Damnum: Begriff, Bedeutung und Einordnung
Der Begriff „Damnum“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet allgemein „Schaden“ oder „Nachteil“. In der heutigen Rechtsprache bezeichnet er jede nachteilige Veränderung einer geschützten Position, vor allem eine Minderung des Vermögens. Dazu zählen sowohl konkret eingetretene Verluste als auch entgangene Vorteile. In erweiterten Zusammenhängen umfasst Damnum zudem Beeinträchtigungen, die nicht unmittelbar vermögensbezogen sind, etwa immaterielle Nachteile.
Herkunft und allgemeiner Sprachgebrauch
Historisch wurzelt Damnum im römischen Recht. Im modernen Sprachgebrauch wird der Begriff in verschiedenen Rechtsgebieten verwendet, teils synonym zu „Schaden“, teils als Fachterminus in speziellen Zusammenhängen wie dem Finanzwesen.
Damnum im heutigen Rechtsverständnis
Im Kern geht es beim Damnum um die Feststellung, ob und in welchem Umfang eine schutzwürdige Position beeinträchtigt wurde. Maßgeblich ist typischerweise eine wirtschaftliche Betrachtung: Wie sähe die Lage ohne das schädigende Ereignis aus, und wie stellt sie sich mit diesem Ereignis dar?
Arten des Damnums
Vermögensschaden und immaterieller Schaden
Der Vermögensschaden betrifft die messbare Minderung des Vermögens. Er kann in Geld beziffert werden. Immaterieller Schaden betrifft Beeinträchtigungen ohne unmittelbaren Geldwert, etwa persönliche Unbill oder Beeinträchtigung von Freiheits- und Persönlichkeitsgütern. Für immaterielle Schäden gelten besondere Ausgleichsmaßstäbe.
Damnum emergens (tatsächlicher Schaden)
Darunter fallen unmittelbar eingetretene Verluste, etwa Reparaturkosten, Wiederbeschaffungskosten, Heilbehandlungskosten oder nutzlos gewordene Aufwendungen. Die Beurteilung folgt regelmäßig dem Grundsatz, den ursprünglichen Zustand wirtschaftlich möglichst herzustellen.
Lucrum cessans (entgangener Gewinn)
Hier geht es um Vorteile, die ohne das schädigende Ereignis voraussichtlich erzielt worden wären. Voraussetzung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Gewinnerzielung. Die Ermittlung erfolgt häufig durch Prognosen und Vergleichsrechnungen.
Positives und negatives Interesse
Das positive Interesse (Erfüllungsinteresse) zielt darauf ab, den Zustand herzustellen, der bei ordnungsgemäßer Erfüllung bestünde. Das negative Interesse (Vertrauensinteresse) gleicht Nachteile aus, die dadurch entstehen, dass auf das Zustandekommen oder die Gültigkeit eines Geschäfts vertraut wurde, das sich später als hinfällig erwies.
Unmittelbarer und mittelbarer Schaden
Unmittelbare Schäden sind direkte Folgen des auslösenden Ereignisses. Mittelbare Schäden ergeben sich erst in weiteren Folgen, beispielsweise Betriebsunterbrechungen. Die Zurechnung mittelbarer Schäden erfordert eine besonders sorgfältige Prüfung von Kausalität und Vorhersehbarkeit.
Primär-, Folge- und Reflexschaden
Primärschäden sind die erste Beeinträchtigung; Folgeschäden treten zeitlich oder sachlich nachgelagert auf. Reflexschäden sind nur mittelbar über Dritte vermittelt und werden nicht in jedem Fall zugerechnet.
Entstehung und Zurechnung
Kausalität und Zurechnungsgrenzen
Ob ein Damnum ersetzt wird, hängt davon ab, ob es kausal und zurechenbar auf das auslösende Verhalten oder Ereignis zurückgeht. Üblich ist eine zweistufige Prüfung: Zunächst wird festgestellt, ob der Schaden ohne das Ereignis entfallen wäre (Kausalität). Danach wird geklärt, ob der Schaden dem Ereignis nach seiner Art und Vorhersehbarkeit noch zugerechnet werden kann (Zurechnung, Adäquanz, Schutzzweckgedanken).
Mitverursachung und Schadenminderung
Trägt die geschädigte Person zur Entstehung oder Erhöhung des Damnums bei, kann eine verhältnismäßige Kürzung des Ausgleichs erfolgen. Zudem besteht eine Obliegenheit, den Schaden im Rahmen des Zumutbaren gering zu halten; unterlassene Minderungsmaßnahmen können sich auf die Höhe des Ausgleichs auswirken.
Mehrere Beteiligte
Bei mehreren Verursachenden können Haftungsanteile je nach Beitrag zum Gesamtschaden verteilt werden. In bestimmten Konstellationen ist eine gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit möglich, intern erfolgt dann eine Ausgleichung nach Verursachungsanteilen.
Feststellung und Berechnung
Differenzmethode
Leitbild ist der Vergleich zweier Vermögenslagen: der tatsächlichen nach dem Ereignis und der hypothetischen ohne das Ereignis. Die Differenz bildet das Damnum. Bei fortlaufenden Beeinträchtigungen kann eine periodenbezogene Betrachtung erforderlich sein.
Naturalrestitution und Geldersatz
Vorrangig ist regelmäßig die wirtschaftliche Wiederherstellung des Zustandes, der ohne das schädigende Ereignis bestünde (Naturalrestitution). Ist dies nicht möglich oder nicht ausreichend, kommt Geldersatz in Betracht. Vorteile, die durch das Ereignis entstehen, können anzurechnen sein (Vorteilsausgleich), ebenso ersparte Aufwendungen.
Entgangener Gewinn und Prognose
Die Bestimmung entgangener Gewinne erfolgt über Wahrscheinlichkeits- und Vergleichsbetrachtungen (z. B. frühere Ertragsdaten, Marktentwicklung). Ungewissheiten werden häufig durch Schätzung überbrückt, soweit eine tragfähige Tatsachengrundlage besteht.
Immaterieller Schaden
Bei immateriellen Beeinträchtigungen steht der Ausgleichs- und Genugtuungsgedanke im Vordergrund. Die Bemessung orientiert sich an Schwere und Dauer der Beeinträchtigung sowie an den Umständen des Einzelfalls.
Typische Anwendungsfelder
Vertragliche Haftung
Entsteht ein Damnum durch Nichterfüllung oder Schlechterfüllung von Pflichten aus einem Vertrag, können das Erfüllungsinteresse oder das Vertrauensinteresse maßgeblich sein. Dazu zählen etwa Verzögerungsschäden, mangelhafte Leistung und nutzlos gewordene Aufwendungen.
Haftung außerhalb von Verträgen
Außerhalb vertraglicher Beziehungen können Schäden aus rechtswidrigen Eingriffen in absolut geschützte Güter oder aus Gefahrenquellen entstehen. Dazu gehören Sach- und Personenschäden sowie daraus resultierende Vermögensnachteile.
Produkt- und Betriebsrisiken
In Risikobereichen wie Herstellung, Verkehr oder Technik spielt die Zurechnung vorhersehbarer und beherrschbarer Risiken eine besondere Rolle. Typisch sind Folgeschäden wie Betriebsunterbrechungen, Rückrufkosten und Nutzungsausfall.
Versicherungsbezug
Versicherungen decken bestimmte Schadensarten nach vertraglich definiertem Umfang ab. Maßgeblich ist die Frage, ob ein versicherter Schadenstatbestand vorliegt und wie der Schaden im Rahmen der Versicherungsbedingungen zu beziffern ist.
Staatliche Verantwortlichkeit
Schäden können auch durch hoheitliches Handeln entstehen. In entsprechenden Konstellationen gelten besondere Zurechnungs- und Ersatzmaßstäbe.
Damnum im Finanz- und Wirtschaftsleben
Damnum, Disagio und Agio
Im Finanzbereich bezeichnet „Damnum“ häufig einen Abschlag vom Nennbetrag eines Darlehens oder einer Anleihe (Disagio). Der Auszahlungsbetrag liegt unter dem Nennbetrag; wirtschaftlich entspricht das einem vorweggenommenen Zinsanteil. Das Gegenstück ist das Agio (Aufgeld), bei dem der Ausgabepreis den Nennbetrag übersteigt.
Wirtschaftliche Einordnung
Das Disagio beeinflusst Effektivverzinsung und Zahlungsströme. In Rechnungslegung und Kalkulation wird das Damnum regelmäßig auf die Laufzeit verteilt betrachtet, um die wirtschaftliche Belastung periodengerecht abzubilden.
Abgrenzungen und verwandte Begriffe
Schaden, Nachteil und Aufwand
„Schaden“ ist die messbare Minderung einer Position. „Nachteil“ kann weiter gefasst sein und auch nicht messbare Beeinträchtigungen einschließen. „Nutzloser Aufwand“ ist eine Sonderform, bei der Aufwendungen ihren Zweck verfehlen und dadurch das Vermögen mindern.
Differenzschaden und Integritätsinteresse
Der Differenzschaden misst die Vermögensminderung. Das Integritätsinteresse betrifft die Unversehrtheit geschützter Güter (z. B. Sache, Gesundheit). Beide Perspektiven können für die Bemessung des Damnums relevant sein.
Drittschaden und Zession
Entsteht ein Schaden bei einer anderen Person als der unmittelbar betroffenen Vertragspartei, spricht man von Drittschaden. Die Durchsetzung kann besondere Gestaltungen erfordern, etwa die Übertragung von Ansprüchen.
Internationaler und historischer Kontext
Römisch-rechtliche Wurzeln
Bereits im römischen Recht wurden Damnum emergens und Lucrum cessans unterschieden. Diese Unterscheidung prägt bis heute die Betrachtung tatsächlicher Verluste und entgangener Vorteile.
Vergleichbare Begriffe in anderen Rechtsordnungen
In anglo-amerikanischen Systemen entspricht „damages“ dem monetären Ausgleich für Schäden. Kontinentaleuropäische Systeme verwenden Begriffe mit ähnlicher Abgrenzung zwischen realem Verlust und entgangenem Gewinn, häufig mit vergleichbaren Zurechnungs- und Prognoseanforderungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Damnum
Was bedeutet Damnum im Rechtssinn?
Damnum bezeichnet eine nachteilige Veränderung einer geschützten Position, meist eine Vermögensminderung. Erfasst werden sowohl konkrete Verluste als auch entgangene Vorteile sowie in besonderen Fällen immaterielle Beeinträchtigungen.
Worin liegt der Unterschied zwischen Damnum emergens und lucrum cessans?
Damnum emergens ist der tatsächlich eingetretene Verlust (z. B. Reparatur- oder Ersatzkosten), während lucrum cessans den entgangenen Gewinn bezeichnet, der ohne das schädigende Ereignis voraussichtlich erzielt worden wäre.
Wann gilt ein Schaden als ersatzfähig?
Ein Schaden ist ersatzfähig, wenn er kausal auf das auslösende Ereignis zurückgeht, nach seiner Art zurechenbar ist und keine Ausschluss- oder Begrenzungsgründe eingreifen. Maßstab sind Kausalität, Vorhersehbarkeit und Zurechnung.
Wie wird ein Damnum berechnet?
Leitbild ist die Differenz zwischen der tatsächlichen Vermögenslage und der hypothetischen Lage ohne das Ereignis. Bei entgangenem Gewinn erfolgt eine Prognose auf Basis belastbarer Anknüpfungstatsachen; Unsicherheiten können durch Schätzung überbrückt werden.
Welche Rolle spielt Mitverschulden beim Damnum?
Trägt die geschädigte Person zum Schaden bei oder unterlässt sie zumutbare Minderungsmaßnahmen, kann der Ausgleich anteilig reduziert werden. Die Höhe richtet sich nach der Mitverursachung und den Umständen des Einzelfalls.
Was ist der Unterschied zwischen unmittelbarem und mittelbarem Schaden?
Unmittelbarer Schaden entsteht direkt aus dem Ereignis; mittelbarer Schaden ergibt sich in weiteren Folgen. Für mittelbare Schäden ist eine besonders sorgfältige Prüfung der Zurechnung erforderlich.
Was bedeutet Damnum im Finanzbereich (Disagio)?
Im Finanzwesen steht Damnum häufig für einen Abschlag vom Nennbetrag eines Darlehens oder einer Anleihe. Der geringere Auszahlungsbetrag spiegelt wirtschaftlich einen vorweggenommenen Zinsanteil wider und beeinflusst die Effektivverzinsung.
Kann auch ein immaterieller Schaden ein Damnum sein?
Ja. Auch nicht vermögensbezogene Beeinträchtigungen können ein Damnum darstellen. Für deren Ausgleich gelten eigenständige Maßstäbe, die sich an Schwere und Dauer der Beeinträchtigung orientieren.