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Dienstverhältnis Minderjähriger


Begriff und Wesen des Dienstverhältnisses Minderjähriger

Das Dienstverhältnis Minderjähriger bezeichnet das rechtliche Verhältnis, in welchem Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Dienstleistungen für einen anderen (typischerweise einen Arbeitgeber oder Dienstberechtigten) im Rahmen eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses erbringen. Die rechtliche Zulässigkeit, die Rahmenbedingungen sowie der Schutz Minderjähriger in einem solchen Vertragsverhältnis sind durch zahlreiche nationale sowie internationale Regelungen geprägt, die den besonderen Schutzbedarf dieser Altersgruppe berücksichtigen.


Gesetzliche Grundlagen und Schutzvorschriften

Allgemeine rechtliche Einordnung

Minderjährige gelten nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften als beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB). Dies wirkt sich unmittelbar auf die Möglichkeit aus, Verträge – und damit auch Arbeits- und Dienstverträge – wirksam abzuschließen. Grundsätzlich können Minderjährige nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters, in der Regel der Eltern, rechtswirksame Verträge eingehen. Verträge über Dienstleistungen, die lediglich einen rechtlichen Vorteil verschaffen, sind von dieser Regelung ausgenommen.

Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt speziell die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen. Es enthält umfangreiche Bestimmungen zu

  • Mindestalter für die Aufnahme eines Dienstverhältnisses,
  • maximal zulässiger Arbeitszeit,
  • Arbeitsbedingungen,
  • Gesundheitsschutz,
  • Ruhepausen und Erholungszeiten.

Nach dem JArbSchG dürfen Kinder unter 15 Jahren grundsätzlich nicht beschäftigt werden (mit wenigen gesetzlich bestimmten Ausnahmen, beispielsweise im Rahmen von Praktika oder Ferienjobs). Jugendliche ab dem vollendeten 15. Lebensjahr und vor Vollendung des 18. Lebensjahres unterliegen besonderen Schutzvorschriften, etwa hinsichtlich Arbeitszeit, Nachtarbeit, Wochenendarbeit und besonderen Gefährdungen.

Ausnahmen und Sonderregelungen

Das Gesetz sieht eng begrenzte Ausnahmen für die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren vor, insbesondere für leichte Hilfeleistungen, die das Kindeswohl nicht beeinträchtigen, oder Tätigkeiten im Rahmen eines Betriebspraktikums zur Berufsorientierung. Arbeitsverhältnisse im Rahmen einer Berufsausbildung unterliegen ergänzend dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowie bestimmten Aspekten des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG).


Abschluss und Wirksamkeit des Dienstvertrags mit Minderjährigen

Zustimmung des gesetzlichen Vertreters

Nach § 107 BGB bedarf ein Dienstvertrag, der nicht ausschließlich einen rechtlichen Vorteil verschafft, der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligung kann dabei ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen, etwa durch tatsächliche Zustimmung zur Arbeitsaufnahme oder durch die Unterschrift unter einen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag.

Taschengeldparagraph

Der sogenannte „Taschengeldparagraph“ (§ 110 BGB) erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen den Abschluss von Verträgen durch Minderjährige ohne ausdrückliche Zustimmung der Eltern, wenn der Vertrag mit eigenem, zur freien Verfügung stehendem Geldmittel erfüllt wird. Dies findet meist auf kleinere, alltägliche Rechtsgeschäfte Anwendung und erfasst reine Dienstverträge im arbeitsrechtlichen Sinne nur selten.

Einwilligung und nachträgliche Genehmigung

Erfolgt ein Vertragsabschluss ohne die erforderliche Einwilligung der gesetzlichen Vertreter, ist der Vertrag bis zur Genehmigung zunächst „schwebend unwirksam“. Erst mit ausdrücklicher Genehmigung wird er voll wirksam (§ 108 BGB). Bis dahin sind keine Pflichten aus dem Vertrag zu erfüllen.


Pflichten und Rechte im Dienstverhältnis Minderjähriger

Hauptpflichten

Im Rahmen eines Dienstverhältnisses verpflichtet sich der Minderjährige, eine bestimmte Tätigkeit nach Weisung des Arbeitgebers auszuführen. Die Gegenseite (Dienstberechtigter/Arbeitgeber) ist zur Gewährung einer angemessenen Vergütung und zur Einhaltung der besonderen gesetzlichen Schutzvorschriften verpflichtet.

Arbeitszeit und Freizeitregelungen

Jugendliche dürfen laut JArbSchG grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Für Arbeitszeiten vor 6 Uhr morgens und nach 20 Uhr abends, an Wochenenden und Feiertagen gelten strikte Einschränkungen mit nur wenigen Ausnahmen für bestimmte Branchen (z.B. Gastronomie).

Ruhepausen und Erholungszeiten sind zwingend gesetzlich vorgegeben: Bei einer Arbeitszeit von mehr als 4,5 bis 6 Stunden sind mindestens 30 Minuten, bei mehr als 6 Stunden mindestens 60 Minuten Pause zu gewähren. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss eine ununterbrochene Freizeit von mindestens zwölf Stunden erfolgen.

Schutzvorschriften und Gefährdungsverbot

Der Schutz von Minderjährigen im Dienstverhältnis umfasst besondere Vorschriften bezüglich der Unfallverhütung, des Gesundheitsschutzes sowie des Verbots gefährlicher Arbeiten (§§ 22-24 JArbSchG). Jugendliche dürfen grundsätzlich nur mit Arbeiten beschäftigt werden, die ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung nicht schaden. Besonders belastende, gefährliche oder gesundheitsgefährdende Tätigkeiten sind für Minderjährige untersagt.


Beendigung und Kündigung des Dienstverhältnisses Minderjähriger

Ordentliche und außerordentliche Kündigung

Ein bestehendes Dienstverhältnis kann durch beide Parteien unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen beendet werden. Für Ausbildungsverhältnisse gelten dabei besondere Kündigungsschutzvorschriften gemäß BBiG, welche von den allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zugunsten Minderjähriger ergänzt werden.

Während der Probezeit ist eine Kündigung jederzeit möglich, nach Ablauf dieser Frist nur noch aus wichtigem Grund oder unter Einhaltung der ordentlichen Fristen. Für Minderjährige können Kündigungen lediglich wirksam werden, wenn der gesetzliche Vertreter ebenfalls zustimmt – dies gilt insbesondere für die Kündigung durch den Minderjährigen selbst.


Mitbestimmung und Beteiligungsrechte

Minderjährige Arbeitnehmer und Auszubildende besitzen grundlegende Beteiligungsrechte, etwa durch die Jugend- und Auszubildendenvertretung im Betrieb (§§ 60-73 BetrVG). Diese Gremien vertreten die besonderen Interessen Minderjähriger in Arbeitsverhältnissen und wachen über die Einhaltung der gesetzlichen Schutzrechte.


Internationale und europarechtliche Einflüsse

Die Regelungen für Dienstverhältnisse Minderjähriger sind durch völkerrechtliche Abkommen und EU-Richtlinien mitgeprägt. Insbesondere das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-KRK) sowie zahlreiche ILO-Konventionen legen grundlegende Schutzziele fest. Die Arbeitszeit-Richtlinie und Jugendarbeitsrichtlinie der EU erfordern von den Mitgliedstaaten umfassende Schutzmaßnahmen, die im deutschen Jugendarbeitsschutzgesetz umgesetzt wurden.


Fazit

Das Dienstverhältnis Minderjähriger ist rechtlich umfassend geregelt und durch besondere Schutzvorschriften geprägt. Ziel sämtlicher Regelungen ist es, die körperliche, geistige und soziale Entwicklung von Minderjährigen während der Erwerbstätigkeit zu schützen, ohne den Zugang zu einer frühzeitigen beruflichen Entwicklung zu verbauen. Die gesetzlichen Grundlagen, insbesondere das Jugendarbeitsschutzgesetz, das Bürgerliche Gesetzbuch sowie das Berufsbildungsgesetz stellen sicher, dass Minderjährige in Dienstverhältnissen nicht unangemessen belastet oder gefährdet werden. Arbeitgeber und andere Vertragspartner tragen eine besondere Verantwortung, während die gesetzlichen Vertreter durch Einwilligung und Überwachung die Interessen der Minderjährigen wahrnehmen.

Häufig gestellte Fragen

Welche besonderen Voraussetzungen müssen für den Abschluss eines Dienstverhältnisses mit Minderjährigen beachtet werden?

Für den Abschluss eines Dienstverhältnisses mit Minderjährigen sieht das Arbeitsrecht spezifische Schutzvorschriften vor. Grundsätzlich dürfen Jugendliche ab Vollendung des 15. Lebensjahres, sofern sie die Pflichtschulzeit abgeschlossen haben, ein Dienstverhältnis eingehen. Bei unter 15-Jährigen ist die Beschäftigung grundsätzlich verboten, außer es handelt sich um ausdrücklich gesetzlich erlaubte Ausnahmen, wie etwa Ferialjobs oder Praktika im Rahmen einer schulischen Ausbildung. Vor Abschluss eines Dienstvertrags ist die Zustimmung der Erziehungsberechtigten notwendig, da Minderjährige in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt sind. Zusätzlich ist zu prüfen, ob der jeweilige Arbeitsplatz den Bestimmungen des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes (KJBG) entspricht, insbesondere in Bezug auf Arbeitszeiten, Tätigkeiten, Arbeitsumfeld und Gesundheitsschutz. Bestimmte gefährliche oder gesundheitsgefährdende Arbeiten sind Minderjährigen gänzlich untersagt. Zudem sind ärztliche Eignungsuntersuchungen vorgeschrieben, um sicherzustellen, dass der/die Jugendliche für die vorgesehene Tätigkeit gesundheitlich geeignet ist. Arbeitgeber müssen diese gesetzlichen Auflagen sorgfältig prüfen und einhalten, um Rechtsverstöße und damit verbundene Sanktionen zu vermeiden.

Welche Arbeitszeitregelungen gelten für minderjährige Beschäftigte?

Das Arbeitszeitrecht für Minderjährige unterscheidet sich grundlegend von jenem für volljährige Arbeitnehmer. Für Jugendliche (zwischen 15 und 18 Jahren) gilt grundsätzlich eine tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden und eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden. Überstunden sind im Regelfall nicht zulässig, Ausnahmen bestehen lediglich in Notfällen oder bei besonderen Saisonspitzen, wobei diese strikt geregelt sind. Die Arbeitszeit ist dabei grundsätzlich auf die Zeitspanne zwischen 6 Uhr und 20 Uhr beschränkt, Nachtarbeit ist für Minderjährige nur in speziell geregelten Ausnahmefällen, etwa in Lehrberufen bestimmter Branchen, zulässig. Pausenregelungen sehen spätestens nach 4,5 Arbeitsstunden eine 30-minütige Ruhepause vor. Darüber hinaus ist eine ununterbrochene Freizeit von mindestens 12 Stunden zwischen zwei Arbeitstagen verpflichtend. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen dürfen Minderjährige im Allgemeinen nicht beschäftigt werden, auch hier gelten jedoch branchenabhängige Ausnahmeregelungen beispielsweise für Gastronomie oder Gesundheitsbetriebe.

Welche besonderen Kündigungsregelungen gelten für Dienstverhältnisse von Minderjährigen?

Die Kündigungsregelungen für minderjährige Arbeitnehmer sind durch spezifische Schutzvorschriften geprägt. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber darf nur dann wirksam ausgesprochen werden, wenn zuvor, grundsätzlich binnen drei Tagen, die Erziehungsberechtigten sowie gegebenenfalls der gesetzliche Vertreter (z.B. Jugendwohlfahrtsträger) über die beabsichtigte Kündigung informiert wurden. Der Minderjährige selbst hat ebenfalls das Recht, unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfristen, das Dienstverhältnis zu beenden. Einigen sich der Arbeitgeber und der Minderjährige auf eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses, muss die Zustimmung der Erziehungsberechtigten eingeholt werden, da ein solches Rechtsgeschäft als berechtigungsbedürftig gilt. Die gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine sind dabei einzuhalten, wobei Lehrverhältnisse gesonderten Regeln unterliegen. Zudem bestehen Sonderregelungen für eine außerordentliche (fristlose) Auflösung, etwa bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen.

Welche Beschäftigungsverbote bestehen für Minderjährige?

Das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz (KJBG) listet eine Vielzahl an Verbotstatbeständen zum Schutz von Minderjährigen auf. Grundsätzlich sind alle Arbeiten verboten, die die physische oder psychische Gesundheit oder die sittliche Entwicklung von Jugendlichen gefährden könnten. Hierzu zählen unter anderem Tätigkeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen (z. B. Asbest, giftige Chemikalien), Arbeiten an gefährlichen Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit, Nacht- oder Untertagearbeit sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten. Ebenfalls untersagt sind Tätigkeiten in Glücksspielbetrieben, Nachtbars oder ähnlichen Etablissements. Für bestimmte Tätigkeiten – etwa in Ausbildungsberufen – können Ausnahmeregelungen bestehen, sofern besondere Schutzvorkehrungen getroffen werden und der Ausbildungszweck im Vordergrund steht.

Welche Rechte haben minderjährige Arbeitnehmer im Dienstverhältnis?

Minderjährige Arbeitnehmer genießen im Dienstverhältnis grundlegende arbeitsrechtliche Schutzrechte, die über jene Erwachsener hinausgehen. Sie haben Anspruch auf den vereinbarten Lohn sowie sämtliche sonstige arbeitsvertragliche Leistungen (z. B. Urlaub, Sonderzahlungen). Der Anspruch auf Urlaub beträgt nach dem Urlaubsgesetz idR fünf Wochen pro Arbeitsjahr. Minderjährige haben das Recht auf sichere und gesundheitlich unbedenkliche Arbeitsbedingungen sowie auf Unterstützung durch Vertrauenspersonen, wie Jugendvertrauensräte. Zudem besteht der besondere Kündigungsschutz und das Recht auf Unterrichtung der Erziehungsberechtigten. Arbeitgeber sind verpflichtet, den Jugendlichen über seine Rechte und Pflichten sowie über bestehende Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb umfassend zu informieren.

Wie ist die Entlohnung von Minderjährigen geregelt?

Die Entlohnung von minderjährigen Arbeitnehmern richtet sich in erster Linie nach den einschlägigen Kollektivverträgen und betrieblichen Vereinbarungen. Es besteht grundsätzlich das Recht auf ein angemessenes Entgelt für die geleistete Arbeit; Diskriminierungen aufgrund des Alters sind unzulässig. In vielen Branchen und Kollektivverträgen sind für Jugendliche gesonderte Lohn- oder Gehaltstabellen vorgesehen, insbesondere bei Lehrlingen. Die Entlohnung darf den gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Mindestlohn nicht unterschreiten. Bei Praktikanten kann es – je nach Art des Praktikums (Pflichtpraktikum, Ferialjob etc.) – zu abweichenden Regelungen kommen, die etwa in Bezug auf Taschengeld oder Aufwandentschädigungen geregelt werden.

Dürfen minderjährige Arbeitnehmer Überstunden leisten?

Im Grundsatz ist die Leistung von Überstunden bei minderjährigen Arbeitnehmern gesetzlich verboten. Eine Ausnahme besteht lediglich in unvorhergesehenen Not- oder außergewöhnlichen Fällen, etwa zur Verhütung eines Schadens oder zur Sicherstellung des Betriebsablaufes in Ausnahmesituationen. Auch dann dürfen die zulässigen Höchstgrenzen hinsichtlich der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit keinesfalls überschritten werden. Überstunden müssen entsprechend vergütet oder in Form von Freizeitausgleich kompensiert werden. Die Anordnung von Überstunden bedarf der besonderen Rechtfertigung und sollte immer im Einvernehmen mit dem Jugendlichen und dessen gesetzlichen Vertretern erfolgen.