Confidentiality Agreement – Begriff und Grundstruktur
Ein Confidentiality Agreement, im Deutschen häufig als Vertraulichkeitsvereinbarung bezeichnet, ist ein Vertrag, der den Umgang mit vertraulichen Informationen zwischen mindestens zwei Parteien regelt. Ziel ist der Schutz nichtöffentlicher Informationen vor unbefugter Offenlegung und Nutzung. Der Begriff wird im geschäftlichen Verkehr, bei Forschungskooperationen, Unternehmensprüfungen sowie in Beschäftigungsverhältnissen verwendet und ist funktional eng mit dem Begriff Non-Disclosure Agreement (NDA) verwandt.
Wesensmerkmale
- Schutzrichtung: Verhinderung unbefugter Offenlegung und unzulässiger Nutzung vertraulicher Informationen.
- Parteien: Einseitig (Information fließt nur von einer Partei), wechselseitig (beide Seiten geben Informationen preis) oder multilateral (mehr als zwei Parteien).
- Rechtsnatur: Schuldrechtlicher Vertrag mit Pflichten zur Geheimhaltung, Beschränkung der Nutzung und Sicherungsmaßnahmen.
- Geltungsbereich: Inhaltlich (Welche Informationen?), räumlich (wo), zeitlich (wie lange) und personell (welche Personen/Unternehmen/Dienstleister).
Abgrenzung zu verwandten Instrumenten
Ein Confidentiality Agreement schützt Informationen, gewährt jedoch grundsätzlich keine Nutzungsrechte an geistigem Eigentum und ist keine Lizenz. Es unterscheidet sich von Wettbewerbs- und Abwerbeverboten, die gesonderte Regelungsgegenstände haben. Häufig wird der Begriff NDA synonym verwendet; inhaltlich geht es jeweils um dasselbe Schutzziel.
Gegenstand des Schutzes und Informationskategorien
Vertrauliche Informationen umfassen typischerweise Geschäftsgeheimnisse, technische Spezifikationen, Prototypen, Quell- und Objektcode, Algorithmen, Produkt-Roadmaps, strategische Planungen, Konditionen, Kundendaten, Finanzzahlen, Forschungsdaten sowie Dokumente und Dateien in analoger und digitaler Form.
Definitionen und Ausnahmen
- Definition: Verträge enthalten üblicherweise eine weite Definition vertraulicher Informationen. Übliche Formulierungen erfassen alle nicht öffentlichen Informationen, unabhängig von Medium und Kennzeichnung.
- Kennzeichnung: Häufig wird eine Kennzeichnung als „confidential“ vorgesehen; für mündliche Mitteilungen sind Fristen zur nachträglichen schriftlichen Bestätigung verbreitet.
- Ausnahmen: Informationen sind typischerweise nicht vertraulich, wenn sie bereits öffentlich sind, unabhängig bekannt werden, rechtmäßig von Dritten erlangt wurden oder vor Erhalt schon vorhanden waren. Zulässige Offenlegungen aufgrund behördlicher oder gesetzlicher Pflichten werden häufig ausgenommen, verbunden mit Ankündigungs- und Kooperationsmechanismen.
Vertragliche Pflichten und typische Klauseln
Kernpflichten
- Geheimhaltung: Pflicht, Informationen Dritten nicht zugänglich zu machen.
- Nutzungsbeschränkung: Verwendung nur für den vertraglich festgelegten Zweck (z. B. Evaluierung einer Zusammenarbeit).
- Sorgfalt und Schutzmaßnahmen: Zumutbare technische und organisatorische Maßnahmen, etwa Zugriffsbeschränkungen, Need-to-know-Prinzip, sichere Speicherumgebungen.
- Weitergabe an Dritte: Erlaubnis meist nur gegenüber definierten Personenkreisen (Mitarbeitende, Berater, verbundene Unternehmen) unter gleichwertigen Vertraulichkeitsbindungen.
- Rückgabe/ Vernichtung: Rückgabe oder sichere Löschung von Materialien nach Vertragsende oder auf Verlangen, einschließlich Kopien und Sicherungen, soweit technisch möglich.
Weitere verbreitete Klauseln
Laufzeit und Fortgeltung
Die Vertragslaufzeit regelt die Dauer der Zusammenarbeit; die Geheimhaltungspflichten gelten häufig darüber hinaus fort. Zeiträume variieren und orientieren sich am Schutzbedarf der Information und wirtschaftlich sinnvollen Geheimhaltungsdauern.
Vertragsstrafen und Schadensersatz
Zur Durchsetzung enthalten Vereinbarungen oft Vertragsstrafen oder pauschalierte Schadensersatzregelungen. Zusätzlich kommen Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und Ersatz konkreter Schäden in Betracht. Die Ausgestaltung richtet sich nach dem anwendbaren Recht und muss Verhältnismäßigkeit beachten.
Kein Rechteübergang
Confidentiality Agreements stellen klar, dass keine Lizenzen oder Schutzrechte übertragen werden. Hinweise auf Eigentum an Informationen und Material werden regelmäßig aufgenommen.
Residual-Klauseln
Manche Verträge erlauben die Nutzung von Kenntnissen, die im Gedächtnis ohne Hilfsmittel verbleiben. Solche Klauseln stehen teilweise in Spannung zum Geheimnisschutz und werden restriktiv gefasst.
Audit- und Dokumentationsregelungen
Vorgaben zur Protokollierung, Kennzeichnung und Dokumentation des Informationszugangs sind verbreitet. Prüfungsrechte können vorgesehen werden, insbesondere bei ausgelagerter Verarbeitung.
Salvatorische Klausel, Gesamtabrede, Schriftform
Standardisierte Abschlussklauseln regeln die Trennbarkeit unwirksamer Bestimmungen, die Vollständigkeit der Vereinbarung sowie Formerfordernisse für Änderungen.
Wirksamkeit und Grenzen
Die Wirksamkeit hängt von Klarheit, Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit ab. Übermäßig weite, unbefristete oder unklare Regelungen können eingeschränkt ausgelegt werden. Der Schutzbereich sollte erkennbar sein; unbeschränkte Verbote ohne legitimen Zweck treffen auf rechtliche Grenzen. Transparente Ausnahmen für gesetzlich gebotene Offenlegungen und Hinweisgeberschutz finden Berücksichtigung.
Durchsetzung und Beweisfragen
- Beweis der Vertraulichkeit: Dokumentation, Kennzeichnung und Zugriffskontrollen erleichtern die Darlegung.
- Kausalität und Schaden: Für Ersatzansprüche ist die Ursächlichkeit der Verletzung und die Schadenshöhe darzustellen; pauschalierte Beträge reduzieren Unsicherheiten, bleiben aber an Angemessenheit gebunden.
- Eilrechtsschutz: Bei drohender Offenlegung kommen schnelle gerichtliche Maßnahmen in Betracht, abhängig von Verfahrensrecht und Zuständigkeit.
Anwendbares Recht, Gerichtsstand und internationale Aspekte
Confidentiality Agreements enthalten in grenzüberschreitenden Situationen Regelungen zum anwendbaren Recht und zum Gerichtsstand oder zur Schiedsgerichtsbarkeit. Unterschiede zwischen Rechtssystemen betreffen unter anderem die Auslegung pauschalierter Schäden, die Durchsetzbarkeit von Unterlassungsansprüchen und formale Anforderungen. Sprachfassungen und Rangfolgeklauseln dienen der Auslegungssicherheit.
Bezug zu Datenschutz und Geschäftsgeheimnisschutz
Werden personenbezogene Daten einbezogen, bestehen gesonderte gesetzliche Anforderungen an deren Verarbeitung und Übermittlung, insbesondere bei grenzüberschreitenden Transfers. Der vertragliche Geheimnisschutz ergänzt, ersetzt aber nicht die gesetzlichen Vorgaben. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen knüpft zusätzlich an angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen an; vertragliche Pflichten sind ein Baustein in einem umfassenden Schutzkonzept.
Einsatzfelder
- M&A und Due Diligence: Vorlagen für Datenaustausch, Datenraumzugang, Berater-Einbindung.
- Forschung und Entwicklung: Austausch von Prototypen, Versuchsergebnissen, Designs, Know-how.
- Beschaffung und Vertrieb: Preislisten, Kalkulationen, Spezifikationen, Angebote.
- IT und Software: Quellcode-Einsicht, Schnittstellen, Sicherheitskonzepte.
- Arbeits- und Dienstverhältnisse: Informationszugang im Unternehmen und bei Auftragnehmenden.
Praktische Ausgestaltung ohne Handlungsempfehlung
Verträge weisen eine klare Definition vertraulicher Informationen, angemessene Kennzeichnungsmechanismen, differenzierte Zugriffsregelungen und eine nachvollziehbare Dauer auf. Üblich sind abgestufte Geheimhaltungsgrade, Protokollierung der Zugriffsrechte, Regelungen zur Rückgabe oder Löschung sowie eindeutige Vorgaben zur Einbindung von Beratern und verbundenen Unternehmen. Transparente Bestimmungen zum Umgang mit rechtlich gebotenen Offenlegungen, Hinweisgebern und behördlichen Anfragen sind verbreitet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist ein Confidentiality Agreement dasselbe wie ein NDA?
Beide Begriffe werden weitgehend synonym verwendet. In beiden Fällen handelt es sich um eine Vertraulichkeitsvereinbarung, die die Offenlegung und Nutzung nichtöffentlicher Informationen regelt. Unterschiede ergeben sich aus dem konkreten Vertragsinhalt, nicht aus der Bezeichnung.
Welche Informationen gelten rechtlich als vertraulich?
Maßgeblich ist die vertragliche Definition. Üblich ist die Erfassung aller nichtöffentlichen Informationen unabhängig vom Medium. Ausnahmen bestehen für bereits öffentliche, rechtmäßig von Dritten erlangte oder vorbekannte Informationen sowie für gesetzlich verpflichtende Offenlegungen.
Wie lange gilt die Geheimhaltungspflicht?
Die Geheimhaltungspflicht gilt häufig über die Vertragslaufzeit hinaus. Die Dauer variiert und richtet sich nach dem Schutzinteresse. Bei besonders schutzwürdigen Geschäftsgeheimnissen sind längere Zeiträume verbreitet, während bei technischen Details die wirtschaftliche Lebensdauer eine Rolle spielt.
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen ein Confidentiality Agreement?
In Betracht kommen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, Ersatz konkreter Schäden sowie gegebenenfalls Vertragsstrafen oder pauschalierte Entschädigungen, sofern vertraglich vorgesehen. Die Durchsetzbarkeit und der Umfang hängen vom anwendbaren Recht und der Vertragsgestaltung ab.
Darf an Mitarbeitende und externe Berater weitergegeben werden?
Verträge sehen häufig vor, dass eine Weitergabe an definierte Personenkreise zulässig ist, wenn diese einer gleichwertigen Vertraulichkeitsbindung unterliegen und nur im erforderlichen Umfang Zugang erhalten. Der Kreis der Berechtigten wird üblicherweise klar umschrieben.
Wie verhalten sich gesetzliche Offenlegungspflichten zum Confidentiality Agreement?
Gesetzliche oder behördliche Offenlegungspflichten bleiben grundsätzlich unberührt. Verträge enthalten häufig Verfahren zur Mitteilung und zur koordinierten Reaktion, etwa zur Begrenzung des Offenlegungsumfangs und zur Wahrung von Geheimhaltungsinteressen im rechtlich zulässigen Rahmen.
Besteht durch den Abschluss eine Lizenz an geistigem Eigentum?
Ein Confidentiality Agreement gewährt in der Regel keine Nutzungsrechte an Patenten, Urheberrechten, Marken oder Know-how. Es beschränkt die Nutzung der erhaltenen Informationen auf den vereinbarten Zweck, ohne Rechte zu übertragen.
Welche Rolle spielen anwendbares Recht und Gerichtsstand?
Rechtswahl- und Gerichtsstandklauseln bestimmen, nach welchem Recht der Vertrag ausgelegt wird und wo Ansprüche durchgesetzt werden. Dies ist besonders bei grenzüberschreitenden Konstellationen bedeutsam, da sich Rechtsfolgen und Verfahrensmöglichkeiten zwischen Rechtsordnungen unterscheiden können.