Legal Lexikon

Compliance


Begriff und Definition von Compliance

Compliance bezeichnet im weitesten Sinne die Einhaltung von Gesetzen, internen Richtlinien und ethischen Grundsätzen durch Organisationen und Individuen. Der Begriff leitet sich vom englischen „to comply“ ab, was „befolgen“ oder „einhalten“ bedeutet. Im deutschsprachigen Raum wird Compliance vor allem in Wirtschaft, Verwaltung, Medizin, Forschung sowie zunehmend im Privatbereich verwendet.

Im formellen Kontext bezeichnet Compliance sämtliche Maßnahmen, Prozesse und Verhaltensweisen, die gewährleisten, dass gesetzliche Bestimmungen, behördliche Vorgaben sowie interne Reglements eingehalten werden. In einer laienverständlichen Definition kann Compliance als das „sich regelkonform Verhalten“ gegenüber äußeren und inneren Vorgaben erklärt werden.

Relevanz von Compliance

Die Bedeutung von Compliance hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Skandale in Wirtschaft und Politik, verschärfte gesetzliche Vorgaben und wachsende Anforderungen von Geschäftspartnern und Öffentlichkeit führen dazu, dass das Thema branchenübergreifend an Bedeutung gewinnt. Die Einhaltung verbindlicher Regeln und ein ethisch korrektes Verhalten werden zunehmend als essentielle Bestandteile einer nachhaltigen und erfolgreichen Unternehmens- oder Organisationsführung betrachtet.

Compliance dient nicht nur der Vermeidung von Strafen und Reputationsverlusten, sondern erhöht auch die Transparenz und Effizienz von Abläufen. Sie schafft Vertrauen bei Kunden, Anlegern, Geschäftspartnern und Behörden.

Rechtliche und thematische Perspektiven

Allgemeiner rechtlicher Rahmen

Der rechtliche Rahmen für Compliance kann national und international sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. In Deutschland existieren keine einheitlichen Compliance-Gesetze; vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit zur Compliance aus einer Vielzahl geltender Gesetze und Verordnungen. Dazu zählen unter anderem:

  • Strafgesetzbuch (StGB): insbesondere im Hinblick auf Korruptions- und Vermögensdelikte (§ 299 ff. StGB – Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr)
  • Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG): Anforderungen an das Risikomanagement in Unternehmen
  • Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG): Verantwortlichkeit von Leitungsorganen für Ordnungswidrigkeiten (§ 130 OWiG – Aufsichtspflichtverletzung in Betrieben und Unternehmen)
  • Geldwäschegesetz (GwG)
  • Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

In Abhängigkeit von Branche und Unternehmenstätigkeit können darüber hinaus weitere spezielle Vorgaben bestehen. International spielen insbesondere der US-amerikanische Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) und der britische UK Bribery Act eine zentrale Rolle.

Institutionen und Aufsicht

Im Bereich Compliance sind zahlreiche nationale und europäische Institutionen relevant, etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das Bundeskartellamt. In weiterer Folge nehmen auch verschiedene Aufsichtsbehörden, etwa für Datenschutz, Geldwäsche oder Gesundheitswesen, eine regulatorische Rolle ein.

Typische Kontexte der Anwendung

Wirtschaft

Compliance in der Wirtschaft umfasst alle Maßnahmen zur Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und unternehmensinternen Regelungen. Dabei betrifft Compliance unter anderem die folgenden Bereiche:

  • Korruptionsprävention: Maßnahmen gegen Bestechung und Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr
  • Datenschutz: Sicherstellung des rechtmäßigen Umgangs mit personenbezogenen Daten
  • Arbeitssicherheit: Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen
  • Umweltrecht: Einhaltung von Umweltauflagen (z. B. Emissionsgrenzwerte)
  • Wettbewerbsrecht: Vermeidung kartellrechtswidriger Absprachen

Unternehmen etablieren dazu häufig ein Compliance-Management-System (CMS) mit internen Kontrollmechanismen, Schulungen und Hinweissystemen.

Beispiel: Einführung eines Verhaltenskodex

Viele Unternehmen erarbeiten grundsätzliche Verhaltenskodizes, an denen sich Mitarbeitende orientieren können. Solche Kodizes regeln beispielsweise den Umgang mit Geschenken, Interessenkonflikten oder Beziehungen zu Geschäftspartnern.

Öffentlicher Sektor und Verwaltung

Auch in der öffentlichen Verwaltung ist Compliance zur Sicherstellung integren und gesetzeskonformen Verhaltens eine zentrale Herausforderung. Hier geht es unter anderem darum:

  • Vergaberecht: Gesetzeskonforme Durchführung von Ausschreibungen
  • Haushaltsrecht: Ordnungsgemäßer Umgang mit staatlichen Haushaltsmitteln
  • Transparenz: Umsetzung von Informationsfreiheitsgesetzen und Antikorruptionsmaßnahmen

Gesundheitswesen

Im Gesundheitssektor steht Compliance für die Einhaltung medizinischer Standards, Datenschutzbestimmungen und der Regelwerke zur Arzneimittelsicherheit. Verstöße können zu straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Sanktionen führen.

Forschung und Wissenschaft

Hier liegt das Hauptaugenmerk auf der Sicherstellung guter wissenschaftlicher Praxis, dem Verhindern von Datenmanipulation sowie dem Schutz von Proband:innenrechten und der Vermeidung von Interessenkonflikten.

Alltag und Privatbereich

Auch im privaten Bereich gewinnt Compliance an Bedeutung, beispielsweise beim Datenschutz im Umgang mit sozialen Medien, der sicheren Verwendung von Konsumgütern oder der Einhaltung von Verkehrsregeln.

Relevante gesetzliche Vorschriften

Die Notwendigkeit zur Compliance ergibt sich häufig direkt aus gesetzlichen Anforderungen. Beispiele für einschlägige Vorschriften und Institutionen sind:

  • § 130 OWiG (Aufsichtspflichtverletzung in Betrieben und Unternehmen): Regelt die Verantwortung von Organen und Leitenden für Rechtskonformität im Unternehmen.
  • § 299 ff. StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr): Verbietet Korruptionshandlungen.
  • § 91 Abs. 2 AktG: Risikofrüherkennungssystem in Aktiengesellschaften
  • Geldwäschegesetz (GwG): Verpflichtung zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Je nach Branche und Kontext gelten darüber hinaus branchenspezifische Regelwerke, zum Beispiel in der Finanzindustrie das Kreditwesengesetz (KWG) oder im Gesundheitswesen das Sozialgesetzbuch (SGB).

Aufbau und Bestandteile eines Compliance-Management-Systems (CMS)

Organisationen implementieren häufig ein systematisches Compliance-Management-System zur Sicherstellung der Regelkonformität. Ein CMS umfasst typischerweise folgende Elemente:

  • Identifikation relevanter Vorschriften und Risiken

Analyse aller für die Organisation relevanten Gesetze, Normen und internen Vorschriften.

  • Unternehmensinterne Verhaltenskodizes und Richtlinien

Erstellung klarer Regeln für Mitarbeitende.

  • Schulungen und Sensibilisierung

Regelmäßige Schulungsprogramme zur Vermittlung von Compliance-Inhalten.

  • Interne Kontrollmechanismen

Überwachung und Prüfung der Einhaltung von Vorgaben.

  • Meldesysteme für Verstöße (Whistleblowing-Systeme)

Schaffung von Kanälen zur anonymen Meldung möglicher Verstöße.

  • Dokumentation und Berichterstattung

Nachweis über die Einhaltung sowie kontinuierliche Verbesserung der Systeme.

Typische Problemstellungen und Herausforderungen

Die Implementierung von Compliance-Prozessen ist mit verschiedenen Herausforderungen verbunden. Zu den wesentlichen Problemstellungen zählen:

  • Komplexität der Rechtslage: Die Vielzahl und fortlaufende Änderung von Vorschriften erschwert einen vollständigen Überblick.
  • Kosten- und Ressourcenaufwand: Einführung und Betrieb eines Compliance-Systems sind mit Aufwand und Investitionen verbunden.
  • Akzeptanz bei Mitarbeitenden: Fehlende Sensibilisierung kann zur Missachtung oder Umgehung von Regeln führen.
  • Internationale Regelungsunterschiede: Insbesondere bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten gelten unterschiedliche Standards.

Missachtung von Compliance kann erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen, darunter Bußgelder, Haftung, Reputationsschäden oder der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.

Besonderheiten einzelner Branchen

Einzelne Branchen sind in besonderem Maße von Compliance-Anforderungen betroffen:

  • Finanzdienstleister unterliegen umfangreichen Regelungen zur Geldwäscheprävention und Kundenschutz.
  • Pharmaunternehmen sind zur Einhaltung ethischer Werberegeln und rigoroser Zulassungsprozesse verpflichtet.
  • Informationstechnologie-Unternehmen müssen weitreichende Datenschutzbestimmungen erfüllen.
  • Bau- und Infrastrukturprojekte benötigen Compliance-Strukturen für Vergabeverfahren und Umweltauflagen.

Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte

Compliance steht für die Einhaltung aller relevanten externen und internen Regelwerke durch Organisationen und Individuen. Ziel ist die Prävention und Aufdeckung von Fehlverhalten, die Einhaltung rechtlicher Vorschriften und der Schutz der Integrität sowie der Aufbau von Vertrauen gegenüber Dritten. Dabei ist zu beachten:

  • Compliance betrifft nahezu alle Lebensbereiche, insbesondere Wirtschaft, Verwaltung, Gesundheitswesen und Forschung.
  • Gesetzliche Regelungen wie das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, das Geldwäschegesetz oder das Datenschutzrecht bilden den Rahmen.
  • Die nachvollziehbare und dokumentierte Umsetzung der Compliance-Anforderungen wird als wesentlicher Bestandteil nachhaltiger Unternehmensführung angesehen.
  • Typische Problemfelder sind die fortwährende Anpassung an neue Gesetzeslagen, der Ressourcenaufwand und die Sensibilisierung aller Betroffenen.

Hinweise zur Relevanz von Compliance

Compliance ist besonders relevant für:

  • Management und Führungskräfte, die rechtliche Risiken für das Unternehmen steuern und Haftungsrisiken minimieren wollen.
  • Mitarbeitende aller Hierarchieebenen, die zum gesetzes- und richtlinienkonformen Verhalten beigetragen müssen.
  • Organisationen, die an öffentlichen oder internationalen Ausschreibungen teilnehmen oder branchenspezifischen Vorgaben unterliegen.
  • Alle Institutionen, die mit sensiblen Daten umgehen oder erhöhten Anforderungen an Integrität und Transparenz unterliegen.

Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Compliance-Fragen ist angesichts des wachsenden regulatorischen Drucks und der zunehmenden gesellschaftlichen Erwartungen ein entscheidender Faktor für nachhaltigen Erfolg und unternehmerische Verantwortung.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter Compliance im Unternehmen?

Compliance bezeichnet die Einhaltung aller relevanten Gesetze, Richtlinien und internen Vorgaben in einem Unternehmen. Es geht dabei sowohl um gesetzliche Anforderungen, wie beispielsweise das Arbeitsrecht, Datenschutz, Umweltvorschriften oder steuerliche Regelungen, als auch um unternehmensinterne Regelwerke, etwa einen Code of Conduct oder betriebliche Verhaltensrichtlinien. Die Implementierung von Compliance-Systemen hilft dabei, Risiken wie Korruption, Betrug, Kartellabsprachen oder Verstöße gegen Wettbewerbsrecht zu minimieren. Unternehmen, die Wert auf Compliance legen, verpflichten sich zu Transparenz, Integrität und der Prävention von Fehlverhalten. Compliance ist nicht nur auf Führungsebene angesiedelt, sondern betrifft sämtliche Mitarbeiter und Prozesse eines Unternehmens und wird daher häufig durch Schulungen, Kontrollmechanismen und interne Berichte gestützt.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen Compliance-Regeln?

Verstöße gegen Compliance-Regeln können schwerwiegende rechtliche, wirtschaftliche und reputative Konsequenzen nach sich ziehen. Zum einen drohen dem Unternehmen empfindliche Geldstrafen, Bußgelder oder zivilrechtliche Schadensersatzansprüche. Je nach Schwere des Verstoßes können auch strafrechtliche Folgen für Einzelpersonen sowie Freiheitsstrafen resultieren. Darüber hinaus kann die öffentliche Bekanntmachung von Verstößen das Vertrauen von Kunden, Geschäftspartnern und Investoren nachhaltig schädigen und den Ruf des Unternehmens erheblich beeinträchtigen. In manchen Fällen kann es zu Ausschlüssen von öffentlichen Ausschreibungen oder Förderungen kommen. Intern führen Compliance-Verstöße oft zu Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Kündigung.

Wie implementiert man ein wirksames Compliance-Management-System?

Ein effektives Compliance-Management-System (CMS) beginnt mit der Risikoanalyse: Das Unternehmen identifiziert alle rechtlichen und regulatorischen Risiken, die für die eigene Geschäftstätigkeit relevant sind. Auf dieser Basis werden entsprechende Richtlinien und Verhaltenskodizes entwickelt. Essenziell ist die regelmäßige Schulung aller Mitarbeiter, um ein Bewusstsein für Compliance-Themen zu schaffen und Wissen kontinuierlich aktuell zu halten. Darüber hinaus werden Kontrollmechanismen und Überwachungsprozesse etabliert, etwa durch interne Audits, ein Hinweisgebersystem (Whistleblower-System) und regelmäßige Berichterstattung an die Unternehmensleitung. Alle Maßnahmen sollten dokumentiert werden, um Behörden oder Prüfern gegenüber Nachweise erbringen zu können. Die kontinuierliche Anpassung des CMS an neue gesetzliche Anforderungen ist ein weiterer zentraler Baustein.

Welche Rolle spielen Führungskräfte bei der Einhaltung von Compliance?

Führungskräfte nehmen eine Vorbildfunktion ein und sind maßgeblich dafür verantwortlich, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der Compliance als Teil der täglichen Arbeit verstanden wird. Sie müssen nicht nur selbst alle Regeln penibel einhalten („Tone from the Top“), sondern sind auch verpflichtet, Mitarbeiter regelmäßig zu schulen und zu motivieren, etwaige Verstöße frühzeitig zu melden. Führungskräfte fungieren als Schnittstelle zwischen den gesetzlichen Anforderungen, der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern. Sie haben zudem sicherzustellen, dass angemessene Überwachungs- und Kontrollmechanismen eingerichtet sind, um die Einhaltung der Compliance sicherzustellen. Bei Versäumnissen haften sie unter Umständen persönlich.

Wie kann man Verstöße gegen Compliance erkennen und verhindern?

Das frühzeitige Erkennen von Compliance-Verstößen ist essenziell, um Schäden vom Unternehmen abzuwenden. Dazu werden verschiedene Maßnahmen eingesetzt, wie regelmäßige Audits und interne Kontrollen, Überwachung der Geschäftsvorgänge, die Einführung eines Hinweisgebersystems sowie die gezielte Auswertung von Berichten und anonymen Hinweisen. Prävention besteht vor allem in der Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter, der klaren Kommunikation der geltenden Regeln sowie in der konsequenten Durchsetzung von Sanktionen bei Verstößen. Ein integrer Umgang mit Fehlern und die kontinuierliche Verbesserung der internen Abläufe helfen ebenfalls, das Risiko von Compliance-Verstößen nachhaltig zu senken.

Sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, Compliance-Maßnahmen zu ergreifen?

Die Verpflichtung zur Einführung und Aufrechterhaltung von Compliance-Maßnahmen ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Vorschriften, etwa dem Aktiengesetz, dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption oder spezifischen Branchengesetzen. Insbesondere Geschäftsleiter und Vorstände sind nach dem sogenannten „Business Judgement Rule“-Prinzip verpflichtet, für ein angemessenes Risikomanagement zu sorgen. In bestimmten Branchen, wie dem Finanzsektor, sind Compliance-Systeme sogar explizit gesetzlich vorgeschrieben. Aber auch, wenn keine explizite Pflicht besteht, kann ein fehlendes Compliance-Management im Schadensfall zu einer deutlichen Erhöhung von Haftungsrisiken führen.

Welche Bedeutung hat Compliance für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)?

Auch kleinere und mittlere Unternehmen sind verpflichtet, geltende Gesetze und Vorschriften einzuhalten. Allerdings lassen sich Compliance-Maßnahmen an die Größe und Risikoexponierung eines Unternehmens anpassen. Für KMU ist es besonders wichtig, klare und verständliche Regeln aufzustellen, die wesentlichen Risiken zu identifizieren und einfache Kontrollmechanismen zu implementieren. Schulungen und regelmäßige Informationen reichen in den meisten Fällen aus, um eine solide Compliance-Kultur zu fördern. Gerade für KMU ist eine genaue Dokumentation der getroffenen Maßnahmen wichtig, um im Falle einer Prüfung oder eines Vorfalls rechtlich abgesichert zu sein.