Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Bundesunmittelbare Verwaltung

Bundesunmittelbare Verwaltung


Begriff und Bedeutung der Bundesunmittelbaren Verwaltung

Die bundesunmittelbare Verwaltung bezeichnet im deutschen Verwaltungsrecht Behörden und Verwaltungseinheiten, die unmittelbar durch den Bund eingerichtet, beaufsichtigt und finanziert werden. Sie stehen im Gegensatz zur landesunmittelbaren Verwaltung, die von den Bundesländern getragen wird. Bundesunmittelbare Verwaltungseinrichtungen sind rechtlich direkt dem Bund zugeordnet und üben hoheitliche Aufgaben selbstständig oder im Auftrag des Bundes aus.

Rechtsgrundlagen

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die zentrale verfassungsrechtliche Grundlage der bundesunmittelbaren Verwaltung findet sich im Grundgesetz (GG), insbesondere in den Artikeln 83 bis 86 GG. Während Artikel 83 GG grundsätzlich die Ausführung der Bundesgesetze den Ländern zuweist, regeln Artikel 87 GG und folgende die Ausnahmen, in denen der Bund eigene Verwaltungen betreibt.

Artikel 86 GG – Bundesverwaltung und Bundesaufsicht

Artikel 86 GG bestimmt:
„Soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft, führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus.“
Eine unmittelbare Verwaltung durch den Bund ist demnach die Ausnahme und bedarf einer besonderen gesetzlichen Grundlage.

Artikel 87 GG – Bundesunmittelbare Verwaltungseinrichtungen

Artikel 87 GG konkretisiert die Aufgabenbereiche, in denen der Bund unmittelbare Verwaltungsaufgaben wahrnehmen darf:

  • Abs. 1: Einrichtung von obersten Bundesbehörden und unmittelbaren Bundesbehörden
  • Abs. 2: Bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
  • Abs. 3: Weitere spezifische Bereiche, etwa im Verteidigungswesen oder in der Luftverkehrsverwaltung

Einfache Gesetzgebung

Neben der verfassungsrechtlichen Grundlage regeln zahlreiche Bundesgesetze Einzelheiten und Organisation der bundesunmittelbaren Verwaltung. Dazu gehören etwa das Bundesbeamtengesetz (BBG), das Bundeshaushaltsgesetz (BHG) und verschiedene ressortspezifische Gesetze.

Organisationsstruktur der Bundesunmittelbaren Verwaltung

Arten bundesunmittelbarer Verwaltungseinrichtungen

Bundesunmittelbare Verwaltungseinrichtungen lassen sich wie folgt unterscheiden:

1. Oberste Bundesbehörden

Dies sind Ministerien und vergleichbare Einrichtungen, die unmittelbar unter der Leitung einer Bundesministerin oder eines Bundesministers stehen (z. B. Bundesministerium der Finanzen, Bundeskanzleramt).

2. Unmittelbare Bundesbehörden

Dabei handelt es sich um nachgeordnete Behörden, die direkt dem Bund unterstehen, wie etwa das Bundeskriminalamt (BKA), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) oder die Bundesnetzagentur.

3. Bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts

Hierzu zählen zum Beispiel die Deutsche Rentenversicherung Bund (Körperschaft des öffentlichen Rechts) oder das Bundesinstitut für Risikobewertung (selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts).

Personal- und Haushaltshoheit

Die bundesunmittelbaren Verwaltungseinrichtungen verfügen über eine eigene Personalhoheit. Das dort tätige Personal steht in einem unmittelbaren Dienstverhältnis zum Bund. Auch die Haushaltsmittel werden durch den Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt und unterstehen der Kontrolle des Bundesrechnungshofes.

Abgrenzung zu anderen Verwaltungstypen

Bundesmittelbare Verwaltung

Bei der bundesmittelbaren Verwaltung werden hoheitliche Aufgaben des Bundes von den Ländern im Auftrag des Bundes wahrgenommen (sog. Auftragsverwaltung, Art. 85 GG). Die Steuerverwaltung ist hierfür das klassische Beispiel.

Landesunmittelbare Verwaltung

Die landesunmittelbare Verwaltung bezeichnet alle Behörden und Einrichtungen, die den einzelnen Bundesländern unmittelbar unterstellt sind – ein deutliches Abgrenzungskriterium zur bundesunmittelbaren Verwaltung.

Kontroll- und Aufsichtsmechanismen

Dienst- und Fachaufsicht

Bundesunmittelbare Verwaltungseinrichtungen unterliegen der Dienst- und Fachaufsicht jener obersten Bundesbehörde, der sie organisatorisch zugeordnet sind. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung der Gesetze, Ausführung von Weisungen sowie die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns.

Parlamentarische Kontrolle

Die demokratische Legitimation sowie die Kontrolle werden durch die Verantwortlichkeit gegenüber dem Deutschen Bundestag und den Bundesrechnungshof gewährleistet, insbesondere über die Haushaltsbewilligung und -überwachung.

Bedeutung und Aufgabenbereiche

Typische Aufgabenbereiche

Bundesunmittelbare Verwaltung begegnet klassischerweise in Bereichen, die eine bundeseinheitliche, zentrale Führung erfordern oder die Verfassung dies ausdrücklich vorsieht. Typische Aufgabenfelder sind:

  • Verteidigung
  • Zoll- und Grenzschutz
  • Kernenergieaufsicht
  • Luft- und Raumfahrt
  • Bundespolizei
  • Bundeskriminalamt
  • Bundeseinrichtungen im Bereich Sozialsicherung, wie Rentenversicherung

Entwicklung und Wandel

Der Umfang und die Bedeutung der bundesunmittelbaren Verwaltung haben sich im Zuge gesellschaftlicher und rechtlicher Entwicklungen, insbesondere durch Föderalismusreformen und das Gebot der Subsidiarität, gewandelt. Gleichwohl bleibt sie ein integraler Bestandteil der föderalen Verwaltungsstruktur Deutschlands.

Literatur und weiterführende Informationsquellen

  • Bätge, Dörte: „Die bundesunmittelbare Verwaltung: Organisationsrecht und Modernisierungsperspektiven“, 2017.
  • Pieroth/Schlink/Kniesel: „Staatsorganisationsrecht“, aktuelle Auflage.
  • Ipsen, Jörn: „Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht“, 30. Auflage.
  • Bundesministerium des Innern: www.bmi.bund.de
  • Deutscher Bundestag: www.bundestag.de

Hinweis: Die bundesunmittelbare Verwaltung ist ein zentrales Element des Verfassungs- und Verwaltungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Sie dient der effizienten und einheitlichen Wahrnehmung spezifischer, bundeseigener Aufgaben und steht unter der unmittelbar demokratischen Kontrolle von Regierung und Parlament auf Bundesebene.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsgrundlagen regeln die bundesunmittelbare Verwaltung?

Die bundesunmittelbare Verwaltung wird in erster Linie durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geregelt. Zentrale Norm ist Art. 86 GG, der vorschreibt, dass der Bund die Ausführung der Bundesgesetze grundsätzlich durch eigene Behörden mit eigenen Beamten wahrnimmt, sofern das Grundgesetz dies vorsieht oder zulässt. Daneben konkretisieren zahlreiche Spezialgesetze, beispielsweise das Bundesbeamtengesetz (BBG), das Bundeshaushaltsgesetz (BHO) und das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) die Organisation, Zuständigkeiten und das Verwaltungshandeln bundesunmittelbarer Behörden. Zu beachten sind auch einfachgesetzliche Regelungen je nach Ressort, wie etwa das Zollverwaltungsgesetz oder Gesetze zur Steuerverwaltung. Die bundesunmittelbare Verwaltung ist also fest im Verfassungsrecht verankert, wobei das Verfassungsrecht den Rahmen vorgibt, während einfachgesetzliche Regelungen Nähe und Details schaffen. Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften konkretisieren das Verwaltungshandeln im Einzelfall weiter.

Welche Formen und Erscheinungsformen bundesunmittelbarer Behörden existieren und wie unterscheiden sie sich im Rechtssystem?

Im Rahmen der bundesunmittelbaren Verwaltung existieren verschiedene Behördenformen, die sich vor allem aus ihrer organisatorischen und sachlichen Selbstständigkeit sowie ihrer Aufgabenstellung unterscheiden. Traditionell sind die klassischen Bundesoberbehörden – wie das Bundeskriminalamt, das Kraftfahrt-Bundesamt oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – zu nennen. Diese sind dem jeweiligen Bundesministerium unterstellt und Teil der unmittelbaren, hierarchisch gegliederten Bundesverwaltung. Daneben gibt es bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (z.B. die Bundesagentur für Arbeit oder die Deutsche Bundesbank), die mit Selbstverwaltungskompetenzen ausgestattet sind, jedoch der Rechtsaufsicht des betreffenden Bundesministeriums unterstehen. Rechtlich bedeutsam ist die Unterscheidung in Bezug auf Autonomie, interne Organisation und Weisungsgebundenheit. Während Bundesoberbehörden streng weisungsgebunden agieren, haben die Selbstverwaltungskörperschaften meist weitergehende Entscheidungsfreiheiten, unterliegen aber der Rechtsaufsicht.

Wie erfolgt die Rechts- und Fachaufsicht über bundesunmittelbare Behörden?

Die Rechtsaufsicht über bundesunmittelbare Behörden obliegt regelmäßig dem jeweils zuständigen Bundesministerium. Diese Aufsicht dient der Sicherstellung, dass Handeln und Organisation der Behörden im Einklang mit Gesetzen und sonstigen Rechtsvorschriften stehen. Eine weitergehende Fachaufsicht kommt insbesondere bei Behörden ohne Selbstverwaltungsautonomie, also bei Bundesoberbehörden, zum Tragen. Dabei werden auch Fragen der Zweckmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns geprüft; Weisungen können erteilt werden. Die konkrete Ausgestaltung der Aufsicht folgt speziellen Rechtsvorschriften – im Regelfall sieht das Grundgesetz nur die Rechtsaufsicht vor (vgl. Art. 87 GG hinsichtlich Bundesunmittelbarer Anstalten, Körperschaften und Stiftungen). Die Fachaufsicht beschränkt sich demnach auf Behörden, die organisatorisch enger in die Bundesverwaltung eingebunden sind.

In welchen Fällen ist die Einsetzung bundesunmittelbarer Verwaltung durch das Grundgesetz vorgeschrieben oder möglich?

Das Grundgesetz regelt explizit, wann der Bund seine Gesetze durch bundesunmittelbare Verwaltung ausführt. Pflicht zur bundesunmittelbaren Verwaltung besteht nach Art. 87 Abs. 1 GG beispielsweise für den Auswärtigen Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundespolizei sowie im Bereich der Verteidigung und für Angelegenheiten, die ausdrücklich als Bundesaufgabe ausgestaltet sind. Darüber hinaus kann das Grundgesetz die Möglichkeit vorsehen, dass der Bund bestimmte Aufgaben selbst durch eigene Behörden wahrnimmt, etwa nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG bei Bereichen wie Luftverkehr, Eisenbahnen oder das Bundesfernstraßenwesen. Jede Einsetzung bundesunmittelbarer Verwaltung erfordert eine klare Rechtsgrundlage und ist durch die Verfassung eng gesteckt, um die föderalen Strukturen zu wahren.

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus dem Status einer Behörde als bundesunmittelbare Verwaltung für ihre Beamten und Angestellten?

Beamte und Angestellte einer bundesunmittelbaren Behörde stehen, anders als Beschäftigte einer Landes- oder kommunalen Behörde, in einem direkten öffentlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Für Beamte gelten unmittelbar das Bundesbeamtengesetz (BBG) und die Bundeslaufbahnverordnung (BLV); ihnen werden eigenständige Rechte und Pflichten im Rahmen ihres bundesrechtlichen Status verliehen, etwa bezüglich der Dienstaufsicht, der Versetzung und Beförderung, Disziplinarverfahren oder der Rechtsstellung im Ruhestand. Angestellte sind dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD Bund) unterworfen und werden ebenfalls unmittelbar durch die Bundesverwaltung geführt. In arbeitsrechtlichen oder dienstrechtlichen Streitigkeiten ist zumeist das Verwaltungsgericht des Bundes zuständig, sofern dies nicht nach Sachgebiet Ausnahmen vorsieht.

Welches Verwaltungsverfahren und welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen bei Handlungen bundesunmittelbarer Behörden?

Das Verwaltungsverfahren bei Handlungen von bundesunmittelbaren Behörden richtet sich in erster Linie nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) des Bundes. Es regelt Ablauf, Voraussetzungen, Beteiligtenrechte, Akteneinsicht und auch die Möglichkeit der Anhörung. Betroffene haben nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) grundsätzlich Zugang zu den Verwaltungsgerichten, um eine Überprüfung hoheitlicher Akte sicherzustellen. Für spezielle Bereiche (z.B. im Sozial- oder Steuerverwaltungsrecht) gelten daneben eigene Fachgesetze und oft besondere Rechtswege, wie der zu den Sozialgerichten oder Finanzgerichten. Der Rechtsschutz umfasst insbesondere Widerspruchsverfahren, Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen sowie einstweiligen Rechtsschutz. Besondere Bedeutung hat dabei die Kontrolle der Einhaltung von Bundesrecht und, soweit einschlägig, auch der unions- oder völkerrechtlichen Verpflichtungen durch die Behörden.