Legal Lexikon

Bundeswehr


Begriff und rechtliche Grundlagen der Bundeswehr

Die Bundeswehr ist die Streitkraft der Bundesrepublik Deutschland. Ihr rechtlicher Rahmen ist im Grundgesetz (GG), in verschiedenen Bundesgesetzen sowie in internationalen Abkommen ausführlich geregelt. Die Aufgaben, Befugnisse, Organisation sowie Kontrolle und Einschränkungen der Bundeswehr unterliegen einem komplexen rechtlichen Geflecht, das die demokratische Ordnung und die Einbindung in internationale Strukturen sicherstellt.


Verfassungsrechtliche Grundlagen

Grundgesetzliche Verankerung

Die Bundeswehr ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in verschiedenen Artikeln unmittelbar geregelt. Die zentrale verfassungsrechtliche Grundlage findet sich in Artikel 87a GG, der die Bildung und Aufgabenstellung der Streitkräfte normiert. Danach werden Streitkräfte zur Verteidigung aufgestellt; ihre zahlenmäßige Stärke und ihre Einsatzmöglichkeiten unterliegen strikten verfassungsrechtlichen Schranken.

Parlamentsvorbehalt

Gemäß Artikel 45a, 45b und 87a GG sowie Artikel 24 Abs. 2 GG unterliegt der Einsatz der Bundeswehr besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Neben dem Verteidigungsfall ist jeder Einsatz im Ausland nur mit Zustimmung des Deutschen Bundestags zulässig (sog. Parlamentsvorbehalt).


Einfachgesetzliche Rechtsgrundlagen

Soldatengesetz (SG)

Das Soldatengesetz regelt die Rechte und Pflichten der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, einschließlich Dienstverhältnis, Disziplinarordnung und Sonderrechte.

Wehrpflichtgesetz (WPflG) und Freiwilliger Wehrdienst

Das Wehrpflichtgesetz regelt die Voraussetzungen und Durchführung der Wehrpflicht, die im Jahr 2011 ausgesetzt, jedoch nicht abgeschafft wurde. Die Dienstverhältnisse des freiwilligen Wehrdienstes sind ebenfalls rechtlich normiert.

Weitere relevante Gesetze

Zu den weiteren maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen zählen:

  • Wehrstrafgesetz (WStG)
  • Zivildienstgesetz (ZDG)
  • Verwendungsgesetz (VwG)
  • Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten auf Zeit (SaZ)

Organisation und Aufbau

Bundesminister der Verteidigung

Das Kommando über die Streitkräfte obliegt dem Bundesminister/der Bundesministerin der Verteidigung (Artikel 65a GG). Im Verteidigungsfall geht die Befehls- und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin über.

Struktur und Dienstzweige

Die Bundeswehr gliedert sich in Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst, Streitkräftebasis und spezielle Kommandobehörden. Die interne Organisation unterliegt dem Organisationsrecht und den einschlägigen Erlassen des Bundesministeriums der Verteidigung.


Einsatzrechtliche Rahmenbedingungen

Verteidigungsfall und Bündnisfälle

Im Verteidigungsfall nach Art. 115a GG gelten Sonderregelungen über die Einsatzmöglichkeiten von Streitkräften. Im Rahmen internationaler Bündnisse, wie der NATO, regeln weitere Gesetze und Abkommen etwa die Truppenstationierung und den Beistand.

Auslandseinsätze

Die Zulässigkeit von Auslandseinsätzen ist gemäß dem „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ (Gesetz über die Parlamentarische Beteiligung bei Auslandseinsätzen der Streitkräfte) geregelt. Ferner ist die Beteiligung an multinationalen Einsätzen rechtlich an Mandate der Vereinten Nationen, der EU oder der NATO gebunden.


Kontrolle und rechtliche Überwachung

Parlamentskontrolle

Der Bundestag nimmt die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte insbesondere durch den Verteidigungsausschuss und den Parlamentarischen Beauftragten für die Streitkräfte wahr (Art. 45a GG).

Disziplinarrecht und Wehrdisziplinarordnung

Disziplinarische Maßnahmen und Verfahren sind im Soldatengesetz und in der Wehrdisziplinarordnung geregelt. Soldaten unterliegen besonderen Pflichten und Beschränkungen, gleichzeitig genießen sie auch Schutz- und Beteiligungsrechte.


Menschenrechtliche und völkerrechtliche Aspekte

Menschenrechtsbindung

Solange sich die Bundeswehr im Inland befindet oder im Rahmen von Auslandseinsätzen operiert, ist sie an die Vorgaben des Grundgesetzes und der internationalen Menschenrechtskonventionen gebunden, etwa die EMRK oder die Genfer Konventionen.

Völkerrechtliche Rahmenbedingungen

Einsätze im Ausland werden im Einklang mit dem Völkerrecht durchgeführt, insbesondere unter Berücksichtigung des Gewaltverbotes der Vereinten Nationen und des humanitären Völkerrechts.


Fazit

Die Bundeswehr ist als Streitkraft eng in die verfassungsrechtliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland eingebunden. Ihre Aufgaben, Struktur und Einsatzmöglichkeiten unterliegen einem komplexen Zusammenspiel aus Grundgesetz, Bundesgesetzen und internationalen Regelungen. Die umfangreiche parlamentarische Kontrolle und die strikte Bindung an das Recht sichern die Verfassungsmäßigkeit sowie die demokratische Legitimation der Bundeswehr.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln den Dienst in der Bundeswehr?

Der Dienst in der Bundeswehr ist vor allem im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) sowie in verschiedenen Bundesgesetzen rechtlich geregelt. Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften finden sich im Soldatengesetz (SG), im Wehrpflichtgesetz (WPflG) und im Wehrstrafgesetz (WStG). Das Grundgesetz bestimmt dabei in den Artikeln 87a bis 87c sowie Artikel 12a die Rahmenbedingungen für die Streitkräfte und die Wehrpflicht. Ergänzend regeln Verordnungen und Erlasse Detailfragen, wie beispielsweise Dienstgrade, Uniformen und den Ablauf der Ausbildung. Das Völkerrecht, insbesondere das humanitäre Kriegsvölkerrecht sowie die Bestimmungen der NATO, haben zudem unmittelbaren Einfluss auf den rechtlichen Status der Soldatinnen und Soldaten sowie auf die Einsätze der Bundeswehr im Ausland. Darüber hinaus sind auch arbeitsrechtliche und beamtenrechtliche Vorschriften auf bestimmte Personengruppen innerhalb der Bundeswehr anzuwenden, etwa auf zivile Mitarbeiter.

Welche Rechte und Pflichten haben Soldaten rechtlich gesehen?

Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr haben gemäß Soldatengesetz umfangreiche Pflichten und besondere Rechte. Zu den zentralen Pflichten gehören die Gehorsamspflicht (§ 11 SG), die Pflicht zur Kameradschaft (§ 12 SG), die Pflicht zur Treue gegenüber der Verfassung (§ 8 SG), aber auch die Verpflichtung zur Verschwiegenheit und zur ordentlichen Dienstausführung. Im Gegenzug haben Soldaten spezifische Rechte: So genießen sie Fürsorge des Dienstherrn (§ 31 SG), die unter anderem Versorgung im Krankheitsfall, Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz und besondere soziale Absicherung im Falle von Dienstunfällen oder während Auslandseinsätzen einschließt. Ein wesentliches rechtliches Merkmal ist zudem, dass Soldaten Rechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit prinzipiell behalten, diese jedoch im Rahmen des Dienstes bestimmten Einschränkungen unterliegen können, wenn dies zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlich ist.

Wie ist der rechtliche Rahmen für Auslandseinsätze der Bundeswehr?

Die Bundeswehr darf nur im Rahmen gesetzlicher und völkerrechtlicher Vorgaben im Ausland eingesetzt werden. Die rechtliche Grundlage für Auslandseinsätze bildet das Parlamentsbeteiligungsgesetz (ParlBG), das vorsieht, dass Einsätze deutscher Streitkräfte im Ausland grundsätzlich die vorherige Zustimmung des Deutschen Bundestages erfordern. Ergänzt wird dies durch Regelungen im Grundgesetz, des Völkerrechts – zum Beispiel Mandate durch die Vereinten Nationen (UN) oder die Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) – sowie durch das Soldatengesetz und das Wehrrecht, welche Vorgaben zu Beteiligung, Befehl, Rechtsschutz und Fürsorgepflicht machen. Der Bundestag muss jeweils Umfang, Zielsetzung, Einsatzgebiet und Dauer des Einsatzes befristen und kontrolliert regelmäßig die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit einer Verlängerung oder Beendigung.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es zur Verweigerung des Wehrdienstes?

Das Grundgesetz garantiert in Artikel 4 Abs. 3 das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Die Ausgestaltung dieses Grundrechts ist im Zivildienstgesetz sowie im Wehrpflichtgesetz geregelt. Demnach kann jeder, der aus tiefgreifenden ethischen, religiösen oder moralischen Überzeugungen den Dienst an der Waffe ablehnt, einen formalen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellen. Das Verfahren sieht eine schriftliche Darlegung der Gewissensgründe vor; in Zweifelsfällen kann eine persönliche Anhörung stattfinden. Im Fall der anerkannten Verweigerung ist dann ein Ersatzdienst (früher Zivildienst, heute Bundesfreiwilligendienst oder andere anerkannte Dienste) zu leisten. Ebenso bestehen Sonderregelungen für anerkannte ausländische Verweigerer mit Wohnsitz in Deutschland.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein Dienstvergehen bei der Bundeswehr?

Dienstvergehen sind Pflichtverletzungen von Soldatinnen und Soldaten, die gegen gesetzlich geregelte Dienstpflichten verstoßen und werden im Soldatengesetz (§ 23 SG) sowie in der Wehrdisziplinarordnung (WDO) behandelt. Mögliche Sanktionen reichen von einfachen Disziplinarmaßnahmen (wie Verweis, strenger Verweis oder Disziplinararrest) bis hin zu gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen (wie Degradierung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis). Die Beurteilung und Verhängung von Maßnahmen erfolgt je nach Schwere des Dienstvergehens durch Disziplinarvorgesetzte oder Wehrdienstgerichte. Im Falle von Straftaten, die nicht nur dienstrechtlich relevant sind, greift zusätzlich das Wehrstrafgesetz (WStG), das neben dem allgemeinen Strafrecht (StGB) spezielle Tatbestände für Soldaten vorsieht, etwa Fahnenflucht oder Gehorsamsverweigerung.

Wie ist die Rechtsstellung von Reservistinnen und Reservisten in der Bundeswehr?

Reservistinnen und Reservisten unterliegen während ihrer Dienstleistung denselben rechtlichen Bestimmungen wie aktive Soldaten. Das bedeutet, dass sie im Rahmen von Wehrübungen oder besonderem Aufgebot die Rechte und Pflichten nach dem Soldatengesetz wahrnehmen. Über ihren aktiven Dienst hinaus gelten für sie die Vorschriften im Reservistengesetz (ResG), das u.a. den freiwilligen und verpflichtenden Reservistendienst, Verfügbarkeit, Einberufung, und Rechtsschutz regelt. Besonders relevant ist, dass auch Reservisten während des Wehrdienstes anspruchsberechtigt auf Fürsorge (wie gesundheitliche Versorgung, soziale Absicherung) sind und im Fall eines Dienstunfalls ebenfalls unter den Schutz des Sozialgesetzbuches VII (Unfallversicherung) fallen.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten im Disziplinarrecht der Bundeswehr?

Das Disziplinarrecht der Bundeswehr ist ein Sonderrecht, das sich grundlegend vom allgemeinen Arbeits- oder Beamtenrecht unterscheidet. Es dient der Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin innerhalb der Streitkräfte und ist im Wesentlichen in der Wehrdisziplinarordnung (WDO) geregelt. Soldaten unterliegen einer besonderen Gehorsamspflicht und können wegen Dienstvergehen mit spezifischen Disziplinarmaßnahmen (z. B. Verweis, Arrest, Entfernung aus dem Dienst) belegt werden. Das Disziplinarverfahren beinhaltet mehrere Instanzen: vom Vorgesetzten über Disziplinarvorgesetzte bis hin zu Truppendienst- und Wehrdienstsenaten der Verwaltungsgerichte. Zudem besteht ein umfassender Rechtsschutz: Gegen Disziplinarmaßnahmen können Soldaten durch Rechtsmittel (Beschwerde, Klage) vorgehen und haben Anspruch auf rechtliches Gehör und anwaltliche Vertretung während des Verfahrens.