Begriff und Zweck der Datenübertragbarkeit
Datenübertragbarkeit bezeichnet das Recht von Personen, ihre personenbezogenen Daten, die sie einem Dienst oder Anbieter bereitgestellt haben, in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format zu erhalten und diese ohne Behinderung an einen anderen Anbieter zu übermitteln oder übermitteln zu lassen. Ziel ist die Stärkung der Kontrolle über eigene Daten, die Förderung von Wettbewerb und Interoperabilität sowie die Verringerung von Anbieterbindungen.
Kernaussagen
- Umfasst personenbezogene Daten, die die betroffene Person bereitgestellt hat, sowie in der Regel beobachtete Daten über die Nutzung eines Dienstes.
- Abgeleitete oder errechnete Daten (z. B. Profile, Bewertungen, Prognosen) sind typischerweise nicht umfasst.
- Die Bereitstellung erfolgt in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format; eine direkte Übermittlung an einen anderen Anbieter ist möglich, sofern technisch machbar.
- Das Recht darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen und steht unter dem Vorbehalt berechtigter Geheimhaltungsinteressen (z. B. Geschäftsgeheimnisse).
- Die Ausübung erfolgt im Rahmen gesetzlich vorgesehener Verfahren und Fristen.
Rechtliche Einordnung und Schutzrichtung
Die Datenübertragbarkeit ist im europäischen Datenschutzrahmen als eigenständiges Betroffenenrecht ausgestaltet. Sie ergänzt das Recht auf Auskunft durch den besonderen Fokus auf Wiederverwendbarkeit und Wechselmöglichkeit zwischen Anbietern. Schutzrichtung ist die informationelle Selbstbestimmung: Personen sollen ihre Daten in nutzbarer Form mitnehmen können, um Dienste zu wechseln oder neue Angebote zu nutzen, ohne ihre Daten erneut mühsam zusammenstellen zu müssen.
Abgrenzung zu anderen Rechten
Im Unterschied zur Auskunft geht es nicht nur um Transparenz, sondern um die tatsächliche technische Nutzbarkeit der Daten. Das Recht auf Löschung wird hiervon nicht berührt; eine Übertragung führt nicht automatisch zur Entfernung beim ursprünglichen Anbieter. Ebenso unterscheidet sich die Datenübertragbarkeit von der Berichtigung, da sie keine inhaltliche Korrektur, sondern die Mitnahme von Daten ermöglicht.
Anwendungsbereich
Welche Daten sind umfasst?
Von der betroffenen Person bereitgestellte Daten
Hierunter fallen insbesondere Daten, die aktiv mitgeteilt werden, etwa Registrierungs- und Profildaten, Kontaktinformationen, Inhalte wie Fotos, Texte oder hochgeladene Dokumente sowie Einstellungen und Präferenzen, die die Person bewusst hinterlegt hat.
Beobachtete Daten
Regelmäßig umfasst sind auch Daten, die durch die Nutzung eines Dienstes anfallen, etwa Protokolldaten, Standortinformationen, Clickstreams, Messwerte von Geräten, Fitness- und Sensordaten oder Such- und Nutzungsverläufe, soweit sie sich auf die betroffene Person beziehen und ohne weitere Interpretation bereitgestellt werden können.
Nicht umfasst: Abgeleitete oder berechnete Daten
Nicht erfasst sind typischerweise analytische Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Anbieters, etwa Profile, Bewertungen, Risikoscores oder Empfehlungen. Solche Ableitungen sind nicht von der betroffenen Person „bereitgestellt“, sondern interne Ergebnisse der Verarbeitung beim Anbieter.
Voraussetzungen der Ausübung
Das Recht setzt in der Regel eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten voraus. Die Verarbeitung beruht meist auf einer Einwilligung der betroffenen Person oder der Erforderlichkeit zur Erfüllung eines Vertrags. Die Identität der anfragenden Person muss gesichert sein, und die Ausübung darf nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten anderer führen.
Rollen, Pflichten und Grenzen
Verantwortliche Stellen
Verantwortliche haben die Daten in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format bereitzustellen. Sie dürfen die Übertragung nicht durch unnötige Hürden erschweren und haben, soweit technisch machbar, eine direkte Übermittlung an einen anderen Anbieter zu ermöglichen. Dabei sind angemessene Sicherheitsmaßnahmen zu wahren und die Identität der anfragenden Person zu prüfen. Anfragen sind innerhalb gesetzlich vorgesehener Fristen zu bearbeiten.
Betroffene Personen
Trägerinnen und Träger des Rechts bestimmen, welche ihrer personenbezogenen Daten sie erhalten oder an einen anderen Anbieter übermitteln lassen möchten. Das Recht bezieht sich nur auf die eigenen personenbezogenen Daten; Inhalte, die Rechte Dritter berühren, erfordern eine Abwägung.
Schutz der Rechte und Freiheiten anderer
Die Bereitstellung darf nicht dazu führen, dass personenbezogene Daten Dritter unzulässig offengelegt werden. Bei Kommunikationsdaten kann dies etwa die Trennung oder Schwärzung von Informationen erfordern, die andere identifizieren. Ebenso sind geistiges Eigentum und Geschäftsgeheimnisse zu berücksichtigen; sie dürfen nicht unzulässig preisgegeben werden. Das führt nicht zum Ausschluss des Rechts, kann aber die Form und den Umfang der Bereitstellung beeinflussen.
Formate, Interoperabilität und Technik
„Strukturiert, gängig und maschinenlesbar“ bedeutet, dass Daten in einem Format bereitgestellt werden, das von verschiedenen Systemen zuverlässig verarbeitet werden kann. Beispiele sind verbreitete Formate wie CSV, JSON oder XML. Schnittstellen (APIs) und standardisierte Datenmodelle fördern Interoperabilität. Eine direkte Übermittlung an einen anderen Anbieter ist zulässig, wenn dies technisch machbar ist. Dabei sind angemessene Sicherheitsstandards, etwa zum Schutz vor unbefugtem Zugriff, zu beachten.
Verfahren und Fristen
Anfragen sind innerhalb der gesetzlichen Fristen zu beantworten; unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Verlängerung zulässig sein. Offenkundig unbegründete oder exzessive Anfragen können abgelehnt werden; hierbei sind die Gründe mitzuteilen. Die Pflicht zur Bereitstellung begründet keine längere Speicherung als rechtlich erforderlich. Die Wahl des Formats obliegt dem Verantwortlichen, muss jedoch den Grundsätzen der Gängigkeit und Maschinenlesbarkeit genügen und die Wiederverwendung nicht faktisch vereiteln.
Branchenbezüge und typische Einsatzfelder
Datenübertragbarkeit ist in vielen Bereichen relevant, etwa bei Kommunikationsdiensten und sozialen Netzwerken (Mitnahme von Kontakten und Inhalten), Finanzdienstleistungen (Transaktions- und Kontoinformationen), Gesundheit und Fitness (Mess- und Verlaufsdaten), Mobilität und Energie (Fahr- und Verbrauchsdaten) sowie cloudbasierten Diensten (Dateien und Einstellungsdaten). In all diesen Fällen steht die Nutzbarkeit der Daten beim Wechsel oder bei paralleler Nutzung anderer Dienste im Vordergrund.
Internationale Dimension
Die Datenübertragbarkeit ist Teil des europäischen Datenschutzrahmens. Internationale Datenübermittlungen unterliegen gesonderten Anforderungen. Das Recht auf Datenübertragbarkeit schafft für sich genommen keine eigenständige Grundlage, um Daten in Länder ohne angemessenes Datenschutzniveau zu übermitteln; hierfür gelten zusätzliche Schutzmechanismen. Eine direkte Übermittlung zwischen Anbietern muss daher die einschlägigen Vorgaben für internationale Transfers beachten.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet Datenübertragbarkeit im rechtlichen Sinne?
Sie gewährt Personen das Recht, ihre personenbezogenen Daten in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format zu erhalten und diese ohne Behinderung an einen anderen Anbieter zu übertragen oder übertragen zu lassen. Der Schwerpunkt liegt auf der praktischen Wiederverwendbarkeit der Daten.
Welche Daten sind vom Recht erfasst?
Erfasst sind in der Regel Daten, die eine Person aktiv bereitgestellt hat, sowie beobachtete Nutzungsdaten. Nicht umfasst sind typischerweise abgeleitete oder errechnete Daten wie Profile, Bewertungen oder Analysen.
Unter welchen Voraussetzungen kann das Recht ausgeübt werden?
Voraussetzung ist insbesondere eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die häufig auf Einwilligung oder Vertrag beruht. Zudem dürfen durch die Bereitstellung keine Rechte und Freiheiten anderer beeinträchtigt werden.
Wie müssen Anbieter die Daten bereitstellen?
Die Bereitstellung erfolgt in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format. Eine direkte Übermittlung an einen anderen Anbieter ist möglich, wenn dies technisch machbar ist. Die Identität der anfragenden Person ist zu verifizieren.
Gibt es Grenzen oder Ablehnungsgründe?
Ja. Offenkundig unbegründete oder exzessive Anfragen können abgelehnt werden. Außerdem sind die Rechte Dritter, Geschäftsgeheimnisse und geistige Eigentumsrechte zu wahren; dies kann den Umfang oder die Form der Bereitstellung beeinflussen.
Wie verhält sich Datenübertragbarkeit zu Auskunft und Löschung?
Die Auskunft dient der Transparenz über gespeicherte Daten und deren Verarbeitung. Die Datenübertragbarkeit ermöglicht zusätzlich die nutzbare Mitnahme der Daten. Eine Übertragung führt nicht automatisch zur Löschung beim ursprünglichen Anbieter.
Gilt das Recht auch bei internationalen Übermittlungen?
Ja, jedoch sind internationale Übermittlungen an besondere Anforderungen geknüpft. Die Datenübertragbarkeit ersetzt diese Vorgaben nicht; zusätzliche Schutzmechanismen können erforderlich sein.