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Desertion

Begriff und rechtliche Einordnung der Desertion

Desertion bezeichnet das unbefugte und endgültig gemeinte Entfernen eines militärischen Angehörigen von seiner Einheit, seinem Dienstposten oder seiner Verpflichtung, um den Militärdienst dauerhaft zu entziehen. Der Kern ist die Absicht, nicht mehr zurückzukehren. Damit grenzt sich Desertion vom bloß vorübergehenden Fernbleiben ab, bei dem eine Rückkehr beabsichtigt ist.

Rechtlich wird Desertion in vielen Staaten als eigenständige Straftat erfasst. Sie richtet sich ausschließlich an Personen in einem militärischen Dienstverhältnis oder an solche, die kraft gesetzlicher Verpflichtung zum Dienst herangezogen sind. In Friedenszeiten und in Kriegs- oder Spannungszeiten kann die Bewertung deutlich voneinander abweichen; letztere gilt vielfach als besonders schwerwiegend.

Abgrenzungen zu verwandten Pflichtverstößen

Unerlaubtes Entfernen von der Truppe

Das unerlaubte Entfernen liegt vor, wenn sich ein Militärangehöriger ohne Genehmigung von seiner Einheit entfernt, aber keine dauerhafte Lossagung vom Dienst beabsichtigt. Fehlzeiten, die nur kurzfristig andauern, werden in vielen Rechtsordnungen disziplinarisch oder milder bestraft als Desertion. Entscheidend ist die Dauer und die erkennbare Rückkehrabsicht.

Befehlsverweigerung

Befehlsverweigerung ist die gezielte Nichtbefolgung eines dienstlichen Befehls. Sie betrifft die Gehorsamspflicht, ohne zwingend die Bindung an den Dienst als Ganzes aufzugeben. Desertion kann Befehlsverweigerung einschließen, muss es jedoch nicht.

Kriegsdienstverweigerung und Dienstpflicht

Die Kriegsdienstverweigerung beruht auf Gewissensentscheidungen vor oder zu Beginn der Dienstpflicht. Sie ist in manchen Staaten geregelt und kann alternative Dienste vorsehen. Desertion setzt hingegen ein bestehendes Dienstverhältnis voraus und zielt auf dessen dauerhafte Umgehung.

Erscheinungsformen und typische Merkmale

Dauer und Absicht

Für Desertion ist maßgeblich, dass das Fernbleiben als endgültig zu verstehen ist oder eine erhebliche Dauer erreicht. Die Absicht, sich dem Dienst dauerhaft zu entziehen, kann aus Umständen abgeleitet werden, etwa aus Vorbereitungshandlungen, Fluchtwegen oder Verschleierungsmaßnahmen.

Zeitpunkt und Kontext

Die Bewertung hängt stark vom Kontext ab. In Kriegs- oder Spannungszeiten werden strenge Maßstäbe angelegt, da die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte unmittelbar betroffen ist. In Friedenszeiten fallen Sanktionen häufig milder aus.

Nichtantritt und Entfernen

Desertion kann sowohl durch das Nichterscheinen zum Dienst (Nichtantritt) als auch durch das eigenmächtige Verlassen der Einheit verwirklicht werden. Ebenso zählt das unbegründete Ausbleiben nach einem Urlaub oder einer Freistellung, sofern die dauerhafte Entziehung erkennbar ist.

Begleithandlungen

Begleitende Handlungen wie Urkundenfälschungen, Diebstähle oder Grenzübertritte können gesondert geahndet werden und die Gesamtsanktion erhöhen.

Rechtsfolgen und Sanktionen

Strafrechtliche Folgen

Desertion kann mit Freiheitsstrafe belegt sein; deren Höhe richtet sich nach Schwere, Dauer und Kontext. In manchen Systemen sind Strafrahmen für Kriegszeiten verschärft. Die verhängten Strafen sollen Abschreckung und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sichern.

Disziplinarmaßnahmen

Neben oder statt einer strafrechtlichen Verfolgung können disziplinare Folgen eintreten, etwa Degradierungen, Aberkennungen von Ansprüchen oder Entlassungen aus dem Dienst.

Erschwerungs- und Milderungsgründe

Erschwerend wirken etwa das Desertieren im Einsatz, die Mitnahme von Ausrüstung, das Anstiften anderer oder die Flucht in Feindesgebiet. Mildernd können wirken: kurze Dauer, freiwillige Rückkehr, belastende persönliche Umstände, Fehlinformationen oder Gefahrenlagen.

Versuch, Teilnahme und Beihilfe

Der Versuch der Desertion, Anstiftung oder Hilfeleistungen können erfasst sein. Auch kollektive Desertionen werden regelmäßig individuell bewertet.

Rückkehr und Selbststellung

Die freiwillige Rückkehr oder die Selbststellung bei einer Dienststelle wird häufig strafmildernd berücksichtigt. In einzelnen Konstellationen kann dies zu einer vorrangig disziplinaren Behandlung führen.

Verjährung und Tilgung

Desertion unterliegt in vielen Ländern der Verjährung, deren Fristen sich nach der Strafhöhe und dem Kontext richten und in Kriegszeiten verlängert sein können. Nach Rechtskraft greifen mitunter Tilgungsfristen, die Eintragungen nach bestimmten Zeiträumen löschen.

Verfahren und Beweisfragen

Zuständigkeiten

Je nach Land sind Militärgerichte, besondere Kammern oder ordentliche Gerichte zuständig. Die Zuständigkeit kann davon abhängen, ob ein Auslandseinsatz, Kriegsrecht oder Friedensrecht gilt.

Beweismittel

Typische Beweise sind Dienstpläne, Melderegister, Zeugenberichte, Kommunikationsdaten, Bewegungsprofile sowie aufgefundene Ausrüstung. Zentrale Beweisfrage ist die Rückkehrabsicht oder deren Fehlen.

Verfahrensgarantien

Wesentliche Garantien umfassen die Unschuldsvermutung, ein faires Verfahren, Verteidigungsrechte, die Prüfung der Beweislast sowie eine verhältnismäßige Sanktionierung. In einsatznahen Verfahren gelten häufig besondere organisatorische Abläufe.

Internationale und menschenrechtliche Dimensionen

Bewertung in internationalen Konflikten

In internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten beeinflusst das humanitäre Völkerrecht die Rahmenbedingungen militärischer Disziplin und die Behandlung von Deserteuren, insbesondere beim Umgang mit Gefangennahmen und Verfolgung.

Strafschärfe und menschenrechtliche Grenzen

Historisch reichten Sanktionen bis zur Todesstrafe; heute stehen menschenrechtliche Standards einer solchen Praxis weitgehend entgegen. Viele Staaten sehen keine Todesstrafe vor und beschränken Haftstrafen auf verhältnismäßige Grenzen.

Flüchtlings- und Asylbezug

Desertion kann in Einzelfällen Bedeutung im Flüchtlings- und Asylrecht erlangen, etwa wenn unverhältnismäßige Strafen drohen oder wenn die Verweigerung dazu dient, sich an völkerrechtswidrigen Handlungen nicht zu beteiligen. Entscheidend ist die individuelle Lage und die Rechtslage des Herkunftsstaates.

Desertion im Ländervergleich

Die Ausgestaltung variiert stark: Staaten mit Wehrpflicht kennen häufig spezifische Regeln zum Nichtantritt und zur Desertion; Berufsarmeen regeln Desertion innerhalb militärischer Dienstverhältnisse. Differenzen betreffen Definition, Strafrahmen, Zuständigkeiten und den Umgang in Kriegszeiten. In einigen Ländern wird stärker zwischen kurzfristigem Fernbleiben und endgültiger Lossagung differenziert; anderswo fallen bereits kürzere Abwesenheiten unter Desertion, wenn eine Entziehungsabsicht erkennbar ist.

Abgrenzung zu zivilen Sachverhalten

Ein zivilrechtliches Pendant zur Desertion existiert nicht. Vertragsbrüche in Arbeitsverhältnissen oder eigenmächtige Urlaube sind keine Desertion. Sie werden zivil- oder arbeitsrechtlich behandelt und berühren nicht die besonderen Dienstpflichten in einem militärischen Verhältnis.

Historische Entwicklung

Die Bewertung von Desertion war über Jahrhunderte streng und diente der Abschreckung. Moderne Rechtsordnungen setzen stärker auf abgestufte Sanktionen, verfahrensrechtliche Garantien und berücksichtigen persönliche Umstände. Die Tendenz geht zu klaren Abgrenzungen, verhältnismäßigen Strafen und international abgestimmten Standards.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man rechtlich unter Desertion?

Desertion ist das unbefugte, endgültig gemeinte Entfernen aus dem militärischen Dienst, um sich dauerhaft der Dienstpflicht zu entziehen. Maßgeblich ist die fehlende Rückkehrabsicht, die aus den Umständen abgeleitet wird.

Worin liegt der Unterschied zwischen Desertion und unerlaubtem Entfernen von der Truppe?

Unerlaubtes Entfernen ist regelmäßig vorübergehend und ohne dauerhafte Entziehungsabsicht; Desertion zielt auf eine endgültige Loslösung. Dauer und Begleitumstände sind für die Einordnung entscheidend.

Welche Folgen drohen bei Desertion in Friedens- und in Kriegszeiten?

In Friedenszeiten reichen die Folgen von Disziplinarmaßnahmen bis zu Freiheitsstrafen. In Kriegs- oder Spannungszeiten sind Sanktionen meist deutlich schärfer, da die Einsatzbereitschaft besonders geschützt wird.

Kann Desertion als Asylgrund anerkannt werden?

Desertion kann asylrechtlich relevant sein, wenn bei Rückkehr unverhältnismäßige Strafen oder Verfolgung drohen oder wenn die Verweigerung der Beteiligung an völkerrechtswidrigen Handlungen dient. Die Beurteilung hängt von der individuellen Situation und der Lage im Herkunftsstaat ab.

Verjährt Desertion?

In vielen Rechtsordnungen verjährt Desertion, wobei Fristen und Beginn der Verjährung variieren. In Kriegszeiten können längere oder unterbrochene Fristen gelten.

Spielt die freiwillige Rückkehr zur Einheit eine Rolle?

Die freiwillige Rückkehr oder Selbststellung kann mildernd berücksichtigt werden und in manchen Konstellationen zu geringeren Strafen oder zu vorrangig disziplinaren Maßnahmen führen.

Wer entscheidet über Verfahren wegen Desertion?

Je nach Rechtsordnung entscheiden Militärgerichte, besondere Spruchkörper oder ordentliche Gerichte. Maßgeblich sind Zuständigkeitsregeln, die zwischen Friedens- und Kriegszeiten differenzieren können.

Welche Umstände können die Bewertung der Desertion beeinflussen?

Einfluss haben unter anderem Einsatznähe, Dauer der Abwesenheit, Beweggründe, persönliche Notlagen, Anstiftung oder Beihilfe sowie begleitende Pflichtverstöße. Diese Faktoren können strafschärfend oder strafmildernd wirken.