Begriff und Grundprinzip des Carried
Carried (oft: Carried Interest) bezeichnet den erfolgsabhängigen Anteil am Gewinn eines Investmentfonds, der den Organisatoren und leitenden Personen des Fonds zufließt. Er ist ein zivilrechtlich vereinbarter Gewinnanteil und keine feste Gebühr. Der Carried knüpft an das Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ergebnisse an und dient der Ausrichtung der Interessen zwischen Kapitalgebenden und Fondsmanagement.
Carried ist vor allem in Private-Equity-, Venture-Capital-, Immobilien- und Infrastruktur-Fonds verbreitet. Er fällt typischerweise zusätzlich zu laufenden Verwaltungsentgelten an und wird erst nach vorrangigen Rückflüssen an die Kapitalgebenden ausgeschüttet.
Vertragliche Ausgestaltung
Beteiligte und Rechtsnatur
Tragende Rolle spielen regelmäßig die Kapitalgebenden (Limited Partners) und die Fondsleitung (General Partner) sowie Personen, denen der Carried zugeordnet wird (z.B. Mitglieder des Managements). Der Carried wird zumeist in der Fondsdokumentation verankert, etwa im Gesellschaftsvertrag oder im gesonderten Vergütungs- bzw. Beteiligungsplan. Rechtlich handelt es sich um eine vertraglich vereinbarte Verteilungsregel für zukünftige Gewinne des Fonds.
Verteilungsmechanik (Waterfall), Hurdle und Catch-up
Die Ausschüttungen folgen üblicherweise einer Rangfolge (Waterfall): Zunächst werden Investitionsbeträge und vereinbarte Vorzugsrenditen an die Kapitalgebenden zurückgeführt. Erst danach entsteht die Grundlage für den Carried. Häufig ist eine Hurdle (Mindestverzinsung) vorgesehen. Ein Catch-up-Mechanismus kann vorsehen, dass nach Erreichen der Hurdle der Carried vorübergehend überproportional ansteigt, bis die angestrebte Aufteilung zwischen Fondsleitung und Kapitalgebenden erreicht ist.
Vesting, Good/Bad Leaver und Zuteilung
Bei Team-basierten Strukturen wird die Zuteilung des Carried oft an Verbleib, Funktion und Leistung im Team geknüpft (Vesting). Regelungen unterscheiden zwischen einem Ausscheiden mit günstigen (Good Leaver) und ungünstigen Gründen (Bad Leaver). Diese Bestimmungen regeln, ob und in welchem Umfang bereits erworbene oder zukünftige Carried-Anteile behalten oder aufgegeben werden.
Clawback, Escrow und Rückabwicklung
Um eine Überverteilung zu vermeiden, enthalten Verträge häufig Clawback-Klauseln. Diese ermöglichen eine teilweise Rückforderung von bereits ausgeschüttetem Carried, wenn sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Verteilung insgesamt nicht erfüllt wurden. Zur Absicherung solcher Rückforderungen können Escrow-Konten oder Zurückbehaltungen eingerichtet werden.
Steuerliche Einordnung
Art der Einkünfte
Die steuerliche Einordnung des Carried hängt von der konkreten Struktur, der Rolle der empfangenden Person und der Ausgestaltung des Fonds ab. Möglich sind Einordnungen als Beteiligungsertrag, Gewinnanteil aus einer unternehmerischen Mitwirkung oder als erfolgsabhängige Vergütung. Maßgeblich sind Regelungen des Sitzstaats des Fonds und des Wohnsitzstaats der empfangenden Person.
Zeitpunkt der Steuerentstehung
Steuerlich relevant ist regelmäßig der Zeitpunkt, zu dem ein fälliger und realisierter Anspruch auf Carried entsteht. Vereinbarungen zu Vesting, Escrow oder aufschiebenden Bedingungen können den Zeitpunkt der Erfassung beeinflussen. Rückforderungen im Rahmen von Clawback-Regelungen können nachträgliche Korrekturen erforderlich machen.
Besonderheiten bei Fondsstrukturen
Bei Personengesellschaften wird der Carried häufig als anteilige Gewinnzuweisung behandelt. Bei Investmentvehikeln mit Zwischengesellschaften sind Durchleitungs- und Zurechnungsfragen bedeutsam. Die steuerliche Behandlung kann durch die vertragliche Einordnung als Gewinnbeteiligung im Gegensatz zu einer Dienstleistungsvergütung geprägt werden.
Grenzüberschreitende Aspekte
Internationale Strukturen (z.B. Fondsdomizile in Luxemburg, Irland, den USA oder Offshore-Rechtsordnungen) werfen Fragen der Doppelbesteuerung, der Ansässigkeit, der Quellenbesteuerung und der Zurechnung auf. Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und lokale Qualifikationsregeln beeinflussen, wo und in welcher Höhe Carried steuerlich erfasst wird.
Aufsichts- und regulatorische Aspekte
Transparenz und Interessenkonflikte
Vergütungen der Fondsleitung, einschließlich Carried, unterliegen typischerweise Offenlegungs- und Transparenzanforderungen. Die vertraglichen Regeln müssen potenzielle Interessenkonflikte adressieren, etwa bei Bewertungen, Exit-Zeitpunkten oder Folgerunden.
Vergütungsgrundsätze in regulierten Fonds
Für alternative Investmentfonds und deren Verwalter gelten in vielen Rechtsordnungen besondere Vergütungsgrundsätze. Diese betreffen Struktur, Risikoausrichtung, variable Komponenten, Auszahlungsfristen, Zurückbehaltungen und Rückforderungsmöglichkeiten. Ziel ist eine Vergütungspolitik, die Anreize und Risiken in Einklang bringt.
Dokumentation und Anlegerinformation
In der Praxis werden die wesentlichen Parameter des Carried in Angebotsunterlagen, Zeichnungsdokumenten und Gesellschaftsverträgen beschrieben. Dazu zählen Prozentsatz, Hurdle, Catch-up, Waterfall, Bewertungsgrundsätze, Prüfungsrechte, Clawback und Verwahrmechanismen.
Zivilrechtliche Risiken und Streitfragen
Bewertung und Realisation
Konflikte entstehen häufig bei Bewertungen nicht börsennotierter Beteiligungen, der Einordnung von Zwischengewinnen und der Frage, ob und wann der Carried ausgelöst ist. Vertragsklauseln zu Bewertungsstandards, Prüfungsrechten und Abschlussmechaniken sind hierfür prägend.
Änderungen im Managementteam
Streitfragen können sich bei Ausscheiden von Schlüsselpersonen, beim Wechsel der Kontrolle über die Fondsleitung oder bei einem förmlichen Entzug des Mandats ergeben. Die Auswirkungen auf vestete und unverstete Carried-Anteile hängen von den vereinbarten Leaver- und For-Cause-Regelungen ab.
Rückforderung und Haftung
Clawback-Klauseln und Escrow-Mechanismen sollen eine sachgerechte Endabrechnung sicherstellen. Kommt es zu Rückforderungen, stellen sich Fragen nach Haftung, Verjährung und der praktischen Durchsetzung gegenüber mehreren Carried-Berechtigten.
Gestaltungsvarianten
Deal-by-Deal- vs. Whole-of-Fund-Verteilung
Bei Deal-by-Deal-Modellen kann Carried schon nach einzelnen erfolgreichen Veräußerungen fließen. Whole-of-Fund-Modelle sehen die Berechnung auf Ebene des gesamten Fonds vor. Die Wahl beeinflusst Zeitpunkt, Höhe und Stabilität des Carried sowie den Umfang von Clawback-Bedarf.
Carried-Vehikel
Zur Bündelung der Ansprüche werden häufig gesonderte Trägergesellschaften oder Treuhandmodelle verwendet. Sie regeln interne Schlüssel, Beitritte, Austritte, Stimmrechte und die Weiterleitung der Ausschüttungen.
Phantom-Carried
Phantom- oder Shadow-Carried bildet die ökonomische Logik des Carried nach, ohne dass eine unmittelbare Beteiligung am Fonds besteht. Die Auszahlung orientiert sich vertraglich an der Carried-Formel, bleibt jedoch rechtlich eine schuldrechtliche Vergütung.
Abgrenzungen
Carried vs. Management Fee
Die Management Fee ist ein laufendes Entgelt für Verwaltung und Betrieb des Fonds, unabhängig vom Erfolg. Carried ist erfolgsabhängig, entsteht nachrangig und knüpft an die Wertsteigerung der Investments an.
Carried vs. Promote im Immobilienbereich
Der Promote in Immobilien- und Joint-Venture-Strukturen entspricht in seiner wirtschaftlichen Logik dem Carried. Unterschiede ergeben sich aus den spezifischen Projektverträgen, Sicherheiten und den verwendeten Waterfall-Modellen.
Carried vs. Mitarbeiterbeteiligungen
Carried ist auf Ebene des Fonds angesiedelt. Mitarbeiterbeteiligungen (z.B. an Portfoliogesellschaften) sind eigenständige Programme mit eigenen Bewertungs- und Ausübungsregeln. Beide können nebeneinander bestehen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Carried
Was bedeutet Carried im Kontext von Investmentfonds?
Carried ist ein vertraglich vereinbarter, erfolgsabhängiger Gewinnanteil der Fondsleitung oder von ihr benannter Personen. Er wird nachrangig zu Rückflüssen an die Kapitalgebenden ausgeschüttet und setzt regelmäßig die Erreichung einer Mindestverzinsung oder bestimmter Ergebnisziele voraus.
Wie wird Carried in den Fondsdokumenten festgelegt?
Carried wird in der Regel im Gesellschaftsvertrag und in Vergütungs- oder Beteiligungsplänen definiert. Festgelegt werden Prozentsatz, Hurdle, Catch-up, Waterfall, Bewertungsmaßstäbe, Clawback und etwaige Escrow-Regelungen.
Wann entsteht ein Anspruch auf Carried?
Ein Anspruch entsteht, wenn die vertraglich vereinbarten Bedingungen erfüllt sind. Dazu zählen zumeist die Rückzahlung des investierten Kapitals, das Erreichen einer Mindestverzinsung und die Realisierung von Gewinnen nach den Bewertungs- und Verteilungsregeln des Fonds.
Worin liegt der Unterschied zwischen Carried und Management Fee?
Die Management Fee ist ein laufendes Verwaltungsentgelt, das unabhängig vom Anlageerfolg anfällt. Carried ist ein erfolgsabhängiger Gewinnanteil, der erst nachrangig und bei Erreichen der vereinbarten Schwellenwerte verteilt wird.
Welche steuerlichen Folgen kann Carried haben?
Die steuerliche Behandlung richtet sich nach der Struktur des Fonds, der Rechtsstellung der empfangenden Person und dem anwendbaren Steuerrecht. In Betracht kommen Qualifikationen als Gewinnanteil, Beteiligungsertrag oder erfolgsabhängige Vergütung, mit entsprechenden Unterschieden bei Bemessungsgrundlage und Zeitpunkt der Erfassung.
Welche Funktion haben Clawback und Escrow beim Carried?
Clawback ermöglicht die Rückforderung überzahlter Carried-Ausschüttungen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Gesamtvoraussetzungen nicht vorlagen. Escrow dient der Sicherung potenzieller Rückzahlungsverpflichtungen und erleichtert die Endabrechnung.
Ist Carried auch bei Immobilien- und Infrastruktur-Fonds üblich?
Ja, in diesen Segmenten ist Carried unter Bezeichnungen wie Promote verbreitet. Inhaltlich ähneln sich die Mechanismen; Unterschiede ergeben sich aus der Projektstruktur, der Finanzierung und den marktüblichen Waterfall-Modellen.