Begriff und Grundzüge der Corporate Social Responsibility (CSR)
Corporate Social Responsibility (CSR; deutsch: gesellschaftliche Unternehmensverantwortung) bezeichnet das freiwillige oder über gesetzliche Verpflichtungen hinausgehende Engagement von Unternehmen für nachhaltige, gesellschaftlich verantwortungsvolle Unternehmensführung. Dies schließt ökologische, soziale und unternehmerische Aspekte ein. CSR ist in der öffentlichen und unternehmerischen Diskussion ein zentrales Thema und gewinnt zunehmend regulatorische Bedeutung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.
Rechtliche Rahmenbedingungen der Corporate Social Responsibility
Europäische Union
EU-Berichterstattungsrichtlinie („CSR-Richtlinie“)
Im Mittelpunkt der europarechtlichen Entwicklung steht die Richtlinie 2014/95/EU (Non-Financial Reporting Directive, NFRD), welche große kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, in ihre Lageberichte nichtfinanzielle Informationen aufzunehmen. Darunter fallen unternehmerische Aktivitäten in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung.
Mit Inkrafttreten der Richtlinie (EU) 2022/2464 über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) werden seit 2024 die Anforderungen erheblich verschärft und der Kreis der betroffenen Unternehmen erheblich ausgeweitet. Unternehmen müssen detailliert zu Nachhaltigkeitsthemen berichten und die von der EU entwickelten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) anwenden.
EU-Taxonomie-Verordnung
Ergänzend zur Berichterstattung ist die EU-Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852 zu beachten, welche einen Klassifikationsrahmen für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten vorgibt. Hierdurch wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Geschäftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig einzustufen sind – eine wesentliche Grundlage zur Vermeidung von sogenanntem „Greenwashing“.
Deutschland
Umsetzung der EU-Richtlinie und nationale Vorschriften
In Deutschland wurde die Richtlinie 2014/95/EU durch das Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung umgesetzt. Nach §§ 289b bis 289e Handelsgesetzbuch (HGB) sowie für Konzerne §§ 315b bis 315c HGB werden große Unternehmen sowie bestimmte kapitalmarktorientierte Organisationen verpflichtet, regelmäßig über ihre CSR-Maßnahmen zu berichten. Dies betrifft insbesondere folgende Themenfelder:
- Umweltbelange (z. B. Energieverbrauch, Emissionen, Ressourcenschutz)
- Sozial- und Arbeitnehmerbelange (z. B. Arbeitsstandards, Gleichbehandlung)
- Achtung der Menschenrechte
- Bekämpfung von Korruption und Bestechung
Seit 2023 sind in Deutschland auch Unternehmen, die unter das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) fallen, verpflichtet, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihren weltweiten Lieferketten umfassend zu beachten.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größenordnung zur Wahrung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette. Die betroffenen Unternehmen müssen:
- Risiken analysieren und bewerten
- Präventionsmaßnahmen umsetzen
- Abhilfemaßnahmen bei tatsächlichen Verstößen treffen
- Einen Beschwerdemechanismus vorhalten
- Über Maßnahmen und Ergebnisse berichten
Ein Verstoß gegen das LkSG kann mit erheblichen Bußgeldern und dem Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren sanktioniert werden.
Internationale Standards und Regelwerke
UN Global Compact und OECD-Leitsätze
Zu den wichtigsten internationalen Normen gehören die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die Prinzipien des UN Global Compact. Diese Regelwerke geben freiwillige Grundsätze für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln vor, die international Beachtung finden.
ISO 26000
Die internationale Norm ISO 26000 bietet umfassende Leitlinien zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen. Diese Norm ist als Orientierung für die Implementierung von CSR-Strategien maßgeblich, ist jedoch nicht zertifizierbar und entfaltet keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung.
Pflichten und Konsequenzen im Rahmen der CSR
Berichtspflichten
Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschriften fallen, sind zu jährlichen Berichten über ihre nichtfinanziellen Aktivitäten verpflichtet. Die Berichterstattung muss klare, überprüfbare Aussagen über Strategien, Maßnahmen, Ergebnisse und Risiken enthalten und wird von Prüfstellen überwacht.
Sorgfaltspflichten
Im Kontext der Lieferkette und bei unternehmerischen Entscheidungen müssen Unternehmen proaktive Sorgfaltspflichten einhalten, um menschenrechtliche, soziale und umweltbezogene Standards sicherzustellen.
Sanktionen und Haftung
Verletzungen der CSR-relevanten gesetzlichen Bestimmungen können administrative Maßnahmen, hohe Geldbußen und in bestimmten Fällen Schadensersatzforderungen zur Folge haben. Besonders im Bereich der Lieferkettengesetzgebung können Unternehmen zudem vom Vergabeverfahren öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Bedeutung für die Unternehmensführung
CSR ist nicht nur ein Aspekt der freiwilligen Selbstverpflichtung, sondern gewinnt insbesondere durch die fortschreitende Regulierung betriebswirtschaftlich und rechtlich an Bedeutung. Unternehmen sind zunehmend verpflichtet, systematische CSR-Strategien zu entwickeln, zu implementieren und transparent zu dokumentieren, um Haftungsrisiken zu minimieren, gesetzliche Vorgaben einzuhalten und gesellschaftliche Erwartungen zu erfüllen. Die Integration von CSR in die Governance-Strukturen ist elementarer Bestandteil einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Unternehmensführung.
Ausblick und Entwicklungstendenzen
Der Trend zur rechtlichen Verankerung von Corporate Social Responsibility schreitet weltweit voran, insbesondere unter dem Eindruck von Klimawandel, globalisierter Lieferketten und wachsendem gesellschaftlichem Druck. Die Entwicklung neuer, verbindlicher Regelwerke bleibt dynamisch, insbesondere auf europäischer Ebene. Für Unternehmen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, CSR nicht nur als Teil der Corporate Governance, sondern als integralen Bestandteil ihrer strategischen Ausrichtung zu begreifen.
Zusammenfassung
Corporate Social Responsibility umfasst sämtliche Maßnahmen, mit denen Unternehmen freiwillig oder verpflichtend gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Die rechtlichen Anforderungen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen und betreffen insbesondere Berichtspflichten, Sorgfaltspflichten in der Lieferkette und umfassende Transparenzanforderungen. Nationale und internationale Vorschriften, wie etwa das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die EU-CSR-Richtlinie, prägen maßgeblich das Anforderungsprofil an Unternehmen und deren interne wie externe Rechenschaftspflichten.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Berichtspflichten bestehen in Deutschland für Unternehmen im Rahmen der Corporate Social Responsibility?
In Deutschland sind Unternehmen, abhängig von ihrer Größe und Rechtsform, verpflichtet, über ihre unternehmerischen Aktivitäten im Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) zu berichten. Zentrale rechtliche Grundlage hierfür ist das Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz), welches 2017 in Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/95/EU eingeführt wurde. Große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind seither verpflichtet, in einem sogenannten nichtfinanziellen Bericht auf Aspekte wie Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämpfung von Korruption und Bestechung einzugehen. Die jüngst verabschiedete „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) erweitert den Anwendungsbereich sukzessive und schreibt EU-weite Standards für die Berichterstattung verbindlich vor. Die Inhalte und Angaben sind künftig auf Basis verbindlicher Berichtstandards (ESRS) zu machen, wobei der Berichtsumfang, die Datenqualität und die prüferische Durchsicht steigen. Verletzungen der Berichtspflicht können mit Bußgeldern geahndet werden.
Inwieweit können Verstöße gegen Corporate Social Responsibility haftungsrechtliche Konsequenzen haben?
Obwohl CSR in weiten Teilen auf freiwilligen Maßnahmen basiert, existieren bestimmte rechtliche Mindestanforderungen, deren Nichteinhaltung haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Kommt ein Unternehmen z.B. seiner gesetzlichen Sorgfaltspflicht nicht nach und nimmt dadurch fahrlässig Umweltschäden, Menschenrechtsverletzungen oder Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorgaben in Kauf, können daraus zivilrechtliche Ansprüche geschädigter Dritter resultieren. Mit Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) sind Unternehmen zudem verpflichtet, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken systematisch zu identifizieren, zu minimieren und über Abhilfemaßnahmen zu berichten. Bei Verletzungen der Sorgfaltspflicht drohen Bußgelder, der Ausschluss von öffentlichen Vergaben und – zumindest bei schuldhaftem Verhalten – Haftung gegenüber Betroffenen. Auch organschaftliche Vertreter können haften, wenn sie die Pflichten des Unternehmens vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzen. Die Reichweite der zivilrechtlichen Haftung wird zudem durch europäische Regelungen künftig weiter ausgedehnt.
Welche Rolle spielen nationale und internationale Standards im rechtlichen Kontext der CSR?
Im rechtlichen Kontext dienen nationale und internationale Standards wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen oder die ISO 26000 als Orientierungshilfen, auch wenn sie in der Regel keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit entfalten. Gleichwohl werden zahlreiche Elemente dieser Standards durch nationales Recht, wie etwa das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, verbindlich gemacht. Zudem greifen diese Normen immer häufiger als Auslegungshilfe bei der rechtlichen Bewertung unternehmerischer Sorgfaltspflichten. Über Verweisungen werden sie Bestandteil von verbindlichen Regelwerken (z. B. in vertraglichen Compliance-Regelungen, unternehmensinternen Richtlinien oder bei der externen Berichterstattung). Nichteinhaltung dieser Standards kann etwa im Rahmen von zivilrechtlichen Haftungsprozessen, im Bereich des Reputationsschutzes oder bei strafrechtlicher Verantwortlichkeit indirekte Rechtswirkungen entfalten.
Welche strafrechtlichen Risiken ergeben sich aus der Nichtbeachtung von CSR-Vorgaben?
Die strafrechtliche Verantwortung kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn unternehmerisches Fehlverhalten Straftatbestände wie Umweltstraftaten (§§ 324 ff. StGB), Korruption (§§ 299 ff. StGB) oder Verstöße gegen Arbeitsschutzgesetze erfüllt. Daneben regelt das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) Bußgeldtatbestände, die im Zusammenhang mit CSR-relevanten Rechtsverletzungen stehen, insbesondere bezüglich der Unternehmensverantwortlichkeit. Mit dem geplanten Verbandssanktionengesetz (Unternehmensstrafrecht) könnte die direkte strafrechtliche Sanktionierung von Unternehmen künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Auch die Geschäftsleitung kann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie systematisch oder grob fahrlässig gesetzliche Pflichten missachtet und so zum Beispiel Menschenrechtsverletzungen oder grobe Umweltschäden in der Lieferkette billigend in Kauf nimmt.
Wie beeinflussen EU-Richtlinien und internationale Abkommen die rechtliche Umsetzung von CSR in Deutschland?
Die rechtliche Umsetzung von CSR in Deutschland ist stark von europäischen Richtlinien und internationalen Abkommen geprägt. Die CSR-Richtlinie (2014/95/EU), nunmehr abgelöst durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), setzt verbindliche Maßstäbe an die Berichterstattung und Transparenz. Hinzu kommen die EU-Taxonomie-Verordnung sowie das kommende EU-Lieferkettengesetz, welches Sorgfaltspflichten entlang globaler Lieferketten kodifiziert. International beeinflussen Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen oder die grundlegenden Arbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) die nationale Gesetzgebung, da deren Inhalte zunehmend in verbindliche Verpflichtungen überführt werden. Die Umsetzung erfolgt dabei meist durch Anpassung oder Schaffung nationaler Gesetze (z. B. LkSG, CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz). In grenzüberschreitenden Kontexten nehmen diese Vorgaben damit signifikanten Einfluss auf das deutsche Wirtschaftsrecht.
Welche Pflichten treffen Unternehmen hinsichtlich der Lieferkette gemäß Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)?
Das seit dem 1. Januar 2023 geltende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen mit in der Regel mindestens 3.000 (ab 2024: 1.000) Beschäftigten, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren gesamten Lieferketten – vom Rohstoff bis zum Endprodukt – zu identifizieren, zu bewerten und angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Zentrale Sorgfaltspflichten sind unter anderem die Einrichtung eines Risikomanagements, die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen, die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen, die Abgabe und Bearbeitung von Beschwerden sowie die Dokumentations- und Berichtspflicht gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das BAFA ist zur Überwachung und Durchsetzung dieser Pflichten befugt und verhängt bei Verstößen empfindliche Bußgelder sowie den Ausschluss von öffentlichen Vergaben. Die Pflichten gelten gestuft, d.h. sie sind bei unmittelbaren Zulieferern strenger auszuüben als bei mittelbaren Zulieferern, wobei allerdings bereits Verdachtsmomente ebenfalls Sorgfaltspflichten auslösen können.