Begriff und Funktionsweise der Dashcam
Eine Dashcam (Kurzform für Dashboard Camera, zu Deutsch etwa „Armaturenbrettkamera“) ist eine kleine Videokamera, die in Fahrzeugen installiert wird, um das Verkehrsgeschehen während der Fahrt aufzuzeichnen. Die Geräte werden meist an der Front- und/oder Heckscheibe montiert und starten die Aufzeichnung in der Regel automatisch mit dem Motorstart. Neben der kontinuierlichen Videoaufzeichnung verfügen moderne Dashcams häufig über Zusatzfunktionen wie GPS-Ortung, Beschleunigungssensoren und Notfallaufnahmemodi.
Rechtliche Grundlagen der Dashcam-Nutzung in Deutschland
Datenschutzrechtliche Aspekte
Die Verwendung von Dashcams ist insbesondere unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten von hoher rechtlicher Relevanz. Da Dashcams das Verkehrsgeschehen und damit regelmäßig auch andere Personen, deren Fahrzeuge und Kennzeichen aufzeichnen, findet das Datenschutzrecht Anwendung.
EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dürfen personenbezogene Daten, wozu auch die aufgezeichneten Bilder und Kfz-Kennzeichen gehören, grundsätzlich nur verarbeitet werden, wenn eine gesetzliche Grundlage oder eine ausdrückliche Einwilligung besteht. Die anlasslose und permanente Aufzeichnung durch Dashcams ist mit wesentlichen Anforderungen der DSGVO nicht vereinbar, insbesondere dem Grundsatz der Datenminimierung und der Speicherbegrenzung. Eine Ausnahme kann vorliegen, wenn die Aufnahme für die Wahrung berechtigter Interessen erfolgt, beispielsweise zur Beweissicherung nach einem Unfall.
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
Ergänzend zur DSGVO regelt das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume. Nach § 4 BDSG ist die Beobachtung grundsätzlich zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen entgegenstehen. Bei Dashcams ist daher stets eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Zulässigkeit der Verwendung im Straßenverkehr
Straßenverkehrsordnung (StVO) und Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV)
Aus technischer Sicht sind Dashcams keine zulassungspflichtigen Geräte, solange sie die Sicht des Fahrers nicht beeinträchtigen (§ 23 Abs. 1 StVO). Die Installation sollte so erfolgen, dass die Kamera das Sichtfeld – insbesondere im Bereich von Spiegel und Windschutzscheibe – nicht einschränkt.
Persönlichkeitsrechte und Recht am eigenen Bild
Die fortlaufende und verdeckte Aufzeichnung kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter sowie das Recht am eigenen Bild gemäß § 22 KunstUrhG beeinträchtigen. Ohne deren Zustimmung ist das ungezielte Filmen anderer Verkehrsteilnehmer grundsätzlich unzulässig.
Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel vor Gericht
Dashcam-Aufnahmen werden häufig als Beweismittel bei Verkehrsunfällen eingesetzt. Die rechtliche Zulässigkeit der Verwertung solcher Aufnahmen ist in der deutschen Rechtsprechung umstritten und wurde im Jahr 2018 durch den Bundesgerichtshof (BGH) abschließend beurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH)
Mit Urteil vom 15. Mai 2018 (Az.: VI ZR 233/17) entschied der BGH, dass Dashcam-Aufnahmen im Zivilprozess als Beweismittel verwendet werden dürfen, auch wenn sie datenschutzrechtlich nicht in allen Punkten zulässig erstellt wurden. Es bedarf jedoch einer Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Gefilmten und dem Interesse an einer effektiven Aufklärung des Unfallgeschehens.
Kriterien zur gerichtlichen Verwertung
- Konkreter Anlass: Eine Verwendung ist vor allem dann zulässig, wenn die Aufnahme konkret und gezielt zur Klärung eines bestimmten Unfallgeschehens erfolgt.
- Interessenabwägung: Das Gericht prüft, ob das Interesse an der Wahrheitsfindung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Dritter überwiegt.
- Keine Veröffentlichung: Die Verwendung zu anderen Zwecken, insbesondere zur öffentlichen Wiedergabe (z. B. im Internet), ist grundsätzlich untersagt.
Anforderungen an die zulässige Nutzung von Dashcams
Technische und organisatorische Maßnahmen
Die rechtmäßige Nutzung von Dashcams setzt voraus, dass technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um Datenschutzverstöße zu vermeiden:
- Kurze und anlassbezogene Aufzeichnungsdauer: Die Videoaufzeichnung sollte – idealerweise durch sogenannte „Loop“-Aufnahmen (kurze, sich überschreibende Sequenzen) – auf das Notwendige beschränkt werden.
- Speicherung nur bei Ereignis: Die dauerhafte Ablage der Aufnahmen sollte ausschließlich anlassbezogen, zum Beispiel bei einem Unfall (durch sogenannten G-Sensor), erfolgen.
- Keine Überwachung, sondern Beweissicherung: Die Dashcam darf nicht zum Zweck der permanenten Überwachung anderer Verkehrsteilnehmer betrieben werden.
- Kennzeichnung: Soweit möglich, sollten Fahrer auf die Aufzeichnung hinweisen.
Meldepflicht und Betroffenenrechte
Eine generelle Meldepflicht für die Nutzung privater Dashcams besteht nicht. Allerdings haben Betroffene grundsätzlich das Recht auf Auskunft, Löschung und Beschwerde nach Art. 15 bis 18 DSGVO. Dies betrifft jedoch vorrangig die Videoüberwachung durch Unternehmen oder Behörden.
Dashcams in anderen Rechtsordnungen
Die rechtliche Einordnung von Dashcams variiert international stark. Während in einigen Ländern, wie etwa Großbritannien oder Russland, Aufnahmen häufig sogar von Versicherungen gefordert werden, ist der Gebrauch in anderen Staaten wie Österreich oder Luxemburg teilweise untersagt und kann mit Bußgeldern sanktioniert werden.
Sanktionen bei unzulässigem Einsatz
Der unzulässige Betrieb einer Dashcam kann zu verschiedenen Sanktionen führen:
- Bußgelder nach dem BDSG oder der DSGVO wegen unerlaubter Videoüberwachung
- Zivilrechtliche Ansprüche der Gefilmten, beispielsweise Unterlassung oder Schadensersatz
- Strafrechtliche Ermittlungen bei gezielter Verletzung der Persönlichkeitsrechte (§ 201a StGB: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen)
Fazit
Die Nutzung von Dashcams unterliegt in Deutschland strengen datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Vorgaben. Eine rechtmäßige Verwendung ist in der Regel nur zur anlassbezogenen Beweissicherung zulässig und erfordert eine sorgfältige Interessenabwägung. Die Verwertung der Aufnahmen vor Gericht ist möglich, sofern das Interesse an der Sachverhaltsaufklärung überwiegt. Dauerhafte und anlasslose Videoaufzeichnungen sowie die Veröffentlichung oder Weitergabe der Aufnahmen sind unzulässig und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die technischen Möglichkeiten der Dashcams sind daher stets im Einklang mit den geltenden Vorschriften zu nutzen.
Häufig gestellte Fragen
Ist der Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr in Deutschland erlaubt?
Die Nutzung von Dashcams im Straßenverkehr ist in Deutschland grundsätzlich nicht verboten. Allerdings gelten hinsichtlich des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechts strenge Vorgaben. Das dauerhafte, anlasslose Filmen des gesamten Straßenverkehrs verstößt regelmäßig gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Gemäß einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2018 dürfen Aufnahmen zwar in Ausnahmefällen, etwa zur Beweisführung nach einem Verkehrsunfall, vor Gericht verwendet werden, auch wenn sie datenschutzwidrig erstellt wurden. Für eine DSGVO-konforme Nutzung empfiehlt sich der Einsatz von Dashcams mit sogenannter Loop-Funktion und automatischer Überschreibung, sodass nur kurze, relevante Sequenzen nach einem bestimmten Ereignis (z.B. Unfall, starke Erschütterung) gespeichert werden. Weiterhin sollten Aufzeichnungen außerhalb von Unfall- oder Gefahrensituationen unverzüglich gelöscht werden und weder Tonaufnahmen noch gezielte Aufnahmen von Personen oder Kennzeichen gespeichert werden. Das bewusste und dauerhafte Filmen ohne konkreten Anlass bleibt jedoch unzulässig und kann mit Bußgeldern geahndet werden.
Dürfen Dashcam-Aufnahmen vor Gericht als Beweismittel verwendet werden?
Dashcam-Aufnahmen sind grundsätzlich als Beweismittel in Zivilprozessen, insbesondere bei Verkehrsunfällen, zulässig. Der Bundesgerichtshof entschied in seinem Urteil vom 15. Mai 2018 (Az. VI ZR 233/17), dass Aufnahmen auch dann als Beweis verwertet werden können, wenn sie datenschutzwidrig entstanden sind. Das Gericht stellt jedoch eine Abwägung zwischen dem Interesse an der Aufklärung des Unfallhergangs und dem Persönlichkeitsrecht der gefilmten Personen an. Die Verwertbarkeit kann daher im Einzelfall unterschiedlich ausfallen. Besonders wichtig ist, dass die Aufnahmen nur für den konkreten Anlass des Vorfalls gespeichert und genutzt werden. Eine systematische oder dauerhafte Überwachung des Verkehrsgeschehens ist nicht zulässig. Dennoch kann das Gericht im Zivilrecht zu dem Schluss kommen, dass das Beweisinteresse überwiegt und die Aufnahme als Beweismittel zulässig ist. Im Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenverfahren gelten ebenso die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des fairen Verfahrens.
Welche datenschutzrechtlichen Pflichten müssen Dashcam-Nutzer beachten?
Nutzer von Dashcams sind Verantwortliche im Sinne der DSGVO und daher verpflichtet, die Grundsätze des Datenschutzes einzuhalten. Dazu gehört die Informationspflicht gegenüber den Betroffenen, was in der Praxis jedoch kaum umzusetzen ist, da unbeteiligte Verkehrsteilnehmer nicht individuell informiert werden können. Dennoch muss der Nutzer sicherstellen, dass die Aufzeichnungsdauer und der Verarbeitungszweck auf das Notwendige beschränkt werden (Datensparsamkeit und Zweckbindung). Es ist sicherzustellen, dass Aufnahmen nicht dauerhaft gespeichert, sondern regelmäßig überschrieben werden. Dashcams sollten daher mit Bewegungs- oder Schocksensoren ausgestattet werden, die nur im Ereignisfall aktiv speichern. Die Weitergabe oder Veröffentlichung von Dashcam-Aufnahmen, etwa in sozialen Netzwerken, ohne Einwilligung der Betroffenen ist streng verboten und kann zivil- sowie strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Muss ich auf die Verwendung einer Dashcam hinweisen?
Das Anbringen eines Hinweises auf die Benutzung einer Dashcam im eigenen Fahrzeug ist aus datenschutzrechtlichen Gründen sinnvoll und wird teilweise empfohlen, insbesondere wenn das Fahrzeug länger an einem Ort abgestellt wird (z.B. Firmenparkplatz). Zwar befriedigt ein Hinweis allein nicht alle Anforderungen der DSGVO, insbesondere bezüglich der Informations- und Transparenzpflichten, er kann aber als milderndes Moment bei datenschutzrechtlichen Einschätzungen gewertet werden. Jedoch entbindet ein solcher Hinweis nicht von den übrigen datenschutzrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere von der Beschränkung der Aufnahmen auf das absolut Notwendige.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei missbräuchlicher Verwendung von Dashcams?
Bei der unzulässigen oder missbräuchlichen Verwendung von Dashcams drohen verschiedene rechtliche Konsequenzen. Datenschutzverletzungen können mit Bußgeldern nach Art. 83 DSGVO geahndet werden, die sich nach der Schwere der Zuwiderhandlung bemessen und in empfindlicher Höhe verhängt werden können. Zusätzlich sind zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Unterlassung oder Schadensersatz, von betroffenen Personen möglich. Werden Videos ohne Erlaubnis oder in sozialen Netzwerken veröffentlicht, kann dies darüber hinaus einen strafbaren Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (§ 22, § 33 KUG – Recht am eigenen Bild) darstellen. Dies kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch arbeitsrechtlich oder gegenüber Versicherungen kann eine unzulässige Dashcam-Nutzung nachteilig wirken. Beim Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht drohen weitere zivilrechtliche Ansprüche.
Gibt es spezielle Regelungen zu Dashcams im Firmenfahrzeug oder bei dienstlicher Nutzung?
Bei der Nutzung von Dashcams in Firmenfahrzeugen gelten neben den allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben zusätzliche arbeitsrechtliche und betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften. So kann der Betriebsrat bei Einsatzüberwachung nach § 87 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht haben. Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten umfassend über die Art, Zweck und Dauer der Aufzeichnung informieren sowie die datenschutzrechtlichen Anforderungen strikt umsetzen. Eine verdeckte oder permanente Überwachung durch Dashcams ist unzulässig. Eingeschränkt zulässig ist der Einsatz von Dashcams, wenn die Aufzeichnungen ausschließlich anlassbezogen (z.B. Unfallaufklärung, Diebstahlsicherung) und nicht dauerhaft stattfinden.
Wie steht es um den Einsatz von Dashcams im Ausland?
Im europäischen Ausland sind die rechtlichen Regelungen zum Einsatz von Dashcams unterschiedlich. Während Länder wie Österreich und Luxemburg den Einsatz von Dashcams weitgehend verbieten und empfindliche Bußgelder androhen, sind Aufnahmen in Ländern wie Großbritannien und Russland erlaubt, sofern Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Es empfiehlt sich daher, sich vor Reisen ins Ausland über die jeweiligen nationalen Vorschriften zu informieren und die Dashcam gegebenenfalls auszuschalten oder zu demontieren, um keine Rechtsverstöße zu begehen. Auch im Ausland gilt, dass ein Missbrauch der Aufnahmen etwa durch Veröffentlichung im Internet zu Strafen führen kann.