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Bundesstatistikgesetz

Bundesstatistikgesetz – Begriff und Bedeutung

Das Bundesstatistikgesetz ist der zentrale Rechtsrahmen für die amtlichen Statistiken des Bundes in Deutschland. Es legt fest, wie Daten für staatliche Statistikzwecke erhoben, verarbeitet, geschützt und veröffentlicht werden. Ziel ist es, verlässliche, neutrale und qualitativ hochwertige Informationen bereitzustellen, die Entscheidungsträgern, Wissenschaft und Öffentlichkeit ein realistisches Bild gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Entwicklungen vermitteln.

Zielsetzung und Rechtsnatur

Das Gesetz schafft verbindliche Regeln für Planung, Durchführung und Veröffentlichung der Bundesstatistiken. Es sichert die Unabhängigkeit der amtlichen Statistik in fachlichen Fragen, regelt den Schutz der erhobenen Daten und stellt die Transparenz statistischer Prozesse sicher. Es ist als Bundesgesetz allgemeinverbindlich und wird durch weitere bundesrechtliche Regelungen und Verordnungen für einzelne Statistiken konkretisiert.

Anwendungsbereich

Erfasst sind sämtliche Statistiken, die im Auftrag des Bundes erstellt werden, einschließlich solcher mit europäischem Hintergrund. Betroffen sein können natürliche Personen, Unternehmen, Einrichtungen und Behörden, sofern sie in eine bundesweite Erhebung einbezogen werden. Das Gesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung, Aufbereitung, Speicherung, Übermittlung und Veröffentlichung der hierfür erforderlichen Daten.

Institutionen und Zuständigkeiten

Statistisches Bundesamt und statistische Ämter der Länder

Das Statistische Bundesamt koordiniert die Bundesstatistiken und führt zentrale Erhebungen durch. Die statistischen Ämter der Länder wirken in einem Verbund mit und übernehmen die Erhebung und Aufbereitung in ihrem Zuständigkeitsbereich. Diese arbeitsteilige Struktur garantiert bundesweite Vergleichbarkeit und Effizienz.

Koordinierung und Programmplanung

Die Planung von Bundesstatistiken erfolgt in enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Beratende Gremien begleiten die Programmentwicklung, um Relevanz, Belastungsbegrenzung und Qualität sicherzustellen. Neue oder geänderte Statistiken werden auf Grundlage spezieller Rechtsakte implementiert, die Zweck, Umfang, Merkmale und Erhebungsverfahren festlegen.

Erhebungen und Datenquellen

Erhebungsarten

Bundesstatistiken werden als Vollerhebungen oder Stichprobenerhebungen durchgeführt. Daten können direkt bei Auskunftgebenden erhoben oder als bereits vorliegende Verwaltungsdaten genutzt werden. Ebenso möglich ist der Einsatz von Registern als Datengrundlage, soweit dies gesetzlich vorgesehen und datenschutzrechtlich abgesichert ist.

Auskunftspflicht und Freiwilligkeit

Erhebungen können auskunftspflichtig oder freiwillig sein. Bei einer Auskunftspflicht besteht die rechtliche Verpflichtung, vollständige und richtige Angaben zu machen. Freiwillige Erhebungen sind als solche gekennzeichnet, und eine Teilnahme ist nicht verpflichtend. Die betroffenen Personen und Stellen werden über Zweck, Umfang, Rechtsgrundlage und Freiwilligkeit oder Pflicht informiert.

Erhebungsmerkmale und Hilfsmerkmale

Inhaltliche Erhebungsmerkmale dienen der statistischen Auswertung (zum Beispiel Beschäftigtenzahlen oder Umsätze), während Hilfsmerkmale organisatorischen Zwecken wie der Kontaktaufnahme oder Gewichtung dienen (beispielsweise Anschrift oder Kontaktdaten). Hilfsmerkmale sind besonders geschützt und dürfen nur zweckgebunden verwendet werden.

Datenschutz und Statistikgeheimnis

Grundprinzipien

Das Gesetz verankert den Schutz personenbezogener und betrieblicher Informationen. Wesentliche Prinzipien sind Zweckbindung, Vertraulichkeit, Datenminimierung, Transparenz und Qualitätssicherung. Das Statistikgeheimnis verpflichtet alle mit Statistik betrauten Stellen zur strikten Wahrung der Vertraulichkeit.

Anonymisierung und Pseudonymisierung

Personen- oder betriebsbezogene Daten werden so früh wie möglich anonymisiert oder pseudonymisiert. Veröffentlichungen erfolgen grundsätzlich in aggregierter Form, sodass Rückschlüsse auf einzelne Personen oder Unternehmen ausgeschlossen sind. Für wissenschaftliche Zwecke kann der Zugang zu besonders geschützten Einzeldaten in anonymisierter oder faktisch anonymisierter Form unter strengen Bedingungen ermöglicht werden.

Technisch-organisatorische Sicherungen

Verfahren, Systeme und Abläufe sind so auszugestalten, dass unbefugte Zugriffe verhindert und Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Daten gewährleistet werden. Dazu zählen Zugriffsbeschränkungen, Protokollierungen, Datentrennung und sichere Übermittlungswege.

Datenverarbeitung, -übermittlung und Veröffentlichung

Verarbeitung und Speicherung

Daten dürfen nur im notwendigen Umfang und nur für statistische Zwecke verarbeitet werden. Personenbeziehbare Informationen werden gelöscht oder so anonymisiert, dass eine Identifizierung nicht mehr möglich ist, sobald sie für den vorgesehenen statistischen Zweck nicht mehr erforderlich sind.

Übermittlungen

Die Weitergabe von Einzelangaben ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, etwa innerhalb des amtlichen Statistikverbunds oder an Institutionen, die gesetzlich hierzu befugt sind und denselben Vertraulichkeitsstandards unterliegen. Übermittlungen an europäische oder internationale Stellen sind möglich, wenn sie rechtlich vorgesehen und datenschutzgerecht abgesichert sind.

Veröffentlichung und Transparenz

Ergebnisse werden neutral, unabhängig und nachvollziehbar publiziert. Veröffentlichungen enthalten methodische Informationen, die die Einordnung und Vergleichbarkeit der Ergebnisse unterstützen. Sperr- und Veröffentlichungstermine werden transparent kommuniziert.

Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten

Datenschutzrecht

Die Verarbeitung personenbezogener Daten für statistische Zwecke erfolgt im Rahmen des allgemeinen Datenschutzrechts. Dabei gelten besondere Schutzmechanismen und Zweckbindungen. Betroffenenrechte können eingeschränkt sein, soweit dies erforderlich ist, um statistische Zwecke nicht zu gefährden und wenn hinreichende Sicherungen zum Schutz der Betroffenen bestehen.

Europäischer Kontext

Das Gesetz ist in das europäische Statistikwesen eingebettet. Europäische Vorgaben prägen Planung, Methoden und Qualitätsstandards. Die Zusammenarbeit im europäischen Statistiksystem stellt Vergleichbarkeit und Kohärenz über Ländergrenzen hinweg sicher.

Rechte und Pflichten Betroffener und mitwirkender Stellen

Pflichten Betroffener

Bei auskunftspflichtigen Erhebungen sind Angaben vollständig, richtig und fristgerecht zu leisten. Werden Dritte beauftragt, müssen diese den gleichen Anforderungen genügen.

Rechte Betroffener

Betroffene werden über Zweck, Rechtsgrundlagen, Empfängergruppen und Schutzmaßnahmen informiert. Soweit die Daten noch personenbeziehbar sind und keine gesetzlichen Beschränkungen entgegenstehen, bestehen Informations- und Auskunftsmöglichkeiten. Nach erfolgter Anonymisierung greifen individuelle Betroffenenrechte regelmäßig nicht mehr.

Mitwirkung öffentlicher Stellen und Unternehmen

Öffentliche Stellen können verpflichtet sein, vorhandene Verwaltungsdaten für statistische Zwecke bereitzustellen. Unternehmen und Institutionen wirken im Rahmen von Erhebungen mit, wobei Belastungsgrenzen und Zumutbarkeit berücksichtigt werden.

Sanktionen und Aufsicht

Ordnungswidrigkeiten

Verstöße gegen die Auskunftspflicht, die vorsätzliche Falschangabe sowie die Verletzung des Statistikgeheimnisses können als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Geldbußen sind möglich, um die Integrität des Systems und die Qualität der Ergebnisse zu sichern.

Aufsicht und Kontrolle

Die fachliche Unabhängigkeit der amtlichen Statistik wird institutionell abgesichert. Interne und externe Qualitätssicherungsmechanismen, Prüfungen und Beratungsgremien tragen zur Einhaltung von Standards, zur Reduzierung von Belastungen und zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Methoden bei.

Praxisbeispiele

Beispiele für Bundesstatistiken

  • Bevölkerungs- und Haushaltsstatistiken einschließlich registergestützter Zensuserhebungen
  • Wirtschaftsstatistiken wie Produzentenpreise, Außenhandel, Industrie und Dienstleistungen
  • Arbeitsmarkt- und Bildungsstatistiken
  • Umwelt-, Energie- und Verkehrsstatistiken
  • Gesundheits- und Sozialstatistiken

Häufig gestellte Fragen

Was regelt das Bundesstatistikgesetz?

Es bestimmt die rechtlichen Grundlagen für Planung, Durchführung, Datenschutz, Vertraulichkeit, Verarbeitung, Übermittlung und Veröffentlichung amtlicher Statistiken des Bundes und legt Zuständigkeiten sowie Qualitäts- und Transparenzanforderungen fest.

Wann besteht Auskunftspflicht?

Eine Auskunftspflicht besteht, wenn die entsprechende Erhebung auf einer verbindlichen Rechtsgrundlage beruht, die die Pflicht ausdrücklich vorsieht. In anderen Fällen ist die Teilnahme freiwillig und wird als solche kenntlich gemacht.

Wie werden personenbezogene Daten geschützt?

Der Schutz erfolgt durch Zweckbindung, Statistikgeheimnis, Datenminimierung, Anonymisierung oder Pseudonymisierung und durch technische sowie organisatorische Sicherheitsmaßnahmen. Veröffentlichungen erlauben keine Rückschlüsse auf einzelne Personen oder Unternehmen.

Dürfen erhobene Daten für andere Zwecke genutzt werden?

Die Nutzung ist auf statistische Zwecke beschränkt. Eine Verwendung für Verwaltungs-, Überwachungs-, Steuer- oder Sanktionszwecke ist ausgeschlossen, soweit keine gesonderte gesetzliche Erlaubnis unter gleichwertigen Schutzstandards besteht.

Wer führt Bundesstatistiken durch?

Das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder führen die Erhebungen im Verbund durch. Je nach Thema arbeiten weitere öffentliche Stellen im Rahmen klar geregelter Zuständigkeiten mit.

Welche Folgen hat eine Verweigerung der Auskunft?

Bei auskunftspflichtigen Erhebungen kann die Verweigerung oder vorsätzlich unrichtige Erteilung von Angaben als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Bei freiwilligen Erhebungen bestehen keine Sanktionen.

Erhalten Forschende Zugang zu Einzeldaten?

Unter strengen Sicherungs- und Vertraulichkeitsauflagen kann der Zugang zu anonymisierten oder faktisch anonymisierten Einzeldaten für wissenschaftliche Zwecke ermöglicht werden. Personen- oder betriebsbeziehbare Rückschlüsse sind auszuschließen.