Legal Lexikon

Dividendenschein


Begriff und Rechtsnatur des Dividendenscheins

Ein Dividendenschein ist ein Wertpapier oder eine Wertpapierurkunde, die dem Eigentümer einer Aktie oder einer anderen dividendenberechtigten Beteiligung das Recht auf den Bezug einer Dividende gewährt. Es handelt sich hierbei um ein klassisches Instrument des Aktienrechts, dessen rechtliche Ausgestaltung, Funktionen sowie Bedeutung durch das Aktiengesetz (AktG) und ergänzend durch weitere handels- und gesellschaftsrechtliche Vorschriften geregelt werden.

Definition und Geschichte

Der Dividendenschein war historisch Teil des sogenannten Wertpapierbogens, bestehend aus der eigentlichen Aktie, einem Bogen von Dividendenscheinen sowie einem Erneuerungsschein (Talon). Mit jedem Geschäftsjahr konnte der Aktionär zur Auszahlung der Dividende den entsprechenden Dividendenschein vom Bogen ablösen und vorlegen. Durch Einführung des heutigen Depot- und Girosammelverkehrs sowie des elektronischen Wertpapierverkehrs ist die ursprüngliche Bedeutung des Dividendenscheins weitgehend zurückgetreten, jedoch besteht der Begriff fort und taucht auch im Zusammenhang mit Namenspapier und Inhaberpapier im Wertpapierrecht auf.

Rechtliche Ausgestaltung

Form und Inhalt

Dividendenscheine sind Wertpapierurkunden, in denen ein gesetzlich oder satzungsmäßig begründeter Anspruch auf Dividendenzahlung verbrieft ist. Sie enthalten in der Regel

  • Bezeichnung des ausgebenden Unternehmens,
  • Wertpapiernummer oder -bezeichnung,
  • laufende Nummer des Scheins,
  • Bezugsberechtigung,
  • Fälligkeitszeitraum bzw. Geschäftsjahr.

Ein Dividendenschein ist formlos, aber schriftlich ausgestaltet. Rechtlich ist hierfür keine notarielle oder gerichtliche Form, sondern die schriftliche Ausfertigung und Ausstattungen mit den elementaren Angaben zur Legitimationsprüfung maßgeblich.

Funktion der Dividendenscheine

Rechtlich betrachtet stellt ein Dividendenschein ein Legitimationspapier nach § 808 BGB dar. Seine Vorlage berechtigt den jeweiligen Inhaber, die darin bezeichnete Dividendenzahlung einzufordern, ohne dass er weitere Nachweise über den Bestand der Beteiligung liefern muss. Dies diente der Vereinfachung der Dividendenzahlung und der Verkehrsfähigkeit.

Unterschied zu anderen Wertpapieren

Während die Aktie das verbriefe Mitgliedschafts- und Vermögensrecht am Unternehmen selbst darstellt, gewährt der Dividendenschein nur einen eingeschränkten Zahlungsanspruch für eine bestimmte Periode.

Rechtliche Bedeutung und Anspruchsgrundlage

Anspruchsaushändigung und Übertragbarkeit

Jeder Dividendenschein verbrieft einen selbständigen Anspruch auf Zahlung der Dividende für ein Geschäftsjahr, unabhängig vom Bestand der Aktie im übrigen. Die Übertragbarkeit richtet sich bei Inhaberaktien nach den Vorschriften über Inhaberpapiere (§§ 793 ff. BGB), sodass die Dividendenscheine durch bloße Übergabe geltend gemacht werden können.

Bei Namensaktien hingegen erfolgt die Übertragung mittels Indossament und Eintragung in das Aktienregister. Die Übertragung des Dividendenscheins ist hier mit Besonderheiten bezüglich der Legitimation verbunden.

Herausgabeanspruch und Verlust

Der Besitz eines Dividendenscheins begründet – ähnlich wie beim Inhaberpapier – einen Herausgabeanspruch gegenüber dem ausgebenden Unternehmen, sofern die Fälligkeit der Dividende eingetreten ist. Bei Verlust eines Dividendenscheins kann der Anspruch auf Dividendenzahlung nur über das sogenannte Aufgebotsverfahren gemäß §§ 799, 800 BGB geltend gemacht werden. Der Schein selbst muss als Wertpapier für kraftlos erklärt werden.

Verjährung

Gemäß § 801 BGB unterliegt der Anspruch aus dem Dividendenschein der regelmäßigen kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren, gerechnet ab Fälligkeit der Dividendenzahlung. Nach Ablauf dieser Verjährung kann der Zahlungsanspruch nicht mehr durchgesetzt werden.

Aktuelle Relevanz und Wegfall

In Deutschland haben Dividendenscheine im Zuge der Einführung des Girosammelverfahrens und des Depotverkehrs an praktischer Bedeutung verloren. Die Ansprüche auf Dividenden werden heute in der Regel elektronisch und automatisiert abgewickelt, sodass Dividendenscheine als körperliche Urkunden nur noch bei wenigen, meist älteren Namens- oder Inhaberaktien relevant sein können. Die Neuausgabe und der Umlauf von Dividendenscheinen sind in der gegenwärtigen Praxis nahezu bedeutungslos.

Zusammenfassung

Der Dividendenschein stellt aus rechtlicher Perspektive ein Wertpapier dar, das insbesondere im historischen Kontext Bedeutung bei der Legitimierung und Geltendmachung von Dividendenansprüchen hatte. Obwohl die Dividendenzahlung heute elektronisch und ohne körperliche Scheine erfolgt, bleibt der Begriff als rechtliches Relikt und in besonderen Einzelfällen erhalten. Die rechtlichen Regelungen zum Dividendenschein finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie im Aktiengesetz und befassen sich mit den Fragen des Anspruchserwerbs, der Übertragbarkeit, des Herausgabeanspruchs und der Verjährung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Wirkungen hat die Übergabe eines Dividendenscheins an einen Dritten?

Die Übergabe eines Dividendenscheins an einen Dritten führt grundsätzlich zur Übertragung der Forderung auf Zahlung der Dividende, sofern der Inhaber des Scheins auch materiell berechtigt war. Aus rechtlicher Sicht gilt der Dividendenschein als kleines Inhaberpapier im Sinne der §§ 807 ff. BGB, wodurch die Inhaberschaft am Schein eine Legitimationswirkung gegenüber der auszahlenden Stelle (meist die Gesellschaft oder ihre Hausbank) erzeugt. Der neue Inhaber kann demnach die Dividendenzahlung verlangen, ohne seine Rechtsnachfolge weiter nachweisen zu müssen. Dennoch können Gesellschaft oder auszahlende Stelle nach § 808 BGB die Leistung verweigern, wenn sie von der Nichtberechtigung des Vorlegenden positive Kenntnis haben oder grob fahrlässig handeln würden. Die Übergabe des Dividendenscheins ersetzt daher regelmäßig nicht die Abtretung der darunterliegenden Forderung, sondern verschafft dem Inhaber eine gesicherte Rechtsstellung, solange kein entgegenstehendes Recht eines Dritten im Spiel ist.

Welche Anforderungen bestehen an die Form und Ausstellung von Dividendenscheinen aus rechtlicher Sicht?

Die Ausstellung und Form von Dividendenscheinen werden rechtlich vor allem durch gesellschaftsrechtliche und bilanzrechtliche Vorschriften geprägt. Dividendenscheine sind Wertpapiere als Urkunden und müssen daher die für Wertpapiere geltenden Formerfordernisse erfüllen. Sie enthalten regelmäßig die Bezugsnummer, den Betrag und die Kennzeichnung des ausschüttenden Unternehmens sowie die Laufzeit oder das berechtigte Geschäftsjahr. Rechtlich gesehen begründet ein Dividendenschein einen Anspruch aus dem Wertpapiergeschäft nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (Vollstreckungstitel). Zur wirksamen Ausstellung ist erforderlich, dass der Schein von der zuständigen Stelle der Gesellschaft, meist vertreten durch den Vorstand oder eine bevollmächtigte Stelle, erstellt und mit der notwendigen Kennzeichnung (z.B. Unterschrift, Firmenzeichen) versehen wird. Zudem darf ein Dividendenschein nur dann in Umlauf gebracht werden, wenn die zugrundeliegende Gewinnverteilung von der Hauptversammlung gemäß § 174 AktG (bei AG) oder der Gesellschafterversammlung freigegeben wurde.

Welche rechtlichen Einwände können gegen die Auszahlung aufgrund eines Dividendenscheins geltend gemacht werden?

Aus rechtlicher Sicht sind verschiedene Einwände gegen die Auszahlung einer Dividende auf Grundlage eines vorgelegten Dividendenscheins möglich. Nach § 808 BGB kann die auszahlende Stelle die rechtliche Einrede erheben, wenn sie von der Nichtberechtigung des Vorbringenden weiß oder wissen müsste, etwa weil der Schein als gestohlen gemeldet wurde oder Fälschungsmerkmale aufweist. Zudem ist eine Auszahlung ausgeschlossen, wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass die im Dividendenschein verbrieften Ansprüche bereits erfüllt oder verjährt sind (§ 801 BGB). Auch ein Verlust oder Rückruf des Dividendenscheins (Beispiel: Kraftloserklärung nach § 799 BGB) hat Rechtswirkungen gegenüber dem Inhaber. Darüber hinaus können Einwände aufgrund von Kapitalerhaltungsvorschriften greifen, wenn seitens der Gesellschaft die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Dividendenzahlung nicht mehr vorliegen, beispielsweise nachträgliche Feststellung einer Überschuldung.

Welche Verjährungsfristen gelten für Ansprüche aus einem Dividendenschein?

Die Verjährung der Ansprüche aus einem Dividendenschein richtet sich nach den speziellen Vorschriften des Wertpapierrechts. Gemäß § 801 Abs. 1 BGB verjähren Ansprüche aus Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheinen in vier Jahren nach dem Ablauf des Jahres, in dem die Zahlung erstmals verlangt werden konnte. Das bedeutet, dass der Inhaber vier Jahre ab dem auf das Eigentum an der Dividende folgenden Jahresende Zeit hat, um seinen Anspruch geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Gesellschaft berechtigt, die Auszahlung zu verweigern, sofern nicht vertragliche oder satzungsmäßige Regelungen eine längere Frist vorsehen. Im Insolvenzfall oder bei Rückruf der Papiere gelten zudem abweichende Fristbestimmungen nach den jeweiligen Sondergesetzen.

Welche Pflichten treffen das ausschüttende Unternehmen im Zusammenhang mit Dividendenscheinen?

Dem ausschüttenden Unternehmen obliegen verschiedene rechtliche Pflichten im Umgang mit Dividendenscheinen. Es muss sicherstellen, dass die Dividende nur an rechtlich legitimierte Inhaber ausgezahlt wird und dabei sämtliche gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften (z. B. § 57 AktG, § 30 GmbHG) eingehalten werden. Die ordnungsgemäße Verbuchung der Dividendenausschüttung im Rahmen der Bilanz und deren Ausweis im Anhang bzw. Lagebericht sind zwingende rechtliche Vorgaben. Darüber hinaus ist das Unternehmen verpflichtet, im Verlustfall den Dividendenscheininhabern Anzeige über etwaige Kraftloserklärungen, Einziehungsmaßnahmen oder Stornierungen zu machen und ggf. eine Ersatzleistung anzubieten, sofern diese rechtlich vorgesehen ist. Datenschutzrechtliche Anforderungen müssen bei der Einziehung und Auszahlung der Dividenden ebenfalls beachtet werden, insbesondere wenn personenbezogene Daten des Inhabers erfasst werden.

Wie wirkt sich die Kraftloserklärung eines Dividendenscheins rechtlich aus?

Wird ein Dividendenschein gemäß § 799 ff. BGB kraftlos erklärt, verliert dieser seine Gültigkeit als effektives Wertpapier. Das bedeutet, dass auf Basis eines solchen Scheins keine Auszahlung der Dividende mehr verlangt werden kann, selbst wenn sich der ursprüngliche Inhaber wiederfindet oder der Schein nach Ablauf der öffentlichen Aufgebotsfrist auftaucht. Die Kraftloserklärung erfolgt auf Antrag und nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens durch das zuständige Amtsgericht. Im Anschluss können Ansprüche nur noch auf Vorlage anderer geeigneter Nachweise (z. B. Ersatzschein oder gesicherter Nachweis der Berechtigung) geltend gemacht werden. Der Zweck dieser Vorschrift ist, den guten Glauben der Gesellschaft und die Verkehrsfähigkeit des Wertpapiergeschäfts zu schützen.

Welche steuerrechtlichen Folgepflichten ergeben sich aus der Einlösung eines Dividendenscheins?

Mit der Einlösung eines Dividendenscheins sind spezifische steuerrechtliche Pflichten verbunden, da Dividenden regelmäßig steuerpflichtige Einkünfte darstellen. Das ausschüttende Unternehmen ist gesetzlich verpflichtet, Kapitalertragsteuer sowie ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer abzuführen (§ 43 ff. EStG). Der Inhaber des Dividendenscheins erhält bei der Einlösung eine Steuerbescheinigung, welche beim Finanzamt bezüglich der eigenen Einkommensbesteuerung eingereicht werden muss. Fehler oder Versäumnisse bei der steuerlichen Abführung können sowohl für das ausschüttende Unternehmen als auch für den Einlöser straf- und bußgeldrechtliche Konsequenzen haben. Zudem bestehen Dokumentationspflichten für die Gesellschaft, insbesondere im Hinblick auf die Erfüllung der Anzeigepflichten bei Auslandsdividenden und die ordnungsgemäße Erfassung der ausgezahlten Beträge im Jahresabschluss.