Dinglicher Arrest
Der Begriff Dinglicher Arrest bezeichnet im deutschen Zwangsvollstreckungsrecht eine Sicherungsmaßnahme, die insbesondere der Sicherung von Vermögensansprüchen dient. Das Rechtsinstitut des dinglichen Arrests ist in den §§ 916-934 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und gehört zu den Sicherungsmaßnahmen, die einen Zugriff auf Gegenstände ermöglichen, um die Durchsetzung eines etwaigen späteren Hauptanspruchs zu gewährleisten. Anders als der persönliche Arrest, der auf die Sicherung der Person abzielt, richtet sich der dingliche Arrest auf das Vermögen des Schuldners.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Regelung
Der dingliche Arrest ist in den §§ 916 bis 934 ZPO geregelt. Er bildet zusammen mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren das Instrumentarium des vorläufigen Rechtsschutzes im deutschen Verfahrensrecht. Zweck dieser Maßnahme ist es, das Vollstreckungsobjekt im Interesse des Gläubigers zu sichern und eine spätere Zwangsvollstreckung nicht vereiteln zu lassen.
Zweck und Bedeutung
Der dingliche Arrest bezweckt, den Gläubiger vor der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Vollstreckung eines Geldanspruchs zu schützen. Dies kann gegeben sein, wenn beispielsweise der Schuldner droht, Vermögenswerte beiseitezuschaffen oder zu verschleiern, um einer Zahlungspflicht zu entgehen. Der Arrest wirkt ausschließlich sichernd, d. h., er verschafft dem Gläubiger nicht bereits endgültig Zugriff auf das Vermögen, sondern sichert den Zugriff für den Fall, dass ein Vollstreckungstitel erkämpft wird.
Voraussetzungen des Dinglichen Arrests
Für den Erlass eines dinglichen Arrests müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die sich aus § 917 ZPO ergeben:
Arrestanspruch
Beim Arrestanspruch handelt es sich um einen Geldanspruch oder einen Anspruch, der in einen Geldanspruch übergehen kann. Es genügt, dass ein glaubhafter, nicht notwendigerweise vollstreckbarer Anspruch vorliegt.
Arrestgrund
Der Arrestgrund ist in § 917 Abs. 2 ZPO geregelt. Ein Arrestgrund liegt vor, wenn zu befürchten ist, dass die Vollstreckung des Anspruchs ohne die Verhängung des Arrests vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Maßgebliche Faktoren können z. B. die Verschleierung von Vermögenswerten, die drohende Insolvenz des Schuldners oder die Übertragung von Vermögen auf Dritte sein.
Glaubhaftmachung
Sowohl der Arrestanspruch als auch der Arrestgrund müssen glaubhaft gemacht werden (§ 920 Abs. 2 ZPO). Dies kann mithilfe von eidesstattlichen Versicherungen, Urkunden und anderen Beweismitteln erfolgen; der volle Beweis wird hingegen nicht verlangt.
Verfahren des Dinglichen Arrests
Antragstellung
Der dingliche Arrest ist bei dem zuständigen Gericht zu beantragen. In der Regel ist dies das Gericht, das in der Hauptsache zuständig ist, wobei gemäß § 942 ZPO auch das Amtsgericht angerufen werden kann, wenn besondere Eilbedürftigkeit besteht.
Entscheidung
Das Gericht entscheidet durch Beschluss über den Arrestantrag. Die Anordnung kann mit oder ohne mündliche Verhandlung ergehen; im Regelfall findet eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren statt.
Vollzug
Die Arrestanordnung allein verschafft dem Gläubiger noch kein Sicherungsrecht. Vielmehr muss der Arrest vollzogen werden, typischerweise durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wie Pfändung beweglicher Sachen oder die Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch (§ 930, § 932 ZPO). Die Maßnahmen sind dem Schuldner regelmäßig zuzustellen.
Rechtsbehelfe
Dem Schuldner steht gegen den Arrestbeschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) offen. Außerdem kann der Schuldner beantragen, den Arrest aufzuheben oder zu beschränken, wenn z. B. kein Arrestgrund (mehr) besteht oder Sicherheiten gestellt werden.
rechtliche Folgen des Dinglichen Arrests
Das Hauptziel des dinglichen Arrests ist die Sicherung eines Geldanspruchs durch dinglichen Zugriff auf Vermögensgegenstände. Dadurch wird eine drohende Vermögensverschiebung oder -vernichtung durch den Schuldner unterbunden. Die Arrestvollziehung führt zu einer faktischen Beschlagnahme der betroffenen Gegenstände und bereitet die spätere Zwangsvollstreckung vor. Die Rechte Dritter, insbesondere Insolvenzverwalter oder Gläubiger mit höherrangigen Sicherheiten, bleiben unberührt.
Verhältnis zu anderen Sicherungsmaßnahmen
Der dingliche Arrest ist von der einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) abzugrenzen, die bei anderen als Geldansprüchen zur Sicherung einstweiligen Rechtsschutzes dient. Ferner unterscheidet sich der dingliche Arrest vom persönlichen Arrest (§ 928 ZPO), der zur Erzwingung persönlicher Verpflichtungen oder zur Sicherstellung der Person des Schuldners eingesetzt wird.
Dauer und Aufhebung des Dinglichen Arrests
Der dingliche Arrest besteht so lange, bis
- der Gläubiger den Arrest nicht vollzieht,
- der Schuldner ausreichende Sicherheit leistet,
- das Hauptverfahren abschließend entschieden wurde, oder
- der Arrestgrund oder der Anspruch entfällt.
Eine Aufhebung ist zudem auf Antrag jederzeit möglich, wenn der Arrestgrund nachträglich wegfällt oder sich als unbegründet herausstellt.
Dinglicher Arrest im europäischen und internationalen Recht
Darüber hinaus gibt es vergleichbare Sicherungsinstrumente auch in anderen europäischen Rechtsordnungen sowie auf internationaler Ebene, etwa den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, der nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 dem Schutz grenzüberschreitender Forderungen dient.
Fazit
Der dingliche Arrest ist ein wichtiges Sicherungsmittel zur Sicherung von Geldansprüchen im deutschen Zivilprozessrecht. Die Maßnahme garantiert, dass ein tituliertes Recht nicht durch Vermögensverschiebungen ins Leere läuft und trägt so zur Effektivität des Rechtsschutzes bei. Die kodifizierten Regelungen gewährleisten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen von Gläubiger und Schuldner. Der dingliche Arrest bildet somit ein zentrales Instrument der Sicherungsvollstreckung im deutschen Recht.
Häufig gestellte Fragen
Welche Voraussetzungen müssen für den Erlass eines dinglichen Arrests vorliegen?
Für den Erlass eines dinglichen Arrests müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, die im Wesentlichen in den §§ 916 ff. ZPO geregelt sind. Zunächst bedarf es eines sogenannten Arrestanspruchs, also eines materiell-rechtlichen Anspruchs, wie zum Beispiel eines Anspruchs auf Zahlung einer Geldforderung. Weiterhin muss ein „Arrestgrund“ vorliegen, der im Fall des dinglichen Arrests in der Besorgnis besteht, dass ohne die einstweilige Sicherung die Vollstreckung eines künftigen Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei kommt es insbesondere auf drohende Vermögensverschiebungen, die Insolvenzgefahr oder sonstige Maßnahmen an, durch die der Schuldner sein Vermögen dem Zugriff des Gläubigers entziehen könnte. Das Gericht prüft diese Voraussetzungen summarisch, also anhand einer sogenannten „Glaubhaftmachung“. Der Antragsteller muss schlüssig und mit geeigneten Beweismitteln darlegen, dass sowohl der geltend gemachte Anspruch als auch der Arrestgrund bestehen. Liegen die Voraussetzungen vor, kann das Gericht auch ohne mündliche Verhandlung und ohne vorherige Anhörung des Gegners entscheiden.
Welche Rechtsfolgen hat der dingliche Arrest für den Schuldner?
Der dingliche Arrest führt dazu, dass das Vermögen des Schuldners durch eine vorläufige Maßnahme gesichert wird, um die spätere Vollstreckung des titulierten Anspruchs nicht zu gefährden. Praktisch erfolgt die Sicherung durch den sog. Arrestbefehl, der als richterliche Anordnung den Zugriff auf bestimmte Vermögenswerte des Schuldners ermöglicht. Die konkrete Umsetzung kann durch Pfändung beweglicher Sachen, Konten oder Forderungen und im Einzelfall durch Eintragung einer Sicherungshypothek in das Grundbuch erfolgen. Während der Dauer des dinglichen Arrests darf der Schuldner über die betroffenen Vermögensgegenstände nicht oder nur eingeschränkt verfügen. Verfügungen während des Arrests sind gegenüber dem Gläubiger grundsätzlich unwirksam, wenn sie dessen Sicherungsinteressen beeinträchtigen. Somit hat der Arrest gravierende Auswirkungen auf den Handlungsspielraum des Schuldners.
Wie lange gilt ein dinglicher Arrest und wann endet er?
Ein dinglicher Arrest ist seinem Zweck nach eine vorläufige Maßnahme und gilt grundsätzlich bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, das entweder mit positiver Titulierung des Anspruchs oder dessen Abweisung endet. Formal gesehen endet der dingliche Arrest, wenn das Gericht den Arrestbefehl aufhebt, entweder auf Antrag des Schuldners oder nach erfolgreichem Widerspruch und entsprechender gerichtlicher Überprüfung der Voraussetzungen. Auch mit dem Eintritt der Rechtskraft eines Endurteils endet die Wirkung des Arrests, da dann eine endgültige Vollstreckungsgrundlage vorliegt. Schließlich kann der dingliche Arrest aufgehoben werden, wenn der Schuldner ausreichende Sicherheit – meist in Form einer Bürgschaft oder Hinterlegung – stellt. In seltenen Fällen kann die Maßnahme von vornherein mit einer zeitlichen Befristung versehen werden.
Wie erfolgt die Vollziehung des dinglichen Arrests?
Nach Erlass des Arrestbefehls muss der Antragsteller den Arrest vollziehen, da mit dem bloßen Gerichtsbeschluss noch keine Sicherungswirkung verbunden ist. Die Vollziehung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung, insbesondere gemäß §§ 929 ff. ZPO. Für die Vollziehung ist der Zugriff auf die konkret im Arrestbefehl bezeichneten Vermögensgegenstände ausschlaggebend; dies kann durch den Gerichtsvollzieher (zum Beispiel Pfändung beweglicher Sachen) oder das Vollstreckungsgericht (zum Beispiel Pfändung von Forderungen oder Sicherungshypothek) geschehen. Der Arrest ist binnen eines Monats nach Zustellung des Arrestbefehls an den Gläubiger zu vollziehen (§ 929 Abs. 2 ZPO). Wird die Vollziehung versäumt, verliert der Arrest englischrechtlich seine Wirkung.
Welche Rechtsschutzmöglichkeiten hat der Schuldner gegen einen dinglichen Arrest?
Dem Schuldner stehen verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung, um sich gegen den dinglichen Arrest zu wehren. Er kann zunächst gegen den Arrestbefehl Widerspruch einlegen und die Aufhebung oder Abänderung der Maßnahme beantragen (§ 924 ZPO). In einem solchen Verfahren wird die ursprüngliche Entscheidung überprüft, insbesondere ob die Voraussetzungen für den Erlass des Arrests weiterhin gegeben sind. Zusätzlich kann der Schuldner gemäß § 945 ZPO Schadensersatz fordern, wenn sich der Arrest nachträglich als von Anfang an ungerechtfertigt herausstellt. Auch die Stellung einer geeigneten Gegen- oder Sicherheitsleistung kann eine Aufhebung des Arrests bewirken (§ 923 ZPO). Darüber hinaus bestehen im Einzelfall Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes, wie etwa Beschwerden gegen vollstreckungsrechtliche Maßnahmen.
Welche Besonderheiten gelten bei einem dinglichen Arrest im Vergleich zum persönlichen Arrest?
Der dingliche Arrest unterscheidet sich vom persönlichen Arrest primär hinsichtlich des Sicherungsobjekts und der Zweckrichtung. Während der dingliche Arrest auf das Vermögen des Schuldners gerichtet ist und dessen Zugriff auf einzelne Vermögensgegenstände beschränkt, zielt der persönliche Arrest auf die Einschränkung der persönlichen Freiheit, indem etwa eine Verhaftung zur Sicherung des Verfahrens angeordnet werden kann. Im Gegensatz zum dinglichen Arrest, der den Bestand des Vollstreckungsobjekts sichern soll, verhindert der persönliche Arrest, dass der Schuldner sich der Vollstreckung durch Flucht entzieht. Die rechtlichen Voraussetzungen sind vergleichbar, in der Praxis wird der persönliche Arrest jedoch nur in Ausnahmefällen wegen seines schwerwiegenden Charakters angeordnet.
Welche Rolle spielt die Glaubhaftmachung beim Antrag auf dinglichen Arrest?
Im Arrestverfahren herrscht das Prinzip der Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO), wonach der Antragsteller nicht den vollen Beweis für seine Angaben und Ansprüche führen muss, sondern lediglich die überwiegende Wahrscheinlichkeit darlegen soll. Hierzu kann er sich auf Urkunden, schriftliche Erklärungen, eidesstattliche Versicherungen oder andere Beweismittel stützen, die das Gericht davon überzeugen, dass Arrestanspruch und Arrestgrund vorliegen. Die Hürden für die Glaubhaftmachung sind damit niedriger als im Hauptsacheverfahren, dennoch verlangt das Gericht hinreichend substantiierten Vortrag. Bei unzureichender Glaubhaftmachung wird ein dinglicher Arrest nicht erlassen.