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Deutscher Gemeindetag

Deutscher Gemeindetag – Begriff, Einordnung und rechtlicher Kontext

Der Ausdruck „Deutscher Gemeindetag“ wird im heutigen Sprachgebrauch unterschiedlich verwendet. Rechtlich präzise bezeichnet er keine aktuell bestehende Spitzenorganisation der Kommunen auf Bundesebene. Historisch stand die Bezeichnung für eine reichsweite Einheitsorganisation der Gemeinden in der Zeit des Nationalsozialismus. Heute ist der Begriff gelegentlich als Sammelbezeichnung gebräuchlich, wenn eigentlich die kommunalen Spitzenverbände oder insbesondere der Deutsche Städte- und Gemeindebund gemeint sind. Der folgende Beitrag ordnet den Begriff ein, erläutert seine historische Prägung und erklärt die rechtliche Stellung und Arbeitsweise der maßgeblichen kommunalen Verbandsstrukturen in Deutschland.

Heutiger Sprachgebrauch und mögliche Verwechslungen

Im aktuellen Staats- und Verwaltungsgefüge gibt es auf Bundesebene drei anerkannte kommunale Spitzenverbände: den Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), den Deutschen Städtetag und den Deutschen Landkreistag. Einen Verband mit dem Namen „Deutscher Gemeindetag“ gibt es heute nicht. Auf Landesebene tragen mehrere kommunale Landesverbände den Namen „Gemeindetag“ (z. B. Gemeindetag Baden-Württemberg, Bayerischer Gemeindetag). Die umgangssprachliche Nutzung des Begriffs kann deshalb zu Verwechslungen führen.

Historischer Hintergrund des Begriffs

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde unter der Bezeichnung „Deutscher Gemeindetag“ eine reichsweite Organisation geschaffen, die die kommunale Ebene gleichschalten sollte. Diese Einheitsstruktur wurde nach 1945 aufgelöst. In der Bundesrepublik entwickelten sich die heute bekannten Spitzenverbände der Kommunen wieder plural aufgebaut und organisatorisch unabhängig. Die historische Bezeichnung „Deutscher Gemeindetag“ ist daher in erster Linie zeithistorisch zu verstehen und wird rechtlich nicht für die gegenwärtigen Verbandsstrukturen verwendet.

Rechtliche Stellung und Aufgaben kommunaler Spitzenverbände

Die kommunalen Spitzenverbände sind Zusammenschlüsse von Gemeinden, Städten und Landkreisen (regelmäßig über ihre Landesverbände). Sie sind in der Regel privatrechtlich organisiert. Ihre Tätigkeit zielt auf die Wahrung und Förderung der Interessen der kommunalen Selbstverwaltung gegenüber Bund, Ländern und der Europäischen Union.

Keine hoheitlichen Befugnisse

Die Spitzenverbände sind keine Behörden. Sie üben keine hoheitlichen Befugnisse aus und erlassen keine verbindlichen Rechtsnormen. Beschlüsse oder Empfehlungen der Verbände entfalten keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Kommunen oder Bürgerinnen und Bürgern; sie wirken als Koordination, Orientierung und Interessenbündelung.

Interessenvertretung gegenüber Bund, Ländern und EU

Zentrale Aufgabe ist die rechtlich nicht hoheitliche, aber institutionell anerkannte Interessenvertretung. Dazu gehören Stellungnahmen zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, die Mitarbeit in Arbeits- und Beratungsgremien, die Erarbeitung von Positionen zu finanzverfassungsrechtlichen, haushaltsrechtlichen und verwaltungsorganisatorischen Fragen sowie die Vertretung kommunaler Belange auf europäischer Ebene.

Mitwirkung in Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahren

Die kommunalen Spitzenverbände werden regelmäßig in Anhörungen der Parlamente und Regierungen auf Bundes- und Landesebene einbezogen. Sie wirken in Fachgremien und Kommissionen mit, in denen staatliche Stellen, Verbände und weitere Beteiligte zusammenarbeiten. Ihre Beteiligung ist auf Beratung und Stellungnahme beschränkt; Entscheidungsbefugnisse verbleiben bei den staatlichen Organen.

Tarif- und Arbeitgeberfragen

Arbeits- und tarifrechtliche Belange der Kommunen werden auf Arbeitgeberseite maßgeblich durch die kommunalen Arbeitgeberverbände gebündelt. Die Spitzenverbände koordinieren Positionen und begleiten Verfahren, führen selbst jedoch keine Tarifverhandlungen mit unmittelbarer Bindungswirkung. Die kommunalen Arbeitgeberverbände sind hierfür die zuständigen Akteure.

Organisation, Mitgliedschaft und Arbeitsweise

Mitglied sind regelmäßig die kommunalen Landesverbände oder direkt Kommunen, je nach Verband. Die Arbeitsweise stützt sich auf Satzungen, interne Gremien (Präsidium, Hauptausschuss, Fachausschüsse) und Geschäftsstellen. Auf Bundesebene unterhalten die Verbände Vertretungen in Berlin und Brüssel. Auf Landesebene agieren die Landesverbände als Bindeglied zwischen Kommunen und Landesregierungen.

Kommunale Spitzenverbände als Verbundstruktur

Die drei Spitzenverbände decken unterschiedliche Mitgliedsgruppen ab: Städte und Gemeinden (DStGB), kreisfreie und größere Städte (Deutscher Städtetag) sowie Landkreise (Deutscher Landkreistag). Zwischen ihnen besteht eine abgestimmte Zusammenarbeit, insbesondere bei Querschnittsthemen wie Finanzausgleich, Daseinsvorsorge, Digitalisierung, Planung und Infrastruktur.

Finanzierung und Transparenz

Die Finanzierung erfolgt überwiegend durch Mitgliedsbeiträge der Kommunen beziehungsweise ihrer Landesverbände. Hinzu kommen Erlöse aus Veröffentlichungen, Veranstaltungen und projektbezogenen Kooperationen. Zur Transparenz tragen öffentliche Stellungnahmen, Berichte, Registereinträge zur Interessenvertretung und die Veröffentlichung organisatorischer Informationen bei.

Bedeutung für die kommunale Selbstverwaltung

Die Verbände tragen zur Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung bei, indem sie Belange der Städte, Gemeinden und Landkreise bündeln und in politische Entscheidungsprozesse einbringen. Sie unterstützen die überörtliche Koordination kommunaler Aufgaben und fördern den Austausch von Verwaltungspraxis und Standards, ohne selbst normsetzende Gewalt auszuüben.

Abgrenzung zu ähnlichen Institutionen

Deutscher Städte- und Gemeindebund

Bundesweiter Spitzenverband für Städte und Gemeinden aller Größen, insbesondere für Gemeinden und kleinere bis mittlere Städte. Er vertritt ihre Interessen gegenüber Bund, Ländern und EU.

Deutscher Städtetag

Bundesweiter Spitzenverband vor allem für kreisfreie und größere Städte. Er konzentriert sich auf Themen großer kommunaler Zentren und deren Verwaltungsstrukturen.

Deutscher Landkreistag

Bundesweiter Spitzenverband der Landkreise. Schwerpunkte sind Aufgaben der Kreisebene, etwa überörtliche Daseinsvorsorge und Verwaltung für kreisangehörige Gemeinden.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet der Begriff „Deutscher Gemeindetag“ heute?

Der Begriff ist heute keine Bezeichnung für einen bestehenden Bundesverband. Er wird umgangssprachlich teils als Sammelbegriff für die kommunalen Spitzenverbände genutzt, fachlich präzise sind jedoch die Namen der einzelnen Verbände zu verwenden.

Gibt es aktuell einen Verband mit dem Namen „Deutscher Gemeindetag“?

Nein. Auf Bundesebene existiert kein Spitzenverband mit dieser Bezeichnung. Maßgeblich sind der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Landkreistag. Auf Landesebene heißen einige Verbände „Gemeindetag“.

Welche rechtliche Stellung haben die kommunalen Spitzenverbände?

Es handelt sich um privatrechtlich organisierte Zusammenschlüsse der kommunalen Ebene. Sie sind keine Behörden, erlassen keine Rechtsnormen und handeln nicht mit hoheitlicher Gewalt. Ihre Stellung gründet sich auf Satzungen und anerkannte Mitwirkungs- und Anhörungsformate.

Sind Stellungnahmen oder Beschlüsse der Verbände für Kommunen verbindlich?

Nein. Stellungnahmen und Beschlüsse haben orientierenden und koordinierenden Charakter. Verbindlichkeit entsteht erst durch staatliche Rechtsakte oder durch innerkommunale Entscheidungen im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten.

Wie wirken die Verbände an Gesetzgebungsverfahren mit?

Sie werden regelmäßig angehört, geben Stellungnahmen ab und arbeiten in Gremien mit. Diese Mitwirkung ist beratend; die Entscheidung über Gesetze und Verordnungen bleibt staatlichen Organen vorbehalten.

Wie finanzieren sich die Verbände?

Wesentlich über Mitgliedsbeiträge der Kommunen beziehungsweise ihrer Landesverbände, ergänzt um Einnahmen aus Veröffentlichungen, Veranstaltungen und projektbezogenen Kooperationen.

Welche Rolle spielt die europäische Ebene?

Die Verbände vertreten kommunale Interessen auch in Brüssel, beobachten EU‑Rechtsentwicklungen und bringen kommunale Positionen in Konsultationen und Netzwerke ein.

Worin unterscheidet sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund vom Deutschen Städtetag?

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund vertritt Städte und Gemeinden aller Größen, insbesondere kleinere und mittlere Kommunen. Der Deutsche Städtetag fokussiert sich auf kreisfreie und größere Städte.