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Directors’ Dealing


Directors‘ Dealing: Rechtliche Grundlagen und Anforderungen

Begriff und rechtlicher Hintergrund

Directors‘ Dealing bezeichnet im Kapitalmarktrecht die Eigengeschäfte von Führungspersonen eines börsennotierten Unternehmens mit Finanzinstrumenten dieses Unternehmens. Diese Transaktionen, auch als Management-Transaktionen bekannt, unterliegen in der Europäischen Union spezifischen Offenlegungspflichten, um Markttransparenz und Anlegerschutz zu gewährleisten. Directors‘ Dealing ist insbesondere im Zusammenhang mit den Regelungen der Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR, Verordnung (EU) Nr. 596/2014) relevant.

Anwendungsbereich und betroffene Personen

Definition der Führungspersonen

Die Offenlegungspflichten beim Directors‘ Dealing betreffen sogenannte „personen mit Führungsaufgaben“. Hierzu zählen insbesondere:

  • Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten (z.B. Vorstand, Aufsichtsrat)
  • Personen, die auf Grund ihrer Funktion Zugriff auf Insiderinformationen haben und wesentliche unternehmerische Entscheidungen treffen können

Auch nahe stehende Personen und Gesellschaften dieser Führungspersonen sind von den Meldepflichten erfasst. Dies beinhaltet etwa Ehepartner, Lebensgefährten, Kinder und juristische Personen, die von den Führungspersonen kontrolliert werden.

Anwendungsbereich der MAR

Die Offenlegungspflichten gelten für alle Unternehmen, deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt in der EU zugelassen sind. Darunter fallen insbesondere Aktiengesellschaften, aber auch Gesellschaften, deren Anleihen oder andere Wertpapiere in den geregelten Markt einbezogen sind.

Offenlegungspflichten gemäß Marktmissbrauchsverordnung (MAR)

Meldepflichten und Schwellenwerte

Nach Art. 19 MAR ist jede Person mit Führungsaufgaben und die eng verbundenen Personen verpflichtet, Eigengeschäfte mit Finanzinstrumenten des Emittenten der zuständigen Behörde sowie dem Emittenten selbst zu melden. Die Meldepflicht entsteht, sofern Transaktionen einen Schwellenwert von 5.000 Euro innerhalb eines Kalenderjahres erreichen oder überschreiten. Der Schwellenwert kann von den nationalen Aufsichtsbehörden heraufgesetzt werden (bis zu 20.000 Euro pro Kalenderjahr).

Meldeverfahren und Fristen

Die Meldung hat innerhalb von drei Werktagen nach Ausführung der Transaktion zu erfolgen („T+3″-Frist). Der Emittent ist zudem verpflichtet, die erhaltenen Meldungen innerhalb von zwei Werktagen nach Eingang öffentlich bekannt zu machen – etwa über das Unternehmensportal oder spezielle Meldesysteme der Börsen.

Meldegegenstand

Meldepflichtig sind nicht nur Käufe und Verkäufe von Aktien, sondern alle mit dem Unternehmen verbundenen Finanzinstrumente:

  • Aktien, Anleihen, Optionen, Derivate, Wandelanleihen
  • Virtuelle und synthetische Instrumente
  • Bezugsrechte und Bezugsaktien

Auch sogenannte „Short Sales“ und der Abschluss oder die Übertragung von Swap-Geschäften sowie der Erwerb oder die Veräußerung durch Treuhandgesellschaften fallen darunter.

Sanktionen und Rechtsfolgen bei Verstößen

Verwaltungsrechtliche Sanktionen

Verstöße gegen die Meldepflichten beim Directors‘ Dealing sind als Ordnungswidrigkeiten ausgestaltet und können mit erheblichen Bußgeldern belegt werden. Die Höhe der Sanktionen ist abhängig vom Umfang und der Schwere des Verstoßes und kann mehrere Millionen Euro betragen.

Zivilrechtliche Haftung

Neben verwaltungsrechtlichen Sanktionen kann im Falle unterlassener oder fehlerhafter Directors‘ Dealing-Meldungen eine zivilrechtliche Haftung gegenüber dem Emittenten oder Dritten entstehen, wenn infolge der Verletzung der Mitteilungspflichten Schäden entstehen.

Marktmissbrauch und strafrechtliche Konsequenzen

Directors‘ Dealing kann mit Insiderhandel oder Marktmanipulation im Zusammenhang stehen, wenn eine Führungsperson Vorteile durch nicht öffentlich bekannte Insiderinformationen zieht. In diesen Fällen drohen nach § 119 ff. Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) bzw. nach Art. 14 MAR strafrechtliche Konsequenzen.

Publizitätspflichten und Transparenz am Kapitalmarkt

Directors‘ Dealing-Meldungen tragen maßgeblich zur Transparenz am Kapitalmarkt bei. Sie ermöglichen es Anlegern, das Verhalten der Führungspersonen eines Emittenten besser zu verstehen und zu bewerten, ob beispielsweise kürzliche Käufe oder Verkäufe auf bestimmte Unternehmensentwicklungen hindeuten. Die Veröffentlichungspflicht verhindert zudem den Missbrauch von Insiderinformationen durch eine zeitnahe Offenlegung.

Nationales Recht und europäische Vorgaben

Harmonisierung durch die MAR

Mit Inkrafttreten der MAR wurde die europäische Regulierung maßgeblich harmonisiert. Nationale Besonderheiten, etwa frühere Regelungen im Wertpapierhandelsgesetz in Deutschland (§ 15a WpHG a.F.), wurden durch die MAR weitgehend ersetzt. Allerdings bleiben einzelne nationale Konkretisierungen, insbesondere hinsichtlich Schwellenwerten und der Ausgestaltung des Veröffentlichungsverfahrens, zulässig.

Deutsche Besonderheiten im Wertpapierhandelsrecht

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist in Deutschland für die Überwachung und Durchsetzung der Directors‘ Dealing-Meldepflichten zuständig. Der Emittent hat technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Pflichten zu gewährleisten, und kann interne Prozesse durch Compliance-Regelungen flankieren.

Übersicht über häufige Fragestellungen

Welche Geschäfte müssen gemeldet werden?

  • Eigengeschäfte mit Aktien, Anleihen und Finanzinstrumenten des Emittenten
  • Kauf, Verkauf und Derivatgeschäfte einschließlich Optionsrechte, Swaps und Leerverkäufe

Wer ist zur Meldung verpflichtet?

  • Mitglieder von Leitungs- und Kontrollorganen
  • Personen in vergleichbaren Funktionen mit regelmäßigem Zugang zu Insiderinformationen
  • Nahestehende natürliche und juristische Personen

Welche Fristen sind zu beachten?

  • Meldung an die Aufsichtsbehörde und den Emittenten innerhalb von drei Werktagen nach dem Geschäft
  • Veröffentlichung durch den Emittenten innerhalb von zwei Werktagen nach Eingang der Meldung

Literatur und weiterführende Quellen

  • Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Marktmissbrauchsverordnung – MAR)
  • Leitlinien und FAQ der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)
  • Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
  • Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), insbesondere in Bezug auf Marktmissbrauchsbestimmungen

Dieser Beitrag stellt eine umfassende und aktuelle Darstellung der rechtlichen Anforderungen und Konsequenzen beim Directors‘ Dealing dar. Er bildet einen bedeutenden Bestandteil der Transparenz- und Publizitätsvorschriften im europäischen Kapitalmarktrecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Meldepflichten bestehen für Directors‘ Dealings in Deutschland?

Nach § 19 der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) sind Personen, die Führungsaufgaben bei einem Emittenten wahrnehmen (insbesondere Mitglieder der Unternehmensleitung oder des Aufsichtsrats einer börsennotierten Gesellschaft), sowie ihnen nahestehende Personen verpflichtet, jede Transaktion mit Finanzinstrumenten des eigenen Unternehmens zu melden. Dies umfasst den Erwerb, die Veräußerung, das Zeichnen oder den Tausch von Aktien, Schuldtiteln, Derivaten und anderen damit verbundenen Instrumenten. Die Meldung muss unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Werktagen nach Durchführung der jeweiligen Transaktion beim Emittenten sowie bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfolgen. Der Emittent ist zudem verpflichtet, die gemeldeten Geschäfte öffentlich bekannt zu machen – ebenfalls innerhalb von drei Werktagen. Die Meldepflicht gilt nur, sofern der Gesamtbetrag der Transaktionen innerhalb eines Kalenderjahres den Schwellenwert von 20.000 Euro (Stand: Juni 2024) überschreitet. Diese strikten Offenlegungspflichten dienen der Transparenz an den Kapitalmärkten und sollen Insiderhandel sowie Marktmanipulation vorbeugen.

Wer zählt rechtlich zu einer „Person mit Führungsaufgaben“ im Sinne der Directors‘ Dealings?

Zu den Personen mit Führungsaufgaben gehören gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 25 MAR alle natürlichen Personen, die bei einem Emittenten regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen haben und zugleich die Befugnis besitzen, wesentliche unternehmerische Entscheidungen zu treffen, die sich auf die künftige Entwicklung und Geschäftsstrategie des Unternehmens auswirken können. Hierunter fallen typischerweise Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglieder, aber auch andere leitende Angestellte mit entsprechenden Entscheidungsbefugnissen. Die Auslegung dieses Begriffs durch die Rechtsprechung und die BaFin ist dabei streng am Zweck der Regelung orientiert, nämlich die Offenlegungspflichten möglichst umfassend zu gestalten, um Transparenz auf dem Kapitalmarkt zu sichern. Darüber hinaus sind auch nahestehende Personen wie Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und juristische Personen, über die die Führungskraft Kontrolle ausübt, erfasst.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei Verstößen gegen Directors‘ Dealing-Pflichten?

Verstöße gegen die Meldepflichten bei Directors‘ Dealings können erhebliche rechtliche Folgen haben. Gemäß § 120 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) handelt es sich hierbei um eine Ordnungswidrigkeit, die von der BaFin geahndet werden kann. Die Bußgelder können nach § 19 Abs. 6 MAR in schweren Fällen bis zu 1 Million Euro für natürliche Personen und bis zu 2,5 Millionen Euro oder 2 % des jährlichen Gesamtumsatzes (je nachdem, welcher Betrag höher ist) für juristische Personen betragen. Zusätzlich kann die Veröffentlichung des Verstoßes („Naming & Shaming“) erfolgen. Neben aufsichtsrechtlichen Sanktionen sind bei Geheimhaltung innenrechtlicher Informationen auch strafrechtliche Konsequenzen im Rahmen des Insiderhandelsrechts (§ 119 WpHG, § 130 OWiG) möglich. Verstöße können zudem zivilrechtliche Haftungen wie Schadensersatzansprüche von Anlegern zur Folge haben.

Welche Transaktionen sind rechtlich meldepflichtig im Rahmen von Directors‘ Dealings?

Meldepflichtig sind grundsätzlich sämtliche Eigengeschäfte in Bezug auf Finanzinstrumente des Emittenten, zu denen sowohl der direkte als auch der indirekte Erwerb oder die Veräußerung von Aktien oder Schuldtiteln zählen. Gleiches gilt für Derivate, Wandel- und Optionsrechte, Warrants oder Bezugsrechte, sofern diese sich auf Aktien oder Schuldtitel des Emittenten beziehen. Auch Transaktionen, die im Rahmen eines Programms zum Erwerb eigener Aktien oder Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen durchgeführt werden, unterliegen der Meldepflicht. Erfasst sind dabei sowohl Käufe und Verkäufe an regulierten Börsen als auch außerbörsliche Geschäfte (OTC). Nicht meldepflichtig sind hingegen Inhaberwechsel aufgrund von Erbschaften, Schenkungen sowie Transaktionen im Rahmen rein passiver Depotverwaltungen.

Wie sind Fristen und Inhalte der Meldung rechtlich geregelt?

Die Meldung muss gem. Art. 19 Abs. 1 MAR unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Werktagen nach dem Datum der Transaktion, bei der BaFin und beim Emittenten erfolgen. Der Emittent ist wiederum verpflichtet, diese Information ebenfalls binnen drei Werktagen nach Erhalt öffentlich bekannt zu machen. Die Meldung muss folgende Angaben enthalten: Name der Person mit Führungsaufgaben und der nahestehenden Person, Grund für die Meldung, Name des Emittenten, genaue Angaben zum Finanzinstrument, Art und Umfang des Geschäfts, Datum und Ort der Transaktion sowie Preis und Stückzahl des betroffenen Instruments. Die korrekte und vollständige Einhaltung der formellen und inhaltlichen Vorgaben ist für die Wirksamkeit der Meldung zwingend erforderlich; andernfalls drohen aufsichtsrechtliche Maßnahmen.

Welche Sonderregelungen gelten während sog. Closed Periods?

Während sogenannter „Closed Periods“ – das sind zeitraumbezogene Handelsbeschränkungen, in denen regelmäßig Veröffentlichungspflichten zu Finanzberichten anstehen – sind Personen mit Führungsaufgaben gem. Art. 19 Abs. 11 MAR grundsätzlich verpflichtet, auf Geschäfte mit Aktien oder Schuldverschreibungen des eigenen Unternehmens sowie damit verbundenen Derivaten zu verzichten. Closed Periods gelten i.d.R. für 30 Kalendertage vor der Bekanntgabe eines Finanzberichts. In dieser Zeit dürfen nur unter eng begrenzten Ausnahmen, etwa aufgrund außergewöhnlicher persönlicher Umstände oder im Rahmen bestimmter Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Transaktionen getätigt werden. Dabei muss stets sichergestellt sein, dass keine Insiderinformationen genutzt werden. Verstöße werden auch hier von der BaFin streng verfolgt.

Welche Rolle spielen ausländische Emittenten und ihre Organe in Deutschland rechtlich?

Auch Organe von ausländischen Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt in Deutschland zugelassen sind, unterliegen den Meldepflichten nach der MAR, sofern der Handel in Deutschland erfolgt und die Emittenten ihre Zulassung an einer deutschen Börse haben. Die Regelungen gelten unabhängig davon, ob der Sitz des Emittenten sich im Inland oder Ausland befindet. Maßgeblich ist ausschließlich der Handelsort und das Regelungssystem der MAR. Besondere Regelungskonflikte können bei Doppelnotierungen entstehen, sodass Emittenten und deren Organe sorgfältig prüfen müssen, welche nationalen und europäischen Vorschriften im Einzelfall anwendbar sind.