Begriff und Einordnung
Was bedeutet Dienstvergehen?
Ein Dienstvergehen ist eine schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten durch Personen, die in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen. Gemeint sind vor allem Beamtinnen und Beamte, Soldatinnen und Soldaten sowie Richterinnen und Richter. Ein Dienstvergehen kann sich im Dienst selbst, aber auch außerhalb des Dienstes ereignen, wenn das Verhalten den Ruf des Amtes oder das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Amtsführung beeinträchtigt.
Wer kann ein Dienstvergehen begehen?
Der Begriff betrifft in erster Linie Angehörige des öffentlichen Dienstes mit besonderem Status. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst ohne diesen Status (z. B. Tarifbeschäftigte) gelten meist arbeitsrechtliche Kategorien wie Pflichtverletzung oder Vertragsverstoß; hierfür ist der Begriff Dienstvergehen nicht üblich.
Pflichten und typische Fallgruppen
Kernpflichten im Dienst
Zum Kern der Dienstpflichten zählen die gewissenhafte Amtsausübung, Gesetzes- und Verfassungstreue, Gehorsam gegenüber rechtmäßigen Anordnungen, Wahrung von Amtsverschwiegenheit und dienstlicher Geheimnisse, unparteiisches Verhalten, Mäßigung und Zurückhaltung in dienstbezogenen Äußerungen sowie die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten. Verstöße hiergegen können ein Dienstvergehen darstellen.
Verhalten außerhalb des Dienstes
Privates Verhalten kann relevant werden, wenn es die Achtung und das Vertrauen beeinträchtigt, die für die Amtsausübung erforderlich sind. Maßgeblich ist, ob ein hinreichender Bezug zum Amt besteht, etwa durch öffentlich wahrnehmbare Handlungen, die der Stellung nicht gerecht werden.
Abgrenzung zu anderen Verstößen
Beamtenrecht vs. Arbeitsrecht
Das Dienstvergehen ist eine disziplinarrechtliche Kategorie. Für Beschäftigte ohne besonderen Status greifen arbeitsrechtliche Instrumente wie Abmahnung oder Kündigung; die disziplinarrechtlichen Maßstäbe finden dort nicht unmittelbar Anwendung.
Disziplinarrechtliche vs. strafrechtliche Verantwortung
Ein Dienstvergehen ist von einer Straftat zu unterscheiden. Beide Bereiche können sich überschneiden: Eine Handlung kann disziplinarrechtlich relevant sein und zugleich strafbar. Die Verfahren laufen unabhängig voneinander, Ergebnisse können jedoch gegenseitig berücksichtigt werden.
Verfahren bei einem Dienstvergehen
Auslöser und Einleitung
Ein Verfahren beginnt in der Regel, wenn konkrete Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen. Zuständig ist der Dienstherr oder die disziplinarbefugte Stelle. Je nach Schwere werden Vorprüfungen, förmliche Ermittlungen oder sofortige vorläufige Maßnahmen veranlasst.
Untersuchung und Beweisaufnahme
Der Sachverhalt wird ermittelt, Beweise werden erhoben und bewertet. Dazu können Dokumente, Zeugenaussagen oder technische Auswertungen gehören. Ziel ist eine vollständige und faire Aufklärung. Es gilt, Belastendes und Entlastendes gleichermaßen zu berücksichtigen.
Rechte der betroffenen Person
Betroffene haben Anspruch auf rechtliches Gehör, dürfen sich äußern und haben Zugang zu den entscheidungsrelevanten Unterlagen. Sie können sich vertreten lassen und Einwände gegen Beweise vorbringen. Die Verfahrensführung hat verhältnismäßig, zügig und sachlich zu erfolgen.
Entscheidung und mögliche Rechtsmittel
Nach Abschluss der Ermittlungen wird entschieden, ob ein Dienstvergehen vorliegt und welche Maßnahme geeignet ist. Gegen belastende Entscheidungen bestehen in der Regel Möglichkeiten der Überprüfung durch zuständige Stellen oder Gerichte. Der Umfang des Rechtsschutzes richtet sich nach Art der Maßnahme und dem jeweiligen Status.
Disziplinarmaßnahmen und Folgen
Arten von Maßnahmen
Die Bandbreite reicht von einfachen Maßnahmen wie Verweis oder Geldbuße über Beförderungssperren und Kürzung der Bezüge bis zu Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Für Ruhestandsangehörige ist die Aberkennung von Versorgungsbezügen möglich. Bei Soldatinnen und Soldaten kommen je nach Ebene unter anderem Arrest oder Dienstgradherabsetzung in Betracht.
Bemessungskriterien
Die Auswahl der Maßnahme richtet sich nach Schwere und Auswirkungen des Verstoßes, dem Maß der Schuld, den Folgen für den Dienstbetrieb, dem bisherigen Leistungsbild, der Vorbildfunktion, dem Verhalten nach der Tat und der Vertrauensbeeinträchtigung. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Vorläufige Maßnahmen
Bis zur Entscheidung können vorläufige Schritte getroffen werden, etwa eine vorläufige Dienstenthebung oder die vorläufige Einbehaltung von Bezügen. Diese sollen den Dienstbetrieb sichern und dürfen die Hauptsache nicht vorwegnehmen.
Nebenfolgen
Disziplinarmaßnahmen können Eintragungen in der Personalakte, Auswirkungen auf Karriere, Beförderungen und Einsatzmöglichkeiten nach sich ziehen. Je nach Maßnahme ergeben sich dienstrechtliche und versorgungsrechtliche Konsequenzen.
Besonderheiten in einzelnen Bereichen
Soldaten
Bei Soldatinnen und Soldaten richtet sich die Beurteilung nach den besonderen Pflichten der Inneren Führung und der militärischen Ordnung. Disziplinarvorgesetzte verfügen über eigene Befugnisse; schwerwiegende Fälle werden vor besonderen Disziplinargerichten verhandelt.
Richter
Bei Richterinnen und Richtern steht die Unabhängigkeit des Amtes im Mittelpunkt. Gleichwohl unterliegen sie Dienstpflichten, deren Verletzung disziplinarisch geahndet werden kann. Die Zuständigkeiten und Verfahrenswege sind speziell ausgestaltet.
Beschäftigte ohne Beamtenstatus
Für Tarifbeschäftigte gilt primär das Arbeitsrecht. Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten werden arbeitsrechtlich behandelt und sind nicht als Dienstvergehen zu qualifizieren.
Verjährung, Tilgung und Datenschutz
Verjährung und Fristen
Das Disziplinarrecht kennt Fristen, nach deren Ablauf eine Ahndung nicht mehr möglich ist. Die Dauer hängt von der Schwere des Verstoßes und dem Status der betroffenen Person ab. Daneben gelten Fristen, die den Abschluss eines begonnenen Verfahrens strukturieren.
Eintragung und Löschung in der Personalakte
Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel in der Personalakte vermerkt. Es existieren Tilgungsfristen, nach deren Ablauf Eintragungen zu entfernen sind, sofern keine neuen Erkenntnisse entgegenstehen. Maßgeblich ist die Art der Maßnahme.
Datenschutz und Vertraulichkeit
Disziplinarverfahren sind vertraulich zu behandeln. Der Zugriff auf Unterlagen ist auf die zuständigen Stellen beschränkt. Personenbezogene Daten dürfen nur für verfahrensbezogene Zwecke verarbeitet werden.
Häufig gestellte Fragen
Wann liegt ein Dienstvergehen vor?
Ein Dienstvergehen liegt vor, wenn eine Person mit besonderem öffentlich-rechtlichen Status schuldhaft gegen Dienstpflichten verstößt. Entscheidend sind Pflichtbezug, Vorwerfbarkeit und die Auswirkungen auf Amt und Vertrauen.
Zählt privates Verhalten als Dienstvergehen?
Privates Verhalten kann relevant sein, wenn es das für die Amtsausübung notwendige Vertrauen beeinträchtigt. Ohne Bezug zum Amt bleibt es regelmäßig folgenlos.
Kann ein Dienstvergehen gleichzeitig eine Straftat sein?
Ja. Disziplinarrecht und Strafrecht bewerten dasselbe Verhalten unter unterschiedlichen Gesichtspunkten. Beide Verfahren sind unabhängig, können sich aber in der Bewertung von Tatsachen beziehen.
Welche Disziplinarmaßnahmen sind möglich?
Je nach Schwere kommen Verweis, Geldbuße, Beförderungssperre, Kürzung der Bezüge, Zurückstufung oder Entfernung aus dem Dienst in Betracht. In besonderen Bereichen gelten angepasste Maßnahmen.
Wie läuft ein Disziplinarverfahren ab?
Es beginnt mit der Prüfung eines Verdachts, gefolgt von Ermittlungen, Anhörung und Entscheidung. Bei schwerwiegenden Fällen erfolgt die Entscheidung durch ein zuständiges Gericht.
Welche Rechte hat die betroffene Person im Verfahren?
Sie hat Anspruch auf rechtliches Gehör, Zugang zu relevanten Unterlagen, die Möglichkeit zur Stellungnahme und Vertretung sowie auf Überprüfung belastender Entscheidungen.
Werden Eintragungen in der Personalakte wieder gelöscht?
Ja, nach Ablauf bestimmter Tilgungsfristen werden Eintragungen entfernt, sofern keine neuen Umstände entgegenstehen. Die Frist richtet sich nach Art und Schwere der Maßnahme.