Completion

Begriff und Grundverständnis von Completion

Completion bezeichnet im Rechtsverkehr den Zeitpunkt oder Vorgang, in dem ein beabsichtigtes Rechtsgeschäft tatsächlich vollzogen wird. Gemeint ist die finale Umsetzung aller vertraglich vorgesehenen Schritte, sodass die vereinbarten Rechtsfolgen eintreten. Der Ausdruck wird vor allem in Unternehmens- und Immobilienverträgen, in Finanzierungen sowie bei Bau- und IT-Projekten verwendet. Im Deutschen wird teils von Vollzug, Fertigstellung, Abnahme oder Closing gesprochen; je nach Vertragsart variieren Inhalt und rechtliche Wirkung der Completion.

Herkunft und Verwendung im deutschsprachigen Rechtsverkehr

Der Begriff stammt aus dem angloamerikanischen Sprachraum und hat sich in transaktions- und projektbezogenen Verträgen etabliert. In Dokumentationen, Checklisten und Zeitplänen wird „Completion“ häufig als Marker für den Übergang von Rechten, Pflichten, Risiken und wirtschaftlichen Wirkungen verwendet.

Abgrenzung zu Signing und Closing

Signing bezeichnet die Unterzeichnung des Vertragswerks, während Completion den Vollzug des Geschäfts meint. In vielen Transaktionen fällt Completion mit dem Closing zusammen; in anderen Strukturen existiert neben der rechtlichen Completion (z. B. Übertragung von Anteilen) eine wirtschaftliche oder technische Completion (z. B. Fertigstellung eines Bauwerks oder Abschluss bestimmter Tests).

Rechtliche Wirkungen der Completion

Mit Completion treten die vertraglich vorgesehenen Rechtsfolgen ein, etwa Eigentums- oder Anteilsübergang, Kaufpreiszahlung, Übergang von Nutzen und Lasten, Beginn oder Ende vertraglicher Garantien und Freistellungen sowie Start von Fristen (z. B. Verjährung, Anpassungsmechanismen). Zudem können ab Completion bestimmte Informations-, Mitteilungs- oder Registrierungspflichten ausgelöst werden.

Anwendungsfelder der Completion

Unternehmens- und Beteiligungstransaktionen (M&A, Private Equity)

Bedingungen (Conditions Precedent) und Long-Stop-Date

Zwischen Signing und Completion liegen oft Bedingungen, die vor Vollzug eintreten müssen. Dazu zählen Zustimmungen Dritter, Freigaben von Behörden, interne Genehmigungen, Umstrukturierungsschritte oder der Abschluss von Nebenvereinbarungen. Ein Long-Stop-Date setzt dabei einen zeitlichen Endpunkt, bis zu dem die Completion hätte erfolgen sollen.

Completion-Dokumente und Durchführungsakte

Typische Unterlagen sind Übertragungsurkunden, Aktualisierungen von Erklärungen, Zahlungsnachweise, Vorstandsbeschlüsse, Gesellschafterbeschlüsse, Registerunterlagen, Offenlegungen, sowie Bestätigungen zur Fortgeltung von Zusicherungen. Die Abwicklung kann physisch oder virtuell erfolgen, häufig mit strukturierter Checkliste und protokolliertem Vollzugsmeeting.

Risiken, Garantien, Freistellungen

Zum Completion-Zeitpunkt werden Zusicherungen regelmäßig „gebracht“ (Bring-Down). Abweichungen können Anpassungsrechte, Rücktrittsrechte oder Freistellungen auslösen. Risikoverteilung erfolgt zudem über Gewährleistungsmechanismen, Haftungsbegrenzungen und Rückbehalte.

Kaufpreis-Mechanismen: Completion Accounts vs. Locked Box

Beim Completion-Accounts-Mechanismus wird der Kaufpreis anhand eines Stichtagsabschlusses um Cash, Schulden und Working Capital zum Completion-Zeitpunkt angepasst. Beim Locked-Box-Mechanismus wird ein historischer Stichtag fixiert; zwischen Stichtag und Completion sind in der Regel Entnahmen gesperrt, und wirtschaftliche Risiken werden anders zugeordnet.

Übergang von Gefahr, Nutzen und Lasten

Mit Completion kann der Übergang von Erträgen, Kosten und Risiken auf die Erwerberseite erfolgen. Der genaue Zeitpunkt und Umfang werden vertraglich bestimmt und wirken auf Haftung und Preisgestaltung.

Immobilienkauf und Projektentwicklung

Fertigstellung, Besitz-, Nutzen- und Lastenwechsel

Bei Immobilienverträgen markiert Completion typischerweise die Eigentumsübertragung, die Besitzübergabe sowie den Übergang von Nutzen und Lasten. In Projektentwicklungen kann zusätzlich die technische Fertigstellung maßgeblich sein.

Bauvertragsrecht: Abnahme und wesentliche Fertigstellung

Im Baubereich ist Completion häufig mit der Abnahme verknüpft. Mit Abnahme gehen Gefahr und Verantwortlichkeiten über, Gewährleistungsfristen beginnen und Vergütungsansprüche werden fällig. Teil- oder wesentliche Fertigstellungen können abgestufte Completion-Stati begründen.

Projektfinanzierung und öffentlich-private Partnerschaften

Financial Close vs. Commercial/Technical Completion

Der Financial Close bezeichnet den rechtlichen und wirtschaftlichen Abschluss der Finanzierung. Commercial oder Technical Completion basiert auf dem erfolgreichen Abschluss definierter Tests, die die Betriebsbereitschaft nachweisen. Diese Zeitpunkte lösen unterschiedliche Pflichten und Zahlungen aus.

Sicherheitsmechanismen: Retention und Performance Bonds

Zahlungsrückbehalte, Garantien und Bürgschaften sichern die Einhaltung von Completion-Anforderungen ab. Sie wirken auf das Risiko von Verzögerungen, Mängeln oder Nichterreichen der vertraglichen Leistungswerte.

Kapitalmarkt- und Finanzierungsverträge

Bedingungen für Auszahlung und Drawdown-Completion

In Finanzierungen ist Completion erreicht, wenn alle Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt und Dokumente vorgelegt sind. Dazu gehören u. a. Organbeschlüsse, Rangvereinbarungen, Sicherheitenbestellungen und Bestätigungen über das Nichtvorliegen von Vertragsverletzungen.

IT- und Dienstleistungsverträge

Abnahme, Meilensteine und Acceptance Tests

Completion kann an die Abnahme eines Systems, die Erreichung von Service-Levels oder das Bestehen von Abnahmetests geknüpft sein. Vertragsmechanismen regeln die Folgen bei Mängeln, Verzögerungen und Nachbesserung.

Ablauf einer Completion

Checklisten und Nachweise

Die Durchführung erfolgt anhand strukturierter CP-Listen. Typisch sind die Einholung von Zustimmungen, interne Autorisierungen, Bereitstellung von Versicherungsnachweisen, Ergänzungen von Offenlegungen, Registerdokumente sowie Zahlungs- und Transferanweisungen.

Durchführung: physisch oder virtuell

Completions finden oft virtuell statt. Üblich sind ein Closing-Call, elektronische Signaturen, Datenräume für Dokumente und die Verwendung von Treuhand- oder Escrow-Strukturen zur zeitgleichen Erfüllung wechselseitiger Pflichten.

Nach-Completion-Pflichten

Nach dem Vollzug folgen häufig Registrierungshandlungen, Mitteilungen an Vertragspartner, Aktualisierung von Gesellschafterlisten, technische Übergaben, Anpassungen in Systemen, sowie die Fertigstellung vereinbarter Reports oder Abrechnungen.

Vertragsklauseln zur Completion

Long-Stop-Date und Beendigung

Ein Long-Stop-Date begrenzt die Dauer bis zum Vollzug. Wird es ohne Completion erreicht, können Rücktritts- oder Beendigungsrechte vorgesehen sein.

Material Adverse Change (MAC) und Risikoallokation

MAC-Klauseln erlauben eine Neubewertung, wenn zwischen Signing und Completion erhebliche negative Ereignisse eintreten. Der Umfang des MAC-Begriffs und Ausnahmen sind zentral für die Risikoverteilung.

Covenants zwischen Signing und Completion

Zwischenzeitliche Verpflichtungen regeln den Betrieb des Unternehmens, Informationsrechte, Veränderungsverbote und die Pflicht zur Herbeiführung der Bedingungen. Verstöße können Vollzugshindernisse oder Haftungsfolgen begründen.

Conditions Precedent vs. Conditions Subsequent

Conditions Precedent müssen vor Completion erfüllt sein. Conditions Subsequent erlauben den Vollzug vor Eintritt bestimmter Umstände, deren spätere Erfüllung überwacht und mit Folgen versehen wird.

Treuhand- und Escrow-Arrangements

Escrow-Lösungen sichern den synchronen Austausch von Kaufpreis und Übertragungsdokumenten. Sie können auch für Rückbehalte oder streitige Anpassungsbeträge eingesetzt werden.

Übertragung von Rechten und Personal

Mit Completion können Rechte an Marken, Patenten, Software und Domains übergehen. In bestimmten Strukturen wird ein Personalübergang ausgelöst; Informations- und Mitwirkungspflichten kommen hierbei in Betracht.

Beweis- und Dokumentationserfordernisse

Completion Sets und Bring-Down-Zertifikate

Ein Completion Set dokumentiert den Vollzug. Bring-Down-Zertifikate bestätigen die Aktualität von Zusicherungen am Completion-Tag. Protokolle halten Reihenfolge und Erfüllung der einzelnen Schritte fest.

Register und Mitteilungen

Je nach Gegenstand sind Eintragungen in Registern, Mitteilungen an Vertragspartner, Banken, Versicherer und Dienstleister sowie Aktualisierungen von internen Registern erforderlich.

Datenschutz und Information

Beim Austausch von Daten im Zuge der Completion sind Informations-, Lösch- und Dokumentationspflichten zu beachten. Datenräume und Protokolle dienen der Nachweisführung.

Internationale Aspekte

Common Law und kontinentaleuropäische Praxis

In der Common-Law-Praxis sind umfangreiche CP-Kataloge und detaillierte Vollzugsmechanismen verbreitet. Kontinentaleuropäische Verträge nutzen teils stärker formbedürftige Vollzugsschritte und notariell zu beurkundende Elemente.

Multijurisdiktionale Vollzüge

Bei Strukturen über mehrere Rechtsordnungen erfolgt die Completion abgestuft oder sequenziell. Zeitliche Koordination, Devisenflüsse, lokale Registrierungen und Formerfordernisse sind aufeinander abzustimmen.

Zeitzonen und Sequencing

Completions werden häufig nach Zeitzonen getaktet. Simultane und gestaffelte Vollzüge kommen vor; Reihenfolgen sichern, dass keine Partei vorleistungspflichtig ohne Gegenleistung bleibt.

Häufige Streitpunkte und Rechtsfolgen

Verzögerung der Completion

Verzögerungen können Mehrkosten, Zinsfolgen und Vertragsstrafen auslösen. Zeitpläne, Long-Stop-Daten und Eskalationsmechanismen sind maßgeblich für die Rechtsfolgen.

Nicht-Eintritt von Bedingungen

Wenn Bedingungen nicht eintreten, stellt sich die Frage nach Beendigung, Verlängerung oder Anpassung. Häufig ist geregelt, ob und inwieweit Parteien den Eintritt der Bedingungen fördern müssen.

Falsche Garantien am Completion-Tag

Unzutreffende Zusicherungen können Preisänderungen, Schadensersatz, Rücktrittsrechte oder Freistellungen nach sich ziehen. Oft bestehen Offenlegungsmechanismen zur Risikoklarstellung.

Preisadjustierung und Streitbeilegung

Bei Completion Accounts sind Vorgehen, Bewertungsgrundsätze und Streitlösungsverfahren festgelegt. Neutrale Gutachtermodelle sind verbreitet, um Differenzen abschließend zu klären.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Completion

Was bedeutet Completion in einem Unternehmenskaufvertrag?

Completion ist der Vollzug des Kaufvertrags über Anteile oder Vermögensgegenstände. An diesem Tag werden die vorgesehenen Übertragungen durchgeführt, der Kaufpreis ausgetauscht und die vereinbarten Rechtsfolgen ausgelöst.

Wodurch unterscheidet sich Completion von Signing?

Signing ist die Unterzeichnung des Vertrags, Completion der spätere Vollzug nach Erfüllung etwaiger Bedingungen. Erst mit Completion treten Eigentums- oder Anteilswechsel und wirtschaftliche Wirkungen ein.

Welche Rechte und Pflichten entstehen am Completion-Tag?

Typisch sind Eigentums- oder Anteilsübergang, Risiko- und Nutzenwechsel, Fälligkeit des Kaufpreises, Beginn von Gewährleistungs- und Haftungsfristen sowie die Ausführung von Registrierungen und Mitteilungen.

Was passiert, wenn Bedingungen bis zum Long-Stop-Date nicht erfüllt sind?

Verträge sehen für diesen Fall regelmäßig Beendigungsrechte, Verlängerungsmöglichkeiten oder alternative Abwicklungswege vor. Die konkreten Rechtsfolgen ergeben sich aus der vertraglichen Regelung.

Wozu dienen Completion Accounts?

Completion Accounts ermitteln finanzielle Parameter am Vollzugstag, um den Kaufpreis anhand von Cash, Schulden und Working Capital anzupassen. Dadurch werden wirtschaftliche Veränderungen bis zur Completion berücksichtigt.

Kann eine Completion teilweise erfolgen?

Teil- oder gestaffelte Vollzüge sind möglich, etwa bei komplexen Strukturen mit mehreren Gesellschaften, Jurisdiktionen oder Asset-Klassen. Verträge regeln die Reihenfolge, Voraussetzungen und Rechtsfolgen abgestufter Completions.

Welche Rolle spielt ein Escrow bei der Completion?

Ein Escrow dient der sicheren Abwicklung, indem Kaufpreis und Dokumente treuhänderisch gehalten und erst bei Eintritt definierter Vollzugsbedingungen freigegeben werden. So wird ein gleichzeitiger Leistungsaustausch erreicht.