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Drittelparität


Begriff und rechtliche Einordnung der Drittelparität

Die Drittelparität ist ein Begriff aus dem deutschen Arbeitsrecht und bezeichnet die paritätische Zusammensetzung von Aufsichtsräten größerer Unternehmen aus jeweils einem Drittel Vertretern der Arbeitnehmerschaft und zwei Dritteln Vertretern der Anteilseigner. Mit dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) werden Unternehmen verpflichtet, die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Aufsichtsrat sicherzustellen. Die Drittelparität kommt vornehmlich in Kapitalgesellschaften wie der Aktiengesellschaft (AG), der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) sowie der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zur Anwendung, sofern sie bestimmte Mitarbeiterzahlen übersteigen.


Historische Entwicklung und Gesetzesgrundlagen

Entwicklung des Mitbestimmungsrechts

Die Ursprünge der Arbeitnehmermitbestimmung und die damit verbundene Drittelparität reichen zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Beteiligung der Beschäftigten an der Unternehmensaufsicht im Zuge des sozialen Ausgleichs besonders gestärkt. Die erste umfassende gesetzliche Regelung stellte das Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 dar, gefolgt vom Mitbestimmungsrecht von 1976, das für Großunternehmen eine paritätische Mitbestimmung einführte. Im Jahr 2004 wurde schließlich das Drittelbeteiligungsgesetz verabschiedet, das die Drittelparität in Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern regelt.

Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG)

Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) vom 18. Mai 2004 bildet die rechtliche Grundlage der Drittelparität. Es löste das vorher gültige Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) aus dem Jahr 1952 ab und normiert die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern in Unternehmen bestimmter Größe.

Anwendungsbereich

  • Das DrittelbG gilt für alle Kapitalgesellschaften in Deutschland mit mehr als 500 und in der Regel bis zu 2.000 Beschäftigten.
  • Gesellschaften mit weniger als 500 Beschäftigten unterliegen keiner zwingenden Mitbestimmung im Aufsichtsrat.
  • Ab einer Anzahl von mehr als 2.000 Beschäftigten greift in der Regel das Mitbestimmungsgesetz von 1976 (MitbestG), das eine Parität von Arbeitnehmern und Anteilseignern vorsieht.

Zusammensetzung und Wahl des Aufsichtsrats bei Drittelparität

Zusammensetzung

Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz setzt sich der Aufsichtsrat wie folgt zusammen:

  • Zwei Drittel der Mitglieder werden von den Anteilseignern gewählt.
  • Ein Drittel der Mitglieder wird von den Arbeitnehmern gewählt.

Dies stellt sicher, dass die Arbeitnehmervertretung keine Mehrheit, aber ein maßgebliches Mitspracherecht im Aufsichtsrat besitzt.

Wahlverfahren

Die Wahl der Arbeitnehmervertreter richtet sich nach den §§ 9 ff. DrittelbG:

  • Die Wahl findet durch die Beschäftigten des Unternehmens als geheime und unmittelbare Wahl statt.
  • Wahlberechtigt sind sämtliche im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Die Mandatsdauer der Arbeitnehmervertreter ist an die der Anteilseignervertreter angepasst.

Bedeutung für die Unternehmensführung

Durch die Drittelparität wirkt die Arbeitnehmerschaft an grundlegenden unternehmerischen Entscheidungen mit, etwa bei der Bestellung und Abberufung von Vorstands- oder Geschäftsführungsmitgliedern oder im Rahmen der Überprüfung von Unternehmensstrategien und Investitionsentscheidungen.


Drittelparität im Verhältnis zu anderen Mitbestimmungsformen

Zweiteilung der Mitbestimmung

Es wird zwischen der sogenannten Drittelbeteiligung (nach DrittelbG) und der Parität (nach Mitbestimmungsgesetz 1976 und Montan-Mitbestimmungsgesetz 1951) unterschieden.

  • Drittelbeteiligung: Ein Drittel Arbeitnehmervertreter, zwei Drittel Anteilseignervertreter (gilt für Unternehmen mit 501 bis 2.000 Arbeitnehmern).
  • Paritätische Mitbestimmung: Gleichgewichtige Verteilung zwischen Arbeitnehmer- und Anteilseignervertretern (gilt für Unternehmen mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern oder im Montansektor bereits ab 1.000 Arbeitnehmern).

Unterschiede zur vollen Parität

Im Gegensatz zur vollen Parität nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 verfügen die Arbeitnehmervertretungen in Drittelparitätsunternehmen nicht über eine Interventionsmöglichkeit bei Stimmengleichheit, da der Aufsichtsratsvorsitzende (meist ein Vertreter der Anteilseigner) bei Pattsituationen mit seiner Stimme entscheidet.


Besonderheiten und Ausnahmeregelungen

Unternehmensrechtliche Besonderheiten

Die Drittelparität gilt grundsätzlich für betriebsgebundene Gesellschaften in Deutschland. Einige Unternehmensformen, insbesondere Genossenschaften oder kleinere Kapitalgesellschaften, sind davon ausgenommen. Auch im Bereich von öffentlichen Unternehmen, Familiengesellschaften mit bestimmten Eigentümerstrukturen und kirchlichen Trägergesellschaften können Ausnahmeregelungen greifen.

Matrixstrukturen und Konzernverbände

Bei konzernrechtlichen Verbünden und Matrixgesellschaften ist zu beachten, dass die Schwellenwerte für die Arbeitnehmeranzahl auch unternehmensübergreifend innerhalb des Konzerns berechnet werden können (sogenanntes „Unternehmenskonzept“). Dadurch kann sich die Mitbestimmungspflicht auch auf Teilunternehmen oder Tochtergesellschaften erstrecken.


Rechtsfolgen und Durchsetzung der Drittelparität

Rechtsfolgen bei Verletzung

Wird gegen die Vorgaben der Drittelparität verstoßen, beispielsweise durch eine fehlerhafte Zusammensetzung des Aufsichtsrats, kann dies die Wirksamkeit von gefassten Beschlüssen beeinträchtigen und zur Anfechtung oder Nichtigkeit führen.

Durchsetzung

Arbeitnehmer und Gewerkschaften können auf die ordnungsgemäße Einhaltung der Rechte auf Arbeitnehmermitbestimmung drängen und Verstöße rechtlich überprüfen lassen. Streitigkeiten werden vor den ordentlichen Gerichten oder gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht entschieden.


Bedeutung und Funktion der Drittelparität im Unternehmensalltag

Die Drittelparität dient dem Ziel, die Interessen der Beschäftigten im Leitungsorgan des Unternehmens zu berücksichtigen, ohne gleichzeitig die unternehmerischen Entscheidungsstrukturen grundlegend zu verändern. Sie fungiert als Mittelweg zwischen einer rein kapitalseitigen Kontrolle und der vollen Parität. Die Durchsetzung der Drittelparität stärkt die Partizipation, erhöht die Akzeptanz betrieblicher Entscheidungen und fördert den sozialen Frieden innerhalb des Unternehmens.


Literaturhinweise und weiterführende Gesetze

  • Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG)
  • Mitbestimmungsgesetz (MitbestG)
  • Montan-Mitbestimmungsgesetz
  • Aktiengesetz (AktG)
  • GmbH-Gesetz (GmbHG)

Zusammenfassung:
Die Drittelparität regelt die personelle Zusammensetzung der Aufsichtsräte in bestimmten Kapitalgesellschaften und gewährleistet eine Beteiligung der Arbeitnehmerschaft an unternehmerischen Entscheidungsprozessen. Sie stellt einen wichtigen Bestandteil des deutschen Mitbestimmungsrechts dar und trägt zur Sozialpartnerschaft in der Wirtschaft bei. Die genauen gesetzlichen Grundlagen, Ausnahmen sowie die praktische Umsetzung sind detailliert im Drittelbeteiligungsgesetz und den begleitenden Rechtsnormen geregelt.

Häufig gestellte Fragen

Unterliegt jede Aufsichtsratsbesetzung in Unternehmen der Drittelparität gemäß Drittelbeteiligungsgesetz?

Nein, nicht jede Aufsichtsratsbesetzung in Unternehmen fällt automatisch unter die Drittelparität nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG). Die Drittelparität ist grundsätzlich nur dann anzuwenden, wenn ein Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, AG, KGaA) geführt wird und regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Maßgeblich ist dabei das sogenannte Schwellenwertkonzept: Die Anzahl der Arbeitnehmer wird auf Grundlage eines fortlaufend errechneten Durchschnitts innerhalb eines Bemessungszeitraums von sechs Monaten bestimmt. Überschreitet dieser durchschnittliche Mitarbeiterstand die maßgebliche Schwelle, besteht gesetzlich die Verpflichtung zur drittelparitätischen Besetzung des Aufsichtsrats. Ausnahmen bestehen insbesondere für Unternehmen, die einem anwendbaren Tarifvertrag unterliegen, für Tendenzbetriebe, Familiengesellschaften oder bestimmte öffentliche Unternehmen. Auch Tochtergesellschaften werden teilweise anders behandelt, abhängig davon, ob sie eigenständig sind oder mit anderen Unternehmen zu einem Konzern verbunden werden und wie die Arbeitnehmerzahlen im Konzern insgesamt gezählt werden. Zudem gilt die Drittelparität explizit nicht für Betriebe, die bereits dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 unterfallen, bei dem paritätische Mitbestimmung (50:50-Verhältnis) vorgeschrieben ist.

Wie wird die Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat nach der Drittelparität rechtlich geregelt?

Die rechtliche Regelung der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat nach der Drittelparität erfolgt im Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG). Danach müssen mindestens ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats Arbeitnehmer sein. Die Wahl dieser Arbeitnehmervertreter erfolgt in einem besonderen Wahlverfahren, das einer unmittelbaren, freien und geheimen Wahl entspricht und sich in wesentlichen Punkten an das Betriebsverfassungsgesetz anlehnt. Die wahlberechtigten Arbeitnehmer sind grundsätzlich alle im Inland beschäftigten Arbeitnehmer des Unternehmens, unabhängig von Nationalität, Art des Arbeitsverhältnisses oder Dauer der Betriebszugehörigkeit. Besonderheiten bestehen für Leiharbeitnehmer, Arbeitnehmer im Ausland und leitende Angestellte. Die gewählten Arbeitnehmervertreter haben im Aufsichtsrat die gleichen Rechte und Pflichten wie die von den Anteilseignern bestellten Mitglieder, inklusive Stimmrecht, Recht auf Information und Verschwiegenheitspflicht. Das DrittelbG sieht zudem Regelungen zur Durchführung der Wahl, zur Anfechtung der Wahl und zum Ausschluss von Personen vor, sowie zu den Schutzvorschriften für die Arbeitnehmervertreter, ähnlich den Schutzregelungen für Betriebsräte.

Welche Konsequenzen drohen einem Unternehmen, das die Drittelparität im Aufsichtsrat nicht umsetzt?

Die Nichtumsetzung der Drittelparität im Aufsichtsrat kann schwerwiegende rechtliche Konsequenzen für ein Unternehmen nach sich ziehen. Zunächst kann jeder betroffene Arbeitnehmer, die zuständige Gewerkschaft oder die Aufsichtsbehörde die ordnungsgemäße Besetzung des Aufsichtsrates im Wege eines besonderen gerichtlichen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen (sogenanntes Feststellungsverfahren gemäß § 98 AktG i. V. m. DrittelbG). Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen des DrittelbG nicht eingehalten wurden, ist der Aufsichtsrat nicht korrekt konstituiert und seine Beschlüsse können im Zweifelsfall nichtig sein. Unter Umständen kann auch die Eintragung ins Handelsregister verweigert werden. Zudem haften die Mitglieder des Aufsichtsrates sowie gegebenenfalls auch die Geschäftsleitung persönlich für aus der fehlerhaften Besetzung resultierende Schäden, da sie für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich sind. In der Praxis können damit insbesondere unternehmerische Entscheidungen angreifbar sein, Mandate geltend gemacht sowie zivil- und gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten hervorgerufen werden. Das Unternehmen kann zudem einen erheblichen Reputationsschaden erleiden.

Gibt es Besonderheiten bei Tendenzbetrieben oder kirchlichen Unternehmen hinsichtlich der Drittelparität?

Ja, für sogenannte Tendenzbetriebe und kirchliche Unternehmen sieht das Drittelbeteiligungsgesetz explizite Ausnahmeregelungen vor. Tendenzbetriebe sind Unternehmen, deren Zweck unmittelbar und überwiegend politischen, karitativen, konfessionellen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen dient (§ 118 Abs. 1 BetrVG). Für solche Unternehmen gilt die Drittelparität nur eingeschränkt oder gar nicht. Dies betrifft insbesondere kirchliche Einrichtungen, Presseunternehmen, Parteien und Gewerkschaften. Die Anerkennung als Tendenzbetrieb und der Umfang der Ausnahmen hängen von einer eingehenden Prüfung des Unternehmensgegenstandes ab und werden im Zweifelsfall vor Gericht geklärt. Die Zielsetzung ist es, die unternehmerische Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht im Rahmen der jeweiligen Organisationen (z. B. Kirchenautonomie) zu wahren. Entsprechend sind die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat eingeschränkt oder ausgeschlossen.

Wie unterscheidet sich die Drittelparität von der paritätischen Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz?

Der wesentliche Unterschied zwischen Drittelparität und paritätischer Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) besteht im Verhältnis der Arbeitnehmer- zu den Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat. Während im Rahmen der Drittelparität (DrittelbG) nur ein Drittel der Aufsichtsratssitze von Arbeitnehmern gestellt wird, bestimmt das MitbestG, dass die Sitze im Aufsichtsrat zu gleichen Teilen (50:50) auf Arbeitnehmer- und Anteilseignerseite verteilt werden. Zudem gilt die paritätische Mitbestimmung für Unternehmen ab mehr als 2.000 Arbeitnehmern und birgt darüber hinaus spezielle Vorschriften zur Bestellung des Aufsichtsratsvorsitzenden: Bei Stimmengleichheit entsteht ein sogenanntes Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden, der in aller Regel aus dem Kreis der Anteilseigner kommt. Die Konsequenzen sind weitreichend für den Einfluss der Belegschaft auf unternehmerische Entscheidungen, die Zusammensetzung von Aufsichtsgremien und die Ausgestaltung von Wahl- sowie Entscheidungsmechanismen.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Durchführung der Arbeitnehmerwahl nach dem Drittelbeteiligungsgesetz?

Die Arbeitnehmerwahl nach dem Drittelbeteiligungsgesetz muss einer transparenten und rechtssicheren Durchführung genügen. Deshalb sind im Gesetz detaillierte Vorschriften für die Organisation und den Ablauf der Wahl vorgesehen. Die Wahl erfolgt grundsätzlich innerhalb einer Betriebsversammlung, es sei denn, betriebliche Besonderheiten erfordern eine schriftliche Abstimmung. Wahlberechtigt sind dabei alle Arbeitnehmer des Unternehmens, unabhängig vom Arbeitsverhältnis (Vollzeit, Teilzeit, befristet, Leiharbeitnehmer). Die Wahlvorschläge können von Belegschaftsmitgliedern oder den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften eingereicht werden. Der Ablauf der Wahl orientiert sich am Prinzip der geheimen unmittelbaren Wahl. Es ist ein Wahlvorstand zu bestellen, der für die ordnungsgemäße Durchführung verantwortlich zeichnet. Gegen Unregelmäßigkeiten oder unrechtmäßige Verfahrensschritte können sowohl Arbeitnehmer als auch Gewerkschaften binnen einer gesetzlich bestimmten Frist Einwendungen erheben, die zu einer Wahlanfechtung führen können. Darüber hinaus sind Fristen zur Veröffentlichung von Kandidierenden und Wahlergebnissen sowie Regeln zur Stimmauszählung gesetzlich fixiert. Verstöße gegen diese Vorschriften können zur Unwirksamkeit der Wahl und damit zur Rechtswidrigkeit der gesamten Aufsichtsratbesetzung führen.