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Bundeswasserstraßen


Begriff und rechtliche Grundlagen der Bundeswasserstraßen

Der Begriff Bundeswasserstraßen bezeichnet im Recht der Bundesrepublik Deutschland solche Wasserstraßen, die gemäß Art. 89 des Grundgesetzes (GG) im Eigentum und in der Verwaltungshoheit des Bundes stehen. Diese Wasserstraßen sind ein wesentlicher Bestandteil der Infrastruktur des Bundes und dienen überwiegend dem überregionalen Schiffsverkehr. Der bundeseinheitliche Rechtsrahmen enthält komplexe Regelungen bezüglich Eigentum, Verwaltung, Nutzung und Schutz der Bundeswasserstraßen.

Definition und historische Entwicklung

Begriffserläuterung

Bundeswasserstraßen sind gemäß § 1 Abs. 1 des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG) die Schiffahrtsstraßen, die im Eigentum des Bundes stehen und im Verzeichnis der Bundeswasserstraßen (Anlage 1 zum WaStrG) aufgeführt sind. Zu den Bundeswasserstraßen zählen sowohl Binnenwasserstraßen als auch Seewasserstraßen.

Historische Entwicklung

Die rechtliche Entwicklung der Bundeswasserstraßen ist eng mit der Entstehung des deutschen Bundesgebiets und der Notwendigkeit überregionaler Wassertransportwege verbunden. Bereits zur Zeit des Norddeutschen Bundes (1867-1871) lag die Verwaltung zentraler Wasserstraßen in Bundeshänden, was später im Grundgesetz verbindlich geregelt wurde.

Verfassungsrechtlicher Rahmen

Art. 89 Grundgesetz (GG)

Art. 89 GG legt fest, dass der Bund Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen ist und sie durch Bundesbehörden verwaltet werden; Näheres regelt ein Bundesgesetz. Dies betrifft primär die Gewährleistung gleichmäßiger Nutzbarkeit der Wasserstraßen für alle Bundesländer.

Eigentum und Verwaltungszuständigkeit

Die Verwaltungshoheit sowie das Eigentum an den Bundeswasserstraßen liegen bundeseinheitlich beim Bund. Diese Regelung stellt sicher, dass der Zugang und Betrieb dieser Verkehrswege nicht durch regionale Interessen einzelner Länder eingeschränkt wird.

Einfachgesetzliche Regelungen

Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)

Zentrales Regelwerk ist das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG). Es bestimmt unter anderem:

  • Welche Wasserstraßen als Bundeswasserstraßen gelten (Verzeichnis nach § 1 Abs. 1 WaStrG und Anlage 1 WaStrG),
  • Grundsätze des Gemeingebrauchs (§ 2 WaStrG),
  • Regelungen für Verwaltung, Unterhaltung, Ausbau, Betrieb und Nutzung,
  • Pflichten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.

Gemeingebrauch und Sondernutzung

Der Gemeingebrauch (§ 2 WaStrG) gewährt jedermann das Recht, Bundeswasserstraßen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu nutzen, insbesondere zur Schiffahrt oder zur Erholung. Eine darüber hinausgehende Sondernutzung, etwa für Hafenausbauten oder Leitungsverlegungen, bedarf einer behördlichen Erlaubnis oder Gestattung.

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Das Wasserhaushaltsgesetz regelt den Schutz der Wasserressourcen und enthält besondere Vorschriften auch für Bundeswasserstraßen, vor allem in Bezug auf Bauvorhaben, Gewässerunterhaltung sowie Naturschutzbelange.

Verwaltungsorganisation und Zuständigkeiten

Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV)

Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ist als Sonderverwaltung des Bundes für Planung, Bau, Unterhaltung, Betrieb, Ausbau und Verwaltung der Bundeswasserstraßen sowie für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben wie Schifffahrtspolizei und Gefahrenabwehr zuständig.

Zuständigkeiten der Länder

Die Bundesländer sind regelmäßig von der Verwaltung der Bundeswasserstraßen ausgeschlossen, können aber über Zustimmungserfordernisse bei landesbedeutsamen Vorhaben beteiligt werden, etwa im Rahmen von Raumordnungsverfahren.

Nutzungsregelungen

Gemeingebrauch und Beschränkungen

Die Benutzung der Bundeswasserstraßen unterliegt gesetzlichen Regelungen. Neben dem Gemeingebrauch sind:

  • die Erhebung von Gebühren gemäß dem Bundesgebührengesetz möglich,
  • Nutzungserlaubnisse und Genehmigungen (z. B. für Wasserkraftwerke, Brückenbauten, Leitungen).

Sondernutzungen, die über den Gemeingebrauch hinausgehen, bedürfen gem. § 2 Abs. 2 WaStrG einer ausdrücklichen Genehmigung der Bundesbehörden.

Schutzrechte und Interessenabwägung

Im Rahmen von Genehmigungen und Nutzungen sind zahlreiche öffentliche und private Belange zu berücksichtigen, etwa Belange des Natur- und Umweltschutzes, der Sicherheit und Ordnung des Wasserverkehrs sowie die Interessen Dritter wie Ufergrundstückseigentümern.

Bundeswasserstraßen im Kontext anderer Rechtsgebiete

Umwelt- und Naturschutzrecht

Gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und dem WHG unterliegt der Ausbau und Betrieb von Bundeswasserstraßen strengen Umweltschutzvorgaben. Eingriffe in Natur und Landschaft erfordern regelmäßig Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Wasserrechtliche Erlaubnisse und Planfeststellungsverfahren

Bauliche Maßnahmen im Bereich der Bundeswasserstraßen, etwa Ausbau, Unterhaltung oder Querungen, unterliegen der wasserrechtlichen Erlaubnis- oder Planfeststellungspflicht nach WHG. Diese Verfahren gewährleisten eine umfassende Abwägung aller betroffenen Belange und Interessen.

Enteignungsrecht

Bei notwendigen Ausbaumaßnahmen kann zur Sicherstellung des Gemeinwohls ein Enteignungsverfahren gemäß dem WaStrG und dem Enteignungsgesetz des Bundes eingeleitet werden, um benötigte Flächen für den Ausbau der Wasserstraße bereitzustellen.

Rechtsschutz und gerichtliche Zuständigkeiten

Rechtsschutz in wasserstraßenrechtlichen Streitigkeiten ist in der Regel vor den Verwaltungsgerichten zu suchen. Betroffene können Rechtsbehelf einlegen, wenn sie durch Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Nutzung oder Duldungspflichten betroffen sind. Außerdem bestehen, beispielsweise bei Planfeststellungsverfahren, besondere Klagerechte für Verbände und Privatpersonen.

Bedeutung und Statistik

Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums umfassen die Bundeswasserstraßen derzeit etwa 7.350 Kilometer, davon rund 4.800 Kilometer Binnenwasserstraßen und etwa 2.500 Kilometer Seewasserstraßen. Sie sichern den überregionalen und internationalen Warentransport und tragen erheblich zur verkehrlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Infrastruktur Deutschlands bei.


Fazit: Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Bundeswasserstraßen sind vielschichtig und stehen im Spannungsfeld zwischen hoheitlicher Verwaltung, Gemeingebrauch, wirtschaftlicher Nutzung und Umweltschutz. Die einschlägigen Vorschriften aus Grundgesetz, WaStrG, WHG und spezialgesetzlichen Regelungen gewährleisten zugleich Freizügigkeit, Sicherheit, Umweltschutz und geordnete Verwaltung dieser bundesweit bedeutsamen Verkehrswege.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Verwaltung und Unterhaltung der Bundeswasserstraßen zuständig?

Für die Verwaltung und Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ist gemäß § 6 Abs. 1 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) ausschließlich der Bund zuständig. Die Aufgaben werden in der Regel durch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) wahrgenommen, welche dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) nachgeordnet ist. Die WSV ist verantwortlich für den ordnungsgemäßen Ausbau, die Unterhaltung und die Sicherung des Wasserstraßennetzes sowie die Regelung und Überwachung des Schiffsverkehrs. Die Verwaltungsaufgaben umfassen insbesondere die Erhaltung der Schiffbarkeit, Maßnahmen des Hochwasserschutzes und die Kontrolle aller baulichen und betrieblichen Einrichtungen im Bereich der Bundeswasserstraßen. Auch die Vergabe von Nutzungsrechten (z. B. für Ufergrundstücke oder Bauwerke in und an der Wasserstraße) sowie die Genehmigung von Eingriffen und Veränderungen an Bundeswasserstraßen fallen in ihre Zuständigkeit. Die Länder haben hierbei keine unmittelbaren Aufgaben, außer es ist nachrangig im Rahmen von Verwaltungsabkommen ausdrücklich vorgesehen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Nutzung von Bundeswasserstraßen durch Dritte?

Die Nutzung von Bundeswasserstraßen unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben, die sich aus verschiedenen Bundesgesetzen, insbesondere dem Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG), dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), dem Seeaufgabengesetz sowie spezialgesetzlichen Regelungen (etwa der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung oder der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung) ergeben. Grundsätzlich besteht eine sogenannte Gemeingebrauchsgestattung, d. h. jedermann darf Bundeswasserstraßen im Rahmen ihrer Widmung (meist als Verkehrsweg) unentgeltlich und grundsätzlich ohne vorherige Genehmigung benutzen. Einschränkungen gelten jedoch, sobald eine Nutzung über den Gemeingebrauch hinausgeht (z. B. für gewerbliche Zwecke wie Verlegen von Rohrleitungen, Bau von Stegen, Schiffsanlegestellen, Wasserkraft- oder Industrieanlagen). In diesen Fällen ist nach § 3 WaStrG eine förmliche wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung erforderlich, für die im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geprüft wird, ob öffentliche Belange, insbesondere der Schutz des Wasserhaushalts und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, betroffen sind. Bei Eingriffen in die Substanz oder das Betriebsregime der Bundeswasserstraße ist in der Regel auch eine Planfeststellung erforderlich.

Wie ist der Zugang zu Bundeswasserstraßen geregelt und können entsprechende Rechte eingeschränkt werden?

Der Zugang zu Bundeswasserstraßen ist rechtlich als Bestandteil der öffentlichen Widmung geregelt, wodurch dem Gemeingebrauch Rechnung getragen wird. Dieser umfasst insbesondere das Recht der freien Benutzung zu Verkehrs- und Transportzwecken sowie zu bestimmten anderen Zwecken wie Angeln oder Wassersport, soweit keine spezialgesetzlichen Einschränkungen bestehen. Gemäß § 1a Abs. 2 WaStrG darf die Nutzung nur durch Bundesgesetz eingeschränkt oder untersagt werden, etwa aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, des Umweltschutzes oder der Erhaltung der Bundeswasserstraße. Befristete oder dauerhafte Einschränkungen können durch Rechtsverordnungen (z. B. aus Gründen des Naturschutzes nach dem Bundesnaturschutzgesetz), Allgemeinverfügungen oder Einzelfallentscheidungen der zuständigen Behörden erfolgen. Hierbei sind stets die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie der Gleichbehandlung zu beachten, wobei Betroffene grundsätzlich Rechtsbehelfsmöglichkeiten (Widerspruch, Klage) gegen entsprechende Beschränkungen haben.

Unter welchen Voraussetzungen sind bauliche Maßnahmen an oder in Bundeswasserstraßen zulässig?

Bauliche Maßnahmen (wie Brücken, Stege, Uferbefestigungen oder Wasserentnahmen) sind an und in Bundeswasserstraßen ausschließlich zulässig, wenn sie zuvor genehmigt wurden. Die rechtliche Grundlage bildet § 3 WaStrG i. V. m. §§ 36 ff. WHG, wonach Eingriffe in die Funktionsfähigkeit, den Bestand oder das Regime der Bundeswasserstraße sowie in das Eigentum des Bundes einer vorherigen Erlaubnis, Bewilligung oder Planfeststellung bedürfen. Das Genehmigungsverfahren prüft unter anderem die Vereinbarkeit mit dem Gemeingebrauch und die Auswirkungen auf Umwelt, Hochwasserschutz, Schifffahrt, Nachbarschaft und den Wasserhaushalt. In förmlichen Verfahren finden regelmäßig Beteiligungen von betroffenen Behörden, Trägern öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit statt (Umweltverträglichkeitsprüfung, Anhörungen etc.). Darüber hinaus sind in Schutzgebieten zusätzliche naturschutzrechtliche und wasserbehördliche Genehmigungen notwendig. Nicht genehmigte Maßnahmen können zwangsweise entfernt werden und stellen eine Ordnungswidrigkeit oder sogar Straftat dar.

Wie wird das Eigentum an Bundeswasserstraßen rechtlich definiert und abgegrenzt?

Nach den §§ 1 und 4 WaStrG stehen die Bundeswasserstraßen grundsätzlich im Eigentum des Bundes. Das Eigentum umfasst nicht nur das Wasser, sondern den gesamten Gewässerkörper einschließlich Bett, Ufer und Grund, soweit er für die Aufrechterhaltung der Schifffahrt (also für die Zweckbestimmung der Wasserstraße) erforderlich ist. Diese öffentlich-rechtliche Eigentumssphäre ist abzugrenzen von privatrechtlichen Grundstücksrechten angrenzender Eigentümer. Grenzfragen werden anhand von Kataster- und Vermessungsunterlagen sowie durch amtliche Gewässerverzeichnisse geklärt. Gelegentlich ergeben sich Streitigkeiten über Böschungs- und Vorlandflächen, die durch Verwaltungs- und Zivilgerichte entschieden werden. Alle Rechte, die das Eigentum des Bundes an Bundeswasserstraßen berühren, werden öffentlich-rechtlich verwaltet und können nach § 5 WaStrG durch Verwaltungsakte begrenzt oder entzogen werden.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen für Umweltschutz und Gewässerunterhaltung an Bundeswasserstraßen?

Die Unterhaltungspflicht des Bundes erstreckt sich gemäß § 8 WaStrG auf die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands der Bundeswasserstraßen unter Beachtung einschlägiger umweltrechtlicher Vorschriften. Maßgeblich ist insbesondere das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Vorgaben zum Schutz der Gewässergüte, des ökologischen Gleichgewichts und des natürlichen Rückhalts enthält. Darüber hinaus sind bundes- und landesrechtliche Vorschriften des Naturschutzes, des Artenschutzes sowie der FFH- und Vogelschutzrichtlinien der EU relevant. Der Bund ist verpflichtet, Eingriffe so zu planen und auszuführen, dass möglichst keine nachteiligen Umweltauswirkungen entstehen (Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichspflicht nach §§ 13 ff. WHG). Für größere Ausbaumaßnahmen oder Verkehrsprojekte ist regelmäßig eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVPG durchzuführen. Die Einhaltung dieser Vorschriften überwachen die zuständigen Fachbehörden.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Konflikten mit Anrainern oder anderen Nutzungsberechtigten?

Konflikte zwischen dem Bund (als Gewässereigentümer und -unterhalter) und Anrainern oder anderen Nutzungsberechtigten werden vor allem nach den Regeln des öffentlichen Rechts gelöst. Direkte Ansprüche auf Nutzung, Ausbau oder Unterhalt können über Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden. Bei Ablehnung von Anträgen oder Nutzungsbeschränkungen besteht regelmäßig ein Rechtsbehelfsweg – Widerspruch und gegebenenfalls Klage zum Verwaltungsgericht nach Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Im Falle privatrechtlicher Streitigkeiten, etwa über das Grenzregime oder Nachbarrechte, sind die Zivilgerichte zuständig. Besonderheiten ergeben sich im Bereich des Enteignungsrechts, falls für den Aus- oder Neubau von Bundeswasserstraßen privates Grundeigentum in Anspruch genommen wird; hierfür sieht das WaStrG spezielle Regelungen zum Entschädigungsrecht und zum Enteignungsverfahren (§§ 14 ff. WaStrG) vor. Eine förmliche Mediation oder Einigung ist ebenfalls möglich, findet jedoch meist auf freiwilliger Basis statt.