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Bußgeld, Bußgeldverfahren


Bußgeld und Bußgeldverfahren im deutschen Recht

Definition und Abgrenzung des Begriffs Bußgeld

Ein Bußgeld ist eine hoheitlich verhängte Geldsanktion, die zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten dient. Es unterscheidet sich damit deutlich von einer Geldstrafe, die bei Straftaten verhängt wird. Die Grundlage für die Festsetzung eines Bußgeldes bilden im Wesentlichen das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) sowie spezifische Vorschriften in zahlreichen Einzelgesetzen, wie etwa der Straßenverkehrsordnung (StVO) oder Umweltschutzbestimmungen.

Rechtsnatur des Bußgeldes

Das Bußgeld ist ein Rechtsbehelf zur Durchsetzung der öffentlichen Ordnung und dient der Prävention sowie Repression bei Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften, die jedoch noch keine Straftaten darstellen. Es handelt sich um eine Sanktion eigener Art, die zwischen Strafe und bloßer behördlicher Maßnahme steht und sowohl spezielle als auch generalpräventive Ziele verfolgt.

Gesetzliche Grundlagen und Rechtsquellen

Das zentrale Gesetz für das Bußgeldverfahren ist das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Es regelt allgemein, wann und wie ein Bußgeld verhängt werden kann. Ergänzend hierzu existieren zahlreiche Rechtsvorschriften auf Bundes- und Länderebene, die einzelne Ordnungswidrigkeitentatbestände mit entsprechenden Bußgeldrahmen definieren, zum Beispiel im Straßenverkehrsrecht, Umweltrecht, Gewerberecht, Gesundheitsrecht und weiteren Bereichen.

Abgrenzung zu anderen Sanktionen

Bußgelder sind von anderen staatlichen Sanktionen abzugrenzen, insbesondere von Geldstrafen im Strafrecht und vom Verwarnungsgeld. Das Verwarnungsgeld stellt dabei eine geringfügigere Sanktion dar und kann bei leichten Ordnungswidrigkeiten unmittelbar vor Ort erhoben werden.

Voraussetzungen und Voraussetzungen für die Verhängung eines Bußgeldes

Ein Bußgeld kann nur verhängt werden, wenn eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des §1 OWiG vorliegt. Voraussetzung ist ein tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und vorwerfbares Verhalten, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Handelnden. Die Ordnungswidrigkeit muss gesetzlich mit Bußgeld bedroht sein. Die Tat darf keine Straftat sein; andernfalls findet das Strafverfahren Anwendung.

Schuldform und Ahndungsfähige Handlungen

Das OWiG differenziert dabei nicht zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Begehung; beide Schuldformen sind sanktionsfähig, sofern das jeweilige Spezialgesetz dies vorsieht.

Das Bußgeldverfahren im Detail

Das Bußgeldverfahren ist ein formelles Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensregeln, das in den §§ 35 ff. OWiG sowie ergänzend im Gesetz über das Verfahren in Strafsachen (StPO) geregelt ist.

Einleitung des Verfahrens

Das Verfahren beginnt im Regelfall mit der Feststellung einer Ordnungswidrigkeit durch eine Verwaltungsbehörde, meist eine Ordnungsbehörde oder die Polizei. Eine Anzeige oder ein behördlicher Aktenvermerk genügt zur Einleitung.

Ermittlungsverfahren und Anhörung

Nach der Einleitung des Verfahrens ermittelt die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt von Amts wegen (§ 55 OWiG). Der Betroffene wird vor Erlass eines Bußgeldbescheides angehört, wobei ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird.

Erlass des Bußgeldbescheids

Nach Abschluss der Ermittlungen und bei hinreichendem Tatverdacht erlässt die zuständige Behörde einen Bußgeldbescheid (§ 66 OWiG). Dieser Bescheid stellt einen förmlichen, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Verwaltungsakt dar. Er enthält Angaben zur Person, zur Tat, zur Bußgeldhöhe und ggf. zu Nebenfolgen wie Fahrverboten.

Höhe des Bußgeldes

Die Höhe des Bußgeldes richtet sich nach dem Bußgeldrahmen der jeweiligen Vorschriften. Das OWiG sieht in § 17 Abs. 1 einen allgemeinen Rahmen von fünf bis eintausend Euro vor, sofern das einschlägige Spezialgesetz nichts Weitergehendes bestimmt. Im Einzelfall können Bußgelder für schwerwiegende Verstöße auch deutlich höhere Summen erreichen.

Rechtsbehelf: Der Einspruch

Gegen einen Bußgeldbescheid steht dem Betroffenen der Rechtsbehelf des Einspruchs zu (§ 67 OWiG). Der Einspruch ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung einzulegen und führt bei fristgerechter Erhebung zu einer Überprüfung des Bußgeldbescheids durch die Verwaltungsbehörde. Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, gelangt die Angelegenheit an das zuständige Amtsgericht.

Gerichtliches Verfahren

Im gerichtlichen Verfahren wird die Sache erneut geprüft. Das Gericht entscheidet nach einer mündlichen Hauptverhandlung durch Urteil. Gegen das Urteil stehen dem Betroffenen im Rahmen der Verfahrensvorschriften Rechtsmittel, insbesondere die Rechtsbeschwerde, zu.

Nebenfolgen und weitere Rechtsfolgen des Bußgeldes

Neben der Geldbuße können im Bußgeldverfahren weitere Nebenfolgen verhängt werden, sofern ein Gesetz dies vorsieht. Zu den bekanntesten zählen Fahrverbote, die im Regelfall bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen im Straßenverkehr ausgesprochen werden (§ 25 StVG). Auch Einziehungen, Verwarnungen oder die Anordnung von Maßnahmen, beispielsweise zur Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands, sind möglich.

Eintragung ins Fahreignungsregister

Besondere Bedeutung gewinnt das Bußgeldverfahren bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, da bestimmte Bußgelder gemäß Fahreignungsregistergesetz (FAER) eintragungsfähig sind. Eintragungen können Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis und das Bewertungs­system im Kraftfahrt-Bundesamt haben.

Verjährung im Bußgeldverfahren

Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist an Verjährungsfristen gebunden. Nach § 31 OWiG beträgt die Frist für die Verfolgung in der Regel sechs Monate, kann aber bei bestimmten Tatbeständen bis zu drei Jahre betragen. Die Frist beginnt mit Beendigung der Tat und kann durch bestimmte Handlungen, etwa die Anhörung, unterbrochen werden (§ 33 OWiG).

Kosten und Folgen eines Bußgeldverfahrens

Mit dem Abschluss eines Bußgeldverfahrens entstehen dem Betroffenen regelmäßig Verfahrenskosten, die im Bußgeldbescheid festgesetzt werden (§ 105 OWiG i.V.m. § 464b StPO). Hinzu können Auslagen, wie Gebühren für Zeugen oder Sachverständige, kommen.

Vollstreckung eines Bußgeldbescheides

Der rechtskräftige Bußgeldbescheid ist Grundlage für die Vollstreckung des festgesetzten Betrags. Erfolgt keine Zahlung, kann Zwangsvollstreckung betrieben werden, notfalls auch durch Erzwingungshaft (§ 96 OWiG).


Zusammenfassung

Das Bußgeldverfahren ist ein eigenständiges, gesetzlich genau geregeltes Verfahren zur Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten durch die Verhängung von Geldbußen und weiteren Nebenfolgen. Die gesetzlichen Grundlagen und der Ablauf des Verfahrens sind detailliert geregelt und bieten Betroffenen die Möglichkeit, sich durch Einspruch oder gerichtliche Überprüfung gegen einen Bußgeldbescheid zu wehren. Das Bußgeld steht dabei systematisch und funktional zwischen der Strafe im eigentlichen Sinne und der bloßen Aufforderung zur Ordnung durch die Verwaltung.

Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen, den Ablauf, die Nebenfolgen und die Durchsetzung des Bußgeldverfahrens im deutschen Rechtssystem.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte haben Betroffene in einem Bußgeldverfahren?

Betroffene Personen haben im Bußgeldverfahren umfassende Rechte, die den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens entsprechen. Zu den wichtigsten zählen insbesondere das Recht auf Akteneinsicht (§ 49 OWiG), das Recht auf rechtliches Gehör, das Recht zur Stellungnahme und das Recht auf Hinzuziehung eines Verteidigers. Betroffene müssen vor Erlass eines Bußgeldbescheids grundsätzlich zum Tatvorwurf angehört werden. Sie sind nicht verpflichtet, sich zur Sache zu äußern, was dem grundgesetzlichen Schweigerecht entspricht. Im Verlauf des Bußgeldverfahrens besteht die Möglichkeit, Beweisanträge zu stellen, Entlastungszeugen zu benennen und gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Während des gerichtlichen Verfahrens sind weitere Verteidigungsmöglichkeiten gegeben, wie die Teilnahme an der Hauptverhandlung und das Erheben von Rechtsmitteln gegen das Urteil. Verstöße gegen Verfahrensrechte können im fortlaufenden Verfahren geltend gemacht und unter Umständen zur Aufhebung des Bußgeldbescheids oder zur Einstellung des Verfahrens führen.

Wie läuft das Bußgeldverfahren nach einem Verkehrsverstoß ab?

Das Bußgeldverfahren bei Verkehrsverstößen beginnt in der Regel mit einer Ordnungswidrigkeitenanzeige, zum Beispiel durch eine polizeiliche Kontrolle oder einen Blitzer. Die zuständige Bußgeldstelle prüft zunächst, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht und ermittelt den Fahrzeughalter und Fahrer. Nach der Identifizierung erhält der Betroffene einen Anhörungsbogen, auf den er nicht antworten muss. Im Anschluss prüft die Behörde die Sachlage und erlässt bei bestehendem Tatvorwurf einen Bußgeldbescheid. Gegen diesen Bußgeldbescheid kann der Betroffene innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde Einspruch einlegen. Führt der Einspruch nicht zur Einstellung oder Änderung, erfolgt die Abgabe an das zuständige Amtsgericht, das über den Fall in einer Hauptverhandlung entscheidet. Nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens kann gegen das Urteil das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde eingelegt werden, sofern dies gesetzlich zugelassen ist.

Welche Fristen gelten im Bußgeldverfahren?

Im Bußgeldverfahren sind insbesondere die Verfolgungsverjährung und Rechtsmittelfristen zu beachten. Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt bei den meisten Ordnungswidrigkeiten, insbesondere im Straßenverkehr, grundsätzlich drei Monate ab dem Tattag, sofern innerhalb dieser Zeit kein Bußgeldbescheid ergangen ist oder der Betroffene keine Anhörung erhalten hat; ansonsten verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Nach Zustellung des Bußgeldbescheides beträgt die Einspruchsfrist zwei Wochen (§ 67 OWiG). Wird der Einspruch nicht fristgerecht eingelegt, wird der Bescheid bestandskräftig. Nach Ablauf der Einspruchsfrist kann ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden, wenn der Betroffene die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt hat. Im gerichtlichen Verfahren gelten die gesetzlichen Fristen für die Einlegung und Begründung weiterer Rechtsmittel wie der Rechtsbeschwerde.

Was geschieht, wenn gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt wird?

Legt der Betroffene fristgerecht Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ein, überprüft die Bußgeldbehörde zunächst erneut den Sachverhalt. Sie kann den Bescheid zurücknehmen, abändern oder an das zuständige Amtsgericht weiterleiten. Im gerichtlichen Verfahren werden die Beweise neu erhoben und eine Hauptverhandlung durchgeführt, zu der sowohl der Betroffene als auch ein Verteidiger erscheinen können. Dort wird das Tatgeschehen unabhängig von der behördlichen Bewertung erneut geprüft. Das Gericht kann den Bußgeldbescheid bestätigen, aufheben oder abändern, also das Bußgeld herabsetzen oder erhöhen. Nach Abschluss der Verhandlung hat der Betroffene das Recht auf Rechtsbeschwerde, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Welche Kosten können im Bußgeldverfahren entstehen?

Im Bußgeldverfahren entstehen für den Betroffenen verschiedene Kostenarten. Zum einen ist dies das eigentliche Bußgeld, das sich nach Art und Schwere der Ordnungswidrigkeit richtet und im Bußgeldkatalog festgelegt ist. Hinzu kommen Verwaltungsgebühren und Auslagen gemäß Kostenverzeichnis (z.B. Zustellkosten) der Bußgeldbehörde. Wird gegen den Bescheid Einspruch eingelegt und kommt es zu einer Hauptverhandlung, können Gerichtsgebühren und Kosten für den eigenen Rechtsanwalt anfallen. Auch Auslagen für Zeugen oder Sachverständige können dem Betroffenen auferlegt werden, sofern deren Heranziehung aufgrund der Verteidigungsstrategie erforderlich war. Wird der Betroffene freigesprochen, trägt in der Regel die Staatskasse die gerichtlichen Auslagen und einen Teil der notwendigen Verteidigerkosten.

Wann kann ein Fahrverbot im Bußgeldverfahren verhängt werden?

Ein Fahrverbot wird im Bußgeldverfahren dann verhängt, wenn das Gesetz für bestimmte Ordnungswidrigkeiten ein solches ausdrücklich vorsieht. Insbesondere bei schweren oder wiederholten Verkehrsverstößen – wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsverstößen oder Fahren unter Alkoholeinfluss – sieht der Bußgeldkatalog neben dem Bußgeld als Nebenfolge regelmäßig die Anordnung eines Fahrverbots vor. Ein Fahrverbot bedeutet, dass dem Betroffenen für eine Dauer von einem bis zu drei Monaten das Führen von Kraftfahrzeugen jeder Art im Straßenverkehr untersagt wird. Während der Dauer des Fahrverbots muss der Führerschein in amtliche Verwahrung gegeben werden und der Betroffene darf kein fahrerlaubnispflichtiges Fahrzeug führen. Ein Fahrverbot wird mit Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam, wobei unter bestimmten Voraussetzungen beantragt werden kann, das Fahrverbot innerhalb einer Viermonatsfrist selbst zu bestimmen, sofern in den letzten zwei Jahren kein Fahrverbot verhängt wurde.