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DNA-Analyse


Begriff und Bedeutung der DNA-Analyse

Die DNA-Analyse (Desoxyribonukleinsäure-Analyse) ist ein wissenschaftliches Verfahren zur Identifizierung und zum Vergleich individueller genetischer Merkmale. Anwender finden sich insbesondere im Strafrecht, Zivilrecht, Abstammungsrecht und bei behördlichen Identifizierungsmaßnahmen. Die DNA-Analyse ermöglicht es, biologische Spuren einer bestimmten Person zuzuordnen, was sie zu einem integralen Bestandteil moderner Forensik und der Beweisführung bei gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren macht.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Regelungen in Deutschland

Die rechtlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der DNA-Analyse sind im deutschen Recht umfassend geregelt. Maßgebliche Gesetze finden sich insbesondere im Strafprozessrecht, Polizeirecht sowie dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Zu den zentralen Normen zählen:

  • Strafprozessordnung (StPO): §§ 81e ff. StPO regeln die Anordnung und Durchführung der molekulargenetischen Untersuchung an Körperzellen zum Zwecke der Strafverfolgung.
  • Polizeigesetze der Länder: Sie gestatten die DNA-Analyse zur Gefahrenabwehr unter bestimmten Voraussetzungen.
  • Gendiagnostikgesetz (GenDG): Regelt insbesondere die Verwendung und Verarbeitung genetischer Daten, einschließlich datenschutzrechtlicher Aspekte.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Regelungen hinsichtlich der Feststellung der Abstammung (§§ 1592 ff. BGB).

Voraussetzungen und Anordnung

Eine DNA-Analyse darf grundsätzlich nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage und häufig nur durch richterlichen Beschluss angeordnet werden. Ausnahmen bestehen, etwa zur Identitätsfeststellung bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, unter engen gesetzlichen Voraussetzungen.

Betroffene Personengruppen

DNA-Analysen betreffen vor allem:

  • Beschuldigte und Verdächtigte in Strafverfahren
  • Opfer von Straftaten
  • Beteiligte in Abstammungsprozessen
  • Unbekannte Tote zur Identifizierung

Eingriff in Grundrechte

Die Durchführung einer DNA-Analyse tangiert insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Wegen des erheblichen Grundrechtseingriffs gelten strenge Maßstäbe im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, Zweckbindung und den Datenschutz.

Ablauf und Verfahren der DNA-Analyse

Probenentnahme und Untersuchung

Die Entnahme der DNA-Probe erfolgt zumeist durch einen schmerzlosen Abstrich der Mundschleimhaut (Wangenschleimhautabstrich). In Einzelfällen ist auch die Entnahme von Haaren oder Blut zulässig.

Die molekulargenetische Untersuchung erfolgt in zertifizierten Laboren. Resultate werden ausschließlich zur Feststellung der Identität oder verwandtschaftlicher Beziehungen (z.B. Vaterschaftstest) verwendet, sofern keine andere ausdrückliche Einwilligung oder gesetzliche Grundlage vorliegt.

Dokumentation, Speicherung und Löschung

Die Untersuchungsergebnisse und Proben unterliegen gesetzlichen Regelungen zur Speicherung und Löschung, je nach Aufbewahrungszweck:

  • Datei für DNA-Identifizierungsmuster (DAD) des Bundeskriminalamtes: Speicherung ist an strenge rechtliche Voraussetzungen geknüpft und wird regelmäßig überprüft.
  • Löschung: Die Ergebnisse sind zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden oder ein Freispruch bzw. eine Verfahrenseinstellung ohne strafrechtliche Folgen vorliegt.

Verwertung und Grenzen der DNA-Analyse im Strafverfahren

Beweisfunktion

DNA-Spuren können im Strafprozess eine erhebliche Beweisbedeutung besitzen. Sie dienen zur

  • Identifizierung von Tatverdächtigen
  • Ausschluss von Personen
  • Verbindung von Spuren zu bestimmten Tatorten

Gerichtliche Überprüfung

Die Anordnung und Verwertung von DNA-Analysen unterliegen der Kontrolle durch Gerichte. Insbesondere ist zu prüfen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird und ein berechtigtes Interesse besteht.

Grenzen der Verwertung

DNA-Analysen dürfen ausschließlich zur Feststellung genetischer Fingerabdrücke verwendet werden. Eine Untersuchung auf weitere genetische Merkmale (Erkrankungen, Abstammung, Aussehen) ist nur zulässig, wenn dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist oder eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.

Datenschutzrechtliche Bestimmungen und Schutzmaßnahmen

Umgang mit genetischen Daten

Genetische Daten sind besonders schützenswert. Ihre Verarbeitung erfolgt unter Anwendung des Gendiagnostikgesetzes (GenDG) sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Verarbeitung ist nur zu klar bestimmten Zwecken zulässig.

Rechte der Betroffenen

Betroffene haben insbesondere folgende Rechte:

  • Recht auf Information und Auskunft nach Art. 15 DSGVO
  • Recht auf Berichtigung und Löschung der Daten (Art. 16, 17 DSGVO)
  • Recht auf Widerspruch gegen die Nutzung der Daten, sofern keine überwiegenden öffentlichen Interessen dem entgegenstehen

Dokumentation und Kontrolle

Die Verarbeitung und Speicherung der Daten wird durch Datenschutzbeauftragte und unabhängige Aufsichtsbehörden kontrolliert. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen können zu erheblichen Sanktionen führen.

Abstammungsfeststellung und Verwandtschaftsanalysen

Rechtliche Bedeutung im Familienrecht

Im Familienrecht kommt der DNA-Analyse zentrale Bedeutung bei der Feststellung oder Anfechtung der Abstammung zu (Vaterschaftsfeststellung). Die Durchführung setzt grundsätzlich die Einwilligung aller Beteiligten voraus oder erfolgt nach richterlicher Anordnung.

Gerichtliche Anordnung

Eine Abstammungsuntersuchung kann durch das Familiengericht angeordnet werden, falls Zweifel an der rechtlichen Elternschaft bestehen (§ 1598a BGB). Die missbräuchliche Verwendung von DNA-Analysen ist im deutschen Recht untersagt.

Internationale Entwicklung und Zusammenarbeit

DNA-Analysen werden auch grenzüberschreitend genutzt, insbesondere im Rahmen von internationalen Abkommen zur Strafverfolgung. Europäische Harmonisierungsschritte, etwa durch den Prüm-Beschluss, regeln den Austausch von DNA-Daten zur Verbrechensbekämpfung.

Zusammenfassung

Die DNA-Analyse ist ein hochsensibles Instrument der Identitätsfeststellung und Beweisführung mit weitreichenden rechtlichen Implikationen. Ihre Durchführung und Anordnung sind strikt reglementiert, um Grundrechte und Datenschutz zu gewährleisten. Die fortlaufende technologische Entwicklung und internationale Verflechtungen machen regelmäßige gesetzliche Anpassungen erforderlich, damit die Balance zwischen effektiver Gefahrenabwehr, Beweissicherung und Schutz der Persönlichkeitsrechte erhalten bleibt.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine DNA-Analyse im Strafverfahren zulässig?

Die Zulässigkeit der DNA-Analyse im Strafverfahren ist in Deutschland vor allem durch die Strafprozessordnung (StPO), insbesondere §§ 81a-f StPO, geregelt. Eine DNA-Analyse ist grundsätzlich dann zulässig, wenn sie zur Aufklärung von Straftaten erforderlich erscheint. Die Entnahme von Körperzellen zur DNA-Analyse darf jedoch nur von einem Richter angeordnet werden, es sei denn, es besteht Gefahr im Verzug; dann kann auch die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen entscheiden. Es muss stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt bleiben: Die Maßnahme darf also nicht außer Verhältnis zur Schwere der Straftat oder zur Stärke des Tatverdachts stehen. Bei Tatverdächtigen ist eine solche Maßnahme zur Feststellung ihrer Identität ausdrücklich erlaubt, während bei anderen Personen (z.B. Zeugen, Beschuldigten im Rahmen minder schwerer Straftaten) die Eingriffe sehr viel strenger beurteilt werden. Auch die Art der Durchführung der DNA-Analyse ist reglementiert, etwa wer die Proben nehmen und auswerten darf, sodass Missbrauch und Fehler möglichst vermieden werden.

Wer darf angeordnete DNA-Analysen durchführen?

Laut gesetzlichen Vorgaben dürfen DNA-Analysen ausschließlich von hierfür besonders ausgebildeten und akkreditierten Sachverständigen oder Laboratorien durchgeführt werden. Die Anforderungen ergeben sich u.a. aus § 81e StPO sowie zugehörigen Verordnungen. Damit soll die Qualität der Untersuchung sowie die objektive Unabhängigkeit sichergestellt werden. Die Laboratorien müssen strikte Standards einhalten, beispielsweise hinsichtlich der Dokumentation, der Ketten der Probenübermittlung (Chain of Custody), des Datenschutzes und der Aufbewahrung von Restproben. Kommt es zu Abweichungen oder Fehlern, droht ein Beweisverwertungsverbot.

Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen bestehen bei der Speicherung von DNA-Profilen?

Mit der Speicherung, Verwendung und Übermittlung genetischer Daten – etwa in der DNA-Analysedatei beim Bundeskriminalamt – gehen sehr hohe datenschutzrechtliche Anforderungen einher. Nach § 81g StPO dürfen DNA-Profile ausschließlich zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren und nur unter bestimmten Voraussetzungen gespeichert werden. Die Speicherung, Nutzung und Löschung von Daten ist genau geregelt; Unbefugte dürfen keinen Zugang erhalten. Betroffene können zudem unter bestimmten Umständen die Löschung ihrer DNA-Daten verlangen, beispielsweise nach Freispruch oder Einstellung des Verfahrens. Verstöße gegen diese Vorschriften können Klagen nach dem Bundesdatenschutzgesetz und ggf. Schadensersatzansprüche auslösen.

Welche Rechte und Pflichten haben Beschuldigte im Rahmen einer angeordneten DNA-Analyse?

Beschuldigte sind grundsätzlich verpflichtet, an einer rechtmäßig angeordneten DNA-Analyse mitzuwirken, beispielsweise durch Dulden der Entnahme von Körperzellen (meist Speichel). Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit kann dadurch beeinträchtigt sein, doch wird diese Einschränkung als gerechtfertigt angesehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Allerdings besteht für Beschuldigte keine aktive Mitwirkungspflicht im Sinne einer aktiven Handlung – sie müssen insbesondere nicht aktiv mitarbeiten. Ein Widerstand gegen die Entnahme kann jedoch zwangsweise überwunden werden. Gleichzeitig haben sie das Recht, einen Rechtsbeistand zu konsultieren und gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Maßnahme einzulegen (z.B. Beschwerde gegen den richterlichen Beschluss nach § 304 StPO).

Inwieweit ist die Verwendung von DNA-Analysen zur Feststellung äußerer Merkmale rechtlich zulässig?

Die Verwendung von DNA-Analysen zur Feststellung sogenannter phänotypischer Merkmale wie Augen-, Haar- oder Hautfarbe – also Merkmale, die über die reine Identität hinausgehen – ist aktuell in Deutschland nur sehr eingeschränkt zulässig. Das Gendiagnostikgesetz (GenDG) und die StPO verbieten grundsätzlich eine solche Analyse, sofern sie nicht der Identitätsfeststellung dient. Einer aktuellen Gesetzesänderung zufolge ist die begrenzte Nutzung solcher Analysen zur Vorhersage bestimmter äußerlicher Merkmale mittlerweile unter strengen rechtlichen Voraussetzungen bei schweren Straftaten möglich (z.B. Mord, Sexualdelikte). Jede weiterführende Nutzung, insbesondere zur Erstellung von Persönlichkeits- oder Krankheitsprofilen, bleibt aber untersagt.

Unter welchen Voraussetzungen darf eine DNA-Analyse im Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter erfolgen?

Die DNA-Analyse zum Zweck einer sogenannten Spurenuntersuchung ist zulässig, wenn am Tatort biologische Spuren gefunden werden, die von Täter oder einer beteiligten Person stammen könnten. Die Analyse dieser Spuren, ohne dass ein Beschuldigter feststeht, ist rechtlich durch § 81e StPO gedeckt, sofern dies zur Aufklärung der Tat notwendig erscheint. Wird im Nachgang ein Verdächtiger festgestellt, kann ein Abgleich des Spurenprofils mit dessen DNA-Profil vorgenommen werden. Dabei gelten insbesondere die Regeln zur Zweckbindung und Datensicherheit. Die Ergebnisse dürfen nur für das jeweilige Ermittlungsverfahren und zur Tätermatchung verwendet werden.

Welche gerichtlichen Kontrollmechanismen bestehen für die Anordnung einer DNA-Analyse?

Die Anordnung einer DNA-Analyse unterliegt der richterlichen Kontrolle (§ 81a Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 81f StPO). Vor einer Anordnung prüft das Gericht insbesondere die Voraussetzungen der Tatbestandsmäßigkeit und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Der Richter muss abwägen, ob eine weniger einschneidende Maßnahme ausreichend wäre. Nach erfolgter Anordnung steht es den Betroffenen zu, Rechtsmittel einzulegen (Beschwerde nach § 304 StPO). Das Gericht kann die Durchführung der Maßnahme untersagen, einschränken oder aufheben, falls neue Tatsachen oder rechtliche Fehler erkennbar werden. Auch im Nachgang gibt es gerichtliche Überprüfungsmöglichkeiten, etwa im Rahmen eines Beweisverwertungswiderspruchs innerhalb der Hauptverhandlung, falls Zweifel an der Rechtmäßigkeit oder Korrektheit der Analyse bestehen.