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contempt of court

Contempt of Court: Begriff, Bedeutung und Funktion

Contempt of court (deutsch: Missachtung des Gerichts) bezeichnet Verhaltensweisen, die die Autorität, Funktionsfähigkeit oder Unabhängigkeit eines Gerichts beeinträchtigen. Der Begriff hat seine Wurzeln im anglo-amerikanischen Rechtskreis, wird jedoch in unterschiedlichen Ausprägungen weltweit genutzt. Gemeinsamer Kern ist der Schutz eines fairen, geordneten und wirksamen Verfahrensablaufs sowie die Durchsetzung gerichtlicher Anordnungen.

Definition

Unter contempt of court fallen Handlungen oder Unterlassungen, die:

  • den ordentlichen Ablauf einer Verhandlung stören,
  • gerichtliche Anordnungen missachten oder unterlaufen,
  • die Unabhängigkeit des Gerichts kompromittieren,
  • die Autorität des Gerichts herabwürdigen, sodass die Rechtspflege gefährdet wird.

Ziel und Schutzgüter

Die Regelungen zu contempt of court schützen insbesondere:

  • die staatliche Aufgabe der Rechtsprechung,
  • die Durchsetzungskraft gerichtlicher Entscheidungen,
  • die Fairness des Verfahrens (etwa Unvoreingenommenheit von Richterinnen und Richtern, Geschworenen und Zeugen),
  • die öffentliche Ordnung im Gerichtssaal,
  • das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Gerichte.

Typen der Missachtung

Civil Contempt (zivilrechtliche Missachtung)

Zweck und Merkmale

  • Ziel ist die Durchsetzung gerichtlicher Anordnungen zugunsten der Verfahrensordnung oder einer Partei (z. B. Unterlassungsgebote, Herausgabeanordnungen).
  • Die Sanktion dient regelmäßig der Beendigung des rechtswidrigen Zustands; sie ist häufig coercive (zwangsbefördernd).
  • Typisch ist die Möglichkeit, die Missachtung zu „bereinigen“, indem die Anordnung befolgt wird.

Beispiele

  • Nichtbefolgung einer gerichtlichen Verfügung,
  • Unterlassen einer geschuldeten Handlung trotz gerichtlicher Anordnung,
  • Nichteinhaltung von Vertraulichkeits- oder Herausgabepflichten.

Mögliche Folgen

  • Ordnungsgeld oder Zwangsgeld,
  • Ordnungshaft oder Zwangshaft, die enden kann, sobald der Verpflichtung nachgekommen wird,
  • Kostenfolgen und weitere verfahrensrechtliche Maßnahmen.

Criminal Contempt (strafrechtliche Missachtung)

Zweck und Merkmale

  • Ahndet vergangenes, gerichtsfeindliches Verhalten zum Schutz der Autorität des Gerichts und der Rechtspflege.
  • Die Sanktion ist primär punitiv (strafeähnlich) und nicht an die künftige Befolgung einer Anordnung geknüpft.

Direkte und indirekte Missachtung

  • Direkt (in facie curiae): Störungen im Gerichtssaal, z. B. beleidigende Ausrufe, Missachtung von Sitzungsanordnungen.
  • Indirekt: Handlungen außerhalb des Saals, die das Verfahren beeinträchtigen, z. B. Beeinflussung von Zeugen oder Veröffentlichungen, die den Prozess gefährden.

Elemente und Folgen

  • Regelmäßig ist schuldhaftes Verhalten erforderlich; die genaue Schwelle kann je nach Rechtsordnung variieren.
  • Mögliche Folgen: Geldsanktionen, Haft, auferlegte Verfahrensdisziplinarmaßnahmen.

Ablauf und Verfahrensfragen

Einleitung des Verfahrens

  • Ausgangspunkt ist eine behauptete Störung oder Missachtung, dokumentiert durch das Gericht oder eine Beteiligte.
  • Bei direkter Missachtung kann eine zügige Reaktion im Termin erfolgen; bei indirekter Missachtung ist ein gesondertes Verfahren üblich.

Beweismaß und Rechte der betroffenen Person

  • Das erforderliche Beweismaß hängt vom Charakter (zivil- oder strafähnlich) ab.
  • Betroffene erhalten Gelegenheit, sich zu äußern, Beweismittel vorzulegen und verfahrensbezogene Rechte wahrzunehmen.
  • Bei punitiven Sanktionen gelten erhöhte Schutzstandards.

Aufhebung, „Purge“ und Rechtsmittel

  • Bei zivilrechtlicher Missachtung ist eine „Bereinigung“ durch Befolgung der Anordnung häufig möglich.
  • Gegen Maßnahmen können je nach Ordnung Rechtsmittel vorgesehen sein, etwa Überprüfung durch höhere Instanzen.
  • Fristen, Formerfordernisse und Prüfungsumfang folgen den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen der jeweiligen Rechtsordnung.

Abgrenzungen und verwandte Konzepte

  • Ungebührliches Verhalten im Gerichtssaal kann zusätzlich disziplinarisch geahndet werden.
  • Zwangsmittel dienen der Durchsetzung; Strafen der Ahndung vergangener Verstöße.
  • Verstöße gegen Unterlassungs- oder Gebotsverfügungen können sowohl zivilrechtliche als auch strafähnliche Konsequenzen haben, abhängig vom Kontext.

Internationale Perspektiven

Common-Law und kontinentale Rechtsordnungen

Im Common-Law ist contempt of court ein eigenständiges, traditionsreiches Instrument, das sowohl Verfahrensdisziplin als auch Medienberichterstattung und Befolgung gerichtlicher Anordnungen erfasst. In kontinentaleuropäischen Systemen existieren funktional vergleichbare Mechanismen (z. B. Ordnungsmittel, Zwangsmittel), deren dogmatische Einordnung und Verfahren sich jedoch unterscheiden. Gemeinsam bleibt der Schutz der Wirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen und der Verfahrensfairness.

Medien, Öffentlichkeit und soziale Netzwerke

Veröffentlichungen, die laufende Verfahren beeinflussen oder das Vertrauen in eine unparteiische Entscheidung gefährden können, werden in vielen Rechtsordnungen besonders sensibel behandelt. Digitale Kommunikation, Livestreams und soziale Medien erweitern die Reichweite potenziell prozessbeeinflussender Inhalte. Je nach System werden presserechtliche, verfahrensrechtliche und sanktionsrechtliche Instrumente genutzt, um die Balance zwischen Öffentlichkeit und faires Verfahren zu wahren.

Typische Konstellationen

Verhalten im Gerichtssaal

  • Missachtung von Anweisungen der Vorsitzenden Person,
  • Respektlose oder beleidigende Äußerungen,
  • Störungen, die den Ablauf beeinträchtigen (z. B. Zwischenrufe, unerlaubte Aufnahmen).

Missachtung durch Veröffentlichung

  • Berichte, Kommentare oder Kampagnen, die die Unvoreingenommenheit eines laufenden Verfahrens beeinträchtigen können,
  • Preisgabe vertraulicher Informationen, die den Prozess stören.

Nichtbefolgung gerichtlicher Anordnungen

  • Nichteinhaltung von Unterlassungsgeboten,
  • Unterlassene Herausgabe von Gegenständen oder Informationen,
  • Verstoß gegen Vertraulichkeits- oder Schutzanordnungen.

Zeugnis- und Mitwirkungspflichten

  • Unentschuldigtes Nichterscheinen geladener Personen,
  • Verweigerung angeordneter Aussagen oder Herausgaben, soweit die Prozessordnung dies vorsieht.

Sanktionen und Folgen

  • Geldsanktionen: Ordnungsgeld, Zwangsgeld, Bußen je nach Charakter der Missachtung.
  • Freiheitsentzug: Ordnungshaft oder Haft zur Durchsetzung bzw. Ahndung.
  • Verfahrensbezogene Maßnahmen: Ausschluss aus dem Saal, Belehrungen, gesonderte Verfahren.
  • Reputative Folgen: Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit vor Gericht und in der Öffentlichkeit.
  • Compliance-Effekte: Bei zivilrechtlicher Missachtung endet die Haft häufig mit Befolgung der Anordnung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „contempt of court“ in einfachen Worten?

Der Begriff beschreibt Verhaltensweisen, die Gerichte an ihrer Arbeit hindern oder deren Autorität untergraben. Er umfasst Störungen im Gerichtssaal, die Nichtbefolgung von Anordnungen und Handlungen, die ein faires Verfahren gefährden.

Worin besteht der Unterschied zwischen civil und criminal contempt?

Civil contempt dient der Durchsetzung von Anordnungen und endet oft, sobald die Verpflichtung erfüllt ist. Criminal contempt ahndet vergangenes Fehlverhalten, das die Autorität des Gerichts beeinträchtigt, und führt zu punitiven Sanktionen.

Kann contempt of court auch außerhalb des Gerichtssaals vorliegen?

Ja. Auch Handlungen außerhalb des Saals können erfasst sein, etwa die Beeinflussung von Zeugen oder Veröffentlichungen, die ein laufendes Verfahren gefährden.

Welche Sanktionen kommen in Betracht?

Je nach Art der Missachtung reichen die Folgen von Geldsanktionen über Haft bis zu verfahrensbezogenen Maßnahmen wie dem Ausschluss aus dem Gerichtssaal.

Spielt die Absicht eine Rolle?

In vielen Konstellationen ist schuldhaftes Verhalten erforderlich. Der genaue Maßstab variiert je nach Art der Missachtung und der jeweiligen Rechtsordnung.

Wie verhält sich contempt of court zur Meinungs- und Pressefreiheit?

Beide Rechtsgüter werden abgewogen. Öffentlichkeitsgrundsätze dürfen ein faires Verfahren nicht unterlaufen. Wo die Grenze verläuft, hängt vom Einzelfall und den jeweiligen rechtlichen Maßstäben ab.

Ist eine Aufhebung der Missachtung möglich?

Bei zivilrechtlicher Missachtung kann eine „Bereinigung“ durch nachträgliche Befolgung der gerichtlichen Anordnung vorgesehen sein. Bei strafähnlicher Missachtung ist eine nachträgliche Aufhebung deutlich eingeschränkter.