Begriff und rechtlicher Hintergrund des Debt-Equity-Swap
Der Debt-Equity-Swap (auch als Forderungsumwandlung, Debt-to-Equity-Swap oder Schuldenkapitalisierung bezeichnet) beschreibt einen rechtlichen Vorgang, bei dem bestehende Schulden eines Unternehmens ganz oder teilweise in Eigenkapital umgewandelt werden. Hierbei tauscht ein Gläubiger seine Forderungen gegenüber dem Schuldner gegen Anteile am Unternehmen, wie z. B. Aktien oder Geschäftsanteile. Diese Maßnahme wird vorrangig im Rahmen von Unternehmenssanierungen und Restrukturierungen eingesetzt.
Zielsetzung und Funktionsweise
Motivation für Gläubiger und Unternehmen
Durch einen Debt-Equity-Swap erhält das verschuldete Unternehmen finanzielle Entlastung, da die bilanzielle Verbindlichkeit reduziert und durch Eigenkapital ersetzt wird. Im Gegenzug erhält der zuvor fremdfinanzierende Gläubiger gesellschaftsrechtliche Mitspracherechte und wird Miteigentümer. Der Gläubiger trägt nun das unternehmerische Risiko mit, beteiligt sich aber gleichermaßen am zukünftigen Unternehmenserfolg. Für das Unternehmen verbessert sich die Eigenkapitalquote, was zu einer höheren Bonität und verbesserten Finanzierungsbedingungen führen kann.
Typische Anwendungsfelder
Debt-Equity-Swaps sind insbesondere in Krisensituationen oder im Insolvenzverfahren bedeutsam, können aber auch außerhalb der Insolvenz zum Einsatz kommen, etwa im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs oder einer Restrukturierung.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Gesetzliche Grundlagen
Im deutschen Recht ist der Debt-Equity-Swap nicht als eigenes gesetzliches Institut geregelt, sondern ergibt sich aus der Kombination gesellschafts- und insolvenzrechtlicher Vorschriften. Zentrale Vorschriften sind:
- § 55 InsO – Bevorzugte Forderungen im Insolvenzverfahren
- § 225a InsO – Regelungen für die Kapitalerhöhung beim Insolvenzplanverfahren
- Aktiengesetz (AktG), insbesondere §§ 182 ff. AktG – Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen
- GmbH-Gesetz (GmbHG), insbesondere §§ 55 ff. GmbHG – Einbringung von Forderungen als Sacheinlage bei der GmbH
Darüber hinaus sind bilanzrechtliche Anforderungen (HGB, IFRS) sowie steuerrechtliche Implikationen zu berücksichtigen.
Umsetzungsvarianten
Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage
Im Regelverfahren erfolgt der Debt-Equity-Swap in Form einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage: Der Gläubiger bringt seine Forderung als Sacheinlage in die Gesellschaft ein und erhält im Gegenzug neue Anteile. Hierbei sind die Vorgaben zur Werthaltigkeit und Bewertung der eingebrachten Forderung zu beachten (§ 183 Abs. 3 AktG, §§ 56, 57 GmbHG).
Durchführung im Insolvenzplanverfahren
Das Insolvenzrecht eröffnet im Rahmen des Insolvenzplans nach § 225a InsO die Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile als eigenständige Sanierungsoption. Im Zuge der Planerfüllung werden Forderungen durch sogenannte „planmäßige Maßnahmen“ im Austausch gegen neue Geschäftsanteile oder Aktien entschädigt. Für die Beschlussfassung gelten erleichterte Mehrheitsanforderungen.
Gesellschaftsrechtliche Aspekte
Bezugsrechte und Einziehungsregeln
Das Bezugsrecht der Altgesellschafter kann je nach Maßnahme beschränkt oder ausgeschlossen werden, sofern überwiegende Sanierungsinteressen bestehen und Gläubigerschutzvorschriften eingehalten werden (§ 186 Abs. 3 AktG). Die ordnungsgemäße Bewertung und Einziehungsmechanismen sind zwingend vorzugeben, um Anfechtungsrisiken zu minimieren.
Mitbestimmung und Gesellschafterstellung
Mit Durchführung des Debt-Equity-Swap erlangt der vormalige Gläubiger die volle Stellung eines Gesellschafters, einschließlich Stimmrechten und ggf. Mitbestimmungspflichten in Aufsichtsgremien. Es ist zu prüfen, ob und inwieweit behördliche oder vertragliche Zustimmungen erforderlich sind.
Insolvenzrechtliche Einordnung
Debt-Equity-Swap im eröffneten Insolvenzverfahren
Im eröffneten Verfahren ist die Einbringung von Forderungen durch Gläubiger gegen Gesellschaftsanteile grundsätzlich möglich, sofern dies vom Insolvenzplan vorgesehen wird. Die Zustimmung der Gläubigerversammlung und der betroffenen Anteilsinhaber ist erforderlich. Im Rahmen der Planabstimmung müssen alle betroffenen Gruppen zustimmen oder die Zustimmung ersetzt werden (§ 245 InsO).
Gläubigerschutz und Gleichbehandlungsgrundsatz
Wesentlich ist die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes innerhalb der Gläubigerklassen. Eine Benachteiligung einzelner Gläubiger durch den Swap darf nicht vorliegen. Ferner ist die Ermittlung der Werthaltigkeit der einzubringenden Forderung für die sachgerechte Anteilszuteilung entscheidend.
Anfechtungsgefahren
Debt-Equity-Swap-Maßnahmen unterliegen dem Insolvenzanfechtungsrecht (§§ 129 ff. InsO). In der Regel gilt der Vollzug des Debt-Equity-Swap im Rahmen eines gerichtlichen Insolvenzplanes als insolvenzfest, sofern sämtliche formellen und materiellen Vorgaben eingehalten wurden.
Steuerrechtliche Aspekte
Die steuerliche Behandlung eines Debt-Equity-Swap ist komplex:
- Auf Ebene der Gesellschaft kann die Umwandlung zu einem steuerpflichtigen Ertrag führen, soweit Fremdkapital durch Eigenkapital ersetzt wird.
- Für den Gläubiger kann die Einbringung seiner Forderung zu Anteilen steuerlich als Veräußerungstatbestand behandelt werden.
- Auswirkungen auf Verlustvorträge und die sog. Stille-Reserven-Orientierung sind zu berücksichtigen (Ertragsteuer, Körperschaftsteuer, ggf. § 8c KStG).
Eine sorgfältige steuerliche Planung ist unerlässlich, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Bilanzierung und Bewertung
Die Gesellschaft hat die im Zuge des Debt-Equity-Swap erhaltene Sacheinlage (Forderung) unter Berücksichtigung der jeweiligen Bilanzierungsvorschriften anzusetzen. Die Bewertung muss den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert widerspiegeln und ist durch externe Bewertungs- oder Bestätigungsverfahren abzusichern.
Für die Altgesellschafter ist die Verwässerung der Beteiligung einzubeziehen, während für die Erwerber der Anteile die Wertaufholung oder mögliche Abschreibungsbedarfe auf die erhaltenen Gesellschaftsanteile zu prüfen sind.
Risiken und Herausforderungen
- Gläubigerstruktur: Nach einem Debt-Equity-Swap kann sich die gesellschaftsrechtliche Struktur grundsätzlich verändern, insbesondere wenn die neuen Anteilseigner auch bisherige Großgläubiger waren.
- Stimmrechtsverschiebungen: Die neuen Gesellschafter sind häufig auf die Sanierung des Unternehmens ausgerichtet und können maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Geschäftsführung nehmen.
- Haftungsrisiken: Durch die transformation der Rolle vom Gläubiger zum Gesellschafter entstehen neue Haftungsrisiken, insbesondere im Hinblick auf Nachschuss- und Verlustbeteiligungen.
- Regulatorische Genehmigungen: In regulierten Branchen können aufsichtsrechtliche Genehmigungen erforderlich sein (z. B. BaFin, Kartellbehörden).
Zusammenfassung und Bedeutung
Der Debt-Equity-Swap ist ein bedeutungsvolles Sanierungsinstrument im Gesellschafts- und Insolvenzrecht. Er bietet Unternehmen in Krise die Möglichkeit, Schuldenlast zu reduzieren und die Kapitalstruktur zu stärken, während Gläubigern die Perspektive auf zukünftige Unternehmenswerte eingeräumt wird. Der komplexe rechtliche Rahmen erfordert eine umfassende Prüfung gesellschafts-, insolvenz- und steuerrechtlicher Vorgaben sowie eine sorgfältige Interessenabwägung aller Beteiligten.
Siehe auch:
- Insolvenzplanverfahren
- Unternehmenssanierung
- Kapitalerhöhung
- Sacheinlage
- Gläubigerschutz
Literaturhinweise:
- Münchener Kommentar zur InsO
- Fleischer in Großkommentar zum GmbHG
- Becker/Bork/Uhlenbruck: Insolvenzrecht
- Kallmeyer: Praxishandbuch Debt-Equity-Swap
Weblinks:
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps in Deutschland erfüllt sein?
Für die rechtssichere Durchführung eines Debt-Equity-Swaps in Deutschland sind verschiedene rechtliche Voraussetzungen zu beachten. Zunächst muss nach den Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG) bzw. des GmbH-Gesetzes (GmbHG) eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden, bei der Forderungen eines Gläubigers gegen Eigenkapitalansprüche (z. B. Aktien oder GmbH-Geschäftsanteile) getauscht werden. Dies erfordert insbesondere einen entsprechenden Kapitalerhöhungsbeschluss durch die Gesellschafterversammlung (bei der GmbH) oder durch die Hauptversammlung (bei der AG). Im Beschluss müssen der Umfang der Kapitalerhöhung und die Bedingungen des Forderungstauschs genau festgelegt werden, einschließlich der Angabe der Forderungen, die eingebracht werden. Bei börsennotierten Gesellschaften sind zudem die Vorschriften zum Bezugsrecht zu beachten, was meist eine Bezugsrechtsausschlussentscheidung verlangt. Zusätzlich müssen die einzubringenden Forderungen werthaltig, frei übertragbar und fällig sein. Die rechtliche Ausgestaltung verlangt des Weiteren die notarielle Beurkundung des Kapitalerhöhungsbeschlusses und, sofern eine Sacheinlage erfolgt, die Vorlage einer Werthaltigkeitsbescheinigung gemäß § 183a AktG bzw. entsprechender Nachweis nach §§ 5, 56 GmbHG. Abschließend sind die Vorgänge im Handelsregister einzutragen, was die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung und des Debt-Equity-Swaps bedingt.
Inwieweit müssen Gläubigerinteressen beim Debt-Equity-Swap rechtlich berücksichtigt werden?
Die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps setzt die sorgfältige Beachtung der Gläubigerinteressen voraus, insbesondere im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Grundsatz der Gläubigerautonomie. Gläubiger können ihre Forderungen nur dann gegen Eigenkapital tauschen, wenn sie dem Swap ausdrücklich zustimmen – eine einseitige Verpflichtung besteht nicht. Hinsichtlich konkurrierender Gläubiger ist sicherzustellen, dass keine Bevorzugung erfolgt, sofern nicht alle Gläubiger am Swap teilnehmen können. Es empfiehlt sich, Debt-Equity-Swaps im Rahmen eines Insolvenzplans oder einer Restrukturierungsvereinbarung nach StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) durchzuführen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und etwaigen Anfechtungsszenarien vorzubeugen. Ferner sind die §§ 138, 218 InsO (Insolvenzordnung) zu berücksichtigen, wonach bestimmte Anfechtungsfristen und Voraussetzungen im Insolvenzfall zu beachten sind, damit der Swap nicht später rückwirkend angefochten werden kann.
Welche besonderen formellen Anforderungen gelten bei der Einbringung von Forderungen als Sacheinlage?
Die Einbringung einer Forderung als Sacheinlage im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps unterliegt strengen formellen Anforderungen. Gemäß § 27 AktG muss die Forderung in die Satzung bzw. den Kapitalerhöhungsbeschluss aufgenommen werden, einschließlich einer genauen Bezeichnung ihres Inhalts, Schuldners, Nennwerts und wirtschaftlichen Werts. Zusätzlich muss ein Nachweis über die Werthaltigkeit der Forderung, meist in Form eines Sachgründungsberichts oder einer Sacheinlage-Bewertung, erbracht werden. Die Werthaltigkeit ist von einem Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer zu bestätigen (§ 183a AktG). Diese Unterlagen müssen der Anmeldung zum Handelsregister beigefügt werden, damit die Kapitalerhöhung eingetragen werden kann. Bei der GmbH ist ein entsprechender Sachgründungsbericht nach § 5 Abs. 4 GmbHG sowie eine Versicherung der Geschäftsführung über die Werthaltigkeit erforderlich. Versäumnisse hinsichtlich dieser formellen Anforderungen können zu einer Nichtigkeit der Kapitalerhöhung oder zur späteren Anfechtung führen.
Wie werden Debt-Equity-Swaps gesellschaftsrechtlich umgesetzt?
Gesellschaftsrechtlich wird ein Debt-Equity-Swap durch eine ordentliche oder bedingte Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage realisiert. Dazu bedarf es eines Beschlusses durch das maßgebliche Gremium (Haupt-/Gesellschafterversammlung), in dem das Eigenkapital um den Gegenwert der zu tauschenden Forderung erhöht wird. Der Gläubiger erklärt in einem separaten Einbringungsvertrag, dass er die Forderung als Sacheinlage einbringt und erhält im Gegenzug Gesellschaftsanteile. Die Umsetzung erfordert die Anpassung der Satzung (bei der AG: Erhöhung des Grundkapitals; bei der GmbH: Erweiterung der Gesellschafterliste). Der Vorgang wird notariell beurkundet und dem Handelsregister zur Eintragung vorgelegt. Zugleich erfolgt die Zession bzw. Abtretung der Forderung auf die Gesellschaft, was zivilrechtlich durch einen Abtretungsvertrag nach §§ 398 ff. BGB umzusetzen ist.
Welche insolvenzrechtlichen Risiken und Anfechtungsmöglichkeiten bestehen im Zusammenhang mit Debt-Equity-Swaps?
Im Umfeld einer drohenden oder bereits eröffneten Insolvenz können Debt-Equity-Swaps gravierende insolvenzrechtliche Risiken bergen. Wird der Swap in der Phase der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung durchgeführt, besteht nach §§ 129 ff. InsO die Gefahr der Insolvenzanfechtung, insbesondere, wenn der Swap als nachteilige Rechtshandlung für die übrigen Gläubiger betrachtet wird. Kritisch ist vor allem die Gruppe der Fälligkeits- und Inkongruenzanfechtungen gemäß §§ 131, 133 InsO: Hier kann der Insolvenzverwalter den Debt-Equity-Swap dann anfechten, wenn dieser mit dem Ziel durchgeführt wurde, Gläubiger zu bevorzugen oder eine Gläubigerbenachteiligung zur Folge hatte. Im Rahmen eines formellen Insolvenzplans nach §§ 217 ff. InsO ist die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps hingegen insolvenzfest. Es wird daher geraten, Debt-Equity-Swaps entweder vor Insolvenzreife oder im Rahmen eines Insolvenzplans umzusetzen.
Welche Register- und Mitteilungspflichten sind bei einem Debt-Equity-Swap zu beachten?
Bei Durchführung eines Debt-Equity-Swaps unterliegt der Prozess verschiedenen Register- und Mitteilungspflichten. Nach erfolgtem Kapitalerhöhungsbeschluss ist dieser gemäß §§ 181, 195 AktG bzw. § 55 GmbHG zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. Sämtliche Unterlagen wie Sachgründungsbericht, Werthaltigkeitsbescheinigung und Einbringungsvertrag müssen beigefügt werden. Die Eintragung der neuen (Sacheinlage-)Gesellschafter ist vorzunehmen, dazu ist bei der GmbH die Gesellschafterliste zu aktualisieren und beim Handelsregister einzureichen (§ 40 GmbHG). Weiterhin sind – insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften – die jeweiligen kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten zu berücksichtigen, etwa Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, Mitteilungen an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie anteilige Stimmrechtsmeldungen bei der Veränderung von Beteiligungsschwellen nach WpHG.
Welche steuerlichen Aspekte sind aus rechtlicher Sicht beim Debt-Equity-Swap zu berücksichtigen?
Obwohl der Fokus auf rechtlichen Aspekten liegt, müssen auch steuerliche Vorschriften beachtet werden, da diese das rechtliche Verfahren beeinflussen können. Die Einbringung einer Forderung als Sacheinlage wird umsatzsteuerlich in der Regel nicht als steuerbarer Umsatz behandelt, wohl aber körperschaftsteuerlich und ertragsteuerlich beachtet. Nach § 20 UmwStG kann ein solcher Vorgang steuerneutral gestaltet werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden, andernfalls drohen Steuerpflichten auf Ebene des einbringenden Gläubigers (z.B. Realisierung eines etwaigen Gewinns aus der Forderung). Es empfiehlt sich daher, vor Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps eine steuerrechtliche Prüfung zur Vermeidung nachteiliger Rechtsfolgen anzuschließen und dies ggf. in der Dokumentation festzuhalten, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.