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Deutscher Gemeindetag


Deutscher Gemeindetag

Begriff und rechtliche Einordnung

Der Deutsche Gemeindetag (DStGB) ist ein kommunaler Spitzenverband auf Bundesebene, der die Interessen der Städte und Gemeinden in Deutschland gegenüber Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat, Europäischer Union sowie anderen öffentlichen und privaten Institutionen vertritt. Die Organisation ist als Körperschaft des privaten Rechts ausgestaltet, agiert jedoch im Zusammenspiel mit zahlreichen anderen kommunalen Verbänden und nimmt eine zentrale Rolle im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland ein.

Rechtsgrundlagen und Struktur

Rechtsform und Organe

Der Deutsche Gemeindetag ist ein eingetragener Verein (e.V.) im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Seine Tätigkeit basiert auf einer Satzung, deren Verabschiedung und Änderungen durch die Mitgliedsverbände erfolgt. Die Organe des DStGB sind grundsätzlich:

  • Hauptversammlung (oberstes Beschlussorgan)
  • Präsidium
  • Hauptausschuss
  • Geschäftsführung

Diese Strukturen gewährleisten weitgehende demokratische Mitwirkung aller Mitgliedsverbände auf Bundesebene bei der Meinungsbildung und Interessenvertretung.

Mitgliedschaft und Zusammenschluss

Mitglied im Deutschen Gemeindetag können Landesverbände der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände werden. Damit repräsentiert der Verband mittelbar über 11.000 Städte und Gemeinden in allen 16 Bundesländern. Einzelmitgliedschaften von Städten oder Gemeinden sind nicht vorgesehen; die Interessenvermittlung erfolgt ausschließlich über die jeweiligen kommunalen Landesverbände als Kollektivmitglieder.

Aufgaben und Funktionen

Vertretung kommunaler Interessen

Die primäre Aufgabe des DStGB besteht in der umfassenden Vertretung der Interessen der Kommunen bei der Gesetzgebung und Verwaltung auf Bundes- und EU-Ebene. Dazu gehört die Beteiligung an Anhörungen, das Einbringen von Stellungnahmen, Initiativen und Vorschlägen sowie die Führung des Dialogs mit Parlament, Exekutive, Wirtschaft und anderen Verbänden.

Normsetzungsverfahren und Einflussnahme

Der Deutsche Gemeindetag hat im Rahmen der Gesetzgebung auf Bundesebene das Recht, zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, die die kommunale Selbstverwaltung oder die Interessen der Kommunen berühren, Stellung zu nehmen. Die Mitwirkung erfolgt insbesondere bei Gesetzen aus folgenden Bereichen:

  • Kommunalrecht
  • Haushalts- und Finanzrecht
  • Bau-, Planungs- und Umweltrecht
  • Öffentlicher Personennahverkehr
  • Sozial- und Ordnungsrecht

Der DStGB wird von föderalen Stellen regelmäßig im Rahmen formeller Beteiligungsverfahren oder im Wege informeller Abstimmungen konsultiert. Die Einflussmöglichkeiten sind dabei maßgeblich von der jeweiligen politischen Konstellation und der Relevanz des Sachverhalts für die Kommunen abhängig.

Deutscher Gemeindetag im Kontext des Grundgesetzes und Föderalismus

Kommunale Selbstverwaltung nach dem Grundgesetz

Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) garantiert den Städten und Gemeinden das Recht auf Selbstverwaltung in allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Der Deutsche Gemeindetag versteht sich als Instrument zur kollektiven Wahrnehmung und Durchsetzung dieses Grundrechts auf Bundes- und europäischer Ebene. Hierzu stellt er die Kommunikation und Koordination zwischen den Kommunen sowie mit Bund, Ländern und internationalen Organisationen sicher.

Bund-Länder-Kommunen: Austausch und Kooperation

Der DStGB ist im föderalen System insbesondere Bindeglied zwischen kommunaler Ebene und Bund. Auch gegenüber den Ländern stimmt er sich mit den weiteren kommunalen Spitzenverbänden, beispielsweise dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag, ab, um gemeinsam die Interessen der Kommunen zu vertreten und verschiedene Positionen zu bündeln. Dies geschieht vor allem in Gremien wie der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene.

Finanzierung und rechtliche Kontrolle

Beiträge und Finanzierung

Finanziert wird der Deutsche Gemeindetag vorwiegend durch Mitgliedsbeiträge der angeschlossenen Landesverbände. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach der Einwohnerzahl der kreisangehörigen und kreisfreien Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände, die durch die Landesverbände vertreten werden.

Aufsicht und Rechenschaft

Als eingetragener Verein unterliegt der DStGB den Bestimmungen des BGB und damit den Regelungen über Vereinsführung, Rechnungslegung und Satzungsänderungen. Darüber hinaus bestehen Informationspflichten gegenüber den Mitgliedern sowie Pflicht zur Berichterstattung und Offenlegung relevanter Beschlüsse.

Verhältnis zu anderen kommunalen Spitzenverbänden

Neben dem Deutschen Gemeindetag bestehen mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag weitere bedeutende Interessenvertretungen auf kommunaler Ebene. Die Abgrenzung erfolgt nach dem Vertretungsfokus: Während der Gemeindetag vornehmlich kleinere und mittlere Städte sowie Gemeinden (einschließlich vieler kreisangehöriger Gemeinden) vertritt, obliegt dem Städtetag die Repräsentanz der kreisfreien Städte, und dem Landkreistag die der Landkreise.

Mitwirkung in nationalen und europäischen Gremien

Der Deutsche Gemeindetag ist in zahlreichen nationalen und europäischen Arbeitsgruppen, Ausschüssen und Vereinigungen (z.B. Rat der Gemeinden und Regionen Europas – RGRE) vertreten und nimmt Einfluss auf die Entwicklung von Richtlinien und Gesetzen. Die Europäische Integration und die EU-Politik werden somit unter Berücksichtigung kommunaler Belange gestaltet, indem der Gemeindetag auf eine Berücksichtigung der lokalen Selbstverwaltung achtet.

Bedeutung und Auswirkungen auf die kommunale Rechtsentwicklung

Die durch den DStGB organisierte gemeinsame Interessenvertretung führt häufig zu einer stärkeren Berücksichtigung kommunaler Anliegen im Bundesrecht. Dies ist besonders in den Bereichen Kommunalfinanzen, kommunale Planungshoheit und Daseinsvorsorge (z.B. Abfallwirtschaft, Wasserversorgung, öffentlicher Nahverkehr) von erheblicher Bedeutung.

Zusammenfassung

Der Deutsche Gemeindetag ist ein zentraler, rechtsfähiger Verband der kommunalen Ebene in Deutschland. Auf Grundlage seiner Satzung vertritt er im politischen System der Bundesrepublik die Interessen der Städte und Gemeinden auf Bundes- und EU-Ebene. Er trägt zur Wahrung und Fortentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 GG bei und wirkt maßgeblich bei anstehenden Gesetzgebungsverfahren sowie bei der Abstimmung über die Praxisrelevanz neuer Regelungen für die Gemeinden mit.

Siehe auch

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 28 GG)
  • Kommunale Spitzenverbände in Deutschland
  • Deutscher Städtetag
  • Deutscher Landkreistag

Literatur

  • Satzung des Deutschen Gemeindetages (abrufbar über die Website des DStGB)
  • Kommentar zum Kommunalverfassungsrecht (verschiedene Herausgeber)
  • Kommunalrechtliche Grundlagenwerke

Häufig gestellte Fragen

Was ist die rechtliche Grundlage des Deutschen Gemeindetags?

Die rechtliche Grundlage des Deutschen Gemeindetags (DStGB) ergibt sich primär aus dem Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere den Vorschriften über eingetragene Vereine (§§ 21 ff. BGB). Der DStGB ist ein freiwilliger Zusammenschluss kommunaler Spitzenverbände auf Bundesebene und besitzt die Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.). Als Dachverband unterliegt er damit der Satzungsautonomie, wonach die innere Organisation, die Mitgliedschaft, die Aufgaben und die Willensbildung durch eine von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzung geregelt werden. Ferner sind die Aktivitäten und Aufgaben des DStGB nicht hoheitlicher, sondern verbandspolitischer Natur. Eine öffentlich-rechtliche Anerkennung oder spezielle gesetzliche Grundlage existiert auf Bundesebene für seine Arbeit nicht, jedoch besitzen die Mitgliedsverbände oft ihrerseits hoheitliche Aufgaben nach den jeweiligen Gemeindeordnungen der Länder. Der DStGB agiert als Interessenvertretung im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten kommunalen Selbstverwaltung und ist gemäß Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) im Hinblick auf die Wahrung der kommunalen Rechte von besonderer Bedeutung.

Welche rechtliche Stellung nimmt der Deutsche Gemeindetag im Verhältnis zu Bund, Ländern und anderen Kommunalverbänden ein?

Der Deutsche Gemeindetag nimmt als freiwilliger Zusammenschluss die Rolle eines Spitzenverbands der Kommunalen Selbstverwaltung ein und vertritt die Interessen seiner Mitglieder auf Bundesebene. Rechtlich gesehen besitzt er keinen Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, weshalb seine Stellung gegenüber Bund und Ländern rein repräsentativ bzw. beratend ist, insbesondere im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren, Anhörungen oder anderen Beteiligungsverfahren. Häufig wird dem DStGB ein Anhörungsrecht eingeräumt, etwa bei Vorhaben, welche Kommunen berühren, jedoch ist die Berücksichtigung seiner Stellungnahmen für Gesetzgeber oder Exekutive rechtlich nicht bindend. Im föderalen Staatsaufbau ist er eine wichtige Schnittstelle zwischen kommunaler und staatlicher Ebene, übernimmt aber keine ordnungsmäßigen Verwaltungsaufgaben. Im Verhältnis zu anderen Kommunalverbänden agiert der DStGB in Koordination oder Abgrenzung, abhängig vom jeweiligen Themenfeld, wobei Kooperationen durch rechtlich unverbindliche Kooperationsvereinbarungen geregelt werden.

Welche Aufgaben und Befugnisse besitzt der Deutsche Gemeindetag auf rechtlicher Grundlage?

Die Aufgaben des Deutschen Gemeindetags ergeben sich aus seiner Satzung und erschöpfen sich in einer Interessenwahrnehmung und -vertretung für die kommunalen Mitglieder auf Bundesebene. Dies umfasst im rechtlichen Sinne insbesondere die Beratung der Mitglieder in kommunalrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Fragen, die Vertretung der gemeindlichen Interessen bei Bund, Ländern, europäischen Institutionen sowie gegenüber sonstigen öffentlichen oder privaten Stellen. Weiterhin besitzt er das Recht, Stellungnahmen abzugeben, Expertisen zu verfassen und sich zu Gesetzgebungsvorhaben zu äußern. Befugnisse im eigentlichen Sinne, d.h. hoheitliche Befugnisse oder das Recht, verbindliche Anordnungen für seine Mitglieder zu treffen, bestehen nicht, abgesehen von vereinsinternen Regelungen gemäß Satzung (etwa Beitragsfestsetzung, Ordnungsmaßnahmen etc.). Die Mitwirkung in Kommissionen, Beiräten, Arbeitsgruppen oder Anhörungen stellt ausschließlich eine beratende Tätigkeit dar.

Inwieweit ist der Deutsche Gemeindetag gegenüber seinen Mitgliedern rechtlich weisungsbefugt?

Der Deutsche Gemeindetag ist gegenüber seinen Mitgliedern ausschließlich auf Grundlage seiner Satzung und der darin kodifizierten Vereinsregeln weisungsbefugt. Im Unterschied zu Körperschaften des öffentlichen Rechts fehlen ihm hoheitliche Weisungsrechte; er kann also keine rechtlich bindenden Anordnungen mit Außenwirkung erlassen. Die Mitglieder sind ihm gegenüber freiwillig beigetreten und unterliegen lediglich den internen Weisungen, Beschlüssen oder Beitragsfestsetzungen, die von den Organen des DStGB (z.B. Hauptversammlung, Präsidium) beschlossen wurden. Diese internen Beschlüsse sind privatrechtlicher Natur und entfalten Wirkung lediglich im Innenverhältnis. Sie begründen keine Rechte oder Pflichten Dritter und sind im Zweifel nach dem Vereinsrecht gerichtlich überprüfbar.

Welche rechtliche Bedeutung haben Stellungnahmen und Empfehlungen des Deutschen Gemeindetags?

Stellungnahmen und Empfehlungen des Deutschen Gemeindetags besitzen keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit, sondern stellen fachliche Einschätzungen und Interessenäußerungen dar. Sie werden in Entscheidungsprozessen von Bund, Ländern oder europäischen Institutionen insbesondere bei Gesetzgebungsverfahren im Sinne des Beteiligungsgebots nach § 47 Abs. 3 GO BT (Geschäftsordnung des Bundestags) einbezogen, erlangen dadurch jedoch allenfalls beratende Qualität. Die Adressaten, wie Parlamente oder Ministerien, sind zur tatsächlichen Umsetzung nicht verpflichtet. Innerhalb der Mitgliedskommunen können Empfehlungen des DStGB Orientierungswirkung entfalten und die Verwaltungspraxis beeinflussen, rechtliche Bindungswirkung im Sinne einer unmittelbaren Regelungsautorität wird durch diese Schriftstücke jedoch nicht begründet.

Unterliegt der Deutsche Gemeindetag der staatlichen Aufsicht?

Als privatrechtlicher eingetragener Verein unterliegt der Deutsche Gemeindetag keiner speziellen öffentlichen Rechtsaufsicht, wie sie für Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt. Die Kontrolle beschränkt sich auf die allgemeinen Regelungen des Vereinsrechts, insbesondere die Überwachung durch die zuständigen Registergerichte hinsichtlich der Einhaltung der Satzung und des gesetzlichen Rahmens. Straf- oder zivilrechtliche Kontrolle bleibt unberührt, eine kommunalaufsichtliche oder ministerielle Überwachung existiert hingegen nicht. Einzige Ausnahmen könnten sich aus speziellen Förderverhältnissen ergeben, indem sich aus einem Zuwendungsbescheid Kontrollrechte für staatliche Stellen ergeben, diese bleiben jedoch auf den jeweiligen Einzelfall beschränkt.