Was bedeutet DSA? Begriff, Zielsetzung und Stellung im EU-Recht
Der Begriff DSA steht für Digital Services Act, ein unionsweit geltender Rechtsrahmen für digitale Vermittlungsdienste. Er legt Regeln für Anbieter fest, die Inhalte, Waren oder Dienste zwischen Nutzenden vermitteln, insbesondere für Hostingdienste und Online-Plattformen. Der DSA soll einen sicheren, transparenteren und fairen digitalen Raum schaffen, ohne die Grundprinzipien der offenen Internetarchitektur aufzugeben.
Zielsetzung und Grundprinzipien
Der DSA verfolgt drei Kernziele: Schutz vor illegalen Inhalten, Stärkung von Transparenz und Rechenschaft, sowie Wahrung der Grundrechte im digitalen Umfeld. Er setzt auf eine abgestufte Regulierung: Je größer die Reichweite und der Einfluss eines Dienstes, desto umfangreicher die Pflichten. Gleichzeitig bleiben grundlegende Haftungs- und Herkunftslandprinzipien des europäischen Internetrechts erhalten.
Anwendungsbereich und räumliche Geltung
Erfasst werden Vermittlungsdienste, die Nutzenden in der EU angeboten werden, unabhängig davon, wo der Anbieter seinen Sitz hat. Damit wirkt der DSA auch über die EU hinaus, sobald sich ein Dienst gezielt an EU-Nutzerinnen und -Nutzer richtet. Ausgenommen sind rein private oder nicht-kommerzielle Vermittlungshandlungen ohne Publikumsbezug.
Zentrale Akteure und Dienste
Dienstearten
Der DSA unterscheidet drei technische Grundkategorien von Vermittlungsdiensten: Übermittlung von Informationen, Zwischenspeicherung und Hosting. Auf dieser Basis baut er die Pflichten auf. Hostingdienste, die Inhalte für Nutzende speichern, stehen stärker im Fokus, da sie typischerweise die Moderation von Inhalten und die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung illegaler Inhalte organisieren.
Plattformen, Marktplätze und sehr große Dienste
Online-Plattformen sind Hostingdienste, die Inhalte gegenüber einem potenziell unbegrenzten Publikum verbreiten. Marktplätze sind eine besondere Form von Plattformen, die den Abschluss von Verträgen zwischen Dritten über Waren oder Dienste ermöglichen. Sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen unterliegen wegen ihrer systemischen Bedeutung weitergehenden Pflichten, die auf Risikomanagement, Prüfungen und besondere Aufsicht ausgerichtet sind.
Pflichten nach Dienstekategorien
Basispflichten für alle Vermittlungsdienste
Haftungsregeln und Umgang mit Hinweisen
Der DSA bestätigt die bestehenden Haftungsregeln für Vermittlungsdienste: Sie sind für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich, solange sie keine tatsächliche Kenntnis von Rechtswidrigkeit haben und nach Kenntniserlangung zügig handeln. Hierfür etabliert der DSA standardisierte Hinweis- und Abhilfeprozesse, mit denen Nutzende oder Behörden rechtswidrige Inhalte melden können. Anbieter müssen gemeldete Fälle effizient prüfen und bei Bestätigung angemessen reagieren.
Transparenz- und Berichtspflichten
Alle erfassten Dienste erstellen regelmäßige Transparenzberichte über Moderationspraktiken, Hinweise auf rechtswidrige Inhalte und ergriffene Maßnahmen. Zudem müssen sie leicht zugängliche Kontaktstellen für Nutzende und Behörden vorhalten und klare, verständliche Nutzungsbedingungen veröffentlichen.
Zusätzliche Pflichten für Hostingdienste und Online-Plattformen
Melde- und Abhilfeverfahren
Hostingdienste stellen nutzerfreundliche Meldesysteme bereit, die den vollständigen und zügigen Eingang von Hinweisen ermöglichen. Plattformen müssen Entscheidungen über das Entfernen, Sperren oder Einschränken von Inhalten begründen und ein internes Beschwerdesystem anbieten.
Begründungspflichten bei Moderationsentscheidungen
Bei Maßnahmen gegen Inhalte oder Konten sind die wesentlichen Gründe transparent darzulegen, einschließlich der angewandten Regeln, der betroffenen Inhalte und verfügbarer Rechtsbehelfe. Automatisierte Entscheidungen sind als solche kenntlich zu machen.
Schutz Minderjähriger und Werbetransparenz
Plattformen müssen Minderjährige besonders schützen. Dazu gehören erhöhte Sorgfaltspflichten im Umgang mit personalisierter Werbung, klare Kennzeichnung von Werbung und Transparenz über die wichtigsten Parameter, nach denen Werbung ausgespielt wird. Sensible Kategorien dürfen für die Personalisierung nicht genutzt werden.
Recommender-Systeme und Wahlmöglichkeiten
Plattformen, die Empfehlungsalgorithmen einsetzen, erläutern die maßgeblichen Parameter und bieten zumindest eine Option, die nicht auf Profiling beruht. Ziel ist nachvollziehbare Sortierung und Auswahl ohne intransparente Beeinflussung.
Verbot manipulativer Gestaltung
Gestaltungen, die Nutzende zu Entscheidungen drängen oder in die Irre führen, sind untersagt. Dazu zählen Interface-Designs, die die Ausübung von Wahlrechten erschweren oder den Eindruck falscher Alternativen erwecken.
Nachverfolgbarkeit von Anbietern auf Marktplätzen
Marktplätze müssen die Identität von gewerblichen Anbietern verifizieren und Informationen über angebotene Produkte und Dienste nachvollziehbar machen. Hierdurch soll die Rückverfolgbarkeit und Sicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher erhöht werden.
Weitergehende Pflichten für sehr große Plattformen und Suchmaschinen
Systemische Risikobewertungen und Abmilderung
Sehr große Dienste analysieren regelmäßig systemische Risiken, etwa die Verbreitung illegaler Inhalte, negative Auswirkungen auf Grundrechte, öffentliche Gesundheit oder den Schutz Minderjähriger. Sie setzen geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen um, um diese Risiken zu mindern, und dokumentieren die Wirksamkeit.
Externe Prüfungen und Datenzugang für Forschung
Unabhängige Prüfungen bewerten die Einhaltung der Pflichten und die Effektivität des Risikomanagements. Zudem ist ein geregelter Datenzugang für anerkennungswürdige Forschung vorgesehen, um gesellschaftliche Auswirkungen besser zu verstehen.
Krisenreaktionsmechanismus
Bei außergewöhnlichen Krisenlagen kann ein koordinierter Mechanismus besondere, befristete Maßnahmen vorsehen, um erhebliche gesellschaftliche Risiken einzudämmen. Dabei sind Verhältnismäßigkeit und Grundrechte zu wahren.
Durchsetzung und Aufsicht
Nationale Koordinatoren für digitale Dienste
Jeder Mitgliedstaat benennt eine zentrale Aufsichtsbehörde als Koordinator für digitale Dienste. Diese Stelle nimmt Meldungen entgegen, beaufsichtigt Anbieter im eigenen Zuständigkeitsbereich, koordiniert Maßnahmen und dient als Ansprechpartner.
Rolle der Europäischen Kommission
Für sehr große Plattformen und Suchmaschinen übt die Europäische Kommission zentrale Aufsichtsbefugnisse aus. Sie kann Untersuchungen einleiten, Auskünfte verlangen, Prüfungen anordnen und verbindliche Maßnahmen treffen.
Zusammenarbeit und Gremium
Die Aufsichtsbehörden arbeiten in einem europäischen Gremium zusammen, um einheitliche Auslegung und koordinierte Durchsetzung zu fördern. Gemeinsame Leitlinien und bewährte Verfahren unterstützen eine kohärente Anwendung.
Sanktionen und Maßnahmen
Bei Verstößen sind empfindliche Maßnahmen möglich, darunter Verwarnungen, Verpflichtungen zur Abhilfe, temporäre Beschränkungen von Diensten sowie Geldbußen. Geldbußen können bis zu einem erheblichen Prozentsatz des weltweiten Jahresumsatzes reichen; zur Durchsetzung sind auch laufende Zwangsgelder zulässig.
Verhältnis zu anderem Recht
e-Commerce-Recht und Modernisierung
Der DSA modernisiert und ergänzt die Grundregeln für Vermittlungsdienste, die seit den frühen Internetjahren gelten. Zentrale Prinzipien wie die Haftungsregeln und das Herkunftslandprinzip bleiben erhalten, werden aber um klare Verfahrens- und Transparenzpflichten erweitert.
Abgrenzung zum DMA und anderen Regelwerken
Der DSA zielt auf Sicherheit, Transparenz und Rechenschaft im Umgang mit Inhalten und Vermittlungsprozessen. Der Digital Markets Act (DMA) adressiert hingegen Wettbewerbsfragen gegenüber besonders großen Gatekeepern. Beide Regelwerke wirken nebeneinander, mit unterschiedlicher Zielrichtung.
Schnittstellen zu Verbraucher-, Jugend- und Produktsicherheitsrecht
Der DSA berührt angrenzende Bereiche: Auf Marktplätzen sollen Produkt- und Dienstesicherheit effektiv unterstützt werden; Transparenzregeln ergänzen den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern; besondere Sorgfaltspflichten berücksichtigen den Schutz Minderjähriger. Darüber hinaus bestehen Bezüge zu Datenschutzrecht, ohne dessen Regeln zu verändern.
Rechte von Nutzerinnen und Nutzern
Beschwerde- und Streitbeilegungswege
Nutzende erhalten Zugang zu internen Beschwerdesystemen von Plattformen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung durch anerkannte Stellen. Nationale Koordinatoren können Meldungen entgegennehmen und koordinieren.
Information und Transparenz
Nutzende werden über Moderationsentscheidungen, die Kriterien von Empfehlungs- und Werbesystemen sowie über verfügbare Rechtsbehelfe informiert. Werbung ist klar als solche zu kennzeichnen, und die Hauptfaktoren für ihre Ausspielung werden offengelegt.
Kontosperren und Missbrauch
Bei wiederholtem Missbrauch können Plattformen Konten zeitweise aussetzen. Dabei sind Verhältnismäßigkeit, Begründung und die Möglichkeit zur Überprüfung sicherzustellen.
Zeitlicher Rahmen und Umsetzung
Inkrafttreten und Geltungsbeginn
Der DSA wurde 2022 verabschiedet. Für sehr große Dienste galten Teile der Regelungen bereits früher; für alle übrigen Anbieter gilt der Rechtsrahmen seit Anfang 2024 umfassend. Die Fristen wurden gestaffelt eingeführt, um die Umsetzung zu ermöglichen.
Übergangsfragen und Vorbereitung
Die Umsetzung erforderte Anpassungen bei Prozessen, Schnittstellen und Dokumentation. Dazu zählen insbesondere Transparenzberichte, Meldesysteme, Kennzeichnung von Werbung, Erklärungen zu Empfehlungsmechanismen sowie Abläufe für Prüfungen und Datenzugang.
Häufig gestellte Fragen zum DSA
Was regelt der DSA inhaltlich?
Der DSA regelt, wie digitale Vermittlungsdienste mit illegalen Inhalten umgehen, wie sie Transparenz herstellen und wie sie Risiken für Gesellschaft und Grundrechte mindern. Er ordnet Melde- und Abhilfeverfahren, Transparenzberichte, Werbekennzeichnung, Regeln für Empfehlungsalgorithmen sowie besondere Pflichten für sehr große Dienste an.
Für welche Dienste gilt der DSA?
Er gilt für Vermittlungsdienste, die Informationen übertragen, zwischenspeichern oder hosten. Besonders relevant ist er für Hostingdienste und Online-Plattformen, einschließlich Marktplätzen. Sehr große Plattformen und Suchmaschinen haben zusätzliche Sorgfalts- und Aufsichtspflichten.
Gilt der DSA auch für Unternehmen außerhalb der EU?
Ja. Maßgeblich ist, ob der Dienst sich an Nutzende in der EU richtet. Anbieter mit Sitz außerhalb der EU unterfallen dem DSA, wenn sie ihre Dienste in der EU anbieten. Sie müssen eine erreichbare Kontaktstelle in der EU vorhalten.
Wie schützt der DSA Minderjährige?
Plattformen müssen erhöhte Sorgfalt walten lassen, manipulative Gestaltung vermeiden und Transparenz schaffen. Personalisierte Werbung gegenüber Minderjährigen ist eingeschränkt. Empfehlungsmechanismen müssen nachvollziehbar sein und nutzbare Alternativen ohne Profiling bieten.
Welche Pflichten haben sehr große Plattformen?
Sie führen regelmäßige Risikobewertungen durch, setzen wirksame Abhilfemaßnahmen um, unterziehen sich unabhängigen Prüfungen und gewähren anerkennungswürdiger Forschung Zugang zu relevanten Daten. In Krisenlagen können befristete zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden.
Wie werden Verstöße gegen den DSA sanktioniert?
Es drohen abgestufte Maßnahmen bis hin zu erheblichen Geldbußen, die sich am weltweiten Jahresumsatz orientieren können. Zudem sind laufende Zwangsgelder, Auflagen zur Abhilfe und in gravierenden Fällen vorübergehende Beschränkungen möglich.
Wie unterscheidet sich der DSA vom DMA?
Der DSA regelt Sicherheit, Transparenz und Verantwortung in Bezug auf Inhalte und Vermittlungsprozesse. Der DMA richtet sich an marktmächtige Gatekeeper und adressiert Wettbewerbs- und Fairnessfragen in digitalen Märkten. Beide Regelwerke ergänzen sich mit unterschiedlicher Zielrichtung.