Begriff und Legaldefinition von digitalen Inhalten
Digitale Inhalte sind, insbesondere nach europäischer und deutscher Rechtsprechung, rechtlich klar umrissene immaterielle Güter, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden. Sie werden nach § 327 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wie folgt definiert: „Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden.“ Damit sind unter digitale Inhalte sämtliche Informationen, die in elektronischer Form vorliegen und die unabhängig von einem körperlichen Datenträger bereitgestellt oder geliefert werden, zu verstehen. Dieser Begriff umfasst sowohl Software, Audiodateien, Videodateien, Textdokumente, E-Books, Bilder, Apps als auch Spiele und Cloud-Dienste.
Eine wichtige Grundlage bildet die EU-Richtlinie 2019/770 über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen, welche die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien beim Umgang mit digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums regelt.
Rechtsnatur und Abgrenzung
Unterscheidung zu digitalen Dienstleistungen
Während digitale Inhalte als eigenständige Datenobjekte zu qualifizieren sind, beziehen sich digitale Dienstleistungen meist auf Verfahren oder Prozesse, bei denen eine digitale Umgebung oder Infrastruktur für den Nutzer bereitgestellt wird. Digitale Dienstleistungen sind nach der Richtlinie 2019/770 ebenfalls reguliert, doch der rechtliche Fokus bei digitalen Inhalten liegt auf der Datenübermittlung selbst.
Abgrenzung zu körperlichen Produkten
Digitale Inhalte werden grundsätzlich unabhängig von physischen Datenträgern bereitgestellt und geliefert. Im Gegensatz zu physischen Produkten, wie einer Musik-CD, sind digitale Inhalte direkt als Download, Stream oder über einen Online-Zugang zugänglich. Sobald digitale Daten jedoch auf einem körperlichen Medium verkauft werden, finden teilweise andere verbraucherschutzrechtliche Regelungen Anwendung.
Vertragsrechtliche Einordnung
Vertragstypen und rechtliche Rahmenbedingungen
Verträge über digitale Inhalte werden im deutschen Recht regelmäßig als sogenannte Verbraucherverträge behandelt, sofern mindestens eine Vertragspartei Verbraucher ist. Nach der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/770 wurden die §§ 327 ff. BGB geschaffen, die spezielle Vorschriften für Verträge über digitale Produkte, zu denen sowohl digitale Inhalte als auch digitale Dienstleistungen zählen, enthalten.
Pflichten des Anbieters
Anbieter digitaler Inhalte sind verpflichtet, dem Verbraucher die Inhalte mangelfrei zu liefern. Die gelieferte Datei oder Dienstleistung muss der vereinbarten, bzw. üblichen Beschaffenheit entsprechen. Die digitale Umgebung, erforderliche Updates sowie Sicherheitsupdates müssen innerhalb des vereinbarten Zeitraums oder, sofern keine Angabe erfolgt, für einen angemessenen Zeitraum bereitgestellt werden. Wird dies nicht erfüllt, können dem Verbraucher vielfältige Rechte zustehen (z.B. Nacherfüllung, Vertragsbeendigung, Schadensersatz).
Mängelhaftung und Gewährleistung
Sachmängelrechte bei digitalen Inhalten
Im Bereich der digitalen Inhalte gelten besondere Gewährleistungsregelungen. Im Falle mangelhafter Bereitstellung digitaler Inhalte sieht das Verbraucherschutzrecht vor, dass der Anbieter zunächst nachbessern muss. Kommt der Anbieter seiner Verpflichtung nicht nach oder schlägt die Nachbesserung fehl, kann der Verbraucher Preisminderung verlangen oder den Vertrag beenden.
Aktualisierungspflicht
Dem Anbieter digitaler Inhalte obliegt nach § 327f BGB eine Aktualisierungspflicht. Diese umfasst auch die Bereitstellung von Aktualisierungen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit erforderlich sind, einschließlich Sicherheitsupdates. Unterlässt der Anbieter notwendige Updates, kann hieraus ein Gewährleistungsfall resultieren.
Datenschutzrechtliche Aspekte
Verarbeitung personenbezogener Daten
Vielfach erfolgt die Bereitstellung digitaler Inhalte auf Basis personenbezogener Daten des Verbrauchers. Hierbei ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einschlägig. Die rechtmäßige Verarbeitung, insbesondere Einwilligung, Transparenz und Zweckbindung, ist zwingend einzuhalten.
Besonderheit: Vertragsschluss gegen Daten
Ein Vertrag über digitale Inhalte kann auch dann zustande kommen, wenn der Verbraucher statt eines Entgelts seine personenbezogenen Daten zur Verfügung stellt („Daten als Gegenleistung“). In diesen Fällen greifen die verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften ebenso, wie wenn ein Geldentgelt vereinbart wird.
Urheberrechtliche Betrachtung
Schutzfähigkeit digitaler Inhalte
Digitale Inhalte unterfallen regelmäßig dem Urheberrecht, soweit sie als Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vorliegen (insbesondere Literatur-, Musik-, Film- und Softwarewerke). Die Nutzung durch den Erwerber wird durch Lizenzverträge geregelt; eine vollständige Übertragung von Nutzungsrechten ist Gegenstand individueller Vertragsgestaltung.
Rechte und Pflichten bei der Nutzung
Die Nutzung digitaler Inhalte ist häufig auf bestimmte Verwendungszwecke, Geräte oder Zeiträume beschränkt. Zuwiderhandlungen (z.B. Vervielfältigung, Weitergabe ohne Berechtigung) können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, darunter Abmahnungen und Schadensersatzansprüche.
Verbraucherschutz und Widerrufsrecht
Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten
Verbraucher haben bei Verträgen über digitale Inhalte unter bestimmten Voraussetzungen ein Widerrufsrecht (§ 356 Abs. 5 BGB). Dieses erlischt jedoch, sobald der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat und der Verbraucher zuvor ausdrücklich zugestimmt und seine Kenntnis vom Erlöschen des Widerrufsrechts bestätigt hat.
Informationspflichten
Anbieter sind verpflichtet, den Verbraucher klar und umfassend über die wesentlichen Vertragsbedingungen, Laufzeiten, Kündigungsfristen, Leistungsmerkmale und über das Widerrufsrecht aufzuklären.
Steuerliche Regelungen
Umsatzsteuer auf digitale Inhalte
Digitale Inhalte unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer, sofern sie an Endverbraucher innerhalb der EU geliefert werden. Seit 2015 gilt das sogenannte Bestimmungslandprinzip: Die Umsatzsteuer richtet sich nach dem Sitz des Endkunden.
Internationale Aspekte
Grenzüberschreitende Bereitstellung digitaler Inhalte
Die Bereitstellung digitaler Inhalte erfolgt häufig grenzüberschreitend. Anbieter müssen daher neben nationalen Regelungen auch die einschlägigen Regelungen der EU und gegebenenfalls weiterer Staaten beachten. Wesentliche Anknüpfungspunkte sind das Verbraucherschutzniveau sowie steuerrechtliche Vorgaben der jeweiligen Zielländer.
Zusammenfassung
Digitale Inhalte stellen einen eigenständigen Vertragsgegenstand des modernen digitalen Geschäftsverkehrs dar und sind umfassend gesetzlich geregelt. Das nationale und europäische Recht bietet detaillierte Regelungen zu Vertragsabschluss, Leistungserbringung, Mängelhaftung, Datenschutz, Urheberrecht und Steuerrecht. Die besondere Schutzwürdigkeit des Verbrauchers steht dabei im Mittelpunkt. Anbieter und Nutzer digitaler Inhalte sollten sich der rechtlichen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen bewusst sein, um eine rechtssichere Nutzung und Vermarktung digitaler Inhalte zu gewährleisten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten beim Erwerb digitaler Inhalte?
Beim Erwerb digitaler Inhalte, etwa Software, E-Books, Musik oder Videos, sind in Deutschland und der EU insbesondere das Urheberrecht und das Vertragsrecht relevant. Seit dem 01.01.2022 gelten im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) spezifische Vorschriften (§§ 327 ff.), die Verträge über digitale Produkte regeln. Demnach muss der Anbieter vor allem die Funktionsfähigkeit sowie Sicherheits- und Aktualisierungen gewährleisten. Digitale Inhalte dürfen zudem nicht gegen geltendes Recht, wie etwa das Jugendschutzgesetz oder datenschutzrechtliche Vorschriften, verstoßen. Der Verbraucher hat grundsätzlich Anspruch auf das Recht zur Nutzung der Inhalte, nicht jedoch auf Eigentum oder Vervielfältigung, es sei denn, dies ist ausdrücklich lizenziert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden durch die EU-Richtlinie 2019/770 weiter konkretisiert, insbesondere im Hinblick auf Gewährleistungsrechte und den Umgang mit personenbezogenen Daten als Gegenleistung.
Welche Rechte hat der Käufer bei Mängeln digitaler Inhalte?
Im Fall mangelhafter digitaler Inhalte sieht das BGB umfangreiche Rechte für Verbraucher vor. Zu diesen zählen insbesondere der Anspruch auf Nacherfüllung, d.h. Verbesserungen oder Updates, die Beseitigung des Mangels oder die erneute Bereitstellung des digitalen Inhalts. Ist die Nacherfüllung nicht möglich oder wird sie verweigert, stehen dem Käufer Rücktritts-, Minderung- sowie Schadensersatzrechte zu. Die Mängelhaftung richtet sich nach dem Stand der Technik sowie dem vertraglich vereinbarten Zustand des digitalen Produktes zum Zeitpunkt der Bereitstellung und während eines bestimmten Aktualisierungszeitraums. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels trägt grundsätzlich der Anbieter, wenn der Mangel innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung auftritt.
Unter welchen Voraussetzungen dürfen digitale Inhalte weiterverkauft werden?
Ein Weiterverkauf digitaler Inhalte ist rechtlich insbesondere durch das Urheberrecht eingeschränkt. Grundsätzlich gestattet das Urheberrecht nur in Ausnahmefällen den sogenannten „Weiterverkauf“ digitaler Produkte. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, C-128/11) darf Software, die dauerhaft gegen Zahlung einer Vergütung überlassen wurde, unter Berücksichtigung der sogenannten Erschöpfungsregelung weiterverkauft werden. Bei anderen digitalen Inhalten, wie E-Books oder Musik, greift diese Regel hingegen nicht. Lizenzen sind oft personengebunden und eine Weitergabe ist in den Lizenzbedingungen ausdrücklich untersagt. Ein Weiterverkauf ist daher regelmäßig unzulässig, sofern der Anbieter dem nicht zustimmt.
Bestehen Widerrufsrechte beim Kauf digitaler Inhalte?
Nach deutschem Recht besteht bei Fernabsatzverträgen über digitale Inhalte grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Dieses Recht erlischt jedoch vorzeitig, wenn der Verbraucher ausdrücklich zustimmt, dass mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen wird, und er davon Kenntnis hat, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert (§ 356 Abs. 5 BGB). Anbieter müssen klar und transparent über den Verlust des Widerrufsrechts informieren. Fehlt eine solche Information oder Zustimmung, bleibt das Widerrufsrecht des Verbrauchers erhalten, auch wenn die digitalen Inhalte bereits genutzt wurden.
Welche Pflichten hat der Anbieter hinsichtlich Updates und Funktionserhalt?
Der Anbieter digitaler Inhalte ist gemäß §§ 327e bis 327f BGB verpflichtet, dem Verbraucher alle notwendigen Aktualisierungen und Updates für die Dauer der Bereitstellungspflicht oder der vertraglichen Nutzungsdauer bereitzustellen. Diese Pflicht umfasst sicherheitsrelevante, technische und funktionale Updates, die die Nutzbarkeit und Sicherheit des digitalen Produkts gewährleisten. Unterbleibt eine erforderliche Aktualisierung und wird der digitale Inhalt dadurch mangelhaft, steht dem Verbraucher ein Anspruch auf Mängelbeseitigung oder gegebenenfalls Rücktritt und Schadensersatz zu. Der Umfang und die Dauer der Update-Pflicht richten sich nach dem Vertrag, landestypischen Standards und berechtigten Nutzererwartungen.
Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben müssen beim Vertrieb digitaler Inhalte beachtet werden?
Beim Vertrieb digitaler Inhalte sind die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zentral. Anbieter dürfen personenbezogene Daten nur auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis oder einer informierten Einwilligung verarbeiten. Sie sind verpflichtet, die Nutzer transparent über die Art, den Umfang und die Zwecke der Datenverarbeitung zu informieren (vgl. Art. 13 DSGVO). Zudem müssen sie technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten implementieren und auf Verlangen des Nutzers Auskunft über gespeicherte Daten geben. Eine Verarbeitung von Daten zu anderen als den ursprünglich angegebenen Zwecken ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Welche Rolle spielen Lizenzbedingungen beim Umgang mit digitalen Inhalten?
Lizenzbedingungen bestimmen den konkreten rechtlichen Rahmen der Nutzung digitaler Inhalte. Sie regeln regelmäßig Umfang und Dauer der Nutzung, erlaubte und untersagte Nutzungsformen (z.B. Vervielfältigung, Verbreitung, Modifikation) sowie eventuelle Weitergabebeschränkungen. Der Verstoß gegen Lizenzbedingungen kann zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen des Rechteinhabers führen. Lizenzbedingungen können individuellen Vereinbarungen unterliegen oder als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) standardisiert vorgegeben werden. Ihre Wirksamkeit hängt unter anderem von deren Transparenz und Vereinbarkeit mit zwingendem Recht ab.