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Deutscher Industrie- und Handelskammertag


Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)

Definition und rechtliche Stellung

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) ist der Zusammenschluss aller 79 Industrie- und Handelskammern (IHK) in Deutschland auf Bundesebene. Der DIHK bildet damit das zentrale organisatorische Dach der deutschen IHK-Organisation. Rechtlich handelt es sich beim DIHK um einen eingetragenen Verein im Sinne von § 21 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) und nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie es die einzelnen IHKs auf regionaler Ebene sind.

Der DIHK nimmt eine wichtige Stellung in der wirtschaftlichen Selbstverwaltung Deutschlands ein. Er ist insbesondere für die Vertretung der Gesamtinteressen der deutschen gewerblichen Wirtschaft auf nationaler und internationaler Ebene verantwortlich.

Historische Entwicklung

Die Idee einer bundesweiten Interessenvertretung der gewerblichen Wirtschaft reicht bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Der formelle Zusammenschluss unter der Bezeichnung „Deutscher Industrie- und Handelstag“ erfolgte im Jahr 1861. Im Jahre 1949 wurde der DIHK nach Ende des Zweiten Weltkriegs in der Bundesrepublik Deutschland als eingetragener Verein wiederbegründet.

Rechtsgrundlagen

Vereinsrechtliche Grundlagen

  • Der DIHK ist gemäß § 21 BGB ein rechtsfähiger Idealverein. Sitz des Vereins ist Berlin mit einer weiteren Geschäftsstelle in Brüssel.
  • Die Satzung des DIHK regelt insbesondere die Organe, Aufgaben, Rechte und Pflichten der Mitglieder, Geschäftsführung, Beitragsordnung sowie die Struktur der Willensbildung innerhalb des Vereins.

Verhältnis zu den Industrie- und Handelskammern

  • Die einzelnen Industrie- und Handelskammern sind öffentlich-rechtliche Körperschaften gemäß §§ 1 ff. IHKG (Industrie- und Handelskammergesetz).
  • Sie sind kraft Gesetzes Mitglieder des DIHK, da § 9 Abs. 1 IHKG die Koordinierungsfunktion auf Bundesebene vorsieht.
  • Die IHKs entsenden Vertreter in die Mitgliederversammlung des DIHK, dem wichtigsten Organ des Vereins.

Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen

  • Die Mitgliedschaft der IHKs im DIHK basiert auf bundesgesetzlicher Grundlage (§ 9 IHKG).
  • Der DIHK übernimmt koordinierende Tätigkeiten, trifft aber keine hoheitlichen Entscheidungen im Sinne des Verwaltungshandelns. Seine Aufgaben beschränken sich auf die Förderung und Vertretung der gemeinsamen Belange der IHKs.
  • Verwaltungsrechtliche Klagewege gegen Beschlüsse des DIHK sind ausgeschlossen, da ihm keine Hoheitsrechte übertragen sind und seine Beschlussfassung vereinsrechtlichen Schranken unterliegt.

Aufgaben und Funktionen

Der DIHK nimmt verschiedene Aufgaben wahr, die im Einzelnen in der Satzung und im Industrie- und Handelskammergesetz geregelt sind:

Interessenvertretung

  • Wahrnehmung der wirtschaftspolitischen Interessen der deutschen gewerblichen Wirtschaft auf nationaler Ebene (gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat) und auf internationaler Ebene (insbesondere bei der Europäischen Union und internationalen Wirtschaftsorganisationen).
  • Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen und anderen wirtschaftsrelevanten Regelungen.

Koordination

  • Abstimmung der Tätigkeit einzelner IHKs, um einheitliche Positionen und Maßnahmen zu gewährleisten.
  • Entwicklung gemeinsamer Standards und Richtlinien insbesondere im Bereich der Aus- und Weiterbildung.

Dienstleistungsfunktionen

  • Entwicklung von Leitlinien, Handreichungen und Mustern zur Unterstützung der IHKs bei der Umsetzung ihrer gesetzlichen Aufgaben.

Internationale Zusammenarbeit

  • Mitwirkung bei der Gestaltung internationaler Handelsbeziehungen.
  • Unterstützung der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) und anderer internationaler Wirtschaftsvertretungen.

Organe des DIHK

Die wichtigsten Organe des DIHK sind:

Präsident

Der Präsident repräsentiert den DIHK nach außen und leitet die wichtigsten Sitzungen der DIHK-Gremien.

Mitgliederversammlung

Das oberste Gremium des DIHK besteht aus den Vertretern aller Industrie- und Handelskammern. Sie entscheidet über grundsätzliche Angelegenheiten und wählt den Präsidenten sowie andere Mitglieder des Präsidiums.

Präsidium

Das Präsidium fungiert als zentrales Leitungsgremium und bereitet unter anderem die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung vor.

Hauptgeschäftsführung

Die Hauptgeschäftsführung leitet die operativen Geschäfte des Vereins.

Weitere Ausschüsse

Fachspezifische Ausschüsse und Arbeitskreise bereiten Stellungnahmen und Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen sowie Fachthemen vor.

Finanzierung

Die Finanzierung des DIHK erfolgt überwiegend durch Umlagen der Mitgliedskammern. Die Umlageregelung ist in der Satzung sowie einer gesonderten Beitragsordnung festgelegt, die dem Vereinsrecht unterliegt.

Abgrenzung zu den Industrie- und Handelskammern

Wichtige Unterscheidung: Während die IHKs als öffentlich-rechtliche Körperschaften Beliehene Aufgaben der mittelbaren Staatsverwaltung übernehmen (zum Beispiel Durchführung von Prüfungen, Handelsregistereinträge, etc.), ist der DIHK als Verein ausschließlich als Interessenvertretung und Koordinationsplattform tätig und nimmt keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

Rechtsprechung

Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Entscheidungen betont, dass der DIHK keine Hoheitsfunktion ausübt und seine Beschlüsse ausschließlich im Rahmen des Vereinsrechts wirken (BVerwG, Urteil vom 18. Februar 2020, Az.: 8 C 9.19). Die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf den DIHK ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Besondere rechtliche Aspekte

Haftung

Für sämtliche Handlungen des DIHK haftet ausschließlich der Verein selbst mit seinem Vereinsvermögen. Die Mitgliedkameraden sowie deren Vertreter haften nicht persönlich.

Datenschutz

Die im Rahmen der gegenseitigen Abstimmung erhobenen und verarbeiteten Daten der IHKs unterfallen den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).

Veröffentlichungen und Transparenz

Die Beschlüsse sowie Jahresberichte des DIHK sind auf dessen Internetseite einsehbar. Transparenz verpflichtet den Verein auch gegenüber den Mitglieds-IHKs, insbesondere durch regelmäßige Berichterstattung durch den Präsidenten und die Hauptgeschäftsführung.

Zusammenfassung

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ist als eingetragener Verein die bundesweite Dachorganisation der deutschen Industrie- und Handelskammern. Rechtlich handelt es sich um eine privatrechtliche Organisationsform mit ausschließlich vereinsrechtlicher, nicht-hoheitlicher Funktion. Der DIHK vertritt die Interessen der gewerblichen Wirtschaft auf höchster Ebene und fördert die Zusammenarbeit und Einigung unter den IHKs, ohne selbst Aufgaben der mittelbaren Staatsverwaltung wahrzunehmen. Seine rechtlichen Grundlagen und Verflechtungen mit dem öffentlichen Recht sind klar geregelt und durch die Rechtsprechung bestätigt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtliche Stellung nimmt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) im Verhältnis zu den einzelnen Industrie- und Handelskammern (IHKs) ein?

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) ist nach deutschem Recht ein eingetragener Verein und somit eine privatrechtliche Körperschaft. Er nimmt eine Spitzenfunktion für die 79 deutschen Industrie- und Handelskammern (IHKs) ein, fungiert aber nicht als deren Aufsichtsorgan oder Behörde. Die einzelnen IHKs sind eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts und unterliegen somit ihrer eigenen Rechtsaufsicht, oft durch die jeweils zuständigen Landeswirtschaftsministerien. Der DIHK handelt auf Grundlage seiner Satzung und der Geschäftsordnung insbesondere in den Bereichen der politischen Interessenvertretung auf nationaler und europäischer Ebene sowie als Koordinations- und Dienstleistungsorgan für die IHKs. Rechtlich bindend für die IHKs werden die Beschlüsse und Stellungnahmen des DIHK grundsätzlich nicht, außer sie erfolgen auf ausdrücklicher Grundlage entsprechender Beschlusslagen der IHKs oder im Rahmen konsentierter Mandatierung. Für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch die IHKs selbst ist allein jede IHK verantwortlich.

Unterliegt der DIHK als Verein dem Vereinsrecht oder gelten für ihn Sondervorschriften?

Der DIHK unterliegt primär den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum eingetragenen Verein gemäß §§ 21 ff. BGB. Allerdings unterscheiden sich seine Aufgaben und seine faktische Stellung durch die besondere Verbindung zu den IHKs und deren öffentlichen Auftrag. Während die Satzung und die Geschäftsordnung des DIHK vereinsrechtlich geregelt sind, werden Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Interessen der deutschen Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit stehen, teils in Sonderregelungen, etwa im IHK-Gesetz (IHKG), berücksichtigt. Gleichwohl bleibt der Verein grundsätzlich dem Vereinsrecht unterworfen; Veränderungen zugunsten typischer „Kammerfunktionen“ finden keine direkte Anwendung, da dem DIHK selbst keine hoheitlichen Befugnisse zukommen. Seine Tätigkeiten bewegen sich fast ausschließlich im privatrechtlichen Raum und schließen hoheitliche Maßnahmen aus.

Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für die Mitgliedschaft der IHKs im DIHK?

Die Mitgliedschaft der einzelnen Industrie- und Handelskammern im DIHK ist in seiner Satzung geregelt. Sie setzt voraus, dass die betreffende IHK als Körperschaft des öffentlichen Rechts besteht und auf Grundlage des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) tätig ist. Die Mitgliedschaft ist in der Praxis obligatorisch, um eine einheitliche Interessenvertretung zu gewährleisten, jedoch nicht gesetzlich verpflichtend. Formal erfolgt der Eintritt durch Beschluss des jeweiligen IHK-Gremiums nach Maßgabe der Satzung des DIHK. Die Beendigung der Mitgliedschaft ist im Vereinsrecht (§ 39 BGB) zwar vorgesehen, in der Praxis jedoch wenig relevant, da die Funktionsausübung der IHKs im Gesamtgefüge der deutschen Wirtschaft ohne Beteiligung am DIHK stark eingeschränkt wäre. Die Pflichten der Mitglieder ergeben sich aus der Satzung und beinhalten insbesondere die Beitragszahlung und die Mitwirkung an der Willensbildung.

Welche rechtlichen Bindungen bestehen hinsichtlich der Finanzierung und der Mittelverwendung des DIHK?

Die Finanzierung des DIHK erfolgt aus den Beiträgen der Mitgliedskammern sowie aus sonstigen Einnahmen, die aus Dienstleistungsangeboten und Veranstaltungen resultieren können. Rechtlich ist der DIHK verpflichtet, die Mittel ausschließlich im Rahmen seiner satzungsgemäßen Zwecke zu verwenden (§ 55 AO analog als gemeinnützige Anforderung, sofern steuerliche Gemeinnützigkeit beantragt wird). Die Höhe der Beiträge und deren Verteilung auf die einzelnen IHKs wird in der Satzung oder in verbindlichen Umlageordnungen geregelt und orientiert sich häufig an der Wirtschaftskraft der jeweiligen IHK-Bezirke. Die Mittelverwendung unterliegt interner Kontrolle (z.B. durch Rechnungsprüfer) und der Mitgliederversammlung, die jährlich entlastet. Externe öffentliche Kontrolle besteht für den DIHK als privatrechtlichen Verein nicht; Prüfungen ergeben sich aber aus steuerlichen Vorschriften und vereinsrechtlichen Regelungen.

Inwieweit unterliegt der DIHK der Kontrolle durch staatliche Stellen?

Der DIHK als eingetragener Verein unterliegt nicht der unmittelbaren staatlichen Aufsicht, wie dies für Körperschaften des öffentlichen Rechts vorgesehen ist. Seine rechtsgeschäftliche Tätigkeit kontrollieren die Mitgliederversammlung, interne Gremien sowie der Vereinsregisterrichter im Rahmen der Eintragungsvoraussetzungen (§§ 55 BGB, Vereinsregister). Dennoch steht der DIHK durch die enge Zusammenarbeit mit den IHKs, die als öffentliche Körperschaften einer staatlichen Rechtsaufsicht unterstehen, indirekt unter Beobachtung im Hinblick auf seine Aufgabenwahrnehmung. Sollte die Grenze zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben überschritten werden, können staatliche Stellen mittels Weisung oder Beanstandung einschreiten, wie es beispielsweise nach kritischen Auseinandersetzungen bezüglich politischer Aktivitäten des DIHK schon vorgekommen ist (siehe Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2020).

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil zur politischen Betätigung des DIHK?

Das Bundesverwaltungsgericht hat 2020 (Az. 8 C 23.19) klargestellt, dass der DIHK als Dachorganisation der IHKs zwar im Namen und Auftrag seiner Mitglieder tätig werden kann, seine Äußerungen und Handlungen jedoch durch den gesetzlich vorgegebenen Aufgabenrahmen der IHKs begrenzt sind. Politische Betätigungen, die über den gesetzlichen Auftrag zur wirtschaftlichen Interessenvertretung hinausgehen, sind als Rechtsverstoß zu werten. Auf Beschwerde eines IHK-Mitglieds kann sogar eine einzelne IHK verpflichtet werden, ihre DIHK-Mitgliedschaft zu beenden, sollte der DIHK dauerhaft gravierende Überschreitungen begehen. Damit wurde die Haftungskette für rechtswidriges Handeln des DIHK gestärkt und eine Möglichkeit geschaffen, über vereins- und verwaltungsrechtliche Schritte eine Pflicht zur Trennung herbeizuführen.

Wie ist das Verhältnis des DIHK zu internationalen Institutionen im rechtlichen Kontext ausgestaltet?

Rechtlich besitzt der DIHK keine unmittelbare völkerrechtliche Stellung. Seine Aktivitäten auf europäischer und internationaler Ebene – etwa bei der Europäischen Union oder bei der International Chamber of Commerce – erfolgen stets auf Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen und Mitgliedschaften. Er tritt als Interessenvertreter der deutschen gewerblichen Wirtschaft auf, nimmt aber keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Die rechtliche Grundlage bildet dabei die Befugnis, nach der Satzung internationale Kontakte zu pflegen, Kooperationsvereinbarungen zu schließen und ggf. Mitgliedschaften bei internationalen Wirtschaftsorganisationen einzugehen. Rechtliche Bindungen entstehen allein aus diesen abgeschlossenen Verträgen und aus der Verantwortung gegenüber den eigenen Mitgliedsorganisationen. Verpflichtende völkerrechtliche Bindungen gehen daraus nicht hervor.