Begriff und Bedeutung des Diskriminierungsverbots im Arbeitsrecht
Das Diskriminierungsverbot im Arbeitsrecht bezeichnet das grundsätzliche Verbot, Beschäftigte benachteiligt oder bevorzugt zu behandeln – insbesondere aufgrund bestimmter persönlicher Merkmale. Ziel des Diskriminierungsverbots ist die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Schutz vor ungerechtfertigter Benachteiligung sowohl bei der Begründung als auch während der Durchführung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
Rechtliche Grundlagen
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Die zentrale Rechtsgrundlage für das Diskriminierungsverbot im deutschen Arbeitsrecht bildet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das AGG setzt mehrere europarechtliche Richtlinien in nationales Recht um und normiert das Verbot der Benachteiligung aus Gründen der
- Rasse oder ethnischen Herkunft,
 - des Geschlechts,
 - der Religion oder Weltanschauung,
 - einer Behinderung,
 - des Alters,
 - der sexuellen Identität.
 
Das Gesetz findet Anwendung auf sämtliche Entscheidungsprozesse eines Arbeitsverhältnisses, also auf die Stellenausschreibung, Einstellung, Beförderung, die Gestaltung von Arbeitsbedingungen sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Weitere Rechtsquellen
Neben dem AGG enthalten auch das Grundgesetz (insbesondere Art. 3 GG), das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und das Sozialgesetzbuch (SGB) einschlägige Regelungen zum Diskriminierungsverbot. Im internationalen Kontext sind das Diskriminierungsverbot in der Europäischen Grundrechtecharta sowie in verschiedenen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verankert.
Schutzbereiche und Diskriminierungsmerkmale
Übersicht der Diskriminierungsmerkmale nach AGG
Das AGG schützt vor Benachteiligung aus folgenden Gründen:
- Rasse und ethnische Herkunft: Schutz vor Diskriminierungen aufgrund äußerlicher Merkmale oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe.
 - Geschlecht: Einschließlich Schutz vor Benachteiligungen wegen Schwangerschaft und Mutterschaft.
 - Religion oder Weltanschauung: Unabhängiger Schutz bekennender und nicht-bekenntlicher Menschen.
 - Behinderung: Schutz für Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen.
 - Alter: Schutz aller Altersgruppen, insbesondere Förderung von Chancengleichheit.
 - Sexuelle Identität: Schutz der sexuellen Orientierung, gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und geschlechtlicher Identitäten.
 
Formen der Diskriminierung
Das Gesetz unterscheidet verschiedene Arten von Diskriminierungen:
- Unmittelbare Diskriminierung: Offensichtliche, direkte Schlechterstellung einer Person aufgrund eines durch das AGG geschützten Merkmals.
 - Mittelbare Diskriminierung: An sich neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren benachteiligen bestimmte Gruppen besonders.
 - Belästigung: Unerwünschte Verhaltensweisen, die die Würde der betroffenen Person verletzen.
 - Anweisung zur Diskriminierung: Eine Person wird dazu aufgefordert, andere zu diskriminieren.
 
Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbots
Arbeitgeber, Beschäftigte und Dritte
Das Diskriminierungsverbot richtet sich insbesondere an Arbeitgeber, aber auch an Beschäftigte selbst und Dritte, etwa bei Personaldienstleistungen oder Zeitarbeit. Geschützt sind Arbeitnehmer, Auszubildende, Praktikanten, Bewerber sowie Personen im vorvertraglichen Stadium.
Arbeitsrechtliche Maßnahmen und Auswirkungen
Das Diskriminierungsverbot betrifft etwa:
- Gestaltung und Inhalt von Stellenausschreibungen,
 - Auswahl im Bewerbungsprozess,
 - Arbeitsbedingungen, Beförderungen und Weiterbildung,
 - Maßnahmen bei Umstrukturierungen und Kündigungen.
 
Diskriminierende Handlungen sind unzulässig und bieten für Betroffene Rechte auf Schutz und Abhilfe.
Rechtliche Konsequenzen bei Verstößen
Rechte der Betroffenen
Betroffene haben verschiedene Ansprüche:
- Beschwerderecht: Jeder Beschäftigte kann sich beim Arbeitgeber beschweren.
 - Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Maßnahmen zur Unterbindung und Beseitigung der Benachteiligung zu ergreifen.
 - Recht auf Entschädigung und Schadensersatz: Bei Verstößen gegen das Diskriminierungsverbot können materielle und immaterielle Schäden geltend gemacht werden (§ 15 AGG).
 - Benachteiligungsverbot bei Kündigung: Kündigungen, die ausschließlich oder überwiegend aus den im AGG genannten Gründen ausgesprochen werden, sind unwirksam.
 
Beweislastregelungen
Im Diskriminierungsfall genügt es, dass die benachteiligte Person Indizien vorträgt, die eine Diskriminierung vermuten lassen (sog. Beweislastumkehr gemäß § 22 AGG). Der Arbeitgeber muss dann nachweisen, dass keine Benachteiligung erfolgt ist.
Ausnahmen und Rechtfertigungsgründe
Zulässige unterschiedliche Behandlung
Das AGG sieht ebenfalls Ausnahmefälle vor, in denen eine unterschiedliche Behandlung zulässig ist:
- Berufliche Anforderungen: Unterschiede sind erlaubt, wenn bestimmte Merkmale für die Tätigkeit unabdingbare berufliche Anforderungen darstellen.
 - Positive Maßnahmen: Maßnahmen, die dem Ausgleich bestehender Nachteile dienen, sind erlaubt (sogenanntes positive action).
 
Besonderheiten im kirchlichen Arbeitsrecht
Kirchliche Arbeitgeber dürfen unter bestimmten Umständen auf lebensweltliche Merkmale wie Religion oder Konfession abstellen, solange dies nach Art und Anforderung der Tätigkeit gerechtfertigt ist.
Europarechtlicher und internationaler Kontext
Richtlinien der Europäischen Union
Das Diskriminierungsverbot im Arbeitsrecht basiert unter anderem auf den Richtlinien 2000/43/EG (Antidiskriminierungsrichtlinie), 2000/78/EG (Rahmenrichtlinie Beschäftigung) sowie weiteren Regelungswerken der Europäischen Union, die die Gleichbehandlung von Personen unabhängig von Herkunft, Religion und weiteren Merkmalen vorsehen.
Internationale Übereinkommen
Auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat Konventionen zum Diskriminierungsschutz im Arbeitsleben verabschiedet, etwa das ILO-Übereinkommen Nr. 111.
Bedeutung in der Praxis und Rechtsprechung
Relevanz in der Arbeitswelt
Das Diskriminierungsverbot bildet einen zentralen Bestandteil des verfassungsgemäßen und fairen Arbeitsrechts. Es stellt sicher, dass die Prinzipien der Gleichbehandlung und Chancengleichheit am Arbeitsplatz verwirklicht werden.
Beispielsfälle aus der Rechtsprechung
Die Arbeitsgerichte, insbesondere das Bundesarbeitsgericht, haben das Diskriminierungsverbot durch richtungsweisende Urteile konkretisiert. Beispielsweise wurden Altersgrenzen in Arbeitsverträgen häufig als unzulässig eingestuft, sofern keine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung bestand. Ebenso wurde Diskriminierung wegen des Geschlechts in Stellenausschreibungen wiederholt als Verstoß angesehen.
Fazit
Das Diskriminierungsverbot im Arbeitsrecht dient dem Schutz der Beschäftigten vor ungerechtfertigter Benachteiligung und ist fest in nationalen wie internationalen Rechtsgrundlagen verankert. Es gewährleistet Chancengleichheit und faire Arbeitsbedingungen und stellt einen unverzichtbaren Bestandteil des modernen Arbeitsrechts dar.
Weitere Begriffe:
Antidiskriminierung, Gleichbehandlungsgrundsatz, Gleichstellung, Personalrecht, Arbeitsvertragsrecht, Arbeitnehmerrechte 
Häufig gestellte Fragen
Welche Benachteiligungen sind im Arbeitsrecht durch das Diskriminierungsverbot untersagt?
Das Diskriminierungsverbot im Arbeitsrecht untersagt eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Dieses Verbot ist vorrangig im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt und bezieht sich auf sämtliche Phasen des Arbeitsverhältnisses – von der Ausschreibung einer Stelle über Auswahl- und Einstellungsverfahren bis hin zu Beförderungen, Arbeitsbedingungen, Lohnfindung, Weiterbildungsangeboten und Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen erfasst. Unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines der oben genannten Merkmale schlechter behandelt wird als eine andere in vergleichbarer Situation. Eine mittelbare Benachteiligung ist gegeben, wenn scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einem bestimmten geschützten Merkmal besonders benachteiligen, es sei denn, diese Praxis ist durch ein legitimes Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich.
Welche Rechte haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Diskriminierung im Arbeitsverhältnis?
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben gemäß § 13 ff. AGG verschiedene Rechte, wenn sie eine Diskriminierung während des Arbeitsverhältnisses erfahren. Dazu gehört zunächst das Beschwerderecht, das es ermöglicht, sich bei den zuständigen Stellen im Betrieb (insbesondere beim Arbeitgeber oder der Antidiskriminierungsstelle im Betrieb) über eine Benachteiligung zu beschweren. Darüber hinaus besteht das Recht auf Leistungsverweigerung, das Betroffenen – in gravierenden Fällen der Diskriminierung – erlaubt, die Arbeit zu verweigern, bis der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zum Schutz vor weiterer Benachteiligung ergreift (§ 14 AGG). Zudem haben Diskriminierte einen Anspruch auf Schadenersatz und gegebenenfalls auf Entschädigung (§ 15 AGG), der sowohl den materiellen Schaden als auch den immateriellen Schaden (z. B. aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen) umfasst. Die Durchsetzung dieser Ansprüche ist allerdings an strenge Fristen gebunden: Der Anspruch muss innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Benachteiligung schriftlich geltend gemacht werden.
Gilt das Diskriminierungsverbot auch im Bewerbungsverfahren?
Ja, das Diskriminierungsverbot gilt ausdrücklich schon im Stadium der Bewerbung. Arbeitgeber dürfen Bewerber weder bei der Stellenausschreibung noch im Auswahlprozess wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale benachteiligen. Diskriminierende Ausschreibungstexte (z. B. ausdrücklich „junge Mitarbeiter gesucht“ oder die Nennung eines bestimmten Geschlechts ohne sachlichen Grund) sind unzulässig. Auch Fragen im Vorstellungsgespräch, die auf geschützte Merkmale abzielen, sind weitgehend verboten und dürfen von der Bewerberin bzw. dem Bewerber im Zweifel falsch beantwortet werden, ohne Nachteile befürchten zu müssen („Recht zur Notlüge“). Kommt es aufgrund einer Benachteiligung im Bewerbungsverfahren zu einem Nachteil (z. B. Nichtberücksichtigung trotz Eignung), haben Bewerber grundsätzlich einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG, nicht aber auf Einstellung oder Arbeitsaufnahme.
Unter welchen Voraussetzungen ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig?
Eine unterschiedliche Behandlung kann zulässig sein, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Das AGG sieht explizit Ausnahmen vor, etwa im Falle einer „wesentlichen und entscheidenden beruflichen Anforderung“ (§ 8 AGG). Ein Beispiel ist eine Filmrolle, bei der aus künstlerischen Gründen ein bestimmtes Geschlecht erforderlich ist. Zudem sind positive Maßnahmen zur Förderung benachteiligter Gruppen („positive Maßnahmen“, § 5 AGG) zulässig, etwa gezielte Frauenförderprogramme, sofern sie dem Ausgleich bestehender Nachteile dienen. Hinsichtlich des Alters sind differenzierende Regelungen im Rahmen von Sozialplänen oder hinsichtlich des Beginns / Endes des Arbeitsverhältnisses durch das Betriebsrentengesetz oder das Tarifrecht in begrenztem Umfang möglich. Jede Ungleichbehandlung ist jedoch auf ihre Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen und muss auf einem legitimen Ziel beruhen.
Welche Beweiserleichterungen haben Betroffene einer Diskriminierung?
Das AGG sieht in § 22 Beweiserleichterungen („Beweislastumkehr“) zugunsten der Betroffenen vor. Demnach reicht es aus, wenn Indizien vorgebracht werden, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt. Solche Indizien können beispielsweise diskriminierende Bemerkungen, Zeugenaussagen, statistische Auffälligkeiten oder diskriminierende Stellenausschreibungen sein. Die endgültige Beweisführung liegt dann beim Arbeitgeber, der darlegen muss, dass die benachteiligende Entscheidung auf anderen, sachlichen Gründen beruhte und nicht auf einem der verbotenen Merkmale.
Welche Fristen sind bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Diskriminierung zu beachten?
Ansprüche nach dem AGG müssen innerhalb einer Frist von zwei Monaten, nachdem die betroffene Person von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat, schriftlich beim Arbeitgeber geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG). Wird diese Frist versäumt, kann der Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden. Für eine gerichtliche Durchsetzung gilt darüber hinaus die allgemeine Klagefrist von drei Monaten, innerhalb derer Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden muss, sofern der Arbeitgeber den Anspruch nicht erfüllt. Diese kurz bemessenen Fristen sollen Arbeitgeber schnell Rechtssicherheit verschaffen, stellen jedoch hohe Anforderungen an die Betroffenen, zeitnah zu reagieren und ihr Recht wahrzunehmen.