Legal Lexikon

Durchgang


Begriffserklärung: Durchgang (Recht)

Der Begriff „Durchgang” bezeichnet im rechtlichen Kontext die Duldung oder das Recht, einen fremden Grund und Boden zu betreten oder zu überschreiten, insbesondere zu dem Zweck, ein eigenes Grundstück zu erreichen. Dabei nimmt der Begriff in unterschiedlichen Rechtsgebieten, wie dem Nachbarrecht, Sachenrecht, öffentlichen Recht sowie im Rahmen von Wegerechten eine zentrale Bedeutung ein. Der „Durchgang” kann auf vertraglicher Grundlage, kraft Gesetzes oder aufgrund behördlicher Anordnung bestehen und unterliegt jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen.


Durchgang im Sachenrecht

Wegerecht und Dienstbarkeit

Das Sachenrecht regelt den Durchgang meist im Zusammenhang mit sogenannten Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 ff. BGB). Hierbei handelt es sich um ein Nutzungsrecht, das zugunsten eines herrschenden Grundstücks und zulasten eines dienenden Grundstücks eingeräumt wird.

Grunddienstbarkeit „Geh- und Fahrrecht”

Ein Recht zum Durchgang wird typischerweise als Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- oder Fahrrechts bestellt. Dies erlaubt der berechtigten Person, das Grundstück des Verpflichteten zum Zweck des Durchgangs oder der Durchfahrt in einem festgelegten Umfang zu nutzen. Die Ausgestaltung richtet sich nach den jeweils im Grundbuch festgehaltenen Bedingungen.

Entstehung und Eintragung

Die wirksame Begründung des Durchgangsrechts als Grunddienstbarkeit erfordert grundsätzlich die notarielle Beurkundung der Einigung und die Eintragung im Grundbuch des belasteten Grundstücks. Es handelt sich hierbei um ein dingliches Recht, das gegenüber jedermann wirkt.

Umfang und Grenzen des Durchgangsrechts

Inhalt und Umfang des Durchgangs bestimmen sich nach der jeweiligen Einigung der Parteien sowie dem Gebot der Schonung des dienenden Grundstücks. Die Inanspruchnahme darf nicht weiter gehen, als es zur zweckgemäßen Ausübung erforderlich ist.

Notwegerecht (§ 917 BGB)

Fehlt einem Grundstück jeglicher Zugang zur öffentlichen Straße, kann nach § 917 BGB ein sogenanntes Notwegerecht entstehen. Der Eigentümer des abgeschlossenen Grundstücks kann von seinem Nachbarn verlangen, das Betreten oder Befahren des benachbarten Grundstücks zu dulden, sofern dies zur ordnungsgemäßen Benutzung erforderlich ist. Für die Duldung des Notwegs ist in der Regel eine angemessene Entschädigung zu leisten.


Durchgang im Nachbarrecht

Überbau und Überhang

Das Nachbarrecht behandelt den Durchgang auch im Zusammenhang mit Überbau (§ 912 BGB) und Überhang (§ 910 BGB). Ist etwa durch eine bauliche Anlage oder den Bewuchs ein Zugang zu einem Grundstück versperrt, kann ein Anspruch auf Duldung eines vorübergehenden Durchgangs entstehen, etwa zum Zwecke der Instandhaltung oder Beseitigung von Bauteilen oder überhängenden Ästen.

Betretungsrechte zu Instandhaltungszwecken

§ 24 des Nachbarrechtsgesetzes der Länder regelt oftmals ein Betretungsrecht benachbarter Grundstücke, sofern dies zur Errichtung, Änderung oder Instandhaltung von Grenzbauten erforderlich ist. Dieses Recht umfasst regelmäßig den Durchgang und Aufenthalt auf dem Nachbargrundstück im benötigten Umfang. Voraussetzung ist in der Regel eine vorherige rechtzeitige Ankündigung und Rücksichtnahme.


Durchgang im öffentlichen Recht

Öffentlich-rechtliche Wegerechte

Im öffentlichen Recht werden Durchgangsrechte vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Wegegesetzen oder im Straßen- und Wegerecht behandelt. So können beispielsweise Gemeinden öffentliche Wege als Durchgang oder Durchfahrt für jedermann widmen. Die Nutzung ist dann jedermann gestattet, wobei Beschränkungen durch Verordnungen oder Einzelgenehmigungen möglich bleiben.

Wegfall oder Einschränkung des öffentlichen Durchgangs

Die dauerhafte Sperrung eines öffentlichen Weges für den Durchgang bedarf regelmäßig einer entsprechenden straßenrechtlichen Entwidmung. Bis zur Entwidmung können Anlieger und Fußgänger ihr Durchgangsrecht weiterhin ausüben.


Vertraglicher Durchgang (Widerruf, Beschränkung, Haftung)

Ursprünge und Ausgestaltung

Vertragliche Durchgänge entstehen durch vertragliche Vereinbarungen, beispielsweise in Miet-, Pacht- oder sonstigen schuldrechtlichen Verträgen. Die Parteien können Umfang, Dauer, Zweck sowie sonstige Bedingungen festlegen.

Widerruf und Beschränkungen

Das Recht zum Durchgang kann grundsätzlich beschränkt oder widerrufen werden – sofern dies vereinbart wurde oder gesetzliche Vorschriften dies erlauben. Eine eigenmächtige Aufhebung des Durchgangsrechts stellt in der Regel einen Vertragsverstoß dar.

Haftung bei Schäden

Bei der Ausübung eines Durchgangsrechts haftet die berechtigte Person grundsätzlich für alle durch unsachgemäße Benutzung oder schuldhaft verursachte Schäden am Grundstück des Belasteten. Im Gegenzug hat der Verpflichtete für die Sicherheit des Durchgangs Sorge zu tragen, sofern er Verkehrssicherungspflichten übernommen hat oder diese gesetzlich bestehen.


Durchgang im Mietrecht

Im Mietrecht ist der Durchgang insbesondere beim Zugang zu Mieträumen oder gemeinschaftlich genutzten Flächen relevant. Der Vermieter muss sicherstellen, dass der Mieter einen ungehinderten Zugang zu den Mieträumen hat. Darüber hinaus können Mitmieter oder Dienstleister ein vertragliches oder faktisches Durchgangsrecht erhalten, welches detailliert im Mietvertrag geregelt sein sollte.


Strafrechtliche Aspekte des Durchgangs

Die widerrechtliche Ausübung eines Durchgangs auf einem fremden Grundstück stellt regelmäßig einen Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB dar. Ausnahmen bestehen, sofern ein gesetzliches, behördliches oder vertragliches Recht vorliegt.


Fazit

Der Begriff „Durchgang” umfasst zahlreiche Facetten im deutschen Recht, die je nach Kontext und Rechtsgebiet differenziert geregelt sind. Die rechtlichen Voraussetzungen, Grenzen und Inhalte eines Durchgangsrechts bestimmen sich nach dem jeweils maßgeblichen Regelungsgehalt – sei es durch Gesetz, vertragliche Abrede, Grundbucheintragung oder behördliche Anordnung. Personen, die vom oder zum Durchgang berechtigt oder verpflichtet sind, sollten die spezifischen Anforderungen des einschlägigen Rechtsbereichs beachten, da Verstöße empfindliche zivilrechtliche und zum Teil auch strafrechtliche Folgen haben können.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist ein Durchgang baurechtlich genehmigungspflichtig?

Ein Durchgang kann als bauliche Veränderung unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungspflichtig sein. Dies hängt maßgeblich von Landesbauordnungen und dem Umfang der baulichen Maßnahmen ab. Grundsätzlich gilt: Wird für den Durchgang eine tragende Wand entfernt oder werden Flucht- und Rettungswege beeinflusst, ist in der Regel eine Baugenehmigung erforderlich. Auch Denkmalschutzvorgaben oder der Bestandsschutz können eine Rolle spielen. Bei einfachen, nichttragenden Innenwänden, insbesondere in Bestandswohnungen und privaten Immobilien, kann ein Durchgang als verfahrensfreies Bauvorhaben eingestuft sein. Es empfiehlt sich, stets eine Bauvoranfrage beim zuständigen Bauamt zu stellen, um die Genehmigungspflicht klar abzuklären. Öffentlich zugängliche oder gewerblich genutzte Durchgänge unterliegen oft strengeren Kontrollen, insbesondere hinsichtlich Brandschutz, Barrierefreiheit und der Einhaltung von Mindestbreiten.

Welche baurechtlichen Mindestanforderungen bestehen für einen Durchgang?

Die baurechtlichen Mindestanforderungen an einen Durchgang betreffen insbesondere die lichte Breite, die Höhenanforderungen sowie etwaige Auflagen zum Brandschutz und zur Barrierefreiheit. In Wohngebäuden beträgt die lichte Durchgangsbreite in der Regel mindestens 80 cm, in öffentlichen oder gewerblichen Gebäuden gelten häufig größere Mindestmaße (bis zu 120 cm oder mehr), insbesondere aus Gründen des Arbeitsschutzes, der Fluchtwegplanung und zur Gewährleistung von Rollstuhlzugänglichkeit gemäß DIN 18040. Die Durchgangshöhe liegt üblicherweise bei mindestens 200 cm. Brandschutzanforderungen können brandschutztechnisch relevante Maßnahmen wie selbstschließende Türen oder spezielle Feuerwiderstandsklassen einschließen, sofern der Durchgang einen Brandabschnitt verbindet. In Mehrfamilienhäusern legt die Musterbauordnung zusätzliche Anforderungen fest. Die Einhaltung von Vorgaben aus dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der Barrierefreiheit gemäß DIN-Normen kann verpflichtend sein.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei einem ungenehmigten Durchbruch zu einem Durchgang?

Die Herstellung eines ungenehmigten Durchgangs stellt eine formelle Ordnungswidrigkeit dar und kann baurechtliche sowie mietrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die jeweilige Landesbauordnung sieht in der Regel Sanktionen wie Bußgelder vor; zudem kann eine Rückbauverfügung ausgesprochen werden, die den ursprünglichen Zustand wiederherstellen soll. Besonders gravierend ist dies in Gebäuden mit Denkmalschutz oder bei statisch relevanten Eingriffen, wenn dadurch Gebäudeteile oder angrenzende Immobilien gefährdet werden. Im Mietverhältnis kann ein nicht genehmigter Durchbruch eine fristlose Kündigung sowie Schadensersatzforderungen zur Folge haben. Im Wohnungseigentumsrecht benötigen Durchgänge in Gemeinschaftseigentum die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Versicherungsrechtlich kann sich durch nicht genehmigte bauliche Veränderungen eine Leistungsfreiheit der Versicherung bei Schadensfällen ergeben.

Welche Rolle spielt der Brandschutz bei der rechtlichen Bewertung eines Durchgangs?

Der Brandschutz nimmt im rechtlichen Kontext von Durchgängen eine zentrale Stellung ein. Ausgangspunkt sind die Anforderungen der Musterbauordnung (MBO) und der jeweiligen Landesbauordnungen, die regeln, ob ein Durchgang als Flucht- oder Rettungsweg dient. In diesem Fall sind erhöhte Brandschutzmaßnahmen verpflichtend. Dazu gehören das Anbringen von Rauchschutztüren mit einem definierten Feuerwiderstand und selbstschließenden Vorrichtungen sowie die Einhaltung der Fluchtwegsbreiten und Kennzeichnungspflichten. Durchgänge zwischen Brandabschnitten müssen entsprechend DIN 4102 oder DIN EN 13501 geprüfte Bauteile aufweisen. Bei nicht ordnungsgemäß ausgeführten Durchgängen kann die Bauaufsicht die Nutzung untersagen. In gewerblichen Gebäuden gestaltet sich die Beurteilung nochmals strenger, da hier zusätzliche Sonderbauvorschriften greifen können.

Wann liegt eine Mitbenutzungspflicht oder ein Wegerecht bezüglich eines Durchgangs vor?

Eine Mitbenutzungspflicht oder ein Wegerecht in Bezug auf einen Durchgang ergibt sich entweder aus vertraglichen Vereinbarungen (z. B. Nachbarschaftsvertrag, Mietvertrag), aus dem Grundbuch (Grunddienstbarkeit) oder aus gesetzlichen Bestimmungen (§ 917 BGB – Notwegerecht). Im Wohnungseigentumsrecht kann die Mitbenutzung gemeinschaftlicher Durchgänge (z. B. Treppenhaus, Flur) Bestandteil des Sondereigentums sein und Sonderregelungen unterfallen. Ist der Durchgang als einziger Zugang zu einem Grundstück oder einer Wohnung notwendig, greift das Notwegerecht mit entsprechender Entschädigungspflicht. Bei Streitigkeiten entscheidet das Gericht über Art und Umfang der Nutzung anhand der Interessenbewertung und dem Grundsatz der minimalen Beeinträchtigung der Eigentümerrechte.

In welchem Umfang besteht eine Verkehrssicherungspflicht für Durchgänge?

Die Verkehrssicherungspflicht umfasst alle Maßnahmen, um die Gefahr für Leben und Gesundheit Dritter beim Gebrauch eines Durchgangs zu minimieren, was insbesondere für Eigentümer, Mieter oder Betreiber (zum Beispiel bei öffentlich zugänglichen Gebäuden) gilt. Rechtlich sind sie verpflichtet, Defekte, Stolperfallen, unzureichende Beleuchtung oder andere Sicherheitsmängel unverzüglich zu beseitigen oder den Durchgang bis zur Mängelbeseitigung zu sperren. Kommt ein Eigentümer dieser Pflicht nicht nach und es entsteht ein Schaden, haftet dieser aus § 823 BGB (Schadensersatzpflicht). Im Rahmen eines Mietverhältnisses haften auch Vermieter gemäß § 536a BGB, sofern notwendige Sicherungsmaßnahmen unterlassen wurden. Die Pflicht kann zudem delegiert, aber nicht ausgeschlossen werden; auch externe Dienstleister müssen überwacht werden. Die Anforderungen sind bei öffentlich genutzten Durchgängen nochmals erhöht, z. B. durch regelmäßige Kontroll- und Wartungsintervalle sowie Dokumentationspflichten.

Welche Regelungen gelten für bauliche Veränderungen an bestehenden Durchgängen im Wohnungseigentum?

Bauliche Veränderungen an bestehenden Durchgängen im Bereich des Wohnungseigentums unterliegen der gemeinschaftlichen Verwaltung gemäß Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Jede Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum (z. B. an Fluren, Hauseingängen oder Kellerdurchgängen) ist grundsätzlich zustimmungspflichtig durch die Eigentümergemeinschaft (§ 20 WEG). Ohne Beschluss der Gemeinschaft sind Maßnahmen nicht zulässig; ein Verstoß kann zum Rückbau verpflichten und Schadensersatzansprüche anderer Eigentümer nach sich ziehen. Bei Durchgängen im Bereich des Sondereigentums ist eine baurechtliche Beurteilung vorzunehmen, um zu klären, inwieweit tragende Bauteile oder Gemeinschaftseigentum betroffen sind. Modernisierungen oder barrierefreie Umbauten können einen Anspruch auf Zustimmung begründen, wenn sie gesetzlich erforderlich oder üblich sind, jedoch müssen Entschädigungs- und Ausgleichsregelungen unter den Eigentümern Beachtung finden.