CMR-Übereinkommen: Begriff, Zweck und Anwendungsbereich
Das CMR-Übereinkommen (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der die Rechte und Pflichten der an einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beteiligten Parteien regelt. Es betrifft vor allem Versender, Frachtführer und Empfänger von Gütern, wenn die Beförderung mit Fahrzeugen auf der Straße gegen Entgelt erfolgt.
Das Übereinkommen gilt, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen und mindestens einer dieser Staaten dem Übereinkommen beigetreten ist. Unabhängig davon, wo die Vertragsparteien ihren Sitz haben, findet das CMR Anwendung, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Ausnahmen vom Anwendungsbereich
- Beförderungen im Rahmen internationaler Postvereinbarungen
- Beförderungen von Leichen
- Umzugsbeförderungen
Das CMR richtet sich an die Beförderung mit Straßenfahrzeugen wie Lastkraftwagen, Sattelzügen und Anhängern. Es kann auch bei kombinierten Transporten relevant sein, wenn das Straßentransportmittel ohne Entladung des Gutes auf anderen Verkehrsträgern befördert wird.
Der CMR-Frachtbrief
Der CMR-Frachtbrief ist das zentrale Beförderungsdokument. Er dient als Beweis für den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrags sowie für die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer. Der Vertrag entsteht jedoch unabhängig vom Frachtbrief; das Dokument hat vor allem Beweisfunktion.
Typische Inhalte des CMR-Frachtbriefs
- Absender, Frachtführer, Empfänger
- Ort und Datum der Übernahme sowie der vorgesehene Ablieferungsort
- Bezeichnung des Gutes, Anzahl, Art der Verpackung, Kennzeichen
- Bruttogewicht oder sonst angegebene Menge
- Besondere Anweisungen (z. B. Temperaturführung, Gefahrgutangaben)
- Vereinbarte Kosten, Nachnahme, Zollformalitäten
Der Frachtführer kann Vorbehalte vermerken, wenn ihm z. B. der Zustand der Verpackung oder die Richtigkeit des Gewichts zweifelhaft erscheint. Der CMR-Frachtbrief ist kein Traditionspapier; er verkörpert nicht das Eigentum an der Ware.
Haftung des Frachtführers
Das CMR sieht eine grundsätzliche Haftung des Frachtführers für Verlust, Beschädigung und Lieferverzug zwischen Übernahme und Ablieferung vor. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig ausgestaltet, jedoch begrenzt und mit bestimmten Entlastungsmöglichkeiten verbunden.
Haftungsumfang und Haftungshöchstbetrag
- Bei Verlust oder Beschädigung haftet der Frachtführer bis zu einem gesetzlich festgelegten Betrag je Kilogramm Rohgewicht. Dieser Betrag ist an das Sonderziehungsrecht (SZR) gebunden.
- Bei Lieferverzug ist die Haftung der Höhe nach begrenzt; sie übersteigt regelmäßig nicht die vereinbarte Fracht.
- Wird ein höherer Wert oder ein besonderes Interesse an der Lieferung wirksam deklariert, können höhere Beträge ersatzfähig sein.
Haftungsausschlüsse und besondere Risiken
- Fehlerhafte oder fehlende Verpackung durch den Absender
- Handhabung, Laden oder Entladen durch den Absender oder Empfänger
- Eigene natürliche Beschaffenheit des Guts (z. B. Verderb, Schwund)
- Transport in offenen oder nicht bedeckten Fahrzeugen, wenn vereinbart
- Ungenaue oder unvollständige Angaben im Frachtbrief
Der Frachtführer ist auch befreit, wenn der Verlust, die Beschädigung oder der Verzug durch Umstände verursacht wurde, die er unvermeidbar abwenden und deren Folgen er nicht verhindern konnte.
Verhalten mit qualifiziertem Verschulden
Bei vorsätzlichem Verhalten oder einem diesem gleichstehenden qualifizierten Fehlverhalten entfallen die Haftungsbegrenzungen. In solchen Konstellationen kommt eine unbeschränkte Haftung in Betracht.
Verlust, Beschädigung, Verzögerung: Anzeigen und Fristen
Sichtbare Schäden sind bei Ablieferung festzuhalten. Nicht sichtbare Schäden sind innerhalb kurzer, gesetzlich vorgesehener Fristen nach Ablieferung schriftlich anzuzeigen. Verzögerungen sind innerhalb einer bestimmten Frist ab Ablieferung zu rügen. Die Geltendmachung von Ansprüchen unterliegt einer kurzen Verjährungsfrist, die regelmäßig ein Jahr beträgt; bei vorsätzlichem oder einem gleichstehenden Verhalten des Frachtführers kann eine längere Frist gelten. Die genaue Fristberechnung beginnt abhängig vom Schadensfall zu bestimmten Zeitpunkten (z. B. Ablieferung, Tag der vereinbarten Ablieferung oder Ablauf einer angemessenen Lieferfrist).
Gerichtsstand, anwendbares Recht und Durchsetzung
Das CMR enthält internationale Zuständigkeitsregeln. Klagen können unter anderem an Orten erhoben werden, die in engem Zusammenhang mit der Beförderung stehen, etwa am Sitz des Beklagten, am Ort der Übernahme des Guts oder am Ablieferungsort. Schiedsvereinbarungen sind möglich, wenn sie den Vorgaben des Übereinkommens entsprechen. Das CMR ist zwingendes Sachrecht für erfasste Transporte; Abweichungen zum Nachteil des Anspruchsberechtigten sind unwirksam.
Ansprüche werden in der Landeswährung geltend gemacht; bei Haftung nach Gewicht erfolgt die Umrechnung des in SZR ausgedrückten Höchstbetrags nach dem maßgeblichen Kurs zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt, typischerweise am Tag der gerichtlichen Entscheidung.
Mehrgliedrige Beförderung und Subunternehmer
Schließen sich mehrere Frachtführer zur Durchführung einer einheitlichen Beförderung nacheinander an, sind sie unter dem CMR gemeinsam erfasst. Jeder nachfolgende Frachtführer tritt in den Beförderungsvertrag ein und haftet für den gesamten Transportweg, mit geregelten Regressmöglichkeiten im Innenverhältnis. Setzt der vertragliche Frachtführer Subunternehmer ein, bleibt er dem Anspruchsberechtigten gegenüber verantwortlich.
Kombinierte Transporte
Wird das beladene Straßenfahrzeug, der Anhänger oder der Container ohne Entladung per Schiff, Bahn oder Luft weiterbefördert, bleibt das CMR grundsätzlich anwendbar. Lässt sich nachweisen, dass ein Schaden während des nichtstraßengebundenen Abschnitts eingetreten ist, richten sich bestimmte Haftungsfragen nach den Regeln dieses anderen Transportmittels, soweit das Übereinkommen dies vorsieht.
Entgelt, Nebengebühren, Nachnahme und Pfandrecht
Das CMR regelt wesentliche Fragen rund um Fracht, Nebenkosten und Nachnahme. Das Nachnahmegeschäft (Einzug eines Geldbetrags bei Ablieferung) ist vorgesehen; wird der Betrag nicht ordnungsgemäß erhoben, haftet der Frachtführer bis zur Höhe der Nachnahme. Das Übereinkommen kennt außerdem ein gesetzliches Pfand- und Zurückbehaltungsrecht an dem Gut zur Sicherung der Forderungen aus dem Beförderungsvertrag.
Gefahrgut und temperaturempfindliche Güter
Bei Gefahrgut sowie verderblichen oder temperaturempfindlichen Waren bestehen erhöhte Informationspflichten des Absenders. Werden Eigenschaften oder besondere Anforderungen nicht mitgeteilt oder unzutreffend angegeben, kann dies zu Haftungsbefreiungen des Frachtführers führen. Bei Vereinbarung temperaturgeführter Transporte kommt es auf die Einhaltung der vereinbarten Parameter an; Schäden durch die eigene Beschaffenheit des Gutes können aus dem Haftungsumfang herausfallen.
Zwingender Charakter und Parteivereinbarungen
Das CMR ist zwingendes Recht in seinem Anwendungsbereich. Vertragsklauseln, die Haftung zu Lasten der Anspruchsberechtigten ausschließen oder unter das Niveau des Übereinkommens drücken, sind nichtig. Zulässig sind ergänzende Vereinbarungen, soweit sie die Struktur und Mindeststandards des CMR respektieren (z. B. wirksame Wertdeklarationen gegen Zuschlag).
Elektronischer CMR-Frachtbrief (e-CMR)
Eine Ergänzung zum Übereinkommen ermöglicht den elektronischen CMR-Frachtbrief (e-CMR). In den beigetretenen Staaten ist der elektronische Frachtbrief dem Papierdokument rechtlich gleichgestellt, sofern Integrität, Authentizität und Verfügbarkeit der Daten gewährleistet sind. e-CMR erleichtert die digitale Abwicklung, ändert aber nichts an den materiell-rechtlichen Regeln des CMR.
Geografischer Geltungsbereich
Dem CMR sind zahlreiche Staaten beigetreten, vor allem in Europa, aber auch darüber hinaus. Maßgeblich ist nicht die Staatsangehörigkeit der Beteiligten, sondern die Lage des Übernahme- und Ablieferungsorts in verschiedenen Staaten und die Mitgliedschaft mindestens eines dieser Staaten im Übereinkommen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum CMR-Übereinkommen
Was ist das CMR-Übereinkommen und wofür gilt es?
Das CMR-Übereinkommen regelt den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr. Es gilt, wenn Übernahme- und Ablieferungsort in verschiedenen Staaten liegen und mindestens einer dieser Staaten dem Übereinkommen angehört. Es betrifft entgeltliche Beförderungen mit Straßenfahrzeugen und ordnet Rechte und Pflichten von Absender, Frachtführer und Empfänger.
Gilt das CMR auch für rein innerstaatliche Transporte?
Rein innerstaatliche Transporte fallen grundsätzlich nicht unter das CMR. Das Übereinkommen setzt eine grenzüberschreitende Beförderung voraus. Nationale Vorschriften können aber inhaltlich an das CMR angelehnt sein.
Welche Bedeutung hat der CMR-Frachtbrief?
Der CMR-Frachtbrief ist ein Beweisdokument für den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrags sowie die Übernahme des Gutes. Er ist kein Eigentumspapier. Vorbehalte des Frachtführers zum Zustand der Ware oder Verpackung können darin festgehalten werden.
Wie ist die Haftung des Frachtführers begrenzt?
Für Verlust oder Beschädigung haftet der Frachtführer bis zu einem gesetzlich festgelegten Betrag je Kilogramm, der in Sonderziehungsrechten ausgedrückt ist. Bei Verzögerung ist die Haftung der Höhe nach begrenzt und übersteigt üblicherweise nicht die vereinbarte Fracht. Bei qualifiziertem Fehlverhalten entfallen Begrenzungen.
Welche Fristen gelten für Schadenanzeigen und Verjährung?
Sichtbare Schäden sind bei Ablieferung festzuhalten, verdeckte Schäden innerhalb kurzer Frist schriftlich anzuzeigen. Verzögerungen sind innerhalb einer festgelegten Frist zu rügen. Ansprüche verjähren regelmäßig nach einem Jahr; in Fällen qualifizierten Fehlverhaltens kann eine längere Frist gelten.
Welche Gerichte sind zuständig?
Klagen können an Orten erhoben werden, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der Beförderung stehen, etwa am Sitz des Beklagten, am Übernahmeort oder am Ablieferungsort. Schiedsvereinbarungen sind möglich, wenn sie die Vorgaben des Übereinkommens einhalten.
Gilt das CMR bei multimodalen Transporten?
Bei kombinierten Transporten bleibt das CMR anwendbar, wenn das Straßenfahrzeug ohne Entladung des Gutes mit einem anderen Verkehrsträger befördert wird. Tritt der Schaden nachweislich in einem nichtstraßengebundenen Abschnitt ein, gelten hierfür besondere Zuweisungsregeln.
Was ist e-CMR und ist es rechtswirksam?
e-CMR ist der elektronische CMR-Frachtbrief. In Staaten, die die entsprechende Ergänzung anerkennen, ist er dem Papierfrachtbrief gleichgestellt, sofern die Anforderungen an Integrität, Authentizität und Verfügbarkeit erfüllt sind.