle der papierbasierten Akte und ermöglicht eine revisionssichere, nachvollziehbare elektronische Verwaltung von Schriftstücken, Urkunden, Vermerken und sonstigen Dokumenten. Sie wird insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, Justiz und zunehmend in Unternehmen eingesetzt und unterliegt vielfältigen rechtlichen Anforderungen bezüglich Datenschutz, Archivierung, Zugriffsschutz und Nachvollziehbarkeit.

Rechtliche Grundlagen der E-Akte

Einführung der E-Akte im öffentlichen Sektor

Die Einführung der elektronischen Akte ist gesetzlich, insbesondere für Behörden und Gerichte in Bundes- und Landesgesetzen, geregelt. Zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen zählen:

  • E-Government-Gesetz des Bundes (EGovG)

Das EGovG regelt seit 2013 die grundlegenden Pflichten zur elektronischen Aktenführung in Bundesbehörden. Nach § 6 EGovG haben Behörden des Bundes bei der Führung von Akten elektronische Systeme zu verwenden, sofern keine Ausnahmen greifen.

  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und Landesverfahrensgesetze

Das VwVfG und die Landesgesetze enthalten Regelungen zur elektronischen Kommunikation und Aktenführung, insbesondere in §§ 3a und 99 VwVfG.

  • Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERV-Gesetz)

Das ERV-Gesetz schreibt für die Justiz die schrittweise Einführung der E-Akte vor und regelt die Übermittlung und Speicherung elektronischer Dokumente.

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), Zivilprozessordnung (ZPO) und weitere Verfahrensordnungen

Diese Gesetze enthalten spezifische Vorschriften zum Umgang mit elektronischen Akten und Dokumenten im gerichtlichen Verfahren (§ 130d ZPO u.a.).

Technische und organisatorische Anforderungen

Beweiswert und Integrität

Die elektronische Akte muss die gleichen rechtlichen Anforderungen erfüllen wie die Papierakte, insbesondere bezüglich Beweissicherheit, Vollständigkeit und Unverfälschbarkeit. Die Integrität der Daten ist durch technische Maßnahmen wie elektronische Signaturen, Zeitstempel und Protokollierung von Zugriffen sicherzustellen. Die regelhafte Verwendung qualifizierter elektronischer Signaturen gemäß der eIDAS-Verordnung (EU Nr. 910/2014) gewährleistet die Authentizität elektronisch eingereichter Unterlagen.

Datenschutz und Datensicherheit

Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen der E-Akte unterliegt unmittelbar den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Zu berücksichtigen sind unter anderem:

  • Zweckbindung und Erforderlichkeit („need to know“-Prinzip)
  • Schutz vor unbefugtem Zugriff durch technische und organisatorische Maßnahmen (§ 9 BDSG, Art. 32 DSGVO)
  • Pflicht zur Protokollierung sämtlicher Zugriffe und Bearbeitungsschritte
  • Lösch- und Archivierungspflichten gemäß Rechts- und Aufbewahrungsvorschriften

Aufbewahrung und Archivierung

Digitale Akten unterliegen den archivrechtlichen Bestimmungen, insbesondere §§ 257 HGB, 147 AO und Archivgesetze des Bundes und der Länder. Die E-Akte muss so geführt werden, dass eine lückenlose und nachvollziehbare Speicherung und ggf. Löschung oder Überführung in ein Archivsystem möglich ist. Archivierte elektronische Dokumente sollen unveränderbar, recherchierbar und langfristig lesbar sein.

Elektronische Akte in der Justiz

Elektronischer Rechtsverkehr

Mit Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs werden prozessuale Vorgänge und Verfahrensdokumente zunehmend ausschließlich in elektronischer Form als Bestandteil der E-Akte erhoben. Nach § 130d ZPO, § 32a StPO, § 55a VwGO, § 46g ArbGG und anderen Verfahrensordnungen sind professionelle Einreichungen von Anwälten und Behörden an Gerichte grundsätzlich elektronisch einzureichen. Die E-Akte gilt als authentische Verfahrensakte.

Einsichtsrechte und Zugang

Beteiligte eines Verfahrens erhalten durch gesetzlich geregelte Einsichtsrechte Zugriff auf die elektronische Akte. Hierzu werden technische Lösungen wie elektronische Postfächer, Webportale und gesicherte Übermittlungswege verwendet. Der Schutz sensibler Daten und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung werden über spezifische Zugangsbeschränkungen gewährleistet.

Beweisrechtliche Aspekte

Die E-Akte genießt grundsätzlich Beweiskraft im Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozess, sofern ihre Echtheit, Integrität und Unveränderbarkeit nachgewiesen werden können. Elektronische Signaturen und Protokollierungssysteme werden als Mittel zur Sicherstellung des Beweiswerts eingesetzt.

Besondere Herausforderungen und Grenzen

Migration und Interoperabilität

Die Umsetzung der E-Akte erfordert häufig Umstrukturierungen und technische Neuentwicklungen von Aktenführungssystemen. Besondere Bedeutung kommt der Interoperabilität zwischen verschiedenen Behörden und Justizeinrichtungen zu, damit elektronische Akten übergreifend bearbeitet werden können. Hierzu existieren technische Standards und Schnittstellen, etwa XJustiz oder xAusländer.

Recht auf Vergessenwerden und Löschungspflichten

Im Rahmen der DSGVO ergeben sich besondere Herausforderungen für elektronische Akten bezüglich Löschung, Anonymisierung und Sperrung von personenbezogenen Daten. Die E-Akte muss die Möglichkeit bieten, selektive Löschungen und vollumfängliche Datensperren umzusetzen.

Zukunftsperspektiven der E-Akte

Die E-Akte ist ein zentraler Bestandteil der Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, Justiz und auch anderer Bereiche wie dem Gesundheitswesen und der Wirtschaft. Mit dem Fortschreiten der technischen Entwicklung und fortlaufender rechtlicher Anpassung wird die E-Akte mittelfristig flächendeckend zur verbindlichen Aktenführung in vielen Verfahren.

Fazit

Die E-Akte ist rechtlich umfassend geregelt und stellt einen Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Verwaltung und Justiz dar. Sie unterliegt komplexen Anforderungen hinsichtlich Datenschutz, Datensicherheit, Beweiskraft, Archivierung und Verfahrensrecht. Die weitere Entwicklung der Normen und Technik bleibt dabei maßgeblich von rechtlichen, organisatorischen und technologischen Fortschritten geprägt. Die Beachtung und Umsetzung der geltenden Regelungen ist Voraussetzung für einen rechtssicheren und effizienten Einsatz der elektronischen Akte.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, auf die E-Akte zuzugreifen, und wie wird der Zugriff rechtlich geregelt?

Der Zugriff auf die E-Akte ist im deutschen Recht streng reguliert, um Datenschutz und Vertraulichkeit sensibler Informationen zu gewährleisten. Grundsätzlich dürfen nur solche Personen Zugriff erhalten, die entweder aufgrund ihrer Stellung im Verfahren oder aufgrund ausdrücklich gesetzlicher Regelungen dazu berechtigt sind. Hierzu gehören in erster Linie Verfahrensbeteiligte, ihre gesetzlichen Vertreter und gegebenenfalls beigeordnete Anwälte. Gerichte und Verwaltungsbehörden bestimmen auf Basis des § 299 ZPO (Zivilprozessordnung) beziehungsweise vergleichbarer Vorschriften in anderen Verfahrensordnungen, wer Akteneinsicht nehmen darf. Die technische Umsetzung erfolgt über gesicherte Zugriffssysteme, deren Nutzung protokolliert und regelmäßig überprüft wird. Einwilligungen oder Ablehnungen werden dokumentiert, sodass jederzeit nachgewiesen werden kann, wann welcher Zugriff aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage erfolgte. Die Rechte und Pflichten der Nutzer sind dabei klar zu regeln und Verstöße gegen Zugriffsregeln werden mit Sanktionen versehen. Auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangen, dass personenbezogene Daten in der E-Akte gesichert und Zugriffe darauf auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei der Archivierung und Aufbewahrung von E-Akten?

Die Archivierung und Aufbewahrung von E-Akten unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere in Bezug auf Fristen, Unveränderbarkeit und den Datenschutz. Die Aufbewahrungsfristen ergeben sich aus spezialgesetzlichen Regelungen, zum Beispiel nach den §§ 257 HGB, 147 AO, und weiteren Verwaltungsvorschriften. Für gerichtliche oder behördliche Akten gelten spezialgesetzliche Fristen, die in Prozessordnungen wie der ZPO, der StPO (Strafprozessordnung) oder Verwaltungsvorschriften niedergelegt sind. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind E-Akten zu vernichten oder zu löschen, wobei hierfür regelmäßig ein Löschkonzept gemäß Art. 17 DSGVO erforderlich ist. Während der Aufbewahrung besteht eine Pflicht zur Wahrung der Unveränderbarkeit und Authentizität der Unterlagen. Dies wird in der Regel durch technische Maßnahmen wie digitale Signaturen und Protokollierung von Zugriffen und Veränderungen gewährleistet. Darüber hinaus muss jederzeit nachvollziehbar sein, wer wann Einsicht genommen oder Veränderungen vorgenommen hat. Die Archivierung darf nur unter Beachtung der Geheimhaltungspflichten und datenschutzrechtlicher Vorgaben erfolgen.

Wie wird die Integrität und Authentizität von Dokumenten in der E-Akte rechtlich sichergestellt?

Die rechtliche Sicherstellung der Integrität und Authentizität von Dokumenten in der E-Akte basiert auf mehreren gesetzlichen Anforderungen und technischen Vorgaben. Nach § 130b ZPO und § 32a StPO müssen elektronische Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, wenn sie bei Gerichten oder Behörden eingereicht werden. Diese Signaturen dienen dazu, die Echtheit des Absenders zu gewährleisten (Authentizität) sowie die Unversehrtheit (Integrität) des Dokuments sicherzustellen. Ferner werden Änderungen an den Inhalten durch ein revisionssicheres Protokollierungssystem erfasst und dokumentiert. Die eingesetzten Dokumentenmanagementsysteme müssen anerkannten Sicherheitsstandards entsprechen, wie etwa den Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Bei Verstößen gegen diese Anforderungen können Dokumente im Gerichtsverfahren als nicht existent oder nicht beweiskräftig bewertet werden.

Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen sind bei der Nutzung der E-Akte zu erfüllen?

Die Nutzung der E-Akte ist aufgrund der enthaltenen personenbezogenen und vertraulichen Daten besonders datenschutzsensibel. Nach Art. 5 und Art. 32 DSGVO müssen personenbezogene Daten in der E-Akte so verarbeitet werden, dass sie vor unbefugtem Zugriff, Verlust oder Manipulation geschützt sind. Dies erfordert technische und organisatorische Maßnahmen wie Verschlüsselung, Zugangsbeschränkungen, Protokollierung der Zugriffe und regelmäßige Datenschutz-Folgenabschätzungen nach Art. 35 DSGVO, insbesondere wenn sensible Daten in großem Umfang verarbeitet werden. Verantwortliche Stellen müssen Betroffene nach Art. 13 DSGVO über die Datenverarbeitung informieren und ihnen Rechte auf Auskunft, Berichtigung und Löschung (Art. 15-17 DSGVO) gewähren. Bei Datenschutzverletzungen greift die Meldepflicht gem. Art. 33 DSGVO. Die E-Akte darf zudem nur zu dem ursprünglich vorgesehenen Zweck genutzt werden, eine Zweckänderung ist nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Übermittlung und Kommunikation von E-Akten bzw. elektronischen Dokumenten zwischen Behörden und Gerichten?

Die Übermittlung von E-Akten und elektronischen Dokumenten zwischen Behörden und Gerichten ist in verschiedenen Rechtsnormen zum Schutz der Vertraulichkeit und Integrität geregelt. Nach § 130a ZPO und § 32a StPO müssen elektronische Dokumente auf sicheren Übermittlungswegen, wie dem besonderen elektronischen Behördenpostfach (beBPo) oder dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA), versandt werden. Diese Systeme gewährleisten eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sowie eine sichere Identifikation der Kommunikationspartner. Die Übermittlung und der Empfang elektronischer Akten sind zu protokollieren, um Nachweis und Nachvollziehbarkeit der erfolgten Kommunikation zu gewährleisten. Verstöße gegen die zulässigen Übermittlungswege können zur Unwirksamkeit der Übermittlung bzw. zur Ablehnung der Akteneinsicht führen. Darüber hinaus gilt das Legalitätsprinzip: Die Übermittlung ist nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen oder ausdrücklich genehmigt wurde.

Welche Rolle spielen elektronische Siegel und Signaturen im Rahmen der E-Akte rechtlich gesehen?

Elektronische Siegel und elektronische Signaturen sind zentrale rechtliche Instrumente zur Sicherstellung von Authentizität und Integrität von Dokumenten in der E-Akte. Eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) ist nach § 126a BGB sowie § 130b ZPO erforderlich, wenn ein elektronisches Dokument die Schriftform ersetzen soll. Sie garantiert, dass das Dokument von einer bestimmten Person stammt und seit der Unterzeichnung nicht verändert wurde. Das elektronische Siegel dient vorwiegend zur Sicherstellung der Herkunft und zur Integrität von Dokumenten, die von Behörden oder Unternehmen stammen. Ein fehlendes oder ungültiges Siegel/Signatur kann zur Folge haben, dass das elektronische Dokument rechtlich nicht anerkannt oder im Verfahren nicht berücksichtigt wird.

Wie wird das Recht auf Akteneinsicht bei der E-Akte im Prozesssicherungsrecht ausgestaltet?

Das Recht auf Akteneinsicht in Bezug auf die E-Akte ist prozessual durch die jeweiligen Verfahrensordnungen – etwa § 299 ZPO, § 147 StPO oder auch die VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) – geregelt. Die Akteneinsicht kann auf Antrag gewährt werden, soweit schutzwürdige Interessen Dritter oder gesetzliche Geheimhaltungspflichten dem nicht entgegenstehen. Im elektronischen Kontext bedeutet das, dass der Zugang zu digitalen Akten nur nach vorheriger Prüfung der Zulässigkeit und unter Einhaltung entsprechender Sicherungsmaßnahmen gewährt wird, etwa durch beschränkte, zeitlich begrenzte Online-Zugänge. Gesetzlich ist sicherzustellen, dass alle Einsichtsnahmen protokolliert und nachvollziehbar sind, und dass unbefugte Einsichtnahme unterbunden wird. Zudem ist häufig die Pflicht gegeben, bestimmte Daten vor der Einsicht zu schwärzen oder anderweitig unkenntlich zu machen, um etwa den Schutz von personenbezogenen Daten oder Geschäftsgeheimnissen zu gewährleisten.