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Drawdown


Definition und Grundlagen des Drawdown

Der Begriff Drawdown bezeichnet im Finanz- und Kapitalmarktrecht eine vorübergehende Reduktion des Wertes eines Investments oder Portfolios gemessen vom letzten Höchststand bis zum darauffolgenden Tiefpunkt. Der Drawdown wird häufig als prozentualer Verlust in Bezug auf das ursprüngliche Kapital berechnet. Im rechtlichen Kontext findet dieser Begriff sowohl im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds als auch bei Kreditverträgen und Darlehensauszahlungen Anwendung.

Begriffliche Unterscheidung

Im deutschen Rechtsraum wird der Terminus „Drawdown“ unterschiedlich verwendet. Im Investmentbereich steht er für die Rückbildung des Portfoliowertes, während im Kreditwesen häufig von einer „Ziehung“ oder Auszahlung einer vereinbarten Kreditlinie gesprochen wird. Die rechtliche Bewertung hängt daher maßgeblich vom Anwendungsgebiet ab.


Drawdown im Kapitalmarktrecht

Bedeutung für Investmentfonds und Anleger

Im Kapitalmarktrecht beschreibt der Drawdown vor allem die Volatilitätsrisiken und Verluste innerhalb eines Fonds oder Portfolios. Maßgeblich für die rechtliche Bewertung sind hier insbesondere die Verhaltenspflichten von Vermögensverwaltern sowie die Transparenz- und Informationspflichten gegenüber Investoren.

Informationspflichten und Anlegeraufklärung

Kapitalverwaltungsgesellschaften unterliegen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) einer umfassenden Informationspflicht über die mit einer Anlage verbundenen Risiken. Diese umfassen insbesondere die Darstellung des maximalen historischen Drawdowns, also des größten Wertverlustes innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die ordnungsgemäße Aufklärung über potenzielle Drawdowns ist für die rechtmäßige Vermarktung von Investmentfonds essentiell, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

Risikomanagement und aufsichtsrechtliche Vorgaben

Das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften muss regelmäßig den maximalen Drawdown überwachen und in die Beurteilung der Gesamtportfoliorisiken integrieren (§ 28 KAGB). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrolliert die Einhaltung dieser Vorgaben und kann bei Nichteinhaltung aufsichtsrechtliche Maßnahmen anordnen.


Drawdown im Kredit- und Bankenrecht

Vertragsrechtliche Ausgestaltung

Im Kreditwesen beschreibt der Begriff Drawdown vorrangig die sukzessive Inanspruchnahme einer bereitgestellten Finanzierungslinie, etwa bei sogenannten Revolvierenden Krediten oder Projektfinanzierungen. Die rechtliche Ausgestaltung regelt hierbei insbesondere die Konditionen für die Abrufbarkeit, Fristen und Bedingungen der Auszahlung sowie Sicherheitenstellungen.

Vertragsbedingungen und Auszahlungsmodalitäten

Im Kreditvertrag wird der Drawdown häufig detailliert geregelt. Typische Regelungen betreffen:

  • Anzahl und Zeitpunkt der Auszahlungen (Tranchierungen)
  • Erfüllung von Auszahlungsvoraussetzungen (Conditions Precedent)
  • Verwendung der Mittel
  • Reporting- und Kontrollverpflichtungen

Die Nichtbeachtung vertraglicher Bedingungen kann zur Verweigerung der Auszahlungsberechtigung seitens des Kreditinstituts führen.

Rechtliche Folgen einer Drawdown-Inanspruchnahme

Jede Inanspruchnahme einer Kreditlinie führt zu einem Entstehen von Rückzahlungsansprüchen des Finanzinstituts gegenüber dem Kreditnehmer. Je nach Vertragstyp können zusätzliche Sicherheiten fällig werden oder eine Zins- und Tilgungspflicht ausgelöst werden.


Drawdown im Derivate- und Handelsrecht

Margin Calls und Sicherheitenmechanismen

Im Bereich des Derivatehandels spielt der Drawdown eine zentrale Rolle bei der Überwachung von Risiken. Ein signifikanter Drawdown kann zu sogenannten „Margin Calls“ führen, infolge derer zusätzliche Sicherheiten zu stellen sind. Die rechtlichen Pflichten der Parteien ergeben sich aus Rahmenverträgen wie der ISDA (International Swaps and Derivatives Association) oder vom jeweiligen nationalen Wertpapierhandelsgesetz.

Haftung und Pflichten im Margin Management

Werden Margin-Anforderungen infolge eines Drawdowns nicht fristgerecht erfüllt, kann dies zur Zwangsliquidation der Positionen führen. Die Verantwortung zur Überwachung und Erfüllung entsprechender Anforderungen ist im Rahmenvertrag klar geregelt. Bei Verstößen stehen sowohl Schadenersatz- als auch Rückabwicklungsansprüche zur Verfügung.


Drawdown und aufsichtsrechtliche Implikationen

Anzeigepflichten und Meldepflichten

Bestimmte Formen des Drawdowns, etwa erhebliche Wertverluste in Publikumsfonds, unterliegen besonderen anzeigepflichtigen Schwellenwerten. Das KAGB fordert beispielsweise bei erheblichen Abweichungen von Referenzportfolios eine unverzügliche Mitteilung an die BaFin.

Konsequenzen für die Prospektgestaltung

Emittenten von Finanzinstrumenten sind verpflichtet, im Verkaufsprospekt die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß möglicher Drawdowns offenzulegen. Dies dient dem Schutz der Anleger vor Fehlinformationen und wird regelmäßig von Aufsichtsbehörden kontrolliert.


Drawdown und zivilrechtliche Streitigkeiten

Haftungsfragen

Im Zusammenhang mit Drawdowns können zahlreiche Haftungsfragen entstehen, insbesondere aus nicht ordnungsgemäßer Aufklärung oder Missmanagement im Rahmen von Vermögensverwaltungen. Streitigkeiten vor Gericht betreffen dabei häufig:

  • Verletzung von Aufklärungspflichten
  • Missachtung von Risikobegrenzungen
  • Fehlerhafte Vertragsauslegung bei der Kreditbereitstellung

Die Haftung kann Schadensersatzpflichten oder Rückerstattungsansprüche begründen.


Internationale Dimensionen des Drawdowns

Der Begriff und die rechtliche Behandlung des Drawdowns sind zwar international weitgehend harmonisiert, dennoch gibt es in verschiedenen Rechtsordnungen Unterschiede hinsichtlich der Informationspflichten, der Definition von Grenzwerten und der Folgen bei Nichteinhaltung der regulatorischen Pflichten. Im europäischen Kontext sorgen die Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union (z. B. MiFID II, AIFMD) für eine weitreichende Angleichung der Vorschriften.


Zusammenfassung

Der Drawdown ist ein vielschichtiger Begriff, der im deutschen und internationalen Recht zahlreiche Facetten aufweist. Wichtigste Bereiche sind das Investmentrecht, das Bank- und Kreditwesen sowie der Derivatehandel. Überall dort, wo Kapitalwerte temporär sinken oder Kreditlinien gezogen werden, entstehen umfangreiche Informations- und Kontrollpflichten. Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann gravierende rechtliche Folgen, wie Schadensersatzansprüche oder aufsichtsrechtliche Sanktionen, nach sich ziehen. Ein umfassender rechtlicher Rahmen sorgt für Transparenz, Anlegerschutz und rechtssichere Vertragsstrukturen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten bestehen bei der Anzeige eines Drawdowns gegenüber Investoren oder Aufsichtsbehörden?

Im rechtlichen Kontext verpflichtet die anlageverwaltende Stelle – etwa eine Kapitalverwaltungsgesellschaft oder ein Vermögensverwalter – die Investoren und gegebenenfalls auch die zuständigen Aufsichtsbehörden über erhebliche Drawdowns bzw. Wertverluste zu informieren. Die genauen Meldepflichten hängen dabei von der gewählten Rechtsform des Investments, dem Sitz des Fonds (z.B. UCITS, AIF, Spezialfonds) und der einschlägigen Gesetzgebung ab. So fordert beispielsweise die europäische Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), dass wesentliche Entwicklungen, die die Interessen der Anleger maßgeblich beeinflussen können, unverzüglich mitzuteilen sind. Auch das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder die OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) enthalten vergleichbare Informationspflichten. Die Definition, was als „wesentlicher“ Drawdown gilt, ist dabei meist in den vertraglichen Unterlagen (Fondsprospekt, Anlegerinformationen) oder durch interne Richtlinien präzisiert. Die Verletzung dieser Pflichten kann zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, Schadensersatzansprüchen oder im Extremfall zur zivil- oder strafrechtlichen Haftung führen.

Kann ein erheblicher Drawdown eine Pflicht zur Neufassung von Verträgen oder Prospekten auslösen?

Ja, ein signifikanter Drawdown kann unter bestimmten Umständen sogar eine Pflicht für die Anpassung oder Neufassung von Verträgen, Emissionsprospekten oder Anlegerinformationen begründen. Nach § 305 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) bzw. den einschlägigen Vorschriften im europäischen Recht sind wesentliche Änderungen der Anlagestrategie, Risikoprofile oder der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Fonds grundsätzlich im Prospekt bzw. in den Vertragsbedingungen aufzunehmen und den Anlegern zur Verfügung zu stellen. Sollte der Drawdown das ursprüngliche Risikoprofil gravierend verändern, kann dies eine Prospektänderung erforderlich machen. Die Unterlassung kann wiederum zu zivilrechtlichen Haftungsrisiken gegenüber Anlegern sowie aufsichtsrechtlichen Konsequenzen führen.

Welche Haftungsrisiken bestehen für den Fondsmanager bei unterlassener Berücksichtigung eines Drawdowns?

Unterlässt der Fondsmanager die korrekte Berücksichtigung oder Mitteilung eines Drawdowns im Rahmen seines Risikomanagements oder der Berichtspflichten, kann er sich gegenüber den Anlegern Schadenersatzforderungen ausgesetzt sehen. Rechtlich gesehen besteht die sogenannte Belehrungs- und Schutzpflicht gegenüber den Investoren: Anleger müssen jederzeit zutreffende Informationen zum Risikostatus des Investments erhalten. Wird ein substantieller Drawdown verschwiegen oder nicht korrekt berücksichtigt, kann dies als Verletzung von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten (§ 280 BGB, § 31 WpHG, § 62 KAGB) gewertet werden. In gravierenden Fällen kann auch eine persönliche Haftung des verantwortlichen Managements in Betracht kommen.

Gibt es rechtliche Vorgaben zur Kommunikation oder Dokumentation von Drawdowns im Berichtswesen?

Ja, Fonds- und Vermögensverwalter sind verpflichtet, den Wertverlauf und somit auch Drawdowns transparent und zeitnah in den gesetzlich vorgeschriebenen Berichten (z. B. Halbjahres- und Jahresberichten nach KAGB bzw. UCITS-Vorschriften) sowie gegebenenfalls in Ad-hoc-Mitteilungen und regelmäßigen Anlegerinformationen darzustellen. Die genaue Ausgestaltung ergibt sich aus dem Kapitalanlagegesetzbuch, den ergänzenden europäischen Regelwerken sowie ggf. von Aufsichtsbehörden (wie BaFin oder ESMA) konkretisierten Anforderungen. Auch prüfpflichtige Sonderfälle wie extreme Drawdowns sind hierbei klar aufzuführen. Eine mangelhafte oder verspätete Dokumentation kann wiederum Sanktionen und Haftungsfolgen auslösen.

Muss ein Drawdown in der individuellen Anlegerberatung rechtlich thematisiert werden?

Im Rahmen der individuellen Anlageberatung und -vermittlung nach Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sowie verwandten Richtlinien (MiFID II) besteht die Pflicht, über alle wesentlichen Risiken aufzuklären. Hierzu gehört auch, historische oder potentiell auftretende Drawdowns offenzulegen, insbesondere wenn diese für das Rendite/Risiko-Profil des Investments von Relevanz sind. Fehlt diese Aufklärung und erleidet der Anleger im Nachgang einen entsprechenden Verlust, besteht ein gesteigertes Risiko für Schadensersatz- oder Rückabwicklungsansprüche gegen den Berater.

Welche Rolle spielen Compliance- und Risikomanagement-Vorgaben bei der Überwachung von Drawdowns?

Gesetzlich vorgeschriebene Compliance- und Risikomanagementsysteme müssen nach KAGB, AIFM-Richtlinie und einschlägigen Verwaltungsvorschriften Maßnahmen zur laufenden Überwachung von Drawdowns implementieren. Hierzu zählen insbesondere die Festlegung individueller Schwellenwerte („Trigger“), die Einleitung von Informations- und Eskalationsprozessen sowie die kontinuierliche Überprüfung der Risikoparameter. Ein Versäumnis in diesem Bereich kann zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen bis hin zum Entzug der Erlaubnis führen.

Wie wirken sich Drawdowns auf die Liquiditätsvorgaben und Anlegerrechte aus?

Erreicht ein Drawdown eine bestimmte Schwelle, kann dies zu Einschränkungen bei der Rückgabe oder/oder dem Handel von Fondsanteilen führen (z.B. Aussetzung der Rücknahme nach § 98 KAGB). Rechtlich sind hierbei die Anlegerinteressen zu wahren und alle Maßnahmen nachvollziehbar und transparent zu begründen. Eine nicht sachgerechte Einschränkung oder verspätete Wiederaufnahme kann zu Rechtsstreitigkeiten und Reputationsschäden führen.