Legal Lexikon

COREPER


Definition und rechtlicher Rahmen von COREPER

Das Comité des représentants permanents, abgekürzt COREPER (auch: Ausschuss der Ständigen Vertreter), ist ein zentrales Organ im institutionellen Aufbau der Europäischen Union (EU). Der COREPER fungiert als Bindeglied zwischen dem Rat der Europäischen Union und den nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten. Er ist maßgeblich an der Vorbereitung und Koordination sämtlicher Ratsarbeiten sowie der Entscheidungsfindung im EU-Ministerrat beteiligt.

Zusammensetzung und Organisation des COREPER

Mitgliederstruktur

Der COREPER setzt sich aus den Ständigen Vertretern der Mitgliedstaaten bei der Europäischen Union zusammen. Die Ständigen Vertreter sind diplomatische Amtsträger auf Botschafterebene, die von jeder Regierung der Mitgliedstaaten nominiert und offiziell entsandt werden. Die Rechtsgrundlage für den COREPER findet sich insbesondere in Artikel 240 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Gliederung in COREPER I und COREPER II

Der COREPER ist in zwei Unterausschüsse gegliedert:

  • COREPER II: Besteht aus den Ständigen Vertretern (Botschafterebene), zuständig vornehmlich für Fragen der Außen-, Wirtschafts- und Finanzpolitik, Allgemeine Angelegenheiten, Justiz und Inneres sowie institutionelle Angelegenheiten.
  • COREPER I: Besteht aus den stellvertretenden Ständigen Vertretern (Ministerialebene), der die Sachgebiete Binnenmarkt, Verkehr, Umwelt, Arbeit und Sozialpolitik, Landwirtschaft und Fischerei, Beschäftigung und ähnliche fachbezogene Ratsformationen betreut.

Die Arbeitsweise und Verantwortungsverteilung beider Formationen ist gesetzlich und durch interne Geschäftsordnungen geregelt.

Aufgaben, Kompetenzen und Verfahren des COREPER

Vorbereitung von Ratsarbeiten

Der COREPER übernimmt die vorbereitende Funktion für sämtliche Tagungen des Rates der Europäischen Union. Hierzu zählt die Ausarbeitung von Entscheidungsentwürfen, Rechtsakten und Beschlusstexten. Die Ergebnisse dieser Beratungen werden dem Rat als sogenannte „A-Punkte“ (zur formalen Bestätigung ohne weitere Diskussion) und „B-Punkte“ (Themen, die weiterer Erörterung bedürfen) vorgelegt.

Vermittlungsfunktion

Im Rahmen der legislativen Entscheidungsprozesse fungiert der COREPER als Vermittlungsorgan zwischen den Interessen der Mitgliedstaaten. Durch informelle Konsultationen und Kompromisssuchung strebt er konsensfähige Lösungen an. Sein Aufgabenbereich erstreckt sich auch auf die Lösung technischer und politischer Streitfragen, bevor diese an die Ministerebene eskaliert werden.

Rechtliche Kompetenzen

Der COREPER ist kein eigenständiges Entscheidungsorgan im formalen Sinne, sondern ein vorbereitendes Gremium ohne eigene Entscheidungsbefugnis gemäß der EU-Verträge. Seine rechtliche Legitimation zieht er vor allem aus:

  • Artikel 240 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union)
  • Geschäftsordnung des Rates (insbesondere Artikel 19 und 20 der Geschäftsordnung)

Durch diese Normen ist der COREPER verpflichtet, dem Rat bei der Ausarbeitung und Prüfung von Rechtsakten zuzuarbeiten und die Einhaltung der Vorschriften, der Verfahrensordnung und Tranzparenzgebote sicherzustellen.

Technische Vorbereitung, Beratung und Überwachung

Der COREPER überwacht die Arbeit der über 150 Arbeitsgruppen und Ausschüsse, die ihm unmittelbar zuarbeiten. Dazu gehören unter anderem die Evaluierung von Legislativvorschlägen, Initiativen der Europäischen Kommission und Stellungnahmen des Europäischen Parlaments.

Rechtliche Stellung des COREPER in den EU-Verträgen

Verankerung im Primärrecht

Artikel 240 AEUV bestimmt, dass ein Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten bei der Union eingesetzt wird, der unter der Leitung eines Vorsitzenden des Rates die Arbeiten des Rates vorzubereiten und die ihm vom Rat übertragenen Aufgaben auszuführen hat.

Funktion im europäischen Rechtsetzungsverfahren

Im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens (Mitentscheidungsverfahren) wie auch bei speziellen Gesetzgebungsverfahren bereitet der COREPER im Sinne der Verfahrensbeschleunigung und Qualitätssicherung Beschlüsse und gemeinsame Standpunkte vor. Er übernimmt dabei wesentliche Prüf- und Koordinationsaufgaben hinsichtlich Rechtskonformität, Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit sowie zur Wahrung der Rechte der Mitgliedstaaten.

Transparenz und Rechenschaftspflicht

Die Tätigkeit des COREPER unterliegt der Verpflichtung zu Transparenz und Nachvollziehbarkeit gemäß Artikel 15 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sowie entsprechend der Ratsgeschäftsordnung. Die Protokolle, Zusammenfassungen und Dokumentationen seiner Sitzungen werden institutionalisiert veröffentlicht und stimmen mit unionsrechtlichen Grundsätzen der Transparenz und demokratischen Kontrolle überein.

COREPER im Zusammenspiel mit anderen EU-Institutionen

Beziehungen zum Rat der Europäischen Union

Der COREPER ist unmittelbar dem Rat der Europäischen Union nachgeordnet und nicht dazu ermächtigt, endgültige Beschlüsse zu fassen. Seine Tätigkeit zielt auf die effiziente Steuerung und Optimierung der Ratsarbeit. Für bestimmte administrative Maßnahmen kann ihm im Rahmen der Geschäftsordnung des Rates eine Ermächtigung zur autonomen Bearbeitung nachgeordneter Vorgänge eröffnet werden.

Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament

Der COREPER steht in regelmäßigem Kontakt mit der Europäischen Kommission zur Abstimmung von Legislativvorlagen, Berichten und Initiativen. Im Trilogverfahren, das dem Ausgleich unterschiedlicher Positionen zwischen Parlament, Kommission und Rat im Rechtsetzungsprozess dient, stellt er ein zentrales Verhandlungsgremium dar.

Bedeutung des COREPER für das Funktionieren der Europäischen Union

Durch die systematische Vorbereitung sowie Konsensfindung sorgt der COREPER für eine effiziente und koordinierte Arbeitsweise des Rates der Europäischen Union. Dies trägt maßgeblich zur Funktionsfähigkeit des gesamten institutionellen Gefüges der EU bei und gewährleistet eine reibungslose Handhabung der komplexen Entscheidungs- und Abstimmungsprozesse auf europäischer Ebene.

Literatur- und Rechtsquellen

  • Vertrag über die Europäische Union (EUV)
  • Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere Artikel 240 AEUV
  • Geschäftsordnung des Rates der Europäischen Union (Beschluss 2009/937/EU)
  • Dokumente und Protokolle des Rates und des COREPER (abrufbar über das Ratssekretariat der Europäischen Union)

Hinweis: Die vorstehende Darstellung fasst den Ausschuss der Ständigen Vertreter (COREPER) in seiner rechtlichen und institutionellen Dimension zusammen und berücksichtigt alle maßgeblichen normativen Grundlagen sowie institutionelle Besonderheiten.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist befugt, den COREPER nach rechtlicher Grundlage einzuberufen?

Nach Artikel 19 der Geschäftsordnung des Rates der Europäischen Union (Anhang VI der konsolidierten Fassung der Rats-Geschäftsordnung) ist grundsätzlich der Vorsitz des COREPER, der im Rahmen der rotierenden Präsidentschaft von den Vertreterinnen und Vertretern des jeweils vorsitzführenden Mitgliedstaates wahrgenommen wird, für die Einberufung der Sitzungen zuständig. Die Einberufung erfolgt auf Initiative des Vorsitzes entweder von COREPER II (in der Regel der Ständige Vertreter der Mitgliedstaaten auf Botschafterebene) oder COREPER I (Stellvertretende Ständige Vertreter, meist Ministerialbeamte). Sie geschieht regelmäßig zur Vorbereitung der Arbeiten des Rates, kann nach rechtlichen Vorgaben aber auch auf Antrag eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erfolgen. Die förmliche Einladung zu den Sitzungen wird unter Berücksichtigung der Fristen zur Vorabunterrichtung gemäß den internen Prozeduren des Rates an die Mitgliedsstaaten gesandt. Darüber hinaus müssen alle offenen Punkte auf der Tagesordnung rechtssicher dokumentiert und in Abstimmung zwischen dem Ratssekretariat und dem Vorsitz zusammengetragen werden.

In welchem rechtlichen Rahmen agiert der COREPER und welche Dokumente legen seinen Handlungsspielraum fest?

Die rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit des COREPER ergeben sich in erster Linie aus Artikel 240 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der die Einrichtung und Aufgaben des Ausschusses festschreibt. Ergänzend regelt die Geschäftsordnung des Rates (Beschluss (EU) 2021/1004) in mehreren Bestimmungen das Verfahren, die Einberufung, die Arbeitssprache sowie die Sitzungsmodalitäten des COREPER. Auch entsprechende Durchführungsbestimmungen und Protokolle der Ständigen Vertretungen entfalten rechtliche Wirkung. Darüber hinaus wirken auch Verfahrensregeln zu Transparenz, Protokollführung und öffentlicher Zugänglichkeit gemäß Artikel 15 AEUV sowie den Bestimmungen der Rats-Geschäftsordnung auf die Tätigkeit des COREPER ein. Sämtliche Arbeitsunterlagen und Protokolle werden gemäß diesen Vorgaben erstellt, dokumentiert und archiviert.

Welche rechtlichen Grenzen bestehen hinsichtlich der Beschlussfassung durch den COREPER?

COREPER ist kraft Recht keine Entscheidungsinstanz im eigentlichen Sinne, sondern ein vorbereitendes Gremium: Nach Artikel 240 AEUV und einschlägigen Ratsentscheidungen darf der COREPER keine eigenen Beschlüsse mit Rechtsverbindlichkeit für die Europäische Union oder Mitgliedstaaten fassen. Vielmehr bereitet er sämtliche Ratsbeschlüsse, Gesetzgebungsakte und Entschließungen vor und leitet sie für die eigentliche Beschlussfassung mit abgestimmten Texten und Empfehlungen dem Rat zu. In diesem Rahmen kann COREPER nur über den sogenannten „A“-Punkt-Mechanismus vorbereitete Einigungen formal zur Annahme durch den Rat vorschlagen. Eigenständige Entscheidungen sind rechtlich nur in Ausnahmefällen vorgesehen, etwa bei rein technischen, internen oder vom Rat ausdrücklich delegierten Angelegenheiten, jedoch immer im Rahmen der geltenden Geschäftsordnungen.

Wie ist der Zugang zu den Sitzungen des COREPER rechtlich geregelt?

Nach Art. 7 der Rats-Geschäftsordnung finden die Sitzungen des COREPER grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Zugang ist den Ständigen Vertretern und ihrer jeweiligen Delegation vorbehalten, ergänzt um ausgewählte Bedienstete des Ratssekretariats sowie auf Einladung weitere Experten oder Vertreter der EU-Organe. Abweichend hiervon sieht Art. 8 der Rats-Geschäftsordnung Ausnahmen für den Fall vor, dass der Rat oder COREPER selbst bestimmte Sitzungen für öffentliche Verhandlungen erklärt. Ferner unterliegen alle Sitzungsprotokolle und Unterlagen strengen Datenschutz- und Geheimhaltungsvorschriften, wobei Dokumente gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 auf Antrag von Bürgerinnen und Bürgern teils zugänglich gemacht werden können, sofern keine übergeordneten Schutzinteressen entgegenstehen.

Welche rechtliche Bedeutung hat die Protokollführung bei COREPER-Sitzungen?

Die Protokollführung bei COREPER-Sitzungen ist rechtlich verbindlich in der Geschäftsordnung des Rates geregelt. Das Generalsekretariat des Rates erstellt nach jeder Sitzung ein Protokoll, das die Hauptergebnisse, gefassten Empfehlungen, Diskussionspunkte und ggf. abweichende Meinungen festhält (siehe Art. 15 Rats-Geschäftsordnung und entsprechende Durchführungsbestimmungen). Diese Protokolle besitzen keinen Gesetzescharakter, sind aber essenziell für die Nachvollziehbarkeit der Meinungsbildung, können als Beweismittel im Rahmen von Gerichtsverfahren dienen und unterliegen einer begrenzten Veröffentlichungspflicht nach Maßgabe der unionsrechtlichen Transparenzregeln. Jegliche Fehler oder Unstimmigkeiten bei der Protokollierung können im Nachgang von den Delegationen angemeldet und im Protokoll vermerkt werden.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann COREPER einem Dossier die sogenannte „stille Zustimmung“ erteilen?

Die „stille Zustimmung“ („silence procedure“) ist im juristischen Kontext eine Verfahrensregel, die es dem COREPER erlaubt, bestimmte Beschlüsse ohne gesonderte Diskussion als angenommen zu betrachten, sofern kein Delegationsmitglied innerhalb einer festgelegten Frist Einspruch erhebt. Diese Praxis ist zwar in den zentralen EU-Verträgen nicht kodifiziert, aber in den internen Regeln des Rats und gewohnheitsrechtlich anerkannt. Die rechtlichen Voraussetzungen sind insbesondere: Vorliegen einer klaren Fristsetzung durch den Vorsitz, transparente Information aller Mitglieder über Inhalt und Frist sowie keine rechtzeitig eingegangene Einwände vor Ablauf der Frist. Wird Einspruch eingelegt, muss die Angelegenheit erneut erörtert werden. Diese Verfahrensweise ist vor allem bei der Annahme technischer Berichtigungstexte oder bei unstrittigen Punkten üblich.

Welche Rechtsfolgen hat eine Empfehlung des COREPER?

Empfehlungen des COREPER sind rechtlich nicht bindend, sondern dienen ausschließlich der inhaltlichen und formalen Vorbereitung der Entscheidungen des Rates. Sie sind damit aus juristischer Sicht vorbereitende Verwaltungsakte ohne Außenwirkung; ein rechtlicher Anspruch für Mitglieder, Dritte oder andere Institutionen leitet sich allein daraus nicht ab. Dennoch haben Empfehlungen, etwa im Rahmen von Kompromissformeln oder Lösungswegen, erhebliche praktische Bedeutung, da der Rat den Vorschlagen von COREPER gewöhnlich folgt. Kommen Empfehlungen jedoch im Rahmen von gesetzgeberischen Verfahren oder im Umgang mit sensiblen Dossiers zum Tragen, so müssen sie mit den jeweils einschlägigen rechtlichen Verfahren im Rat abgestimmt werden. Ein etwaiger Widerspruch der Ratsmitglieder kann dazu führen, dass Empfehlungen nicht umgesetzt oder weiterbearbeitet werden.