Begriff und rechtliche Grundlagen des Daueraufenthaltsrechts
Das Daueraufenthaltsrecht ist ein zentraler Begriff im Bereich des Migrationsrechts und bezeichnet das dauerhaft gesicherte Aufenthaltsrecht für Drittstaatsangehörige sowie Unionsbürger und deren Familienangehörige im Gebiet eines aufnehmenden Staates. In der Europäischen Union und insbesondere in Deutschland ist das Daueraufenthaltsrecht wesentliches Instrument zur Integration von Zuwanderern und zur Gewährung weitreichender Rechte, aber auch Pflichten, an Nichtstaatsangehörige.
Daueraufenthaltsrecht im unionsrechtlichen Kontext
Die rechtlichen Grundlagen für das Daueraufenthaltsrecht innerhalb der Europäischen Union finden sich maßgeblich in der Richtlinie 2003/109/EG über die Rechtsstellung von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen sowie in der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG. Diese Regelungen differenzieren zwischen Nicht-Unionsbürgern (Drittstaatsangehörigen) und Unionsbürgern inklusive ihrer Familienangehörigen:
Unionsbürger und Gleichgestellte
Für Unionsbürger ist das Recht zum Daueraufenthalt in der Richtlinie 2004/38/EG zur Freizügigkeit geregelt. Gemäß Artikel 16 dieser Richtlinie erwerben Unionsbürger und deren Familienangehörige nach einem rechtmäßigen fünfjährigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat das Recht auf einen unbefristeten Aufenthalt. Dieses Recht kann nur unter ganz bestimmten Bedingungen wieder entzogen werden, etwa bei längerer Abwesenheit oder schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung.
Drittstaatsangehörige
Auch Drittstaatsangehörige können ein Daueraufenthaltsrecht erwerben. Die maßgebliche unionsrechtliche Bestimmung ist die Richtlinie 2003/109/EG. Diese gewährt Drittstaatsangehörigen, die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig und ununterbrochen in einem Mitgliedstaat aufgehalten haben sowie bestimmte Integrationsvoraussetzungen erfüllen, das Recht auf eine langfristige Aufenthaltsberechtigung. Hiermit einher geht ein Gleichbehandlungsgrundsatz in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, etwa hinsichtlich Erwerbstätigkeit, Bildung oder sozialer Sicherheit.
Daueraufenthaltsrecht nach deutschem Recht
Im deutschen Aufenthaltsgesetz ist das Daueraufenthaltsrecht für Drittstaatsangehörige unter dem Begriff der Niederlassungserlaubnis (vgl. § 9 Aufenthaltsgesetz – AufenthG) geregelt. Für Unionsbürger ist das Daueraufenthaltsrecht vor allem im Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) normiert.
Niederlassungserlaubnis
Die Niederlassungserlaubnis ist die stärkste Form eines Aufenthaltstitels im deutschen Recht. Sie ist zeitlich und räumlich unbefristet, berechtigt zur Erwerbstätigkeit und kann nur in klar geregelten Ausnahmefällen widerrufen werden. Voraussetzungen umfassen u. a. einen mindestens fünfjährigen Aufenthalt, die Sicherung des Lebensunterhalts, die Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung sowie ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache.
Daueraufenthaltsrecht für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen
Das deutsche FreizügG/EU normiert das Daueraufenthaltsrecht für Unionsbürger weitgehend identisch zur EU-Richtlinie. Nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts erhalten Unionsbürger und deren Familienangehörige das Recht auf Daueraufenthalt und genießen umfassende Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen – mit Ausnahme einiger Vorrechte, wie etwa das Wahlrecht.
Voraussetzungen, Verfahren und Nachweise
Allgemeine Voraussetzungen
Die Voraussetzungen für das Daueraufenthaltsrecht sind je nach Personengruppe unterschiedlich. Häufig verlangt werden:
- Mindestaufenthalt von fünf Jahren im Aufnahmestaat,
- Nachweis eines gesicherten Lebensunterhalts,
- Bestimmte Integrationsleistungen, etwa Sprachkenntnisse,
- Keine erheblichen Verstöße gegen geltende Rechtsvorschriften,
- Wohnraum,
- Nachweis über ausreichenden Krankenversicherungsschutz.
Verfahren und zuständige Behörden
Für Drittstaatsangehörige erfolgt die Beantragung des Daueraufenthaltsrechts in Deutschland bei der Ausländerbehörde; Unionsbürger wenden sich für die Ausstellung der Daueraufenthaltskarte an die kommunale Meldebehörde. Das Verfahren schließt in aller Regel die Vorlage von Nachweisunterlagen (Meldebescheinigung, Nachweise über Einkommen, Versicherungsunterlagen etc.) ein.
Ablehnung und Verlust des Daueraufenthaltsrechts
Ein erworbenes Daueraufenthaltsrecht kann aberkannt werden, wenn beispielsweise der Betroffene das Land länger als 12 aufeinanderfolgende Monate verlässt (für Unionsbürger nach Artikel 16 Abs. 4 der Richtlinie 2004/38/EG und § 4a Abs. 7 FreizügG/EU) oder aus besonders schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit. Im deutschen Recht kann eine Niederlassungserlaubnis zudem unter besonderen Umständen widerrufen oder zurückgenommen werden.
Rechte und Pflichten aus dem Daueraufenthaltsrecht
Rechte
Das Daueraufenthaltsrecht gewährt insbesondere:
- Recht auf freien Zugang zum Arbeitsmarkt,
- Recht auf selbstständige und nichtselbstständige Tätigkeit,
- Zugang zu Sozialleistungen und sozialen Sicherungssystemen,
- Anspruch auf Gleichbehandlung im Hinblick auf Bildung, Gesundheitsversorgung und andere gesellschaftliche Teilbereiche,
- Freizügigkeit innerhalb des jeweiligen Staatsgebietes.
Pflichten
Inhaber des Daueraufenthaltsrechts sind verpflichtet, die Rechtsordnung zu beachten, ihre Lebensunterhaltung und gegebenenfalls die ihrer Angehörigen zu sichern und integrationsfördernde Maßnahmen zu unterstützen.
Daueraufenthaltsrecht in besonderen Fallgruppen
Familiennachzug
Für Familienangehörige von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen gelten besondere Bestimmungen zum Familiennachzug und Erwerb des Daueraufenthaltsrechts. Sie können unter bestimmten Bedingungen nachziehen und im Anschluss an einen fünfjährigen Aufenthalt ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht beantragen.
Schutzberechtigte und Flüchtlinge
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten nach bestimmten Voraufenthaltszeiten ein besonderes Daueraufenthaltsrecht, das auch vor Ausweisung schützt, wenn keine schwerwiegenden Gründe für eine Rücknahme oder einen Widerruf des Schutzstatus vorliegen.
Zusammenfassung
Das Daueraufenthaltsrecht ist ein wesentlicher Bestandteil des Aufenthalts- und Migrationsrechts in Deutschland sowie der Europäischen Union. Es sichert langjährig aufhältigen Ausländern – unabhängig vom Erwerbsstatus – ein umfassendes Bleiberecht und gewährleistet weitreichende Gleichstellungsrechte mit Inländern. Es stellt zugleich einen wichtigen Impuls zur langfristigen Integration dar. Die relevanten Voraussetzungen, Verfahren sowie Rechte und Pflichten sind umfassend in nationalem wie europäischem Recht normiert und bilden das Fundament für eine erfolgreiche Einwanderungspolitik.
Häufig gestellte Fragen
Welche Voraussetzungen müssen für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts erfüllt sein?
Um das Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu erwerben, müssen bestimmte gesetzliche Voraussetzungen gemäß § 9a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) für Drittstaatsangehörige bzw. gemäß § 4a Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) für Unionsbürger und deren Familienangehörige erfüllt sein. Im Regelfall ist ein fünfjähriger rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlich. Während dieses Zeitraums müssen die Lebensunterhaltssicherung sowie ausreichender Krankenversicherungsschutz nachgewiesen werden. Zudem darf keine schwerwiegende strafrechtliche Verurteilung oder Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliegen. Bei Unionsbürgern werden sämtliche Aufenthaltszeiten mit Freizügigkeitsberechtigung berücksichtigt, auch wenn sie verschiedene Aufenthaltszwecke (z.B. Studium, Erwerbstätigkeit, Familienangehörigkeit) betreffen. Für Drittstaatsangehörige werden darüber hinaus Integrationsleistungen (z.B. Deutschkenntnisse, Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung) verlangt. Die Antragstellung muss vor Ablauf eines etwaigen vorhergehenden Aufenthaltstitels erfolgen, und alle Nachweise zur Erfüllung der Voraussetzungen sind den zuständigen Ausländerbehörden vorzulegen.
Kann das Daueraufenthaltsrecht verloren gehen und unter welchen Bedingungen passiert das?
Das erworbene Daueraufenthaltsrecht kann sowohl für Drittstaatsangehörige als auch für Unionsbürger unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen wieder verloren gehen. Bei Unionsbürgern erlischt das Recht grundsätzlich, wenn sie sich länger als sechs aufeinanderfolgende Monate außerhalb Deutschlands aufhalten. In begründeten Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden, z.B. bei Wehrdienst oder schwerer Krankheit. Für Drittstaatsangehörige mit Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU regelt § 51 AufenthG den Verlust, unter anderem durch Ausweisung, auflösende Bedingungen oder einen länger als sechs Monate währenden Aufenthalt im Ausland. Auch ein Verstoß gegen bestehende Integrationsanforderungen – etwa erhebliche Straffälligkeit oder Gefährdung der öffentlichen Ordnung – kann zum Widerruf durch die Behörde führen.
Welche Rechte und Pflichten sind mit dem Daueraufenthaltsrecht verbunden?
Mit dem Daueraufenthaltsrecht genießen Inhaber umfangreiche Rechte. Dazu gehören das unbeschränkte Recht auf Aufenthalt und Niederlassung in Deutschland (bzw. in der gesamten EU bei Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU), die volle Erwerbstätigkeitserlaubnis, freier Zugang zum Arbeitsmarkt sowie Gleichstellung mit Staatsangehörigen in Bezug auf Sozialleistungen, Bildung und Berufsausbildung. Drittstaatsangehörige dürfen sich zudem in anderen EU-Mitgliedstaaten niederlassen, sofern sie eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzen. Pflichten bestehen insbesondere weiterhin hinsichtlich der Einhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Bertachtung von Meldevorschriften sowie der fortwährenden Sicherstellung der Lebensunterhaltssicherung und Krankenversicherung.
Wie unterscheidet sich das nationale Daueraufenthaltsrecht von der EU-Daueraufenthaltserlaubnis?
Das nationale Daueraufenthaltsrecht (Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG) und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (§ 9a AufenthG) unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihres Wirkungsbereichs. Die Niederlassungserlaubnis ist ausschließlich auf das Bundesgebiet beschränkt und gewährt dort ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU erlaubt hingegen unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Aufenthalt und die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in anderen EU-Mitgliedstaaten. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für den Erhalt der EU-Erlaubnis teilweise strenger, insbesondere hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts und der Integrationsanforderungen. Familienmitglieder haben bei beiden Formen Anspruch auf eigenen Aufenthaltstitel bei Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen.
Welche Auswirkungen hat das Daueraufenthaltsrecht auf den Familiennachzug?
Personen, die im Besitz eines Daueraufenthaltsrechts sind, genießen erheblich erleichterte Bedingungen beim Familiennachzug. Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und minderjährige ledige Kinder haben grundsätzlich das Recht, einen eigenen Aufenthaltstitel für den Nachzug zu erhalten. Für Drittstaatsangehörige mit Daueraufenthalt-EU gilt dies über den nationalen Bereich hinaus auch innerhalb der EU, sofern in den Aufnahmestaaten entsprechende Gesetze bestehen. Allerdings müssen auch beim Familiennachzug allgemeine Voraussetzungen wie ausreichend Wohnraum, gesicherter Lebensunterhalt und grundlegende Sprachkenntnisse eingehalten werden. Das Vorliegen eines Daueraufenthaltsrechts führt jedoch regelmäßig zu einer privilegierten Behandlung im Visumverfahren und bei der Prüfung der familiären Lebensgemeinschaft.
Wie ist das Verfahren zur Beantragung des Daueraufenthaltsrechts geregelt?
Der Antrag auf das Daueraufenthaltsrecht muss grundsätzlich bei der zuständigen Ausländerbehörde gestellt werden. Antragsteller müssen sämtliche erforderlichen Unterlagen wie gültigen Pass, Nachweise über Aufenthaltszeiten, Beschäftigungs- oder Ausbildungsnachweise, Krankenversicherung und Belege zur Sicherung des Lebensunterhalts vorlegen. Die Behörde prüft das Vorliegen aller Rechtsvoraussetzungen, insbesondere die ununterbrochene Aufenthaltsdauer, Straffreiheit und Integrationsleistungen. Nach positiver Entscheidung wird der Aufenthaltstitel in Form eines elektronischen Aufenthaltstitels ausgestellt. Die Aufenthaltsbescheinigung zum Daueraufenthaltsrecht für EU-Bürger wird auf Antrag ausgestellt, hat jedoch lediglich deklaratorischen Charakter, da das Recht auch ohne Nachweis besteht.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen im Falle einer Ablehnung der Erteilung des Daueraufenthaltsrechts?
Bei Ablehnung des Antrags auf Erteilung des Daueraufenthaltsrechts besteht die Möglichkeit des Widerspruchs gemäß § 68 VwGO gegen den Bescheid der Ausländerbehörde. Nach erfolglosem Widerspruch kann Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. Im Falle von drohender Aufenthaltsbeendigung kann unter Umständen eine einstweilige Anordnung beantragt werden, um den Verbleib im Bundesgebiet bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts sicherzustellen. Entscheidend ist stets die genaue rechtliche Prüfung der Ablehnungsgründe, da Formfehler, Ermessensfehler oder unzureichende Sachverhaltsaufklärung zum Erfolg eines Rechtsmittels führen können. Betroffene sollten frühzeitig fachkundigen Rechtsbeistand in Anspruch nehmen.