Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bildet die gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Erholungsurlaub in Deutschland. Es regelt, unter welchen Bedingungen ArbeitnehmerInnen in Deutschland Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub haben, wie dieser berechnet und gewährt wird und welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben. Das Bundesurlaubsgesetz ist seit seiner Verkündung am 8. Januar 1963 in Kraft und stellt eine zentrale Säule des deutschen Arbeitsrechts dar.
Gesetzliche Grundlagen des Bundesurlaubsgesetzes
Das Bundesurlaubsgesetz besteht aus insgesamt 17 Paragraphen. Es ist für alle Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland anwendbar, soweit nicht speziellere Regelungen (z. B. im öffentlichen Dienst, in Sozialgesetzbüchern oder in Tarifverträgen) vorgehen.
Geltungsbereich
Das Bundesurlaubsgesetz gilt grundsätzlich für alle ArbeitnehmerInnen, also für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, unabhängig von der Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses. Es findet keine Anwendung auf selbständige Tätigkeiten oder Dienstverhältnisse außerhalb eines klassischen Arbeitsvertrages.
Sonderregelungen gelten für bestimmte Gruppen, wie zum Beispiel für Jugendliche nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz oder schwerbehinderte Menschen nach dem Sozialgesetzbuch IX.
Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz
Mindesturlaub
Nach § 3 BUrlG beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 24 Werktage pro Kalenderjahr. Der Begriff „Werktage“ umfasst nach Gesetz die Tage von Montag bis einschließlich Samstag mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage. Arbeitsverhältnisse, die auf einer Fünf-Tage-Woche basieren, werden im Wege einer Umrechnung regelmäßig mit einem Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen bedacht.
Teilzeitbeschäftigung und abweichende Arbeitszeitmodelle
Der Anspruch auf Erholungsurlaub besteht unabhängig vom Umfang der Beschäftigung. In Fällen von Teilzeit oder Schichtarbeit wird der Urlaubsanspruch anteilig berechnet, sodass eine gleichmäßige und faire Urlaubswährung für alle Beschäftigten gewährleistet ist.
Sonderregelung für Jugendliche und Schwerbehinderte
Für Jugendliche gelten nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz erweiterte Urlaubsansprüche (mindestens 25 bis 30 Werktage je nach Alter). Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung erhalten gemäß § 208 SGB IX einen Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen pro Kalenderjahr.
Wartezeit und Teilurlaub
Ein voller Urlaubsanspruch entsteht erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses, gemäß § 4 BUrlG. Bereits vor Ablauf dieser Wartezeit kann ein Anspruch auf Teilurlaub entstehen, insbesondere wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf eines Kalenderjahres endet oder nicht länger als sechs Monate besteht.
Urlaubsgewährung und -verfall
Gewährung des Urlaubs
Der Urlaub ist grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Eine Übertragung in das folgende Jahr ist nur aus betrieblichen oder persönlichen Gründen möglich, und muss bis zum 31. März des Folgejahres erfolgen. Nach Ablauf dieser Frist verfällt der nicht in Anspruch genommene Urlaub regelmäßig.
Urlaubswünsche der ArbeitnehmerInnen
Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche der ArbeitnehmerInnen zu berücksichtigen, es sei denn, dringende betriebliche Belange oder vorrangige Urlaubswünsche anderer ArbeitnehmerInnen stehen entgegen.
Urlaub und Krankheit
Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, werden nach Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Krankheitstage nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet (§ 9 BUrlG). Der Urlaubsanspruch lebt entsprechend wieder auf.
Kündigung und Abgeltung von Urlaub
Besteht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein gesetzlicher Urlaubsanspruch, so ist dieser abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Dies bedeutet, nicht genommener Urlaub muss in Geld abgegolten werden, soweit eine tatsächliche Freistellung nicht mehr möglich ist.
Besonderheiten bei der Berechnung und Anwendung
Berechnung des Urlaubsentgelts
Während des Urlaubs besteht Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts, das im Durchschnitt der letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs gezahlt wurde (§ 11 BUrlG). Dies umfasst sämtliche Bestandteile des Arbeitslohns, die regelmäßig gezahlt werden.
Ausschlussfristen
In Tarifverträgen oder einzelvertraglichen Regelungen können Ausschlussfristen vereinbart werden, nach deren Ablauf ein Urlaubsanspruch oder ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung verfällt. Diese dürfen jedoch den Anspruch aus zwingendem Recht, wie ihn das BUrlG regelt, nicht unterschreiten.
Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit und Elternzeit
Der Urlaubsanspruch kann während Zeiten der Kurzarbeit (Kurzarbeit Null) entsprechend anteilig gekürzt werden. Während der Elternzeit kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen (§ 17 BEEG).
Europarechtliche Einflüsse und aktuelle Entwicklungen
Das Bundesurlaubsgesetz wurde im Zuge der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, insbesondere der Richtlinien der Europäischen Union (z. B. Richtlinie 2003/88/EG), fortentwickelt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat erhebliche Auswirkungen auf die Auslegung einzelner Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf die Ansammlung und den Verfall von Urlaub bei langanhaltender Erkrankung und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Zudem hat das Bundesarbeitsgericht mehrfach klargestellt, dass Unternehmen verpflichtet sind, Beschäftigte aktiv auf bestehenden Resturlaub hinzuweisen, ansonsten droht ein Verfall des Urlaubsanspruchs nicht einseitig nach Fristablauf.
Verhältnis zu anderen Regelungen
Das Bundesurlaubsgesetz regelt den Mindesturlaub. Von diesem gesetzlichen Mindeststandard darf zu Gunsten der Beschäftigten abgewichen werden, beispielsweise durch tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Erweiterungen. Vertragsklauseln, die den gesetzlichen Mindesturlaub unterschreiten, sind nichtig.
Literatur und Rechtsprechung
Das Bundesurlaubsgesetz ist Gegenstand umfangreicher Kommentierung und gerichtlicher Auseinandersetzung. Die maßgebliche Literatur umfasst Monographien, Kommentare und Aufsätze. Entscheidende Grundsatzurteile hat u. a. das Bundesarbeitsgericht (BAG) zum Themenkreis Verfall, Vererbbarkeit und Abgeltung des Urlaubs getroffen.
Zusammenfassung:
Das Bundesurlaubsgesetz ist das zentrale Regelwerk für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub in Deutschland. Es schützt die Gesundheit und Erholung der ArbeitnehmerInnen und garantiert zugleich eine gerechte Urlaubsvergabe im Arbeitsleben. Die Vorschriften des Gesetzes sind zwingend, jedoch durch europarechtliche Vorgaben und nationale Rechtsprechung stetig dynamischen Veränderungen unterzogen. Unternehmen und Beschäftigte sollten die aktuellen Entwicklungen und Mindestanforderungen jederzeit im Blick behalten.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird der Urlaubsanspruch laut Bundesurlaubsgesetz berechnet?
Der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) beträgt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens 24 Werktage pro Kalenderjahr, wobei von einer Sechs-Tage-Woche ausgegangen wird (§ 3 BUrlG). Für Betriebe mit einer anderen Verteilung der Arbeitszeit (z.B. Fünf-Tage-Woche) erfolgt eine Umrechnung des gesetzlichen Mindestanspruchs mithilfe einer Formel: 24 Werktage × tatsächliche Arbeitstage pro Woche / 6 Werktage. Der Anspruch entsteht grundsätzlich erstmalig nach einer Wartezeit von sechs Monaten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses (§ 4 BUrlG), in denen das Arbeitsverhältnis ununterbrochen bestanden haben muss. Danach steht dem Arbeitnehmer der volle Jahresurlaub zu. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind aufzurunden (§ 5 Abs. 2 BUrlG).
Unter welchen Bedingungen kann Urlaub verweigert oder verschoben werden?
Urlaub kann nach § 7 BUrlG nur aus dringenden betrieblichen Gründen oder wegen vorrangiger Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer verweigert oder verschoben werden. Dringende betriebliche Gründe liegen beispielsweise bei saisonbedingtem Arbeitsanfall, unvorhersehbarem Arbeitskräftemangel oder wichtigen Aufträgen vor, die den Betriebsablauf wesentlich gefährden würden. Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer sind besonders zu berücksichtigen, wenn sie aus sozialen Gesichtspunkten (etwa Schulferien der Kinder) vorrangig sind. Der Arbeitgeber muss stets zwischen den betrieblichen Interessen und den Interessen sowie sozialen Gesichtspunkten der Arbeitnehmer abwägen. Eine generelle Ablehnung des Urlaubs ohne stichhaltigen Grund ist nicht zulässig.
Was geschieht mit nicht genommenem Urlaub am Jahresende?
Grundsätzlich muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG). Eine Übertragung ins nächste Kalenderjahr ist nur aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (z.B. Krankheit) erlaubt. In solchen Fällen verfällt der Urlaub spätestens am 31. März des Folgejahres, wenn er bis dahin nicht genommen wird. Eine unbegrenzte Ansammlung von Urlaubsansprüchen ist ausgeschlossen. Allerdings ist durch die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zu beachten, dass der Urlaub nur dann verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig und transparent auf den drohenden Verfall hingewiesen und zur Inanspruchnahme aufgefordert hat.
Kann nicht genommener Urlaub ausgezahlt werden?
Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist eine Urlaubsabgeltung, d.h. Auszahlung nicht genommenen Urlaubs, grundsätzlich nur zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Resturlaub deshalb nicht mehr gewährt werden kann. Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist eine Auszahlung des Urlaubsanspruchs nicht erlaubt, da der Urlaub der Erholung dienen und grundsätzlich in natura genommen werden soll. Die Höhe der Urlaubsabgeltung bemisst sich am durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 11 BUrlG).
Was geschieht mit dem Urlaubsanspruch bei Krankheit oder Mutterschutz?
Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet (§ 9 BUrlG). Der nicht gewährte Teil des Urlaubs kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Im Falle von Mutterschutz oder Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis, der Urlaubsanspruch verfällt jedoch nicht, sondern bleibt bestehen und kann nach Ende dieser Schutzfristen beansprucht werden (§ 17 BEEG). Auch längere Krankheitszeiten führen nicht automatisch zum Verfall des Urlaubs: Der gesetzliche Mindesturlaub kann bis zu 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres erhalten bleiben (BAG-Rechtsprechung).
Welche Regelungen gelten für Teilzeitbeschäftigte?
Teilzeitbeschäftigte haben nach § 1 BUrlG grundsätzlich denselben Mindesturlaubsanspruch wie Vollzeitbeschäftigte, dieser wird jedoch im Verhältnis zur Zahl der wöchentlichen Arbeitstage anteilig berechnet. Auch wechselnde oder unregelmäßige Arbeitszeiten werden berücksichtigt, sodass sich der Urlaubsanspruch danach bemisst, an wie vielen Tagen im Durchschnitt tatsächlich gearbeitet wird. Bei individuellen vertraglichen Vereinbarungen muss mindestens das gesetzliche Mindestmaß eingehalten werden.
Wann verfällt der Urlaubsanspruch unwiderruflich?
Der Urlaubsanspruch verfällt nach § 7 Abs. 3 BUrlG grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres oder bei Übertragung spätestens mit dem 31. März des Folgejahres. Durch neuere deutsche und europäische Rechtsprechung (insbesondere EuGH-Urteile) gilt jedoch, dass der Anspruch nur verfällt, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt und den Arbeitnehmer rechtzeitig an die Inanspruchnahme erinnert sowie vor dem Verfall warnt. Unterbleibt diese Information, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen und kann sogar über mehrere Jahre hinweg erhalten bleiben.
Gelten für Schwerbehinderte besondere Urlaubsregelungen?
Schwerbehinderte Menschen haben nach § 208 SGB IX einen zusätzlichen bezahlten Jahresurlaub von fünf Arbeitstagen bei einer Fünf-Tage-Woche beziehungsweise entsprechend mehr bei anderen Arbeitszeitmodellen. Dieser Zusatzurlaub tritt zum gesetzlichen oder tariflichen Urlaub hinzu und unterliegt denselben Bedingungen bezüglich Übertragbarkeit, Verfall und Abgeltung wie der normale Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz.