Begriff und Zweck des Dienstzeugnisses
Ein Dienstzeugnis ist eine schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers über ein bestehendes oder beendetes Arbeitsverhältnis. Es dokumentiert insbesondere Art und Dauer der Tätigkeit und – je nach Rechtsordnung und Zeugnisart – auch Leistung und Verhalten der beschäftigten Person. Sein Zweck ist doppelt: Es dient der beruflichen Bewährung und Orientierung gegenüber künftigen Arbeitgebern und sichert der beschäftigten Person eine sachliche, nachvollziehbare Darstellung ihrer beruflichen Station.
Begriffsverwendung im deutschsprachigen Raum
Regionale Terminologie
Die Bezeichnung variiert je nach Land:
- Österreich: Üblich ist der Begriff „Dienstzeugnis“. Es beschreibt regelmäßig eine sachliche Bestätigung über Art und Dauer der Beschäftigung, ohne wertende Beurteilung.
- Deutschland: Geläufig ist „Arbeitszeugnis“. Es gibt einfache (Art und Dauer) und qualifizierte Zeugnisse (zusätzlich Leistung und Verhalten).
- Schweiz: Verbreitet sind „Arbeitszeugnis“ (mit Beurteilung) und „Arbeitsbestätigung“ (neutral, ohne Bewertung).
Inhalt und Detaillierungsgrad hängen daher von der jeweiligen Rechtsordnung und der gewählten Zeugnisart ab.
Arten des Dienstzeugnisses
Einfaches Dienstzeugnis
Das einfache Dienstzeugnis bestätigt Identität der beschäftigten Person, Beschäftigungsdauer, Art der Tätigkeit und die wesentlichen Aufgaben. Es enthält keine Wertung von Leistung oder Verhalten.
Qualifiziertes Dienstzeugnis
Das qualifizierte Zeugnis ergänzt die Angaben des einfachen Zeugnisses um eine Beurteilung der Arbeitsleistung und des Verhaltens gegenüber Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie gegebenenfalls Kundschaft. Es nutzt häufig eine standardisierte, höfliche Ausdrucksweise, die dennoch inhaltlich prüfbar sein muss.
Zwischenzeugnis
Ein Zwischenzeugnis wird während eines laufenden Arbeitsverhältnisses erstellt, wenn ein berechtigtes Interesse an einer aktuellen Bestandsaufnahme besteht (z. B. bei Funktionswechseln oder längeren Abwesenheiten). Es folgt in Form und Ton einem Endzeugnis, enthält jedoch den Hinweis auf die fortbestehende Beschäftigung.
Form, Aufbau und Sprache
Formanforderungen
- Schriftform: Üblich ist eine schriftliche Ausfertigung auf offiziellem Firmenpapier mit vollständiger Firmenbezeichnung.
- Unterschrift: Es wird von einer vertretungsberechtigten, ranghöheren Person eigenhändig unterschrieben.
- Datum: Das Ausstellungsdatum sollte nachvollziehbar sein; häufig ist der Bezug zum Beendigungszeitpunkt wichtig.
- Sprache: Regelmäßig in der im Betrieb oder am Arbeitsort verwendeten Sprache. Fremdsprachige Fassungen sind möglich, wenn dies betrieblich üblich oder verabredet ist.
- Elektronische Form: Digitale Formen sind je nach Rechtsordnung unterschiedlich bewertet; die Gleichwertigkeit zur Papierform ist nicht überall gegeben.
Aufbau
- Kopf: Arbeitgeberangaben, ggf. Unternehmenslogo
- Einleitung: Personendaten, Beschäftigungsbeginn und -ende
- Tätigkeitsbeschreibung: Funktionen, Verantwortungsbereiche, besondere Aufgaben
- (Bei qualifizierten Zeugnissen) Leistungs- und Verhaltensbeurteilung
- Schlussformel: Höfliche Abrundung; Dankes- oder Bedauernsformeln sind nicht zwingend
Leitprinzipien: Wahrheit, Wohlwollen, Klarheit
Wahrheitspflicht
Die Angaben müssen inhaltlich zutreffend sein. Objektiv falsche oder irreführende Aussagen sind unzulässig. Positive Hervorhebungen sind erlaubt, soweit sie eine realistische Gesamtwürdigung nicht verfälschen.
Wohlwollensgebot
Die Formulierungen sollen den beruflichen Fortgang nicht unnötig erschweren. Sachlich berechtigte, neutrale oder positive Darstellungen sind vorzuziehen, ohne Unrichtigkeiten zu erzeugen.
Klarheit und Eindeutigkeit
Das Zeugnis muss verständlich und frei von doppelbödigen Andeutungen sein. Verdeckte, negative Codes, die die Wahrheitspflicht oder das Wohlwollen unterlaufen, sind unzulässig. Übliche, transparente Zeugnissprache ist möglich, darf aber keine Geheimzeichen ersetzen.
Zulässige und unzulässige Inhalte
Zulässig
- Basisdaten: Name, Beschäftigungsdauer, Positionsbezeichnung
- Tätigkeitsbeschreibung: Kernaufgaben, Verantwortungen, besondere Projekte
- (Bei qualifizierten Zeugnissen) Beurteilung von Leistung, Fachkenntnissen und Verhalten in knapper, sachlicher Form
- Besondere Erfolge, Qualifikationen oder Fortbildungen, sofern belegt und berufsrelevant
Regelmäßig unzulässig
- Angaben zu Gesundheit, Schwangerschaft, Religionszugehörigkeit, politischer Einstellung, Gewerkschaftszugehörigkeit oder Privatsphäre
- Nicht erwiesene Vorwürfe, bloße Verdächtigungen oder wertende Andeutungen ohne Relevanz für die Tätigkeit
- Disziplinarmaßnahmen oder innerbetriebliche Konflikte ohne objektive, berufliche Relevanz
Beendigungsgrund
Der Grund der Beendigung wird in vielen Fällen nicht erwähnt. Eine Nennung erfolgt typischerweise nur, wenn sie neutral oder im Interesse der beschäftigten Person ist oder wenn dies ausdrücklich gewünscht wurde.
Bewertung und Zeugnissprache
Bewertungen im qualifizierten Zeugnis
Leistung und Verhalten werden knapp und konsistent bewertet. Übliche Skalen drücken sehr gut bis ausreichend aus, ohne scharfe Negativformulierungen. Die Beurteilung muss mit der beschriebenen Tätigkeit und belegbaren Ergebnissen in Einklang stehen.
Keine versteckten Codes
Formulierungen, die nur scheinbar positiv wirken, tatsächlich aber eine negative Bewertung „zwischen den Zeilen“ transportieren, sind unzulässig. Eindeutigkeit und Verständlichkeit haben Vorrang.
Zeitpunkt, Anspruch und Fristen
Anspruch
In den deutschsprachigen Rechtsordnungen besteht im Grundsatz ein Anspruch auf Ausstellung eines Dienst- bzw. Arbeitszeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das gilt unabhängig von der Dauer der Beschäftigung; der Umfang kann sich jedoch nach der Art der Tätigkeit richten.
Fälligkeit
Das Endzeugnis wird mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig. Ein Zwischenzeugnis kommt während des laufenden Arbeitsverhältnisses bei berechtigtem Interesse in Betracht.
Fristen
Für die Geltendmachung können Fristen bestehen, etwa vertragliche Ausschlussfristen oder allgemeine Verjährungsfristen. Solche Fristen können kurz bemessen sein und unterscheiden sich je nach Rechtsordnung und individueller Vereinbarung.
Berichtigung, Ergänzung und Haftung
Berichtigungsanspruch
Bei Unrichtigkeiten, Unvollständigkeiten oder unzulässigen Formulierungen besteht ein Anspruch auf Korrektur. Maßstab ist eine wahrheitsgemäße, wohlwollende und klare Darstellung, die die tatsächliche Tätigkeit zutreffend widerspiegelt.
Abwägung bei negativen Tatsachen
Nachteilige Angaben sind nur zulässig, wenn sie wesentlich, zutreffend und für die zukünftige Berufsausübung relevant sind. Unerhebliche oder vergangene Vorfälle ohne Aussagekraft für die Tätigkeit bleiben regelmäßig unberücksichtigt.
Haftungsfragen
Unrichtige Aussagen können haftungsrechtliche Folgen haben, sowohl gegenüber der beschäftigten Person als auch gegenüber Dritten, die sich auf das Zeugnis verlassen. Umgekehrt können übermäßig positive, irreführende Darstellungen ebenfalls rechtliche Risiken begründen.
Besondere Konstellationen
Lehrlinge, Auszubildende und Praktikantinnen/Praktikanten
Auch bei befristeten Qualifizierungsverhältnissen wird ein Zeugnis ausgestellt. Der Schwerpunkt liegt auf Dauer, Ausbildungsinhalten, vermittelten Fertigkeiten und – je nach Zeugnisart – einer Bewertung der Leistungen.
Teilzeit, Befristung, geringfügige Beschäftigung
Der Anspruch besteht unabhängig vom Beschäftigungsausmaß oder der Vertragsbefristung. Die Tätigkeitsbeschreibung und etwaige Bewertung orientieren sich am tatsächlich ausgeübten Aufgabenprofil.
Führungskräfte
Bei Leitungsfunktionen werden häufig erweiterte Verantwortungsbereiche, Budgetverantwortung, Führungs- und Ergebnisverantwortung sowie strategische Beiträge abgebildet. Bewertungen berücksichtigen typischerweise Führungsverhalten und Zielerreichung.
Datenschutz und Aufbewahrung
Personenbezogene Daten im Zeugnis müssen erforderlich und sachbezogen sein. Eine Speicherung und Aufbewahrung durch den Arbeitgeber richtet sich nach allgemeinen arbeits- und unternehmensbezogenen Vorgaben. Die Weitergabe des Zeugnisses liegt in der Disposition der beschäftigten Person.
Internationaler Bezug
Für Bewerbungen im Ausland werden häufig englische oder mehrsprachige Fassungen genutzt. Inhaltlich entspricht die Struktur weitgehend den nationalen Standards; Terminologie und Tonalität werden an den Zielmarkt angepasst, ohne den Kerninhalt zu verändern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen Dienstzeugnis und Arbeitszeugnis?
„Dienstzeugnis“ ist vor allem in Österreich gebräuchlich und bezeichnet meist eine sachliche Bestätigung über Art und Dauer der Beschäftigung. „Arbeitszeugnis“ ist die in Deutschland verbreitete Bezeichnung und umfasst einfache und qualifizierte Zeugnisse. In der Schweiz wird zwischen Arbeitszeugnis (mit Bewertung) und Arbeitsbestätigung (neutral) unterschieden.
Wer hat Anspruch auf ein Dienstzeugnis?
Grundsätzlich hat jede beschäftigte Person bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zeugnis. Der Anspruch besteht unabhängig von Beschäftigungsart, Pensum oder Befristung; der inhaltliche Umfang richtet sich nach der Zeugnisart und der tatsächlichen Tätigkeit.
Welche Inhalte muss ein Dienstzeugnis enthalten?
Ein einfaches Zeugnis enthält üblicherweise Angaben zu Person, Beschäftigungsdauer, Funktion sowie den Hauptaufgaben. Ein qualifiziertes Zeugnis ergänzt dies um eine Bewertung von Leistung und Verhalten. Unzulässig sind Angaben ohne Berufsbezug oder solche, die in die Privatsphäre eingreifen.
Darf der Beendigungsgrund im Dienstzeugnis stehen?
Der Beendigungsgrund wird regelmäßig nicht aufgeführt. Eine Nennung kommt in Betracht, wenn sie neutral ist oder im Interesse der beschäftigten Person liegt, oder wenn dies ausdrücklich gewünscht wurde.
Sind geheime Codes erlaubt?
Verdeckte Negativcodierungen sind unzulässig. Die Formulierungen müssen klar, verständlich und für außenstehende Dritte nachvollziehbar sein. Übliche, transparente Zeugnissprache ist zulässig, soweit sie keine irreführenden Botschaften transportiert.
In welcher Form muss das Dienstzeugnis ausgestellt werden?
Üblich ist die schriftliche Ausstellung auf Firmenpapier mit Unterschrift einer vertretungsberechtigten Person. Die Anerkennung elektronischer Formen ist je nach Land unterschiedlich und nicht überall der Papierform gleichgestellt.
Kann ein fehlerhaftes Dienstzeugnis berichtigt werden?
Bei Unrichtigkeiten, Unklarheiten oder unzulässigen Inhalten besteht ein Anspruch auf Korrektur. Maßgeblich sind Wahrheit, Wohlwollen und Klarheit sowie die inhaltliche Übereinstimmung mit der tatsächlichen Tätigkeit.
Gibt es Fristen für die Geltendmachung eines Dienstzeugnisses?
Es können vertragliche Ausschlussfristen oder allgemeine Verjährungsfristen bestehen, die sich je nach Rechtsordnung und individueller Vereinbarung unterscheiden. Solche Fristen können kurz sein und betreffen sowohl die Ausstellung als auch die Berichtigung.