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Dienstzeugnis


Begriff und Bedeutung des Dienstzeugnisses

Das Dienstzeugnis ist eine schriftliche Bescheinigung, die ein:e Arbeitnehmer:in nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses von dem/der Arbeitgeber:in auf Verlangen erhält. Es dokumentiert die Dauer und Art der Tätigkeit und enthält auf Wunsch auch Angaben zu Führung und Leistung. Das Dienstzeugnis ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz arbeitsrechtlich geregelt und stellt ein zentrales Instrument der Arbeitnehmerbewertung dar.

Rechtsgrundlagen und gesetzlicher Anspruch

Deutschland

Gesetzliche Grundlage

Die Anspruchsgrundlage für ein Dienstzeugnis findet sich im § 109 der Gewerbeordnung (GewO). Demnach hat der:die Arbeitnehmer:in bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Dieses Zeugnis ist mindestens als einfaches Zeugnis auszustellen, auf Wunsch aber auch als qualifiziertes Zeugnis.

Arten des Dienstzeugnisses

  • Einfaches Dienstzeugnis: Beinhaltet lediglich Art und Dauer der Tätigkeit.
  • Qualifiziertes Dienstzeugnis: Ergänzt Angaben zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis.

Österreich

Gesetzliche Grundlage

In Österreich besteht der gesetzliche Anspruch auf ein Dienstzeugnis in § 39 des Angestelltengesetzes (AngG) und analog in anderen arbeitsrechtlichen Vorschriften (z.B. nach § 1163 ABGB für Arbeiter:innen). Auch hier unterscheidet man zwischen einem einfachen und einem erweiterten Zeugnis (mit Angaben zu Führung und Leistung).

Besonderheiten

Das Dienstzeugnis darf in Österreich keine Bemerkungen enthalten, die das Fortkommen des:der Arbeitnehmer:in erschweren könnten (sog. „Wohlwollenspflicht“).

Schweiz

Gesetzliche Grundlage

Nach Art. 330a Obligationenrecht (OR) hat der:die Arbeitnehmer:in jederzeit das Recht, vom Arbeitgeber ein Zeugnis zu verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über Leistung und Verhalten ausspricht.

Inhalt und Form des Dienstzeugnisses

Mindestanforderungen

Ein Dienstzeugnis muss folgende Angaben enthalten:

  • Name und Anschrift des/der Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in
  • Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses
  • Beschreibung der Funktion/tätigkeitsspezifische Aufgaben
  • Ggf. Angaben zu Leistung und Verhalten bei qualifizierten Zeugnissen

Wohlwollens- und Wahrheitsgebot

Das Zeugnis muss wahr formuliert sein, dennoch darf es dem:der Arbeitnehmer:in das berufliche Fortkommen nicht erschweren (Wohlwollensgebot). Diese beiden Prinzipien führen in der Praxis zu einer sogenannten Zeugnissprache mit bestimmten Formulierungen und Abstufungen.

Formfragen

Meistens wird das Dienstzeugnis schriftlich auf Firmenbriefpapier und unterschrieben von einer autorisierten Person ausgestellt. Es besteht ein Anspruch auf ein original unterzeichnetes Zeugnis in Papierform; ein Anspruch auf ein digitales Dokument ist bisher nicht durchgehend gesetzlich geregelt.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Fristen für den Zeugnisanspruch

In Deutschland und Österreich unterliegt der Anspruch auf ein Dienstzeugnis regelmäßig den allgemeinen Verjährungsfristen. Ratsam ist es jedoch, den Anspruch unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.

Berichtigungsanspruch

Stellt der:die Arbeitnehmer:in Fehler oder nachteilige Formulierungen im Dienstzeugnis fest, kann eine Berichtigung verlangt werden. Im Streitfall entscheidet das Arbeitsgericht über die Korrektheit und Angemessenheit des Zeugnisses.

Geheimcodes und versteckte Hinweise

Formulierungen im Zeugnis, die objektiv negativ gemeint sind, aber verschlüsselt erscheinen („Zeugniscode“), sind unzulässig. Das Zeugnis muss klar und verständlich sein; das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt betont, dass dem:der Zeugnisleser:in keine weiteren Recherchen abverlangt werden dürfen.

Aufbewahrungspflicht und Auskunftsansprüche

Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, eine Abschrift des ausgestellten Dienstzeugnisses für eine gewisse Zeit aufzubewahren, insbesondere bis zum Ablauf möglicher Klagefristen gemäß den gesetzlichen Vorgaben.

Zweck und Bedeutung des Dienstzeugnisses

Das Dienstzeugnis dient als Nachweis über die Beschäftigungsdauer, die Tätigkeit und ggf. die Arbeitsleistung und das Sozialverhalten von Arbeitnehmer:innen. Es spielt eine zentrale Rolle bei Bewerbungen und beruflichen Wechseln und ist häufig ein unverzichtbares Dokument für zukünftige Arbeitgeberentscheidungen.

Rechtsfolgen bei Verweigerung oder fehlerhafter Ausstellung

Wird das Zeugnis nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt, kann der:die Arbeitnehmer:in den Zeugnisanspruch gerichtlich durchsetzen. Unrichtige oder negative Angaben können Schadensersatzansprüche des:der Arbeitnehmer:in auslösen.

Besonderheiten im öffentlichen Dienst und bei Auszubildenden

Im öffentlichen Dienst und bei Ausbildungsverhältnissen (z.B. nach § 16 BBiG für Deutschland) gelten teils abweichende oder ergänzende Regelungen zum Dienstzeugnis, z.B. spezifische Informationspflichten oder zusätzliche Inhalte.

Internationale Regelungen und Anerkennung

Während das Dienstzeugnis im deutschsprachigen Raum eine gesetzlich verankerte Tradition hat, existieren in anderen Ländern ähnliche, aber teils weniger ausgeprägte Zeugnisregelungen. Für internationale Bewerbungen empfiehlt sich häufig eine Übersetzung des Zeugnisses sowie ggf. eine beglaubigte Kopie.

Zusammenfassung

Das Dienstzeugnis ist ein zentrales Element des Arbeitsrechts im deutschsprachigen Raum. Es dokumentiert die Art, Dauer und häufig auch die Qualität eines Arbeitsverhältnisses und ist durch verschiedene Gesetze und Rechtsprechung umfassend geregelt. Für Arbeitnehmer:innen stellt das Dienstzeugnis ein wichtiges Instrument für die berufliche Weiterentwicklung und Bewerbung dar, für Arbeitgeber:innen ist es Ausdruck der Beendigung des Vertragsverhältnisses sowie ein Bestandteil der Fürsorgepflicht.

Häufig gestellte Fragen

Wann besteht ein rechtlicher Anspruch auf ein Dienstzeugnis?

Ein rechtlicher Anspruch auf Erteilung eines Dienstzeugnisses entsteht grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. In Deutschland ist dieser Anspruch für Arbeitnehmer in § 109 Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Das Dienstzeugnis muss auf Verlangen des Arbeitnehmers ausgestellt werden und darf weder bezüglich seiner Form noch seines Inhaltes gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßen. Der Anspruch besteht unabhängig vom Grund der Beendigung (Kündigung, Aufhebungsvertrag, Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrags). Für Auszubildende ergibt sich der Anspruch aus § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Der Arbeitgeber hat auch dann ein Dienstzeugnis zu erteilen, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, wobei hier die Erben den Anspruch geltend machen können.

Welche Frist gilt für die Ausstellung eines Dienstzeugnisses?

Das Gesetz sieht keine ausdrückliche Frist vor, dennoch muss das Dienstzeugnis „unverzüglich“ nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d. h. ohne schuldhaftes Zögern vom Arbeitgeber ausgestellt werden. In der Regel wird eine Bearbeitungsdauer von bis zu zwei Wochen als angemessen betrachtet. In Einzelfällen, etwa bei größeren Unternehmen und längerer Betriebszugehörigkeit mit umfangreichem Tätigkeitsbericht, kann ein etwas längerer Zeitraum zugestanden werden. Versäumt der Arbeitgeber diese Frist, kann der Arbeitnehmer auf Ausstellung des Zeugnisses klagen und ggf. Schadensersatz verlangen, wenn ihm durch die Verzögerung ein Nachteil entsteht (z. B. bei Bewerbungen).

In welcher Form muss ein Dienstzeugnis ausgestellt werden?

Das Dienstzeugnis muss schriftlich ausgestellt und eigenhändig vom Arbeitgeber oder einer dazu befugten Person unterschrieben werden. Die elektronische Form (z. B. E-Mail, PDF-Dokument) genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 109 Absatz 3 GewO). Das Dokument muss auf dem offiziellen Geschäftspapier des Arbeitgebers ausgestellt sein, sofern solches verwendet wird, und darf keine Mängel in äußeren Belangen aufweisen (z. B. Verschmutzungen, Knicke, Korrekturen, Durchstreichungen oder unübliche Formatierung). Ein Zeugnis muss außerdem vollständig und in sich geschlossen sein; es dürfen keine Leerzeilen am Ende eingefügt werden, die später zu Ergänzungen genutzt werden könnten.

Kann der Arbeitnehmer Änderungen am Dienstzeugnis verlangen?

Arbeitnehmer haben das Recht, Korrekturen oder Ergänzungen zu verlangen, wenn das Dienstzeugnis unrichtig, unvollständig oder missverständlich ist. Das gilt etwa für fehlerhafte Angaben zu Tätigkeiten, Beschäftigungszeiten oder Bewertungen. Der Arbeitnehmer muss Mängel gegenüber dem Arbeitgeber konkret beanstanden. Kommt der Arbeitgeber dem Änderungswunsch nicht nach, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Es gilt jedoch zu beachten, dass kein Anspruch auf eine bestimmte (etwa überdurchschnittlich wohlwollende) Formulierung besteht, sondern auf ein „wahres“ und „wohlwollendes“ Zeugnis.

Dürfen im Dienstzeugnis negative Formulierungen oder Gründe für die Beendigung erwähnt werden?

Nach dem Grundsatz der Wohlwollenspflicht darf ein Dienstzeugnis den Arbeitnehmer nicht in seinem weiteren beruflichen Fortkommen ungerechtfertigt erschweren. Negative Formulierungen, Hinweise auf Konflikte, Abmahnungen oder gar strafbare Handlungen dürfen nur aufgenommen werden, wenn dies der Wahrheitspflicht entspricht und sie für das Zeugnis wesentlich sind. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf nur dann (und dann auch wahrheitsgemäß) aufgenommen werden, wenn dies ausdrücklich vom Arbeitnehmer gewünscht wird. Der Arbeitgeber ist zu neutralen oder positiven Formulierungen verpflichtet (wohlwollende Pflicht), solange dies wahrheitsgemäß möglich ist.

Welche rechtlichen Folgen hat ein fehlerhaftes oder unvollständiges Dienstzeugnis?

Ein fehlerhaftes oder unvollständiges Dienstzeugnis kann verschiedene rechtliche Konsequenzen haben. Zum einen kann ein Arbeitnehmer auf Berichtigung des Zeugnisses klagen, was im arbeitsgerichtlichen Verfahren geschieht. Begeht der Arbeitgeber dabei eine schuldhafte Pflichtverletzung, etwa durch Verzögerung oder durch gezielte negative Bewertungen, kann der Arbeitnehmer auch Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern nachweisbare Schäden entstehen (z. B. entgangene Bewerbungen oder Verdienstmöglichkeiten). Bei Mängeln in der äußeren Form besteht ein Anspruch auf Neuausstellung des Zeugnisses.

Besteht auch während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf ein Dienstzeugnis?

Während eines laufenden Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch auf ein abschließendes Dienstzeugnis. Allerdings hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein sogenanntes Zwischenzeugnis, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Solche Interessen sind beispielsweise ein Vorgesetztenwechsel, eine Versetzung oder bevorstehende betriebliche Umstrukturierungen. Das Zwischenzeugnis muss den gleichen gesetzlichen Anforderungen genügen wie das Endzeugnis, ist aber mit dem Zusatz „Zwischenzeugnis“ zu versehen. Ein weiterer Anspruch auf ein (neues) Endzeugnis entsteht erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Muss das Dienstzeugnis bestimmte Angaben enthalten und gibt es gesetzliche Mindestinhalte?

Das Dienstzeugnis muss gemäß § 109 GewO mindestens Angaben über Art und Dauer der Tätigkeit enthalten (einfaches Zeugnis). Verlangt der Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis, muss dieses darüber hinaus auch Angaben zu Führung und Leistung beinhalten. Dazu zählen eine ausführliche Beschreibung der Aufgabenbereiche, eine Bewertung der Arbeitsleistung, das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und ggf. Kunden sowie die formalen Angaben wie Name, Anschrift des Arbeitgebers, Ausstellungsdatum, Unterschrift des Berechtigten und vollständiger Name des Arbeitnehmers. Auch der Zeitraum der Beschäftigung muss genau angegeben werden. Verpflichtende Formulierungen gibt es gesetzlich nicht, wohl aber einen Mindestumfang der Inhalte.