Legal Lexikon

Cashflow


Definition und Grundlagen des Cashflows

Unter dem Begriff Cashflow wird in der betriebswirtschaftlichen sowie finanzrechtlichen Praxis der Nettozufluss liquider Mittel innerhalb eines bestimmten Zeitraums verstanden. Er stellt eine zentrale Kennzahl dar, die die Zahlungsfähigkeit und Innenfinanzierungskraft eines Unternehmens widerspiegelt. Der Cashflow bildet die Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben, die effektiv zu Zahlungsvorgängen führen, ab. Er unterliegt vielfältigen rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere im Bilanz- und Gesellschaftsrecht, im Steuerrecht sowie im Insolvenzrecht.

Cashflow im Rechnungswesen und Bilanzrecht

Bedeutung im HGB und IFRS

Im deutschen Handelsrecht wird der Begriff „Cashflow“ selbst durch das Handelsgesetzbuch (HGB) nicht explizit geregelt. Die Ermittlung des Cashflows erfolgt jedoch auf Grundlage der gesetzlichen Buchführungs- und Bilanzierungsanforderungen. Diese unterliegen für Kapitalgesellschaften den Vorschriften des HGB (§§ 242 ff., 264 ff. HGB) sowie, bei börsennotierten Unternehmen, auch den internationalen Rechnungslegungsstandards wie IFRS („International Financial Reporting Standards“).

Kapitalflussrechnung

Nach § 297 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 HGB müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen im Konzernabschluss eine Kapitalflussrechnung (Cashflow Statement) offenlegen. Diese gibt detaillierten Aufschluss über die Herkunft und Verwendung liquider Mittel und gliedert den Cashflow in drei Bereiche:

  1. Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit
  2. Cashflow aus Investitionstätigkeit
  3. Cashflow aus Finanzierungstätigkeit

Nach den IFRS ist die Aufstellung einer Kapitalflussrechnung für sämtliche Unternehmen verpflichtend (IAS 7).

Rechtsfolgen fehlerhafter Ermittlung

Die fehlerhafte oder unvollständige Ermittlung bzw. Offenlegung des Cashflows kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Bußgelder, Schadensersatzansprüche oder Rücktrittsrechte von Vertragspartnern können die Folge sein, sofern Berichte irreführend oder unwahr sind (§ 331 HGB, § 400 AktG).

Cashflow im Steuerrecht

Bedeutung für die Besteuerung

Im Steuerrecht ist der Cashflow eine bedeutende Orientierungsgröße, etwa im Rahmen der Ermittlung der Ertragskraft eines Steuerpflichtigen oder der Beurteilung der Zahlungsströme innerhalb der Organisation. Auch für die sogenannte Betriebsprüfung (Außenprüfung) durch die Finanzbehörden findet die Analyse des Cashflows Anwendung, um Liquiditätsverschiebungen, Steuerumgehungen oder nicht angegebene Einnahmen aufzudecken.

Abgrenzung zum steuerlichen Gewinn

Die steuerliche Gewinnermittlung folgt grundsätzlich dem Maßgeblichkeitsprinzip gemäß § 5 Abs. 1 EStG. Im Unterschied zum steuerlichen Gewinn stellt der Cashflow eine ausschließliche Zahlungsgöße dar und ist nicht mit dem handels- oder steuerrechtlichen Gewinn (bspw. durch Abgrenzungsposten, Rückstellungen oder stille Reserven beeinflusst) gleichzusetzen. Dennoch ist der Cashflow für steuerliche Analysen und Ermittlungen eine wichtige Kennzahl.

Cashflow und Gesellschaftsrecht

Bedeutung für Mittelverwendung und Gewinnausschüttungen

Gesellschaftsrechtlich ist die Höhe des verfügbaren Cashflows für die rechtliche Zulässigkeit der Mittelverwendung und der Ausschüttung von Dividenden relevant. Nach § 30 GmbHG dürfen Auszahlungen an Gesellschafter grundsätzlich nur erfolgen, wenn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht überschritten wird. Der Cashflow ist eine betriebswirtschaftliche Größe, die regelmäßig zur Überwachung der Liquiditätslage und zur Entscheidung über Ausschüttungen herangezogen wird.

Nachweis der Zahlungsfähigkeit

Gesellschaften sind verpflichtet, jederzeit nachweisen zu können, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können (§ 64 Satz 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG). Der Cashflow dient hierbei als relevanter Indikator für Zahlungsfähigkeit und ist Teil des Liquiditätsmanagements.

Cashflow im Insolvenzrecht

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Die Zahlungsunfähigkeit stellt nach § 17 InsO (Insolvenzordnung) einen zentralen Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren dar. Die laufende und prognostizierte Entwicklung des Cashflows ist maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens. Entsprechend ist die Überwachung und Berechnung des Cashflows aus insolvenzrechtlicher Sicht ein essenzielles Element zur Früherkennung von Risiken.

Insolvenzantragspflichten

Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften sind gemäß § 15a InsO verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern, spätestens binnen drei Wochen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die aktuelle und künftige Cashflow-Lage beeinflusst die Beurteilung der Voraussetzungen für die Antragspflicht wesentlich.

Cashflow in vertraglichen Vereinbarungen

Finanzierungsverträge

In Darlehens- und Kreditverträgen sowie bei Covenants finden regelmäßig Regelungen und Schwellenwerte zum Cashflow Verwendung. Die Einhaltung bestimmter Cashflow-Kennzahlen stellt dabei eine Voraussetzung für die Auszahlung von Finanzierungsmitteln oder für die Vermeidung von Kündigungsrechten seitens des Kreditgebers dar.

Unternehmenskauf und Due Diligence

Auch in unternehmensbezogenen Transaktionen, insbesondere beim Unternehmenskauf, spielt die Analyse vergangener und projektierter Cashflows eine erhebliche Rolle. Sie dient als Grundlage für die Bewertung, für finanzielle Garantien (auch Freistellungsklauseln) sowie für die Ermittlung potenzieller Haftungsrisiken.

Bedeutung und Grenzen des Cashflows im rechtlichen Kontext

Obwohl der Cashflow eine zentrale betriebswirtschaftliche Kennzahl darstellt, ersetzt er nicht die buchhalterisch und steuerlich maßgeblichen Rechengrößen. Rechtsnormen beziehen sich regelhaft auf den Jahresabschluss, das Eigenkapital oder die Bilanz als Nachweis. Dennoch ist die laufende Beobachtung und Berichterstattung zum Cashflow, insbesondere im Rahmen der Unternehmensführung und beim Liquiditätsmanagement, im deutschen und internationalen Recht fest verankert und vielfach verpflichtend vorgeschrieben.

Zusammenfassung

Der Begriff Cashflow umfasst weit mehr als eine reine betriebswirtschaftliche Größe. Seine Berechnung, Überwachung und Veröffentlichung sind in zahlreichen Rechtsgebieten und durch verschiedenste Normen geregelt oder beeinflusst. Dies betrifft Aspekte des Bilanzrechts, Steuerrechts, Insolvenzrechts und Gesellschaftsrechts gleichermaßen. Fehlerhafte Angaben oder unzureichende Überwachung des Cashflows können tiefgreifende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein umfassendes Verständnis des Cashflows und seiner rechtlichen Dimension ist für die rechtssichere Unternehmensführung und -bewertung daher unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorschriften müssen bei der Erstellung einer Cashflow-Rechnung beachtet werden?

Bei der Erstellung einer Cashflow-Rechnung sind vor allem handelsrechtliche, steuerrechtliche und ggf. kapitalmarktrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen. Für Unternehmen, die dem Handelsgesetzbuch (HGB) unterliegen, ist § 297 Abs. 1 HGB maßgeblich, der insbesondere für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften die Pflicht vorsieht, eine Kapitalflussrechnung als Teil des Konzernabschlusses vorzulegen. Für Einzelabschlüsse besteht nach HGB keine ausdrückliche Pflicht, oftmals ergeben sich Anforderungen jedoch aus Satzungen, Bankverträgen oder Förderkriterien. Steuerrechtlich kann die Cashflow-Rechnung Relevanz für die Überschussermittlung (insb. bei § 4 Abs. 3 EStG) erlangen. Für börsennotierte Unternehmen gilt zusätzlich die EU-Verordnung nach IFRS (IAS 7: Kapitalflussrechnungen) sowie das deutsche Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG). Hierzu müssen die Angaben klar, nachvollziehbar und manipulationssicher offengelegt werden. Verstöße gegen entsprechende Offenlegungspflichten können mit Ordnungsgeldern und Disziplinarmaßnahmen geahndet werden.

Inwieweit ist der Cashflow für die steuerliche Gewinnermittlung relevant?

Juristisch ist der Cashflow selbst kein steuerlich anerkannter Maßstab für die Ermittlung des zu versteuernden Gewinns. Maßgeblich für die Besteuerung sind in Deutschland der Handels- und Steuerbilanzgewinn. Allerdings bietet die Cashflow-Rechnung wertvolle Hinweise für die steuerliche Gewinnermittlung, da sie Zahlungsströme sichtbar macht, Steuereffekte offenlegt und Anpassungsbedarfe bei Bilanzposten (z.B. Rückstellungen, Forderungen) aufzeigt. Gerade bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG können sich Überschneidungen ergeben, weil dort Einnahmen und Ausgaben – wie im Cashflow – nach dem Zufluss-/Abflussprinzip berücksichtigt werden. Steuerrechtliche Besonderheiten, etwa nicht abziehbare Aufwendungen oder steuerfreie Einnahmen, erfordern aber stets eine gesonderte Betrachtung.

Welche strafrechtlichen Risiken bestehen bei einer unzutreffenden Angabe des Cashflows?

Unzutreffende, vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben zum Cashflow können verschiedene strafrechtliche Risiken nach sich ziehen. Zentrale Tatbestände sind insbesondere die Bilanzfälschung (§ 331 HGB), Betrug (§ 263 StGB), Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) und eventuell auch Marktmanipulation (§ 119 WpHG). Diese Vorschriften greifen, wenn durch die fehlerhafte Darstellung des Cashflows falsche Informationen an Aktionäre, Gläubiger oder andere Stakeholder gelangen und diesen hierdurch Vermögensnachteile entstehen. Besonders verschärft wird die Haftung, wenn die Cashflow-Rechnung Bestandteil von öffentlich abrufbaren Jahres- oder Konzernabschlüssen oder von Emissionsprospekten ist. Die Sanktionen reichen von Geldbußen, Durchsuchungen bis hin zu Freiheitsstrafen für die Verantwortlichen.

Welche Rolle spielt der Cashflow bei Insolvenzverfahren?

Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ist die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) der zentrale Eröffnungsgrund. Die Gerichte und Insolvenzverwalter analysieren für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit regelmäßig den kurzfristigen Liquiditätsstatus und zu erwartende Cashflows. Liegt keine ausreichende Liquidität vor, ist der objektiv zu ermittelnde Cashflow ein zentrales Beweismittel. Unternehmer und Geschäftsleiter müssen beim Erkennen von Zahlungsengpässen einer gesetzlichen Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) nachkommen. Eine verspätete Antragstellung kann zur persönlichen Haftung und sogar zu strafrechtlicher Verfolgung führen, insbesondere bei Insolvenzverschleppung. Auch nach Eröffnung des Verfahrens dient die Cashflow-Analyse der Fortführungs- oder Liquidationsentscheidungen.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen bezüglich der Veröffentlichung des Cashflows im Jahresabschluss?

Bei kapitalmarktorientierten Unternehmen ist die Veröffentlichung einer Kapitalflussrechnung als Teil des Konzernabschlusses gemäß § 297 HGB beziehungsweise nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (insb. IAS 7) zwingend vorgeschrieben. Die Angaben müssen nachvollziehbar, vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Verstöße gegen diese Veröffentlichungspflicht können mit Sanktionen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Ordnungsgeldverfahren durch das Bundesamt für Justiz und zivilrechtlicher Haftung gegenüber Aktionären oder Gläubigern geahndet werden. Für kleine Kapitalgesellschaften ohne Börsenzulassung besteht keine explizite Verpflichtung zur Veröffentlichung, kann aber durch Vertrag oder Satzung gefordert sein.

Welche Bedeutung hat der Cashflow-Begriff im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungssperren?

Gesellschaftsrechtlich ist für die Ausschüttung von Gewinnen in Kapitalgesellschaften (insb. GmbH, AG) grundsätzlich der Bilanzgewinn nach HGB maßgeblich. Der tatsächlich verfügbare Cashflow ist jedoch indirekt relevant: Nach § 30 GmbHG dürfen Ausschüttungen nur aus dem frei verfügbaren, durch Eigenkapital gedeckten Vermögen erfolgen. Auch wenn eine hohe Ausschüttung bilanziell möglich wäre, kann eine negative Cashflow-Situation bedeuten, dass eine Auszahlung zur Zahlungsunfähigkeit führen würde, was haftungsrechtlich riskant ist. Auch in der AG führen Verstöße gegen die Kapitalaufrechterhaltungspflichten (§§ 57, 62 AktG) zu persönlichen Konsequenzen der Geschäftsleitung.

Unterliegt die Cashflow-Angabe besonderen Prüfungspflichten durch Wirtschaftsprüfer?

Die Cashflow-Rechnung unterliegt im Rahmen der Abschlussprüfung nach § 317 HGB sowie bei Anwendung internationaler Standards besonderen Prüfungspflichten. Der Abschlussprüfer hat die sachliche Richtigkeit, die Nachvollziehbarkeit der Zahlungsströme sowie die Einhaltung der gesetzlichen und gegebenenfalls internationalen Vorgaben (etwa nach IAS 7) zu beurteilen. Prüfungsvermerke oder Feststellungen zu fehlerhaften Cashflow-Darstellungen müssen im Bestätigungsvermerk oder Prüfbericht dokumentiert und bei wesentlichen Fehlern gegebenenfalls als Versagungsvermerk ausgewiesen werden. Fehlerhafte Prüfungen können zu zivilrechtlicher Haftung des Prüfers führen.