Begriff und Grundlagen von Cross Compliance
Cross Compliance stellt ein zentrales Element des Agrarrechts der Europäischen Union (EU) dar. Es handelt sich dabei um eine Verknüpfung („cross“) von landwirtschaftlichen Direktzahlungen und anderen finanziellen Förderungen mit der Einhaltung („compliance“) bestimmter Vorschriften. Ziel ist es, den Erhalt von EU-Agrarsubventionen an die Beachtung umwelt-, pflanzenschutz-, tierhaltungs- sowie lebensmittelrechtlicher Auflagen zu koppeln. Die Rechtsgrundlagen und Umsetzungsvorgaben sind auf europäischer sowie nationaler Ebene umfassend geregelt.
Rechtliche Grundlagen
Europarechtlicher Rahmen von Cross Compliance
Die rechtliche Grundstruktur von Cross Compliance findet sich primär in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Maßgeblich ist die Verordnung (EU) 2021/2115 („GAP-Strategieplanverordnung“), welche die Voraussetzungen und Anforderungen der Direktzahlungen sowie der Cross Compliance definiert. Ergänzend gelten delegierte und durchführende Rechtsakte der Europäischen Kommission.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die europarechtlichen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen und die Kontrolle der Einhaltung zu gewährleisten. Ziel ist die Sicherstellung nachhaltiger Landwirtschaft und der wirksame Schutz von Umwelt, Klima, öffentlicher Gesundheit, Tierwohl und Pflanzengesundheit.
Nationale Umsetzung in Deutschland
In Deutschland erfolgt die nationale Umsetzung insbesondere durch das Direktzahlungen-Durchführungsgesetz (DirektZahlDurchfG) und verschiedene Verordnungen, wie die Direktzahlungen-Durchführungsverordnung (DirektZahlDurchfV) sowie die Cross Compliance-Verordnung (CrossCompV). Diese Regelungen bestimmen die konkreten Sanktionsmechanismen und die Ausgestaltung der Kontrollen durch die zuständigen Behörden auf Landes- und Bundesebene.
Inhaltliche Anforderungen von Cross Compliance
Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB)
Die Grundanforderungen an die Betriebsführung umfassen wesentliche Verpflichtungen, die sich aus EU-Verordnungen und -Richtlinien in unterschiedlichen Rechtsbereichen ergeben, insbesondere:
- Umweltschutzvorschriften (z. B. Wasserrahmenrichtlinie, Nitratrichtlinie)
- Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit (z. B. Rückverfolgbarkeit von Agrarerzeugnissen)
- Tiergesundheits- und Tierschutzregeln (z. B. Richtlinien zur Haltung von Nutztieren)
Konkrete Beispiele sind das Verbot, bestimmte Pflanzenschutzmittel ohne Genehmigung einzusetzen, oder das Gebot, Mindestanforderungen für die Haltung von Kälbern, Schweinen und Geflügel einzuhalten.
Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ)
Neben den Grundanforderungen existieren auch Verpflichtungen zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand („greening“). Hierzu zählen unter anderem:
- Mindestbodenbedeckung während bestimmter Zeiträume
- Schutz vor Erosion durch geeignete Bewirtschaftungsmethoden
- Erhalt von Landschaftselementen wie Hecken oder Feldrainen
- Einschränkungen bei der Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland
Diese Anforderungen sollen der Ressourcenschonung, der Biodiversität sowie dem nachhaltigen Einsatz von Produktionsmitteln dienen.
Kontrolle und Sanktionssystem
Überwachung der Einhaltung und Prüfmechanismen
Die Kontrolle der Einhaltung der Cross-Compliance-Bestimmungen erfolgt regelmäßig durch Betriebsprüfungen, Stichproben sowie administrative und physische Kontrollen. Zuständig sind die landwirtschaftlichen Behörden der Bundesländer, die die Prüfergebnisse an die Bewilligungsstellen weiterleiten.
Sanktionen bei Verstößen
Bei Verstößen gegen die Cross-Compliance-Bedingungen werden Kürzungen der Direktzahlungen verhängt. Die Höhe der Leistungskürzung hängt von Schwere, Umfang, Dauer und Häufigkeit des Verstoßes ab. Bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Verstößen kann das Subventionsrecht sogar den vollständigen Ausschluss von Förderungen vorsehen. Die Kürzungen bewegen sich zwischen einem Prozent und hundert Prozent der jährlich beantragten Zahlungen.
Rechtsbehelfsmöglichkeiten
Gegen behördliche Sanktionsentscheidungen stehen den betroffenen Landwirtinnen und Landwirten Rechtsbehelfe offen, insbesondere Widerspruch und Klage vor den Verwaltungsgerichten. Dies gewährleistet Rechtsschutz im Hinblick auf die Existenzsicherung landwirtschaftlicher Betriebe.
Bedeutung und Zielsetzung von Cross Compliance
Cross Compliance verfolgt eine zentrale Lenkungsfunktion in der EU-Agrarpolitik. Durch die Bindung von Direktzahlungen und anderen Fördermaßnahmen an die Einhaltung spezifischer Rechtsvorgaben wird ein Anreiz geschaffen, nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben. Dies dient nicht nur der Lebensmittelsicherheit und dem Verbraucherschutz, sondern auch dem Klima-, Umwelt- und Tierschutz. Zugleich sichert das System die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Agrarförderung in der Gesellschaft.
Ausblick und Weiterentwicklung
Die Regelungen zu Cross Compliance werden im Zuge der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik regelmäßig angepasst, insbesondere mit Blick auf eine stärkere ökologische Ausrichtung, Klimaschutzmaßnahmen und gesellschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Betriebe. Durch neue Rechtsakte und Anpassungen auf europäischer Ebene entwickelt sich das System stetig weiter.
Fazit:
Cross Compliance ist als verknüpftes System von EU-Vorgaben unverzichtbarer Bestandteil der Agrarförderpolitik in Europa. Es trägt dazu bei, zentrale umwelt-, tier- und gesundheitsschützende Vorschriften effektiv durchzusetzen, indem es die Einhaltung zur Voraussetzung für den Bezug staatlicher Leistungen macht. Die umfassenden und vielschichtigen rechtlichen Vorgaben erfordern von landwirtschaftlichen Betrieben ein hohes Maß an Rechtskenntnis und Sorgfalt in der betrieblichen Umsetzung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen Cross Compliance?
Bei Verstößen gegen die Cross Compliance-Auflagen drohen in erster Linie Sanktionen in Form von Kürzungen, Aussetzungen oder Rückforderungen von Direktzahlungen und bestimmten Fördermitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich insbesondere in den EU-Verordnungen (z.B. VO (EU) Nr. 1306/2013 und VO (EU) 2021/2116) sowie in nationalen Ausführungsgesetzen. Die Sanktionen werden auf Grundlage des Verhältnismäßigkeitsprinzips festgesetzt und richten sich nach Art, Schwere, Ausmaß, Dauer sowie Wiederholung des Verstoßes. Verstöße können auch verwaltungsrechtliche sowie im Einzelfall ordnungswidrigkeits- oder strafrechtliche Konsequenzen haben, sofern z.B. umweltrechtliche Schutzgüter betroffen sind. Im schlimmsten Fall kann neben der finanziellen Sanktionierung auch der Ausschluss vom Förderverfahren für mehrere Jahre drohen.
Wer ist nach rechtlichem Verständnis zur Einhaltung von Cross Compliance verpflichtet?
Rechtlich gesehen sind grundsätzlich alle Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe verpflichtet, die EU-Direktzahlungen oder andere an Cross Compliance geknüpfte Fördermittel beantragen und erhalten. Maßgeblich ist hier das sogenannte Bewirtschafterprinzip – d.h. jede natürliche oder juristische Person, die einen Betrieb verwaltet und die Zahlung beantragt, ist zur Einhaltung aller geltenden Standards und Vorschriften verpflichtet. Von besonderer Bedeutung ist dabei die lückenlose Unterlagendokumentation, um im Falle von Prüfungen die Einhaltung der Auflagen auch nachweisen zu können. Auch bei Verpachtung oder Betriebsüberlassung kann der Verpflichtete nicht automatisch von seiner Verantwortung entbunden werden, solange die Zahlungen an ihn erfolgen.
Wie erfolgt die Kontrolle und Überwachung der Cross Compliance-Vorschriften rechtlich?
Die Kontrolle erfolgt auf Basis unionsrechtlicher Vorgaben regelmäßig durch die zuständigen Behörden der Bundesländer beziehungsweise der zuständigen Zahlstellen. Die Auswahl der zu kontrollierenden Betriebe erfolgt sowohl risikoorientiert als auch per Zufallsstichproben. Die rechtlichen Anforderungen an das Kontrollverfahren sind im EU-Recht detailliert vorgegeben, u.a. hinsichtlich Ankündigungsfristen, Dokumentationspflichten und Einspruchsmöglichkeiten. Bei Kontrollen wird insbesondere überprüft, ob die Standards und rechtlichen Verpflichtungen – etwa im Bereich Umweltschutz, Tierwohl und Gesundheit – eingehalten werden. Die Behörden sind berechtigt, den Betrieb zu betreten, Unterlagen einzusehen und Auskünfte zu verlangen.
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei wiederholtem Cross Compliance-Verstoß?
Wiederholte Verstöße führen nach dem europäischen und nationalen Recht zu einer sogenannten „progressiven Sanktionierung“. Das heißt, die Kürzung der Direktzahlungen kann bei erneuten Verstößen im gleichen Bereich signifikant erhöht werden. Je nach Schwere und Häufigkeit kann dies zu einer vollständigen Streichung der betreffenden Zahlungen für das laufende und nachfolgende Jahr führen. Die rechtliche Grundlage bildet hier insbesondere Art. 99 VO (EU) Nr. 1306/2013 und nationale Ausführungsbestimmungen, die ein abgestuftes Sanktionensystem vorsehen, das bereits bei fahrlässigen Wiederholungen eine Erhöhung der finanziellen Sanktionen vorsieht.
Besteht eine rechtliche Möglichkeit zur Anfechtung von Cross Compliance-Sanktionen?
Ja, jede Sanktion wegen Verstößen gegen Cross Compliance ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes und kann daher mit den regulären Rechtsbehelfen – wie Widerspruch und Klage – angefochten werden. Die rechtliche Überprüfung bezieht sich dabei insbesondere auf die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Sanktion, die korrekte Ermittlung des Sachverhalts, die Einhaltung der Verfahrensvorschriften sowie das rechtliche Gehör. In der Praxis ist es ratsam, bereits im Widerspruchsverfahren alle relevanten Beweismittel und Dokumente vorzulegen, da im Gerichtsverfahren meist keine neue Tatsachenaufnahme erfolgt.
Gibt es im Cross Compliance-Recht spezifische Übergangs- oder Ausnahmevorschriften?
Das Cross Compliance-Regelwerk sieht verschiedene Übergangs- und Ausnahmeregelungen vor, die sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene geregelt sind. Beispielsweise können bei außergewöhnlichen Umständen – wie Naturkatastrophen, Tierseuchen oder behördlichen Verfügungen – Erleichterungen oder Befreiungen von bestimmten Auflagen gewährt werden („force majeure“). Der Antragsteller muss das Vorliegen der außergewöhnlichen Umstände unverzüglich nachweisen und anzeigen. Zudem gibt es für bestimmte kleine Betriebe oder für neue Mitgliedsstaaten der EU zeitlich befristete Erleichterungen hinsichtlich einzelner Auflagen.
Wie sind die rechtlichen Anforderungen an die Dokumentations- und Nachweispflichten im Bereich Cross Compliance?
Die rechtlichen Anforderungen an die Dokumentation sind umfangreich und betreffen sowohl betriebliche Unterlagen als auch Nachweise zu einzuhaltenden Vorgaben, etwa im Bereich der Düngemittelverordnung, Tierhaltung, Pflanzenschutz oder der Bewirtschaftung besonders geschützter Flächen. Die Pflicht zur Führung und Vorlage bestimmter Aufzeichnungen ergibt sich unmittelbar aus den einschlägigen fachrechtlichen Vorschriften (z.B. § 10 Düngegesetz, § 11 TierSchG, Pflanzenschutzgesetz) sowie aus EU-Vorgaben. Die zuständigen Behörden sind berechtigt, die Vorlage dieser Nachweise anlässlich von Kontrollen einzufordern, wobei fehlende oder mangelhafte Nachweise zu Sanktionsmaßnahmen führen können. Eine digitale oder elektronische Dokumentation ist häufig zulässig, muss aber jederzeit prüffähig und vollständig sein.