Begriff und Einordnung des Drittaufwands
Drittaufwand bezeichnet Aufwendungen, die nicht vom unmittelbar Betroffenen selbst, sondern von einer außenstehenden Person oder Institution erbracht werden, um einen Schaden zu beseitigen, eine Beeinträchtigung zu mindern oder eine Leistung zu erbringen, die eigentlich den Betroffenen trifft. Drittaufwand kann als Geld-, Sach- oder Arbeitsleistung auftreten (zum Beispiel Zahlungen einer Versicherung, Reparaturen durch Dritte, Pflegeleistungen von Angehörigen oder Dienstleistungen eines Arbeitgebers).
Abgrenzung zu Eigenaufwand und Drittvorteil
Eigenaufwand sind Kosten, die der Betroffene aus eigener Vermögenssphäre trägt. Drittaufwand unterscheidet sich davon, weil ihn ein anderer trägt. Davon abzugrenzen sind Drittvorteile, also Vorteile, die dem Betroffenen aus Anlass des Schadens von dritter Seite zufließen (etwa Spenden oder Unterstützungsleistungen). Während Drittaufwand die Frage aufwirft, wem ein Ersatzanspruch zusteht und ob eine Anrechnung erfolgt, betrifft der Drittvorteil die mögliche Kürzung eines Ersatzanspruchs, um Überkompensation zu vermeiden.
Rechtliche Bedeutung im Schadensrecht
Schadensbegriff und objektiver Herstellungsbedarf
Im Mittelpunkt steht die Frage, ob und in welchem Umfang Drittaufwand bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens zu berücksichtigen ist. Maßgeblich ist, ob beim Betroffenen ein Vermögensnachteil entstanden ist oder ein objektiver Bedarf zur Wiederherstellung besteht. Teilweise wird auf den objektiv erforderlichen Herstellungsaufwand abgestellt, in anderen Konstellationen nur auf tatsächlich getätigte Aufwendungen.
Anrechnung von Drittleistungen und Vermeidung von Überkompensation
Wesentlich ist die Vermeidung doppelter Entschädigung. Drittleistungen können auf Ersatzansprüche angerechnet werden, wenn sie den gleichen Zweck erfüllen (Kongruenz) und eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Leistung entspricht. Nicht jede Drittleistung wird angerechnet: Zuwendungen mit eigenständigem Förderzweck (z. B. aus Solidarität) werden häufig nicht verrechnet, damit der Schädiger nicht von der Hilfsbereitschaft Dritter profitiert.
Gesetzlicher Forderungsübergang und Regress
In zahlreichen Fallgruppen geht ein Ersatzanspruch kraft Gesetzes vom Betroffenen auf den leistenden Dritten über (gesetzlicher Forderungsübergang). Der Dritte (z. B. ein Versicherer, Versorgungsträger oder Arbeitgeber) kann dann im eigenen Namen gegen den Verantwortlichen Rückgriff nehmen. Der Anspruch des Betroffenen ist insoweit verbraucht oder reduziert. Wo kein gesetzlicher Übergang vorgesehen ist, bleibt der Anspruch grundsätzlich beim Betroffenen, wobei Drittleistungen nach allgemeinen Grundsätzen angerechnet werden können.
Typische Fallgruppen des Drittaufwands
Versicherungsleistungen und Versorgungsträger
Decken Versicherungen oder Versorgungseinrichtungen Schäden des Betroffenen, handelt es sich um Drittaufwand. Häufig geht der entsprechende Ersatzanspruch gegen den Verantwortlichen anteilig oder vollständig auf den leistenden Träger über. Je nach Deckungsumfang (Kongruenz) bestimmt sich, inwieweit eine Anrechnung erfolgt und welche Ansprüche dem Betroffenen verbleiben (z. B. Selbstbehalte, nicht gedeckte Positionen).
Arbeitgeberleistungen und Lohnfortzahlung
Leistet der Arbeitgeber weiter Entgelt oder erbringt Unterstützungen aus Anlass eines Schadens, liegt Drittaufwand vor. In weiten Bereichen kann der Arbeitgeber gegenüber dem Verantwortlichen Rückgriff nehmen. Der eigene Anspruch des Betroffenen auf Ersatz des entsprechenden Schadens mindert sich dann im Umfang der Drittleistung.
Hilfeleistungen von Angehörigen und Freunden
Unentgeltliche Hilfe im Haushalt, bei Pflege oder Mobilität ist häufiger Drittaufwand. Teilweise wird der Bedarf des Betroffenen (z. B. für Unterstützung im Haushalt oder Pflege) unabhängig davon bemessen, ob und wie Angehörige helfen. In solchen Bereichen wird eine Anrechnung privater Hilfe vielfach abgelehnt, um nicht die Verantwortung vom Schädiger auf das private Umfeld zu verlagern. In anderen Konstellationen (etwa handwerkliche Reparaturen ohne Rechnung) können unentgeltliche Leistungen als Drittaufwand ohne unmittelbaren Vermögensabfluss beim Betroffenen zu einer reduzierten Ersatzfähigkeit führen.
Reparaturen und Sachleistungen durch Dritte
Erbringen Dritte Reparaturen oder stellen sie Sachleistungen bereit, ist zu unterscheiden: Wird auf den objektiv erforderlichen Herstellungsaufwand abgestellt, kann der Betroffene diesen nach allgemeinen Grundsätzen verlangen, auch wenn ihm kein Rechnungsbetrag entstanden ist. Wo hingegen konkrete Aufwendungen maßgeblich sind, beschränkt sich der Ersatz auf tatsächlich angefallene Kosten. Steuern oder Abgaben werden in der Regel nur erstattet, wenn sie tatsächlich angefallen sind. Preisnachlässe, Rabatte oder Eigenhilfen wirken sich je nach Bewertungsmaßstab (objektiv erforderlich vs. konkret verauslagt) unterschiedlich aus.
Spenden, Crowdfunding und Unterstützungsleistungen
Freiwillige Zuwendungen aus dem privaten oder gesellschaftlichen Umfeld stehen typischerweise neben dem Schadensersatzsystem. Sie werden häufig nicht angerechnet, wenn ihr Zweck darin besteht, den Betroffenen zusätzlich zu unterstützen. Zweckgebundene Leistungen, die ersichtlich die gleiche Position abdecken sollen, können unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Überkompensation Berücksichtigung finden.
Drittaufwand im Vertragsrecht
Aufwendungen zur Mangelbeseitigung
Im Leistungsstörungsrecht stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Gläubiger Aufwendungen eines Dritten zur Mangelbeseitigung ersetzt verlangen kann. Maßgeblich ist, ob der Dritte zur Erfüllung des Leistungsinteresses eingeschaltet wurde und ob es sich um erforderliche Aufwendungen handelt. Drittaufwand kann hierbei sowohl auf der Ebene des Aufwendungsersatzes als auch im Rahmen von Schadensersatzansprüchen relevant werden.
Einschaltung von Subunternehmern
Baut ein Schuldner bei der Vertragserfüllung auf Subunternehmer, handelt es sich rechtlich um Drittaufwand in der Leistungserbringung. Für die Frage der Kostentragung ist entscheidend, ob der Vertrag eine Vergütung umfasst, die auch den Einsatz Dritter abdeckt, und ob Mehrkosten auf den Gläubiger übergewälzt werden dürfen. Bei Mängeln oder Verzögerungen ist zu klären, wessen Sphäre die Einschaltung Dritter betrifft und wer etwaige Mehr- oder Ersatzaufwendungen zu tragen hat.
Drittaufwand im öffentlichen Recht
Gefahrenabwehr und Ersatzvornahme
Bei polizei- und ordnungsrechtlichen Maßnahmen oder der Ersatzvornahme wird die gebotene Handlung durch eine Behörde oder einen beauftragten Dritten ausgeführt. Der entstehende Drittaufwand kann gegenüber dem Pflichtigen als Kostenersatz geltend gemacht werden. Dabei sind Zuständigkeit, Auswahl der Maßnahme und Erforderlichkeit zu beachten.
Kostenerstattung gegenüber Störern und Begünstigten
Kostenöffentliche Maßnahmen können gegenüber Verantwortlichen (Störern) oder in bestimmten Konstellationen gegenüber Begünstigten geltend gemacht werden. Der Drittaufwand wird dabei regelmäßig durch Verwaltungsakt festgesetzt und unterliegt eigenständigen Rechtsschutzmöglichkeiten.
Durchsetzung und Abwicklung
Anspruchsinhaber und Anspruchsübergang
Wer Ansprüche aus Drittaufwand durchsetzen kann, hängt vom materiellen Anspruchsträger ab. Beim gesetzlichen Forderungsübergang steht der Rückgriff dem leistenden Dritten zu. Ohne Übergang bleibt der Anspruch beim Betroffenen, wobei Drittleistungen angerechnet werden können. Abtretungen können die Zuweisung verändern.
Nachweis, Abrechnung und Dokumentation
Für die rechtliche Bewertung des Drittaufwands sind Art, Umfang und Zweck der Leistung maßgeblich. Üblich sind nachvollziehbare Aufstellungen, Belege und – bei Sach- oder Arbeitsleistungen – eine objektivierte Bewertung (Marktpreise, übliche Sätze). Bei Mischlagen (Eigen- und Drittleistungen) ist eine getrennte Darlegung zweckmäßig.
Verjährung und Rangverhältnisse
Für Rückgriffs- und Ersatzansprüche gelten eigenständige Fristen. Treffen Ansprüche mehrerer Beteiligter auf denselben Verantwortlichen, stellen sich Fragen der Rangfolge und Quotelung. Subrogierte Anspruchsträger und der Betroffene stehen dabei in einem Zuordnungsverhältnis, das Doppelzahlungen ebenso ausschließt wie ungerechtfertigte Benachteiligungen.
Abgrenzungen und verwandte Institute
Drittschadensliquidation
Hierbei wird ein Schaden, der in der Sphäre eines Dritten entsteht, über den Anspruch eines Vertragspartners geltend gemacht. Obwohl Berührungspunkte bestehen, betrifft dies die Zurechnung von Schäden und nicht die Anrechnung von Drittaufwand.
Geschäftsführung ohne Auftrag
Handelt ein Dritter zur Wahrung fremder Interessen, kann ein Anspruch auf Aufwendungsersatz entstehen. Dieser betrifft die Beziehung zwischen Handelndem und Geschäftsherrn und wirkt mittelbar auf die Zuordnung von Drittaufwand.
Vorteilsausgleichung
Diese Figur regelt, inwieweit Vorteile, die anlässlich eines Schadens zufließen, anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind. Sie ergänzt die Behandlung des Drittaufwands, indem sie Überkompensation verhindert und Wertungswidersprüche ausgleicht.
Häufig gestellte Fragen
Was ist unter Drittaufwand im rechtlichen Sinne zu verstehen?
Drittaufwand sind Leistungen Dritter, die aus Anlass eines Schadens oder zur Erfüllung eines fremden Leistungsinteresses erbracht werden. Dazu gehören Zahlungen, Reparaturen, Dienstleistungen oder Sachleistungen, die nicht der Betroffene selbst trägt.
Darf der Betroffene Drittaufwand als eigenen Schaden geltend machen?
Das hängt vom Maßstab ab. Wird auf den objektiv erforderlichen Herstellungsaufwand abgestellt, kann ein Anspruch bestehen, auch wenn einzelne Kosten durch Dritte getragen wurden. Wo hingegen konkrete Aufwendungen maßgeblich sind, sind nur tatsächlich entstandene Eigenkosten ersatzfähig. Drittleistungen können zudem auf den Anspruch angerechnet werden.
Wann werden Drittleistungen auf Ansprüche angerechnet?
Eine Anrechnung kommt vor allem in Betracht, wenn Drittleistungen den gleichen Zweck wie der Schadensersatz erfüllen und eine doppelte Entschädigung droht. Zuwendungen mit eigenständigem Unterstützungszweck werden häufig nicht angerechnet.
Was bedeutet gesetzlicher Forderungsübergang im Zusammenhang mit Drittaufwand?
Erbringt ein Dritter eine kongruente Leistung, kann der Ersatzanspruch des Betroffenen ganz oder teilweise kraft Gesetzes auf den Dritten übergehen. Der Dritte kann dann im eigenen Namen Rückgriff nehmen; der Anspruch des Betroffenen ist insoweit vermindert.
Wie werden unentgeltliche Hilfeleistungen von Angehörigen behandelt?
Bei Bedarfslagen wie Haushaltsführung oder Pflege wird die private Hilfe meist nicht anspruchsmindernd angerechnet, damit der Verantwortliche nicht von familiärer Unterstützung profitiert. In anderen Bereichen (etwa handwerklichen Reparaturen ohne Kostenanfall) kann unentgeltliche Hilfe dazu führen, dass kein entsprechender ersatzfähiger Eigenaufwand besteht.
Welche Rolle spielen Versicherungsleistungen beim Drittaufwand?
Versicherungsleistungen sind klassischer Drittaufwand. Häufig geht der entsprechende Ersatzanspruch auf den Versicherer über, der Rückgriff nehmen kann. Der Anspruch des Betroffenen reduziert sich insoweit; nicht gedeckte Positionen verbleiben beim Betroffenen.
Wer kann Ansprüche durchsetzen – der Betroffene oder der leistende Dritte?
Das richtet sich nach der Anspruchszuordnung. Beim gesetzlichen Forderungsübergang ist der leistende Dritte anspruchsberechtigt. Ohne Übergang bleibt der Anspruch beim Betroffenen, gegebenenfalls unter Anrechnung der Drittleistung. Abtretungen können die Zuordnung verändern.