Begriff und botanische Einordnung
Cannabis bezeichnet Pflanzen der Gattung Hanf sowie daraus gewonnene Erzeugnisse. Gebräuchliche Formen sind getrocknete Blüten (umgangssprachlich „Marihuana“) und gepresstes Harz („Haschisch“). Die Pflanze enthält zahlreiche Wirkstoffe, darunter Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC wirkt psychoaktiv, CBD gilt als nicht berauschend. Die rechtliche Bewertung knüpft in Deutschland vor allem an den Zweck der Verwendung, den THC-Gehalt, die Produktform und die Vertriebswege an.
Rechtliche Einordnung in Deutschland
Grundzüge der aktuellen Rechtslage
Für Erwachsene ist der Umgang mit Cannabis seit der Reform des Cannabisrechts in bestimmten, gesetzlich festgelegten Grenzen teilweise erlaubt. Dazu zählen der Besitz in begrenztem Umfang, der Eigenanbau in kleiner Zahl sowie die nichtkommerzielle gemeinschaftliche Erzeugung über Anbauvereinigungen (sogenannte Cannabis-Clubs). Eine gewerbliche, gewinnorientierte Abgabe an Verbraucher ist nicht freigegeben. Minderjährige sind in allen Bereichen besonders geschützt; Abgabe und Verkauf an Minderjährige sind verboten. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet werden.
Besitz, Eigenanbau und Abgabe
Besitz und Aufbewahrung
Erwachsene dürfen Cannabis in gesetzlich begrenzten Mengen besitzen. Dabei wird zwischen mitgeführten Mengen im öffentlichen Raum und aufbewahrten Mengen in der Privatwohnung unterschieden. Die Überschreitung der zulässigen Obergrenzen kann je nach Umfang ordnungswidrig oder strafbar sein. Minderjährige dürfen kein Cannabis besitzen.
Eigenanbau
Der private Eigenanbau durch Erwachsene ist in einer begrenzten Anzahl weiblicher, blühender Pflanzen zulässig, sofern die Pflanzen gesichert sind, nicht an Dritte gelangen und der Jugendschutz gewahrt bleibt. Die Ernte ist für den Eigenbedarf bestimmt. Eine Abgabe gegen Entgelt ist nicht gestattet.
Anbauvereinigungen (Cannabis-Clubs)
Anbauvereinigungen dürfen Cannabis gemeinschaftlich für ihre volljährigen Mitglieder anbauen und in engen, gesetzlich definierten Grenzen nichtkommerziell abgeben. Eine öffentliche, gewerbliche oder werbliche Vermarktung findet nicht statt. Die Vereinigungen unterliegen strengen Anforderungen, unter anderem zu Mitgliedschaft, Mengenbegrenzungen, Qualität, Dokumentation, Jugendschutz, Suchtprävention und behördlicher Aufsicht. Abgabe an Nichtmitglieder ist unzulässig.
Konsumorte und Schutzbereiche
Der Konsum ist Erwachsenen grundsätzlich erlaubt, jedoch in bestimmten Bereichen untersagt, insbesondere in räumlicher Nähe zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sowie in weiteren besonders geschützten Zonen und Zeitfenstern. Zusätzlich gelten allgemeine Nichtraucherschutzregelungen in Innenräumen. Die Einzelheiten betreffen Abstandsregelungen, Zeiten und örtliche Verbote.
Werbung, Sponsoring und Öffentlichkeitsarbeit
Werbung und Sponsoring für berauschendes Cannabis sind untersagt. Dies umfasst in der Regel auch indirekte Absatzförderung, die sich an die Allgemeinheit oder insbesondere an Jugendliche richtet. Anbauvereinigungen dürfen ausschließlich sachlich informieren, etwa über Mitgliedschaftsbedingungen oder Aufklärungsaspekte, jedoch keine Konsumanreize setzen.
Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
Typische Ordnungswidrigkeiten sind zum Beispiel der Konsum in verbotenen Bereichen oder geringfügige Mengenüberschreitungen. Straftaten betreffen vor allem den unerlaubten Handel, die Abgabe an Minderjährige, das organisierte Inverkehrbringen außerhalb der erlaubten Strukturen sowie erhebliche Mengenverstöße. In besonders schweren Fällen sind empfindliche Freiheitsstrafen möglich. Die Einordnung hängt von Art, Umfang und Umständen des Verstoßes ab.
Medizinisches Cannabis
Verschreibung und Versorgung
Medizinisches Cannabis ist für Patientinnen und Patienten mit entsprechender ärztlicher Verordnung erhältlich. Es wird in Apotheken als Blüten, Extrakte oder zugelassene Fertigarzneimittel abgegeben. Die Verschreibung richtet sich nach medizinischer Indikation und einschlägigen fachlichen Standards. Produktion, Import, Vertrieb und Abgabe unterliegen strengen arzneimittel- und betäubungsmittelbezogenen Anforderungen.
Kostenübernahme und Abgrenzung zu Freizeitkonsum
Die Erstattung durch Krankenversicherungen ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und wird im Einzelfall geprüft. Medizinischer Gebrauch unterscheidet sich rechtlich deutlich vom Freizeitkonsum; er erfolgt innerhalb des Arzneimittelversorgungssystems und unter medizinischer Kontrolle.
Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen
Für medizinische Produkte gelten Anforderungen an Qualität, Reinheit, Kennzeichnung, Lagerung und Rückverfolgbarkeit. Apotheken und Hersteller sind an entsprechende Standards gebunden, um eine sichere Versorgung zu gewährleisten.
Industriehanf und CBD
Landwirtschaftlicher Anbau von Nutzhanf
Nutzhanf (Industriehanf) darf zu gewerblichen Zwecken angebaut werden, wenn gesetzliche Voraussetzungen eingehalten werden. Maßgeblich sind die Sortenauswahl, die Registrierung der Anbaufläche und die Einhaltung definierter THC-Grenzwerte für die Pflanzen. Die Verwendung erfolgt etwa für Faserstoffe, Lebensmittelrohstoffe oder Baustoffe.
CBD-Produkte und Lebensmittelrecht
CBD-haltige Erzeugnisse sind rechtlich unterschiedlich zu bewerten, je nach Produktkategorie (Lebensmittel, Nahrungsergänzung, Kosmetik, Aromaprodukt). Für Lebensmittel und Nahrungsergänzungen greifen neben allgemeinen Kennzeichnungs- und Sicherheitsanforderungen auch europäische Vorgaben zu neuartigen Lebensmitteln. Entscheidend sind THC-Gehalte, Herkunft des Extrakts, Herstellungsverfahren und beabsichtigte Verwendung.
Kosmetik, Wellness und sonstige Produkte
In Kosmetika dürfen Hanf- oder CBD-Bestandteile eingesetzt werden, soweit die kosmetikrechtlichen Vorgaben einschließlich Sicherheitsbewertung und Inhaltsstofflisten eingehalten werden. Für Raumdüfte, Tierprodukte oder technische Anwendungen gelten jeweils eigene Regelungen, die insbesondere Sicherheits- und Informationspflichten betreffen.
Verkehr, Arbeit und Alltag
Straßenverkehr
Führen von Fahrzeugen unter Cannabis-Einfluss ist verboten. Für die Beurteilung sind Wirkstoffnachweise, Fahrtüchtigkeit und Grenzwerte maßgeblich. Sanktionen reichen von Bußgeldern und Fahrverboten bis zu strafrechtlichen Konsequenzen in gravierenden Fällen. Unabhängig davon können fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen folgen, etwa Eignungsprüfungen. Dies gilt auch für wiederholten oder problematischen Konsum.
Arbeitsschutz und Arbeitsverhältnis
Arbeitgeber haben die Pflicht, Sicherheit und Gesundheit im Betrieb zu gewährleisten. In sicherheitsrelevanten Tätigkeiten kann der Umgang mit berauschenden Substanzen arbeitsrechtliche Folgen haben. Vereinbarungen zu Tests berühren das Persönlichkeitsrecht und sind nur in engen Grenzen zulässig. Arbeitsrechtliche Maßnahmen richten sich nach Tätigkeit, Gefährdungsbeurteilung und Einzelfallumständen.
Miet- und Nachbarschaftsrecht
Der Konsum in der Wohnung wird durch das Mietverhältnis und das Rücksichtnahmegebot geprägt. Rauch- und Geruchsbelästigungen können Konflikte auslösen. Eigenanbau ist nur im zulässigen Umfang und unter Sicherstellung des Jugendschutzes möglich; mietvertragliche Regelungen und Hausordnungen sind zu beachten. In gemeinschaftlichen Bereichen können zusätzliche Verbote gelten.
Grenzüberschreitende Aspekte
Reisen innerhalb der EU und international
Die Mitnahme von Cannabis zu Freizeitzwecken über Grenzen ist grundsätzlich untersagt. Andere Staaten ahnden Besitz und Einfuhr häufig streng. Für medizinisches Cannabis gelten gesonderte Vorgaben; sie unterscheiden sich je nach Zielland und erfordern in der Regel besondere Nachweise.
Versandhandel und Postverkehr
Der grenzüberschreitende Versand von berauschendem Cannabis ist nicht freigegeben. Innerstaatlich gelten für den Versand strenge Voraussetzungen, insbesondere zur Altersverifikation, Produktsicherheit und Nachverfolgbarkeit, sofern der Versand im Einzelfall zulässig ist. Für Arzneimittel gelten zusätzliche Anforderungen.
Jugend- und Gesundheitsschutz
Altersgrenzen und Abgabeverbote
Abgabe, Verkauf und jede Form der Überlassung an Minderjährige sind unzulässig. Schutzvorschriften zielen darauf ab, Zugang und Verfügbarkeit für junge Menschen zu begrenzen, insbesondere in der Nähe von Schulen, Kitas, Spielplätzen und jugendrelevanten Einrichtungen.
Prävention, Aufklärung, Suchtfragen
Anbauvereinigungen und staatliche Stellen haben Aufklärungs- und Präventionsaufgaben. Ziel sind Risikominimierung, Schutz vulnerabler Gruppen und Eindämmung illegaler Märkte. Bei Anzeichen von problematischem Konsum können behördliche Maßnahmen zum Schutz Dritter oder zur Verkehrssicherheit greifen.
Daten- und Verbraucherschutz
Mitgliederdaten in Anbauvereinigungen
Anbauvereinigungen dürfen nur erforderliche Daten erheben und müssen diese gegen unbefugten Zugriff schützen. Es gelten datenschutzrechtliche Grundsätze wie Zweckbindung, Datenminimierung und Transparenz. Aufsichtsbehörden können Kontrollen durchführen.
Produktkennzeichnung und Rückrufe
Abgegebene Produkte müssen korrekt gekennzeichnet sein, etwa zu Wirkstoffgehalten, Herkunft und Sicherheitshinweisen. Bei Qualitätsmängeln kommen Rückruf- und Informationspflichten in Betracht. Dokumentations- und Prüfpflichten dienen der Nachverfolgbarkeit.
Rückwirkende Entkriminalisierung und Register
Tilgung früherer Verurteilungen
Für Handlungen, die nach neuer Rechtslage nicht mehr strafbar sind, besteht die Möglichkeit der nachträglichen Entlastung. Zuständige Stellen prüfen Altfälle und nehmen Tilgungen aus den Registern vor, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Laufende Verfahren und Umschreibung
Bei laufenden Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen früheren Cannabisdelikten kann die neue Rechtslage berücksichtigt werden. Verfahren können angepasst, eingestellt oder neu bewertet werden, wenn der Tatbestand nicht mehr erfüllt ist.
Regionale Modellvorhaben
Wissenschaftlich begleitete Lieferketten
Ergänzend zur teilweisen Entkriminalisierung sind regional befristete Modellvorhaben möglich. Sie dienen der wissenschaftlichen Untersuchung kontrollierter Lieferketten außerhalb des illegalen Marktes. Teilnahme, Vertrieb und Evaluation unterliegen engen gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Ziele und Begrenzungen
Die Projekte sollen Erkenntnisse zu Gesundheitsschutz, Jugendprävention, Marktverdrängung und Regulierungspraxis liefern. Die räumliche, zeitliche und organisatorische Reichweite ist beschränkt und wird behördlich überwacht.
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Das Cannabisrecht befindet sich im Wandel. Künftige Anpassungen betreffen voraussichtlich Detailfragen zu Verkehrssicherheit, Jugendschutz, Mengenabgrenzungen, Qualitätssicherung, Aufsichtspraxis und den Ergebnissen regionaler Modellvorhaben. Maßgeblich sind die fortlaufende Evaluation und der Abgleich mit Gesundheits-, Verbraucher- und Sicherheitserwägungen.
Häufig gestellte Fragen (rechtlicher Kontext)
Ist der Besitz von Cannabis für Erwachsene erlaubt und in welchem Umfang?
Ja, für Erwachsene ist der Besitz in gesetzlich festgelegten Grenzen erlaubt. Es gibt unterschiedliche Obergrenzen für mitgeführte Mengen im öffentlichen Raum und für Aufbewahrungsmengen in der Privatwohnung. Überschreitungen können als Ordnungswidrigkeit oder Straftat verfolgt werden.
Dürfen Anbauvereinigungen Cannabis verkaufen?
Nein. Anbauvereinigungen dürfen Cannabis nur in einem nichtkommerziellen Rahmen an ihre volljährigen Mitglieder abgeben. Eine gewerbliche Vermarktung, Abgabe an Nichtmitglieder oder werbliche Ansprache der Allgemeinheit ist nicht zulässig.
Wie ist die Rechtslage beim Fahren nach Cannabis-Konsum?
Das Führen von Fahrzeugen unter Cannabis-Einfluss ist verboten. Je nach Wirkstoffnachweis, Auffälligkeiten und Umständen drohen Bußgelder, Fahrverbote, Punkte, in schweren Fällen strafrechtliche Folgen sowie fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen. Die Beurteilung richtet sich nach geltenden Grenz- und Toleranzwerten sowie der Fahrtüchtigkeit.
Was gilt für Minderjährige im Zusammenhang mit Cannabis?
Minderjährige dürfen kein Cannabis besitzen oder konsumieren. Abgabe, Verkauf oder jede Form der Überlassung an Minderjährige ist verboten und kann strafbar sein. Schutzbereiche in der Nähe von Schulen, Kitas, Spielplätzen und ähnlichen Einrichtungen sind besonders geregelt.
Ist CBD in Deutschland legal?
CBD ist nicht berauschend, seine Produkte unterliegen jedoch je nach Kategorie unterschiedlichen Regeln. Lebensmittel und Nahrungsergänzungen benötigen rechtliche Zulässigkeit als neuartige Lebensmittel; Kosmetika müssen die kosmetikrechtlichen Vorgaben erfüllen. Maßgeblich sind THC-Gehalte, Produktsicherheit, Kennzeichnung und beabsichtigte Verwendung.
Darf medizinisches Cannabis auf Reisen mitgeführt werden?
Die Mitnahme von medizinischem Cannabis unterliegt besonderen Regeln, die je nach Zielstaat variieren. Innerhalb und außerhalb der EU gelten unterschiedliche Nachweiserfordernisse. Für Freizeit-Cannabis ist die grenzüberschreitende Mitnahme regelmäßig unzulässig.
Werden frühere Verurteilungen wegen Cannabis automatisch gelöscht?
Für Handlungen, die nach neuer Rechtslage nicht mehr strafbar sind, sieht das Gesetz eine nachträgliche Entlastung vor. Zuständige Stellen prüfen Altfälle und veranlassen Tilgungen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Umfang der Löschung richtet sich nach Art und Schwere der früheren Tat.