Rechtslage und Aufgaben der Bundespolizei
Die Bundespolizei ist eine in der Bundesrepublik Deutschland auf Bundesebene organisierte Polizei mit vielseitigen Aufgaben und weitreichenden rechtlichen Befugnissen. Sie operiert neben den Polizei- und Sicherheitsbehörden der Länder und ist maßgeblich durch das Bundespolizeigesetz (BPolG) geregelt. Die Bundespolizei ist zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zugehörig und untersteht dessen fachlicher und organisatorischer Aufsicht.
Historische Entwicklung und Rechtsgrundlagen
Die Institution der Bundespolizei blickt auf eine lange Entwicklung zurück. Ursprünglich unter dem Namen Bundesgrenzschutz gegründet und als eine paramilitärisch ausgerichtete Behörde etabliert, erfolgte im Jahr 2005 deren Umbenennung zur Bundespolizei. Die zentrale gesetzliche Grundlage bildet das Gesetz über die Bundespolizei (BPolG) in seiner jeweils geltenden Fassung. Ergänzende Vorschriften finden sich etwa im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), hier insbesondere in Artikel 73 Abs. 1 Nr. 5 sowie Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 und Artikel 87 Abs. 2.
Organisation und Aufgabenbereiche
Aufbau und Gliederung
Die Bundespolizei ist bundesweit organisiert. Ihr Hauptsitz befindet sich in Potsdam. Wesentliche Organisationseinheiten sind:
- Bundespolizeidirektionen (regionale Behörden)
- Bundesbereitschaftspolizei
- Bundespolizei-Fliegergruppe
- Bundespolizei See (zuständig für den Schutz der deutschen Seegrenzen)
- Spezialeinheiten wie GSG 9 der Bundespolizei
Aufgaben nach Bundespolizeigesetz
Die Bundespolizei hat ein exakt umrissenes, spezielles Aufgabenfeld. Ihre Aufgaben sind abschließend im BPolG geregelt (§ 1 BPolG):
- Schutz der Bahnanlagen des Bundes: Polizeiliche Aufgaben an Bahnanlagen, einschließlich Gefahrenabwehr und Ermittlungstätigkeit.
- Grenzschutz nach dem Grenzgesetz und Schengener Durchführungsübereinkommen: Überwachung der Grenzen Deutschlands, insbesondere an den Außengrenzen des Schengenraums.
- Luftsicherheitsaufgaben: Schutz gegen Angriffe auf die Sicherheit des Luftverkehrs (§ 5 LuftSiG).
- Bundeseigene Gebäude und Liegenschaften: Schutz und polizeilicher Objektschutz für Liegenschaften des Bundes.
- Unterstützung anderer Behörden: Auf Anforderung der Bundes- oder Landesbehörden Unterstützung bei der Verfolgung von Straftaten und Gefahrenabwehr.
- Internationale Aufgaben: Teilnahme an polizeilichen Missionen im Rahmen internationaler Abkommen und Kooperationen.
Rechtliche Befugnisse
Allgemeine Eingriffsrechte
Die Bundespolizei besitzt eigenständige Eingriffsbefugnisse, welche im BPolG normiert sind und spezifisch auf ihre Aufgaben zugeschnitten wurden. Wesentliche Befugnisse umfassen:
- Identitätsfeststellung (§ 23 BPolG): Recht zur Feststellung der Identität von Personen in besonderen Aufgabenbereichen.
- Durchsuchungen (§ 43 BPolG): Durchführung von Personen- und Fahrzeugdurchsuchungen unter bestimmten Voraussetzungen.
- Gewahrsamnahme (§ 40 BPolG): Möglichkeit, Personen zur Abwehr von Gefahren in polizeilichen Gewahrsam zu nehmen.
- Platzverweise und Aufenthaltsverbote (§§ 36, 37 BPolG): Erlass von Platzverweisen sowie befristete Aufenthaltsverbote.
- Verwendung technischer Mittel (§§ 27, 29 ff. BPolG): Einsatz von Überwachungstechnik, etwa Videoüberwachung von Bahnanlagen des Bundes.
Verhältnis zur Landespolizei („Bündelung und Trennung der Polizeigewalt“)
Nach dem Grundsatz des kooperativen Föderalismus nehmen die Polizeibehörden des Bundes und der Länder grundsätzlich getrennte Aufgaben wahr. Die Bundespolizei handelt im Rahmen ihrer Aufgabenbereiche eigenständig, kann jedoch bei besonderen Lagen (z. B. Gefährdung der inneren Sicherheit) auch zur Unterstützung der Landespolizeien herangezogen werden.
Grenzen und Kontrolle der Tätigkeit
Gesetzliche Schranken und Verhältnismäßigkeit
Alle Maßnahmen der Bundespolizei unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie den Vorgaben des Grundgesetzes, insbesondere dem Schutz der Grundrechte. Eingriffe in Grundrechte (z. B. das Recht auf Freiheit der Person, das Fernmeldegeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung) müssen sich stets an den gesetzlichen Vorgaben sowie den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts messen lassen.
Rechtsschutz und Kontrolle
Personen, die durch Maßnahmen der Bundespolizei betroffen sind, steht der Rechtsweg offen. Die Bundespolizei unterliegt der Kontrolle durch:
- Gerichtliche Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte nach dem Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- Parlamentarische Kontrolle durch den Deutschen Bundestag
- Fachaufsicht durch das Bundesministerium des Innern
Zusammenarbeit mit anderen Behörden
Die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen sowie mit Polizei- und Sicherheitsbehörden anderer Staaten erfolgt insbesondere im Rahmen von:
- Europol
- Interpol
- Frontex (Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache)
- Gemeinsamen Zentren und Taskforces
Rechtsgrundlagen für die internationale Zusammenarbeit finden sich im Europol-Gesetz, darauf basierenden bilateralen und multilateralen Verträgen sowie im BPolG (§§ 10, 11 BPolG).
Besondere Rechtsnormen
Die Bundespolizei unterliegt nicht dem Polizeirecht der Länder, sondern einem eigenen, bundesgesetzlich geregelten Polizeirecht. Die Regelungen des BPolG betreffen explizit nur die Bundespolizei; die Landespolizeien handeln eigenständig nach jeweiligen Landespolizeigesetzen.
Weitere relevante Rechtsgrundlagen sind:
- Bundesgrenzschutzgesetz (BGSG, inzwischen abgelöst durch das BPolG)
- Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)
- Aufenthaltsgesetz (AufenthG), insbesondere in Bezug auf ausländerrechtliche Maßnahmen an den Grenzen
- Schengener Grenzkodex (EU-Verordnungen)
Zusammenfassung
Die Bundespolizei nimmt im Rahmen des bundesstaatlichen Systems eine zentrale Rolle in der Wahrung von Sicherheit und Ordnung ein. Ihre Aufgaben, Befugnisse, Zuständigkeiten sowie Kontrollmechanismen sind umfassend bundesrechtlich geregelt und werden durch besondere Gesetze sowie das Grundgesetz limitiert. Die Abgrenzung zu den Polizeibehörden der Länder sowie die besondere Zuständigkeitsverteilung garantieren eine rechtsstaatliche und effektive Organisation des Polizeiwesens auf Bundesebene.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Befugnisse der Bundespolizei?
Die rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit und Befugnisse der Bundespolizei sind vorrangig im Bundespolizeigesetz (BPolG) geregelt. Darüber hinaus kommen zahlreiche weitere Rechtsquellen zur Anwendung, etwa das Grundgesetz (mit besonderem Bezug zu Artikel 73 Abs. 1 Nr. 5 GG, der die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Bundespolizei festlegt), das Strafprozessrecht, das allgemeine Verwaltungsrecht sowie spezifische Einzelgesetze wie das Aufenthaltsgesetz oder das Passgesetz. Die Bundespolizei ist im Rahmen dieser Rechtsgrundlagen zu präventiv-polizeilichen und repressiven Aufgaben, insbesondere an Bahnanlagen, im grenzpolizeilichen Schutz und im Schutz von Bundesorganen, berechtigt. Die jeweiligen Befugnisse, also insbesondere Eingriffsmaßnahmen wie Identitätsfeststellungen, Platzverweise, Durchsuchungen, Festnahmen oder Sicherstellungen, finden sich einzeln im Bundespolizeigesetz und sind jeweils an spezifische Voraussetzungen und Verhältnismäßigkeitsprüfungen gebunden.
In welchen Situationen darf die Bundespolizei Identitätsfeststellungen durchführen?
Nach § 23 BPolG ist die Bundespolizei insbesondere an Bahnanlagen des Bundes, in Zügen, an Grenzen sowie im Schutzbereich von Bundesorganen zur Identitätsfeststellung berechtigt, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich erscheint. Auch bei konkreten Anhaltspunkten für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit kann eine Identitätsfeststellung durchgeführt werden (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG). Die Maßnahme muss stets verhältnismäßig sein; dabei werden insbesondere der Anlass, das Ziel der Identitätsfeststellung und die Grundrechte der betroffenen Personen abgewogen. Die Befugnis zur Identitätsfeststellung kann unter Umständen – insbesondere bei Gefahr im Verzug – auch mit weiteren Zwangsmaßnahmen, wie der Durchsuchung von Personen und Sachen oder vorübergehender Festhaltung, verbunden sein. Darüber hinaus gelten übergreifend die Schranken des allgemeinen und besonderen Datenschutzrechts.
Unter welchen Voraussetzungen ist die Bundespolizei zur Durchsuchung von Personen und Sachen berechtigt?
Die rechtliche Befugnis zur Durchsuchung von Personen und Sachen ergibt sich nach § 43 BPolG. Eine Durchsuchung ist grundsätzlich möglich, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass jemand Sachen mitführt, die sichergestellt oder eingezogen werden dürfen, oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. In bestimmten Schutz- oder Kontrollbereichen, insbesondere im Rahmen der grenzpolizeilichen Aufgaben oder zum Schutz von Verkehrsanlagen des Bundes, darf die Bundespolizei präventiv Durchsuchungen anordnen. Die rechtlichen Voraussetzungen sind eng gefasst und orientieren sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das heißt, die Durchsuchung muss geeignet, erforderlich und angemessen zum polizeilichen Zweck sein. Zudem unterliegt die Durchsuchung personenbezogener Daten strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Welche besonderen Eingriffsbefugnisse hat die Bundespolizei im Bereich des Grenzschutzes?
Im Bereich des Grenzschutzes hat die Bundespolizei erweiterte Eingriffsbefugnisse, die im Bundespolizeigesetz sowie im Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) normiert sind. An den Grenzen – einschließlich der sogenannten 30-Kilometer-Grenzstreifen im Landesinneren – ist die Bundespolizei unter anderem zur Identitätsfeststellung (§ 22 Abs. 1 BPolG), Befragung, Kontrolle und gegebenenfalls Zurückweisung nicht einreiseberechtigter Personen berechtigt. Sie kann grenzüberschreitende Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführen, insbesondere zur Verhinderung illegaler Einreisen sowie zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität. Sämtliche Maßnahmen müssen sich dabei im Rahmen europarechtlicher Vorgaben, insbesondere des Schengener Grenzkodex, sowie nationaler Grundrechtsgarantien bewegen. Die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Behörden unterliegt zudem klaren gesetzlichen Kooperationsregeln.
Welche rechtlichen Pflichten bestehen für Bürger bei Maßnahmen der Bundespolizei?
Bürger sind nach den Vorschriften des Bundespolizeigesetzes in bestimmten Situationen verpflichtet, polizeilichen Anordnungen Folge zu leisten, etwa bei Identitätsfeststellungen (§ 23 BPolG) oder Durchsuchungen. So kann die Bundespolizei eine Person verpflichten, Ausweispapiere vorzulegen oder das Entnehmen von Gegenständen zur Durchsuchung zu dulden. Die Duldungspflicht erstreckt sich darüber hinaus auf Maßnahmen wie Platzverweise oder Aufenthaltsgebote an Bahnanlagen und Flughäfen. Wer sich den Maßnahmen widersetzt, kann nach den einschlägigen Ordnungswidrigkeits- oder Strafvorschriften zur Verantwortung gezogen werden; insbesondere wird der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) strafrechtlich verfolgt. Gleichwohl stehen betroffenen Bürgern entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten, wie etwa der Widerspruch gegen polizeiliche Maßnahmen oder die Anrufung der Verwaltungsgerichte, offen.
Welche Kontrollmöglichkeiten und Rechtsmittel bestehen gegen Maßnahmen der Bundespolizei?
Gegen polizeiliche Maßnahmen standen und stehen betroffenen Personen sowohl außergerichtliche als auch gerichtliche Rechtsmittel zur Verfügung. Nach dem Grundsatz der Gerichtsbarkeit gemäß Artikel 19 Abs. 4 GG kann jede polizeiliche Maßnahme – zum Beispiel Anordnungen, Durchsuchungen oder Identitätsfeststellungen – im Nachgang durch die Verwaltungsgerichte auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Vorher ist zumeist ein Widerspruchsverfahren vorgesehen, es sei denn, es handelt sich um sogenannte Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs oder Polizeigewahrsam, bei denen ein Sofortvollzug vorliegt. Daneben obliegt der Bundespolizei eine umfassende Pflicht zur Protokollierung und Dokumentation von Maßnahmen, die einer nachgelagerten Prüfung durch Gerichte oder unabhängige Kontrollstellen (zum Beispiel den Bundesbeauftragten für Datenschutz) unterzogen werden können. Betroffene haben Anspruch auf die Herausgabe von Einsatzprotokollen und die Einsicht in ihre gespeicherten Daten nach den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes.
In welchem Umfang ist die Bundespolizei zur Datenverarbeitung und Datenspeicherung befugt?
Die Kompetenz der Bundespolizei zur Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten richtet sich nach den §§ 26ff. BPolG sowie ergänzenden Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Datenerhebung ist nur zulässig, soweit dies für die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben notwendig ist; dies gilt sowohl für offene polizeiliche Maßnahmen als auch verdeckte Ermittlungen. Daten dürfen nur gespeichert werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit vorliegen, und einer regelmäßigen Prüfung zur Löschung oder Sperrung unterzogen werden. Die Verwendung personenbezogener Daten zu anderen als den ursprünglichen Erhebungszwecken ist grundsätzlich unzulässig; hiervon kann nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen abgewichen werden, etwa zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Rechtsschutz gegen unrechtmäßige Datenverarbeitung bietet das Auskunfts- und Beschwerderecht bei der Bundespolizei selbst oder beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.