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Direktunterrichtsvertrag

Begriff und Einordnung

Ein Direktunterrichtsvertrag ist eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen einer Lehrperson oder einem Unterrichtsanbieter und einer lernenden Person über die Erbringung von Unterricht in persönlicher Anwesenheit. Typische Anwendungsfelder sind Sprach- und Musikunterricht, Nachhilfe, Sport- und Gesundheitskurse, berufliche Fortbildungen sowie sonstige Präsenzschulungen. Rechtsdogmatisch gehört der Vertrag in aller Regel zum Typ der laufenden Dienstleistungsverträge: Geschuldet ist die sorgfältige Durchführung des Unterrichts, nicht ein bestimmter Lernerfolg. Nur wenn ausdrücklich ein konkreter Erfolg zugesagt ist, können erfolgsbezogene Elemente hinzutreten.

Der Vertrag kann als Individualunterricht, in Kleingruppen oder als Gruppenunterricht ausgestaltet sein. Vertragspartner ist entweder die einzelne Lehrperson (freiberuflich/selbständig) oder eine Institution (z. B. Schule, Studio, Akademie), die sich Dritter zur Leistungserbringung bedient.

Vertragsschluss und Form

Entstehung des Vertrags

Der Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande, typischerweise durch Anmeldung/Bestellung und Annahme. Wesentliche Vertragsbestandteile sind insbesondere Unterrichtsgegenstand, Leistungsumfang (Stundenanzahl, Dauer, Taktung), Ort, Zeiten, Gruppengröße, Vergütung und Laufzeit.

Formanforderungen

Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben. Aus Gründen der Klarheit werden häufig schriftliche Verträge oder elektronische Bestätigungen verwendet. Wird der Vertrag über Fernkommunikationsmittel oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen, können besondere vorvertragliche Informations- und Widerrufsregelungen einschlägig sein.

Hauptleistungspflichten

Pflichten des Unterrichtsanbieters

  • Planung und Durchführung der vereinbarten Unterrichtseinheiten in Präsenz.
  • Bereitstellung der notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen (Zeit, Ort, ggf. Ersatzräume oder Vertretung).
  • Bei Gruppenunterricht: Durchführung gegenüber der Gruppe; individuelle Einzelbetreuung ist nur geschuldet, wenn vereinbart.
  • Information über eingesetzte Materialien und etwaige zusätzliche Kosten.

Pflichten der lernenden Person

  • Zahlung der Vergütung nach den vereinbarten Fälligkeitsregeln.
  • Einhaltung von Mitwirkungspflichten (rechtzeitiges Erscheinen, Befolgung von Hausordnungen, Mitbringen von Materialien).
  • Mitteilungspflichten bei Verhinderung, soweit vertraglich vorgesehen (z. B. Fristen für Absagen).

Kein geschuldeter Erfolg

Regelmäßig wird ein sorgfältiges Bemühen um Vermittlung geschuldet, nicht aber das Erreichen eines bestimmten Leistungsniveaus oder das Bestehen von Prüfungen, sofern dies nicht ausdrücklich vereinbart ist.

Vergütung, Fälligkeit und Ausfallregelungen

Vergütungsmodelle

Üblich sind Einzelhonorare pro Einheit, Pauschalen für Kurse, Monatsbeiträge bei Dauerschuldverhältnissen oder Staffelpreise. Die Vergütung kann Materialien, Raumkosten und Verwaltungsgebühren umfassen oder separat ausweisen.

Fälligkeit und Zahlweise

Häufig wird im Voraus gezahlt (pro Termin, monatlich, pro Kursblock). Bei Zahlungsverzug können vertraglich Mahngebühren oder Verzugszinsen vorgesehen sein, soweit gesetzlich zulässig.

Absagen und Nichterscheinen

Verträge enthalten oft Regelungen zu Stornofristen, Ersatzterminen und Ausfallhonoraren. Wird der Termin aus Gründen der lernenden Person kurzfristig abgesagt oder nicht wahrgenommen, bleibt die Vergütung je nach Vertragsgestaltung ganz oder teilweise geschuldet, unter Anrechnung ersparter Aufwendungen. Sagt der Anbieter ab, sind Ersatztermine, Verlegung oder Erstattung üblich; Details ergeben sich aus der Vereinbarung.

Vertragslaufzeit, Kündigung und Beendigung

Modelle der Laufzeit

Es existieren befristete Kursverträge (z. B. 10er-Karte, Semesterkurs) und unbefristete Dauerverträge (z. B. Monatsabos). Bei befristeten Verträgen endet das Vertragsverhältnis automatisch mit Ablauf; bei unbefristeten ist eine ordentliche Kündigung nach den vereinbarten Fristen möglich.

Ordentliche Kündigung

Bei Dauerverträgen sind vertragliche Kündigungsfristen üblich. Automatische Verlängerungen sind verbreitet; ihre Ausgestaltung unterliegt Transparenz- und Angemessenheitsanforderungen.

Außerordentliche Kündigung

Eine vorzeitige Beendigung aus wichtigem Grund kommt in Betracht, wenn die Fortsetzung unzumutbar ist. Beispiele können gravierende Pflichtverletzungen, langandauernde Betriebsstörungen oder besondere persönliche Umstände sein. Was als wichtiger Grund gilt, hängt von den Umständen und der vertraglichen Ausgestaltung ab.

Leistungsstörungen

Leistungsausfall des Anbieters

Bei Ausfall des Unterrichts aufgrund von Krankheit, organisatorischen Gründen oder fehlender Raumverfügbarkeit bestehen je nach Vereinbarung Ansprüche auf Nachholung, Verlegung, Ersatzleistung (z. B. Vertretung) oder Vergütungsanpassung.

Verhinderung der lernenden Person

Für versäumte Termine bestehen Ansprüche auf Nachholung oder Erstattung nur, wenn dies vertraglich vorgesehen ist oder der Anbieter den Ausfall zu vertreten hat.

Höhere Gewalt und behördliche Auflagen

Fällt Präsenzunterricht aufgrund äußerer Umstände aus (z. B. behördliche Schließungen), kommen Anpassungen wie Terminverlagerungen, Unterbrechungen oder Umstellungen in Betracht. Eine dauerhafte Umstellung auf Online-Formate bedarf regelmäßig einer vertraglichen Grundlage oder einer ergänzenden Vereinbarung.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und Transparenz

Viele Anbieter verwenden AGB. Diese unterliegen einer Inhaltskontrolle. Klauseln zu Laufzeiten, Verlängerungen, Preisänderungen, Aufrechnungsbeschränkungen, Haftungsausschlüssen, Foto- und Filmaufnahmen, Ausfallhonoraren und Vertragsstrafen müssen klar und verständlich sein und die andere Partei nicht unangemessen benachteiligen. Überraschende oder unklare Klauseln sind regelmäßig unwirksam.

Verbraucherschutzbezüge

Wird der Vertrag mit einer Privatperson geschlossen, gelten verbraucherschützende Vorgaben. Bei außerhalb von Geschäftsräumen oder über Fernkommunikationsmittel geschlossenen Verträgen kommen besondere Informations- und Widerrufsrechte in Betracht. Unzulässige Entgeltnebenabreden, intransparente Preisänderungsklauseln oder übermäßig lange Bindungen können an der Wirksamkeit scheitern.

Minderjährige als Vertragspartner

Schließen Minderjährige einen Direktunterrichtsvertrag, ist regelmäßig die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung erforderlich, sofern es sich nicht um ein rechtlich vorteilhaftes Geschäft oder um eine geringfügige, mit eigenen Mitteln bewirkte Leistung handelt. Ohne erforderliche Zustimmung ist der Vertrag schwebend unwirksam und bedarf der Genehmigung.

Datenschutz und Persönlichkeitsrechte

Bei der Durchführung des Unterrichts werden personenbezogene Daten verarbeitet (Kontakt-, Zahlungs-, Anwesenheitsdaten). Anbieter müssen über Zwecke, Rechtsgrundlagen, Aufbewahrungsfristen und Betroffenenrechte informieren. Foto- und Videoaufnahmen im Unterricht berühren das Recht am eigenen Bild und bedürfen regelmäßig einer Einwilligung. Ton- oder Videoaufnahmen der Unterrichtseinheiten durch Teilnehmende sind ohne Vereinbarung unzulässig.

Urheberrecht an Lehrmaterialien

Unterlagen, Skripte, Noten, Arbeitsblätter und Präsentationen sind urheberrechtlich geschützt. Das Nutzungsrecht der Teilnehmenden beschränkt sich ohne besondere Vereinbarung auf die private Verwendung für Lernzwecke. Vervielfältigung, Weitergabe oder öffentliche Zugänglichmachung sind nur im Rahmen der eingeräumten Rechte zulässig.

Haftung und Risiken

Die Haftung richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Vertragliche Haftungsbeschränkungen sind nur in gewissen Grenzen zulässig und erfassen regelmäßig nicht Schäden aus vorsätzlichem Verhalten sowie typischerweise nicht bestimmte besonders geschützte Rechtsgüter. Übliche Hinweise zu Garderobe oder Wertsachen können die Haftung nur im zulässigen Rahmen begrenzen. Bei sport- oder gesundheitsbezogenem Unterricht sind Hinweise zu Eigenverantwortung und Gesundheitszustand verbreitet.

Abgrenzungen

Gegenüber Fernunterricht

Der Direktunterrichtsvertrag betrifft Präsenzleistungen. Überwiegen Fern- oder Online-Elemente, können besondere Regelungen für Fernunterricht einschlägig sein. Kurzzeitige Online-Überbrückungen ändern die Einordnung nicht zwingend, sofern Präsenzcharakter und Vertragsstruktur im Vordergrund stehen.

Gegenüber Schul- und Ausbildungsverträgen

Private Schulverträge oder geregelte Ausbildungsverhältnisse unterliegen eigenständigen Rahmenbedingungen. Der Direktunterrichtsvertrag ist typischerweise flexibler und auf einzelne Kurse oder Zeitabschnitte ausgerichtet.

Besonderheiten bei Gruppen- und Einzelunterricht

  • Im Gruppenunterricht besteht die Hauptleistung in der Durchführung der Einheit für die Gruppe; individuelle Nachholrechte bestehen ohne Vereinbarung nicht.
  • Im Einzelunterricht sind Verschiebungs- und Stornoregeln besonders relevant; Ausfallhonorare werden häufig vereinbart.
  • Der Einsatz von Vertretungen ist zulässig, wenn die Qualität der Leistung gewahrt bleibt und die Personengebundenheit nicht vertraglich ausgeschlossen ist.

Häufig gestellte Fragen

Ist beim Direktunterrichtsvertrag ein bestimmter Lernerfolg geschuldet?

In der Regel wird die sorgfältige Durchführung des Unterrichts geschuldet, nicht das Erreichen eines konkreten Lernerfolgs oder das Bestehen einer Prüfung. Ein Erfolg ist nur dann geschuldet, wenn er ausdrücklich vereinbart wurde.

Gibt es ein Widerrufsrecht bei einem Direktunterrichtsvertrag?

Ein Widerrufsrecht kann bestehen, wenn der Vertrag über Fernkommunikationsmittel oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde. Bei Verträgen, die in den Geschäftsräumen des Anbieters abgeschlossen werden, besteht ein gesetzliches Widerrufsrecht regelmäßig nicht.

Darf der Anbieter Termine einseitig verschieben oder die Lehrperson austauschen?

Verschiebungen und Vertretungen sind zulässig, wenn dies vertraglich vorgesehen ist oder ein sachlicher Grund besteht und die Interessen der Teilnehmenden angemessen berücksichtigt werden. Häufig wird ein Recht auf Ersatztermine oder Vertretung geregelt.

Was gilt bei Krankheit oder Verhinderung der teilnehmenden Person?

Ob die Vergütung trotz Verhinderung geschuldet bleibt, richtet sich nach der Vereinbarung. Üblich sind Fristen für kostenfreie Absagen und Regelungen zu Ersatzterminen. Ohne entsprechende Regelung können Gebühren anfallen, soweit keine ersparten Aufwendungen entgegenstehen.

Sind lange Mindestlaufzeiten und automatische Verlängerungen zulässig?

Mindestlaufzeiten und Verlängerungsklauseln sind grundsätzlich möglich, unterliegen jedoch einer Angemessenheits- und Transparenzkontrolle. Übermäßig lange Bindungen oder intransparente Verlängerungen können unwirksam sein.

Darf der Unterricht ohne Zustimmung auf Online-Formate umgestellt werden?

Eine dauerhafte Umstellung auf Online-Unterricht bedarf in der Regel einer vertraglichen Grundlage oder einer ergänzenden Vereinbarung. Kurzfristige Überbrückungen können je nach Vertrag und Umständen zulässig sein.

Wer besitzt die Rechte an den Lehrmaterialien?

Die Urheberrechte liegen beim Anbieter oder der jeweiligen Autorin bzw. dem Autor. Teilnehmende erhalten meist ein auf private Lernzwecke beschränktes Nutzungsrecht, weitergehende Verwertungen bedürfen einer gesonderten Erlaubnis.

Können Minderjährige eigenständig einen Direktunterrichtsvertrag schließen?

Minderjährige benötigen regelmäßig die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung. Ohne erforderliche Zustimmung ist der Vertrag nicht voll wirksam und bedarf der Genehmigung.