Legal Lexikon

Delkredere


Begriff und Bedeutung des Delkredere

Der Begriff Delkredere bezeichnet im Rechtsverkehr die Übernahme eines bestimmten Zahlungs- oder Bonitätsrisikos durch eine dritte Partei. Der Begriff stammt aus dem Italienischen „del credere“ und bedeutet so viel wie „aus Glauben“ oder „auf Kredit“. Das Delkredere spielt insbesondere im Handelsrecht, im Versicherungswesen sowie im Factoring eine tragende Rolle und ist ein zentrales Element der Risikoverteilung im Rahmen von Handels- und Dienstleistungsverträgen.

Delkredere im Handelsrecht

Allgemeines zum Delkredere im Handelsrecht

Im Handelsrecht bezieht sich das Delkredere auf die vertragliche Haftungsübernahme eines Handelsvertreters für den Fall, dass ein vermittelter Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Das Delkredere stellt dabei eine zusätzliche Verpflichtung des Handelsvertreters gegenüber seinem Prinzipal (meist dem Unternehmer oder Hersteller) dar.

Gemäß § 92 HGB (Handelsgesetzbuch) ist der Handelsvertreter grundsätzlich nicht für die Erfüllung der von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte verantwortlich. Übernimmt der Handelsvertreter jedoch ein Delkredere, so verpflichtet er sich in Form einer eigenen Garantie zur Zahlung der Forderung, falls der Kunde ausfällt. Diese Vereinbarung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der ausdrücklichen Form.

Rechtsnatur des Delkredere

Das Delkredere ist ein eigenständiges, zusätzliches Rechtsgeschäft im Zusammenhang mit dem Handelsvertretervertrag und hat die rechtliche Qualität einer selbständigen Bürgschafts- oder Garantieerklärung. Es handelt sich nicht um eine Haftung für eigenes Verhalten, sondern für das Verhalten eines Dritten.

Entgelt und Provision

Für die Übernahme eines Delkredere erhält der Handelsvertreter in der Regel eine gesonderte, sogenannte Delkredere-Provision (§ 92 Abs. 2 HGB). Die Höhe dieser Vergütung ist frei verhandelbar und richtet sich nach dem Umfang des übernommenen Risikos.

Abgrenzung zur Bürgschaft

Das Delkredere weist Parallelen zur Bürgschaft (§ 765 ff. BGB) auf, unterscheidet sich jedoch insofern, als der Handelsvertreter nicht zugunsten eines Gläubigers haftet, sondern zugunsten des Prinzipals, mit dem er in direkter vertraglicher Beziehung steht. Das Delkredere ist damit rechtlich eigenständig und wird im Rahmen eines Handelsvertretervertrags separat vereinbart.

Delkredere in weiteren Rechtsgebieten

Delkredere im Versicherungsgeschäft

Im Rahmen des Kreditversicherungsrechts wird das Delkredere häufig mit der Übernahme des Kredit- bzw. Ausfallrisikos durch eine Versicherungsgesellschaft gleichgesetzt. Die Kreditversicherung übernimmt im Rahmen von Versicherungsverträgen das Delkredere-Risiko und ersetzt dem Versicherungsnehmer den finanziellen Ausfall, der durch die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung durch einen Dritten (z. B. den Abnehmer) entsteht.

Factoring und Delkredere

Beim Factoring spielt das Delkredere eine herausragende Bedeutung. Factoring-Unternehmen kaufen Forderungen von einem Unternehmen an und übernehmen oftmals (Full-Service-Factoring bzw. echtes Factoring) das Delkredere-Risiko vollständig. Sie tragen damit das Risiko eines Forderungsausfalls durch die Schuldner. Beim unechten Factoring hingegen bleibt das Ausfallrisiko beim Kreditgeber bzw. Factoring-Kunden, da das Delkredere von der Factoring-Gesellschaft nicht übernommen wird.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Normierung im HGB

Das Handelsgesetzbuch (HGB) regelt in § 92 das Delkredere ausdrücklich für den Bereich der Handelsvertreter. Diese Vorschrift bildet die zentrale gesetzliche Grundlage für sämtliche delkrederebezogenen Haftungsfragen im Handelsvertreterverhältnis. Wichtige Normen und Bezugspunkte sind:

  • § 92 Abs. 2 HGB: Übernahme des Delkredere durch den Handelsvertreter sowie dessen Anspruch auf eine besondere Provision.
  • § 92 Abs. 3 HGB: Im Falle eines Geschäftsabschlusses mit einem Dritten ergibt sich die Haftung aus dem Delkredere, nicht aus dem ursprünglichen Geschäftsverhältnis.

Vertragsgestaltung und Beweislast

Im Regelfall bedarf das Delkredere einer eindeutigen Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien. Im Streitfall trägt der Grundsatz der Vertragsfreiheit neben den gesetzlichen Vorschriften dazu bei, dass Umfang und Höhe der Haftungsübernahme individuell geregelt werden. Die Beweislast für das Zustandekommen und den Umfang der Delkrederevereinbarung trifft grundsätzlich denjenigen, der sich auf das Bestehen eines Delkredere beruft.

Delkredere im internationalen Kontext

Im internationalen Handelsverkehr ist das Delkredere insbesondere im Agentur- und Händlerrecht von Bedeutung. Beispiele für eine solche besondere Haftungsübernahme finden sich etwa im UN-Kaufrecht (CISG) jedoch ist das Delkredere dort nicht ausdrücklich normiert. Ähnliche Regelungen kennen zahlreiche andere Rechtsordnungen, insbesondere im angelsächsischen „Del Credere Agency“-Recht. Unterschiede bestehen meist im Umfang der Haftung, insbesondere hinsichtlich der verschuldeten oder unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit.

Risiken und Grenzen der Delkredere-Haftung

Haftungsumfang und Ausschlussgründe

Die Haftung aus Delkredere erstreckt sich in der Regel auf die vollständige Forderung, einschließlich Nebenforderungen. Sie gilt unabhängig davon, ob der Ausfall vom Schuldner verschuldet ist oder nicht (z. B. durch Insolvenz).

Jedoch sind bestimmte Situationen vom Haftungsregime ausgenommen, insbesondere wenn:

  • das Grundgeschäft aus anderen Gründen als Zahlungsunfähigkeit nichtig ist,
  • der Prinzipal selbst zur Zahlungsunfähigkeit des Dritten beigetragen hat,
  • Ansprüche aufgrund von Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind.

Delkredere und Insolvenz des Handelsvertreters

Im Fall der Insolvenz des Handelsvertreters fällt auch der Delkredereanspruch (z. B. Rückgriffsanspruch des Prinzipals) in die Insolvenzmasse. Maßgeblich ist nach wie vor die vertragliche Ausgestaltung des Delkredere, insbesondere hinsichtlich Fälligkeit, Umfang und Sicherheiten.

Bedeutung und Praxisrelevanz

Das Delkredere ist ein bedeutendes Instrument im Handelsverkehr zur Übertragung und Steuerung von Kredit- und Ausfallrisiken. Es ermöglicht Unternehmungen, neue Marktsegmente zu erschließen, ohne ein erhöhtes eigenes Kreditrisiko zu tragen. Gleichzeitig stellt es sicher, dass der Delkredere-Übernehmer durch entsprechende Provisionen für dieses Risiko kompensiert wird.

Zusammenfassung

Der Begriff Delkredere kennzeichnet die Verpflichtung einer dritten Partei, insbesondere im Handelsvertreterverhältnis, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Kunden zu übernehmen. Diese zusätzliche Haftungsübernahme ist rechtlich eigenständig geregelt, insbesondere im HGB, findet sich aber auch im Kreditversicherungsrecht und beim Factoring wieder. Sie spielt im modernen Wirtschaftsleben eine zentrale Rolle, um Zahlungs- und Ausfallrisiken optimal zu steuern. Eine sorgfältige vertragliche und rechtliche Gestaltung ist dabei unerlässlich, um Haftungsrisiken transparent und rechtssicher zu regeln.

Häufig gestellte Fragen

Wer trägt beim Delkredere im rechtlichen Kontext das Risiko eines Forderungsausfalls?

Im rechtlichen Kontext trägt der Delkredere-Übernehmer, in der Regel ein Handelsvertreter oder Kommissionär, das Risiko des Forderungsausfalls gegenüber dem Geschäftsherrn oder Auftraggeber. Dies bedeutet, dass er über die Vermittlung oder den Abschluss des Geschäfts hinaus für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners – des Käufers oder Kunden – einsteht und im Falle eines Zahlungsausfalls selbst die Erfüllung der Forderung übernehmen muss. Die Verpflichtung zum Delkredere muss dabei ausdrücklich vereinbart werden, da sie über die typischen Pflichten eines Handelsvertreters oder Kommissionärs hinausgeht. Ohne eine explizite Vereinbarung verbleibt das Risiko des Forderungsausfalls beim Geschäftsherrn. Das Delkredere sichert dem Auftraggeber somit eine zusätzliche Garantie für die Bezahlung der Leistung durch den Dritten.

In welchem Verhältnis steht das Delkredere zur Gewährleistung und Haftung im deutschen Handelsrecht?

Das Delkredere ist im deutschen Handelsrecht als eigenständige vertragliche Pflicht geregelt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Handelsvertreter- (§ 86 HGB) und Kommissionsrecht (§ 396 HGB). Es unterscheidet sich von der klassischen Gewährleistung, die sich auf Sach- oder Rechtsmängel der gelieferten Ware bzw. Leistung bezieht, dadurch, dass es ausschließlich für die Zahlungsfähigkeit des Drittschuldners eingreift. Im Falle des Delkredere haftet der Verpflichtete verschuldensunabhängig, also auch ohne eigenes Verschulden, allein auf die Erfüllung der fremden Forderung (meist Zahlung des Kaufpreises), wenn der Kunde des Geschäftsherrn nicht zahlt. Diese Haftung greift selbst dann, wenn beispielsweise eine Insolvenz des Käufers vorliegt.

Welche Formvorschriften gelten für Delkrederevereinbarungen in Deutschland?

Delkrederevereinbarungen sind grundsätzlich formfrei möglich, das heißt, sie bedürfen keiner besonderen Schriftform, sondern können auch mündlich geschlossen werden. Aus Gründen der Beweisbarkeit und zur eindeutigen Festlegung der Haftungsbedingungen empfiehlt es sich jedoch, Delkredereabreden schriftlich im Vertrag zu fixieren. In der Praxis werden sie üblicherweise als Zusatzklausel in Handelsvertreter-, Kommissions- oder Agenturverträge aufgenommen. Besondere Formerfordernisse greifen nur dann, wenn das Hauptgeschäft ihrerseits bestimmten Formvorschriften unterliegt (wie beispielsweise beim Immobilienkauf).

Wie weit reicht die Haftung des Delkredereebenen im Falle eines teilweisen Zahlungsausfalls oder bei Teilleistungen?

Die Haftung des Delkredereverpflichteten erstreckt sich in vollem Umfang auf den Ausfall der Forderung, d. h. sowohl auf einen vollständigen als auch auf einen teilweisen Zahlungsausfall. Sollte der Drittschuldner lediglich einen Teil der geschuldeten Summe zahlen, haftet der Delkredereeinnehmer für den ausstehenden Betrag. Ebenso bezieht sich die Haftung nicht auf das Risiko der unsachgemäßen oder mangelhaften Erfüllung der Hauptleistung (z.B. Lieferung einer mangelhaften Ware), sondern lediglich auf das Zahlungsverhalten des Dritten. Die Haftung umfasst in der Regel auch Verzugszinsen, sofern diese gemäß dem Hauptvertrag geltend gemacht werden können.

Wie kann sich der Delkredereübernehmer gegen das Risiko eines Forderungsausfalls absichern?

Zur Absicherung gegen das Delkredere-Risiko kann der Übernehmende verschiedene Maßnahmen ergreifen: Erhebung einer gesonderten Delkredereprovision als Risikoprämie ist in der Praxis gebräuchlich. Darüber hinaus ist es möglich, eine Kreditversicherung abzuschließen, die im Falle des Forderungsausfalls eintritt. Weiterhin kann vertraglich eine Begrenzung der Haftung vereinbart werden, beispielsweise hinsichtlich der Höhe (Haftung nur bis zu einem bestimmten Betrag) oder auf ausgewählte Geschäftsvorfälle. Zusätzlich sollte der Delkredereverpflichtete vor Geschäftsabschluss die Bonität des Kunden sorgfältig prüfen und dokumentieren.

Welche gesetzlichen Regelungen sind für das Delkredere im Handelsrecht relevant?

Im deutschen Handelsrecht regeln insbesondere §§ 86 und 87a Abs. 3 HGB die Delkrederehaftung für Handelsvertreter. Für Kommissionäre findet sich die zentrale Vorschrift im § 396 HGB. Diese Normen statuierten, dass der Handelsvertreter oder Kommissionär die Haftung für die Erfüllung der Verpflichtung des Dritten (insbesondere die Zahlung) nur übernehmen muss, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist (Delkredereabrede). Die Vorschriften bestimmen dabei auch den Umfang der Haftung und erlauben dem Delkredereverpflichteten, für das Übernehmen dieses zusätzlichen Risikos eine gesonderte Provision zu verlangen (Delkredereprovision).

Welche Auswirkungen hat ein Delkrederevertrag auf die Insolvenz des Geschäftsherrn oder des Drittschuldners?

Tritt die Insolvenz des Geschäftsherrn ein, bleibt die vertragliche Delkrederehaftung zunächst bestehen, der Handelsvertreter (Delkredereübernehmer) kann seine Forderung als Insolvenzgläubiger anmelden. Im Fall der Insolvenz des Drittschuldners ist der Delkredereübernehmer zur Leistung an den Geschäftsherrn verpflichtet, als hätte der Drittschuldner gezahlt. Der Delkredereübernehmer kann dann seinerseits versuchen, im Insolvenzverfahren des Drittschuldners eine Quote zu erhalten. In der Praxis führt dies häufig dazu, dass der Delkredereübernehmer faktisch das volle Zahlungsunfähigkeitsrisiko übernimmt, weswegen klare Vereinbarungen zur Haftungsbegrenzung besonders wichtig sind.