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Convertible Bonds

Definition und Grundstruktur

Convertible Bonds, im Deutschen häufig als Wandelanleihen bezeichnet, sind Schuldverschreibungen eines Unternehmens, die neben der Rückzahlungs- und Zinsfunktion das vertraglich verbriefte Recht bieten, die Anleihe unter bestimmten Bedingungen in Aktien des Emittenten (oder eines verbundenen Unternehmens) umzuwandeln. Sie verbinden Elemente klassischer Anleihen (Fremdkapital) mit einem potenziellen Eigentumsrecht (Eigenkapital) und zählen rechtlich zu den hybriden Finanzierungsinstrumenten.

Im Ausgangspunkt gewähren sie einen Nominalzins (Kupon) und haben eine feste Laufzeit. Der zentrale Zusatz ist das Umwandlungsrecht mit Parametern wie Umtauschpreis, Wandlungsverhältnis, Wandlungsfenster, Anpassungsmechanismen und eventuellen Ausübungsbeschränkungen.

Rechtliche Einordnung

Fremdkapital mit bedingter Eigenkapitalkomponente

Rechtlich werden Convertible Bonds zunächst als Schuldtitel des Emittenten eingeordnet. Das Wandlungsrecht begründet die Möglichkeit, das Schuldverhältnis in ein Beteiligungsverhältnis zu überführen. Dadurch können sich die Stellung des Inhabers, der Rang im Insolvenzfall und die Mitwirkungsrechte mit Ausübung der Wandlung ändern.

Öffentliches Angebot und Zulassung

Werden Convertible Bonds öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, bestehen umfassende Pflichten zur Erstellung und Veröffentlichung von Angebots- und Zulassungsunterlagen. Bei Privatplatzierungen gelten regelmäßig erleichterte Anforderungen, jedoch bleiben Informations- und Transparenzpflichten aus Markt- und Börsenregeln sowie allgemeinen Kapitalmarktgrundsätzen relevant.

Vertrags- und Emissionsdokumentation

Wesentliche Vertragsbestandteile

  • Nennbetrag, Laufzeit, Kupon und Zinsberechnungsmethode
  • Wandlungsrecht: Umtauschpreis, Wandlungsverhältnis, Wandlungsfenster, Ausübungsverfahren, Liefermodalitäten (Aktienlieferung oder Barausgleich), Fristen
  • Kündigungsrechte (Call/Put), inklusive vorzeitiger Rückzahlungstatbestände (z. B. Steuerereignis, Kontrollwechsel)
  • Verwässerungsschutzklauseln (Anti-Dilution) bei Kapitalmaßnahmen
  • Rang- und Besicherungsklauseln (regelmäßig unbesichert und nicht nachrangig, Abweichungen möglich)
  • Gläubigerschutz und Ereignisse des Verzugs (Events of Default, Cross-Default)
  • Rechtswahl, Gerichtsstand, Begebung über Treuhänder/Fiscal Agent

Prospekt- und Angebotsunterlagen

Die Emissionsunterlagen beschreiben die Risiken, die Rechte der Anleihegläubiger, die Bedingungen der Wandlung und die Eigenschaften der zugrunde liegenden Aktien. Sie bilden die rechtliche Grundlage der Anleihe und der späteren Wandlung.

Umwandlungsmechanik

Wandlungsrecht und -pflicht

Convertible Bonds gewähren typischerweise ein Wahlrecht des Inhabers (freiwillige Wandlung). Daneben existieren Pflichtwandelanleihen, bei denen die Wandlung automatisch oder bei Eintritt definierter Ereignisse erfolgt. Mischformen (z. B. bedingte Wandlung bei Auslösern wie Kurs- oder Kapitalereignissen) sind möglich.

Umtauschpreis und Wandlungsverhältnis

Der Umtauschpreis bestimmt, zu welchem Kurs Anleihen in Aktien getauscht werden. Das Wandlungsverhältnis gibt an, wie viele Aktien pro Anleihe geliefert werden. Beides kann fix oder anpassbar sein. Anpassungen erfolgen regelmäßig bei Kapitalmaßnahmen, um die wirtschaftliche Äquivalenz zu wahren.

Lieferung und Abwicklung

Die Abwicklung kann durch Lieferung existierender Aktien, Ausgabe neuer Aktien oder durch Barausgleich stattfinden. Die konkrete Modalität richtet sich nach den Emissionsbedingungen und den Kapitalmaßnahmen des Emittenten.

Kapitalmaßnahmen und Verwässerungsschutz

Bezugsrechte und Ausschluss

Werden im Zusammenhang mit der Wandlung neue Aktien ausgegeben, berührt dies regelmäßig die Rechte bestehender Aktionäre. Emittenten nutzen hierfür häufig gesonderte Kapitalrahmen. Der Umgang mit Bezugsrechten und deren möglichem Ausschluss richtet sich nach den satzungsmäßigen und gesetzlichen Vorgaben.

Anti-Dilution-Klauseln

Zur Wahrung der Gleichwertigkeit des Wandlungsrechts enthalten Convertible Bonds üblicherweise Klauseln, die bei Kapitalerhöhungen, Aktiensplits, Dividenden in Form von Aktien oder anderen strukturverändernden Maßnahmen den Umtauschpreis und/oder das Wandlungsverhältnis anpassen.

Anlegerschutz und Gläubigerrechte

Rang und Sicherheiten

Convertible Bonds sind häufig unbesichert und stehen pari passu mit anderen unbesicherten, nicht nachrangigen Verbindlichkeiten des Emittenten. Abweichungen können vertraglich vereinbart werden, ebenso Negativerklärungen, die die Begründung weiterer Sicherheiten einschränken.

Gläubigerversammlungen

Die Bedingungen sehen regelmäßig Mechanismen zur kollektiven Willensbildung der Inhaber vor. Über bestimmte Änderungen der Anleihebedingungen wird in Gläubigerversammlungen abgestimmt. Die Beschlüsse können, je nach Regelwerk, für alle Inhaber verbindlich sein.

Informations- und Transparenzpflichten

Während der Laufzeit gelten umfangreiche Informationspflichten, insbesondere bei marktbewegenden Ereignissen, Kapitalmaßnahmen, Kontrollwechseln und anderen Umständen, die die Rechte der Inhaber betreffen können.

Handel und Börsenpraxis

Zulassung und Notierung

Convertible Bonds können an regulierten Märkten oder Freiverkehrssegmenten gehandelt werden. Die Notierung erfordert die Einhaltung der jeweiligen Markt- und Transparenzregeln. Kursbildung und Liquidität hängen unter anderem von Kupon, Restlaufzeit, Kreditqualität, Aktienvolatilität und Umwandlungsparametern ab.

Corporate Actions

Corporate Actions wie Dividenden, Splits, Kapitalerhöhungen, Spin-offs oder Übernahmen haben unmittelbare Bedeutung für die Bedingungen der Convertible Bonds und lösen häufig Anpassungsmechanismen oder besondere Rechte (z. B. Kontrollwechsel-Klauseln) aus.

Steuer- und Bilanzaspekte

Steuerliche Grundzüge

Die steuerliche Behandlung umfasst regelmäßig Zinszahlungen und eventuelle Erträge aus der Wandlung. Die Einordnung kann sich je nach Person, Emittentensitz, Anlegerstatus und Ausgestaltung unterscheiden. Maßgeblich sind die lokalen steuerlichen Rahmenbedingungen.

Bilanzielle Einordnung

Auf Ebene des Emittenten kann eine Aufteilung in Schuld- und Eigenkapitalkomponenten in Betracht kommen. Für Investoren kann die bilanzielle Abbildung je nach Rechnungslegungsstandard variieren. Die konkrete Darstellung richtet sich nach den jeweils einschlägigen Bilanzierungsregeln.

Insolvenz- und Rangfragen

Vor der Wandlung nehmen Inhaber die Stellung von Gläubigern ein. Im Insolvenzfall partizipieren sie mit ihrem Forderungsrang gemäß den Anleihebedingungen. Nach der Wandlung sind sie Aktionäre und damit am verbleibenden Gesellschaftsvermögen entsprechend ihrer Beteiligung beteiligt. Nachrangvereinbarungen, Sicherheiten und Rangbestimmungen in den Emissionsbedingungen sind für die Verteilungsreihenfolge maßgeblich.

Internationale Strukturen und Rechtswahl

Convertible Bonds werden häufig mit internationalem Bezug begeben. Üblich sind Rechtswahlklauseln und die Bestellung eines Treuhänders oder Zahlstellen. Internationale Platzierungen können unterschiedliche Offenlegungspflichten, Marktpraktiken und Abwicklungswege mit sich bringen. Die Rechte der Inhaber ergeben sich letztlich aus den Anleihebedingungen in Verbindung mit dem gewählten Rechtssystem und den Marktregeln des Handelsplatzes.

Risikoprofil und typische Klauseln

Risikoprofil

Das Risiko der Convertible Bonds setzt sich aus Emittentenbonität, Zinsänderungen, Aktienkursentwicklung, Liquidität der Anleihe und den Bedingungen des Wandlungsrechts zusammen. Bei Pflichtwandelanleihen besteht ein erhöhtes Aktienkursrisiko aufgrund der sicheren Umwandlung.

Typische Schutzklauseln

  • Change-of-Control-Klauseln (häufig mit Rückkaufrechten oder Anpassungen)
  • Make-Whole-Mechanismen bei vorzeitiger Rückzahlung
  • Soft- und Hard-Call-Regeln für Emittentenkündigungen
  • Cross-Default und Events of Default

Begriffsabgrenzungen

  • Convertible Bond vs. Optionsanleihe: Bei der Optionsanleihe ist das Bezugsrecht auf Aktien meist getrennt als Option ausgestaltet, während die Wandelanleihe ein integriertes Umwandlungsrecht enthält.
  • Convertible Bond vs. Pflichtwandelanleihe: Bei der Pflichtwandelanleihe ist die Umwandlung zwingend vorgesehen, häufig zu einem variablen Umtauschverhältnis.
  • Convertible Bond vs. Exchangeable Bond: Beim Exchangeable Bond erfolgt die Wandlung nicht in Aktien des Emittenten, sondern in Aktien eines Dritten.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Convertible Bond im rechtlichen Sinn?

Es handelt sich um eine Schuldverschreibung mit einem vertraglich festgelegten Recht, die Forderung gegen den Emittenten in Aktien umzuwandeln. Bis zur Wandlung ist der Inhaber Gläubiger, nach der Wandlung Anteilseigner.

Wie wird das Umwandlungsrecht rechtlich ausgestaltet?

Das Umwandlungsrecht ergibt sich aus den Emissionsbedingungen. Diese regeln Umtauschpreis, Wandlungsverhältnis, Fristen, Ausübungsverfahren, Anpassungen bei Kapitalmaßnahmen sowie die Art der Erfüllung (Aktienlieferung oder Barausgleich).

Welche Rechte haben Inhaber vor und nach der Wandlung?

Vor der Wandlung bestehen Gläubigerrechte wie Zins- und Rückzahlungsansprüche sowie Rechte aus Schutzklauseln. Nach der Wandlung treten an deren Stelle die Mitgliedschaftsrechte als Aktionär, einschließlich Stimm- und Dividendenrechten, im Rahmen der jeweiligen Satzung.

Welche Offenlegungspflichten bestehen bei der Emission?

Bei öffentlicher Platzierung oder Zulassung zum Handel sind umfassende Angebots- und Zulassungsunterlagen mit den wesentlichen Informationen und Risiken bereitzustellen. Während der Laufzeit gelten fortlaufende Publizitäts- und Ad-hoc-Pflichten bei relevanten Ereignissen.

Wie werden Verwässerungsschutzklauseln umgesetzt?

Die Emissionsbedingungen enthalten Mechanismen zur Anpassung von Umtauschpreis und Wandlungsverhältnis bei Kapitalmaßnahmen wie Kapitalerhöhungen, Splits oder vergleichbaren Ereignissen, um die wirtschaftliche Gleichwertigkeit des Wandlungsrechts zu sichern.

Was passiert mit Convertible Bonds bei Insolvenz?

Vor der Wandlung nehmen Inhaber am Insolvenzverfahren als Gläubiger teil und werden entsprechend dem vertraglich vereinbarten Rang berücksichtigt. Nach erfolgter Wandlung gelten die Regeln für Anteilseigner, die regelmäßig nachrangig gegenüber Gläubigern stehen.

Welche Rolle spielen Gläubigerversammlungen?

Sie dienen der kollektiven Beschlussfassung der Inhaber über Änderungen der Anleihebedingungen oder andere wesentliche Maßnahmen. Beschlüsse können, je nach Regelwerk, für alle Inhaber verbindlich wirken.

Gibt es Besonderheiten bei Pflichtwandelanleihen?

Ja. Bei Pflichtwandelanleihen ist die Umwandlung zwingend vorgesehen, häufig zu einem variablen Wandlungsverhältnis. Dadurch verlagert sich das Schwergewicht der Rechtsstellung stärker in Richtung künftiger Anteilseignerrechte.