Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Bundesleistungsgesetz

Bundesleistungsgesetz


Einführung in das Bundesleistungsgesetz

Das Bundesleistungsgesetz (BLG) regelt in der Bundesrepublik Deutschland die gesetzlichen Grundlagen für die Inanspruchnahme von Sach- und Dienstleistungen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Spannungs- und Verteidigungsfall. Ziel des Gesetzes ist es, die Bedarfsdeckung der zivilen und militärischen Bereiche im Verteidigungsfall sicherzustellen, indem es dem Staat ermöglicht, Leistungen von natürlichen und juristischen Personen im Rahmen rechtlicher Vorgaben in Anspruch zu nehmen. Das Bundesleistungsgesetz ist somit integraler Bestandteil der deutschen Sicherheitsarchitektur und umfasst umfassende Vorgaben zum Ablauf, den Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Entschädigungen der Leistungsinanspruchnahme.

Gesetzliche Grundlage und Geltungsbereich

Historie und Rechtsstellung

Das Bundesleistungsgesetz wurde am 4. September 1968 erlassen und ist (in der jeweils aktuellen Fassung) im Wesentlichen noch heute gültig. Es basiert auf Artikel 12a Absatz 2 und Artikel 87a Absatz 4 des Grundgesetzes, die dem Bund im Verteidigungsfall weitreichende Befugnisse zur Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit geben. Das Gesetz gehört zum Bereich des besonderen Verwaltungsrechts und nimmt insbesondere Bezug auf Aufgaben im Zusammenhang mit der zivilen Verteidigung und dem Schutz der zivilen Bevölkerung.

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Das Bundesleistungsgesetz gilt bundesweit und kann sowohl natürliche als auch juristische Personen betreffen. Es ermöglicht die Inanspruchnahme von beweglichen Sachen, unbeweglichen Sachen (Grundstücke, Gebäude) und Dienstleistungen, die notwendig sind, um die öffentliche Versorgung in Krisenzeiten aufrechterhalten zu können. Der sachliche Anwendungsbereich umfasst insbesondere Wirtschaftsgüter, Transportleistungen, medizinische Dienste, sowie sonstige für die staatliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge relevante Leistungen.

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen

Konkrete Voraussetzungstatbestände

Nach dem Bundesleistungsgesetz kann die Inanspruchnahme von Leistungen im Spannungs- oder Verteidigungsfall, sowie zur Vorbereitung auf diese Fälle, erfolgen. Voraussetzung ist jeweils eine förmliche Feststellung durch den Bundestag (Spannungs- oder Verteidigungsfall) oder entsprechende Rechtsverordnungen im Rahmen der zivilen Verteidigung. Die Anordnung kann entweder durch Bundesbehörden oder auf besondere Anforderung auch durch Landesbehörden unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen.

Abgrenzung zu anderen Gesetzen

Das Bundesleistungsgesetz steht in enger Verbindung mit weiteren Gesetzen des zivilen Katastrophenschutzes, wie dem Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG), ergänzt aber speziell die bundesweiten Kompetenzen und regelt insbesondere eine weitergehende hoheitliche Inanspruchnahme und Verpflichtung.

Verfahren und Ablauf

Leistungsbereitschaft und Pflichtenerhebung

Im Rahmen des Gesetzes wird ein zentralisiertes Erhebungs- und Meldewesen aufgebaut. Leistungsbereite Personen und Unternehmen können verpflichtet sein, Auskünfte über vorhandene Mittel und Fähigkeiten zu geben. Die Behörden können zur Vorbereitung auf den Verteidigungsfall sogenannte Leistungsbescheide erlassen, die die Art und den Umfang der zu erbringenden Leistungen festlegen.

Erhebungspflichten

Die Betroffenen sind verpflichtet, bei Aufforderung gegenüber den zuständigen Behörden vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen und sich in einer bestimmten Frist zur Verfügung zu halten.

Anordnung der Inanspruchnahme

Die eigentliche Anordnung erfolgt in Form eines Bescheides, der die rechtliche Verpflichtung zur Leistungserbringung enthält. Die Behörden sind dabei verpflichtet, den Grund und Umfang der Inanspruchnahme nachvollziehbar darzulegen. Gegen den Leistungsbescheid kann unter bestimmten Bedingungen Rechtsbehelf eingelegt werden.

Durchsetzung und Mitwirkungspflichten

Die Durchsetzung kann dabei mit sofortiger Wirkung angeordnet werden, wenn der Zweck der Maßnahme dies erfordert. Verstöße gegen Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten werden als Ordnungswidrigkeit oder in schweren Fällen auch als Straftat geahndet.

Rechtsfolgen und Entschädigungsregelungen

Grundsatz der Entschädigung

Eine zentrale Vorschrift des Bundesleistungsgesetzes ist der Entschädigungsanspruch. Für jede in Anspruch genommene Sache oder Dienstleistung hat der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Vergütung bzw. Entschädigung. Die Bemessung folgt dem Grundsatz der wirtschaftlichen Angemessenheit und richtet sich im Regelfall nach dem Wert oder dem ortsüblichen Entgelt. Grundsätzlich gilt das Verbot der Enteignung ohne Entschädigung aus dem Grundgesetz.

Verfahren der Entschädigungsfeststellung

Die Höhe wird zunächst durch die zuständige Behörde festgestellt. Betroffene können gegen die Festsetzung Einwendungen erheben und notfalls den Rechtsweg zum Verwaltungsgericht beschreiten. Streitigkeiten um Entschädigungshöhen unterliegen der gerichtlichen Überprüfung.

Haftungsfragen

Bleibt eine in Anspruch genommene Sache nach der Leistungserbringung beschädigt oder verloren, besteht ebenfalls ein Anspruch auf Wertersatz oder Naturalrestitution. Die Haftung des Staates erstreckt sich dabei auch auf Folgeschäden, die im Rahmen der rechtmäßigen Inanspruchnahme entstanden sind.

Kontrollmechanismen und Rechtsschutz

Rechtsschutz gegen Leistungsbescheide

Betroffene können gegen einen Leistungsbescheid Widerspruch einlegen und gegebenenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Im Fall eilbedürftiger Maßnahmen sind summarische Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz möglich.

Kontrolle durch den Bundestag

Da Eingriffe nach dem Bundesleistungsgesetz erhebliche Grundrechtseingriffe darstellen, unterliegt das Gesetz einer parlamentarischen Kontrolle. Sämtliche Maßnahmen und Rechtsverordnungen müssen regelmäßig dem Bundestag angezeigt und überprüft werden.

Besondere Vorschriften im Verteidigungsfall

Mit Eintritt des Verteidigungs- oder Spannungsfalls erweitern sich die Befugnisse der zuständigen Behörden nach dem Bundesleistungsgesetz. Neben Sach- und Dienstleistungsansprüchen können dann auch weiterreichende Verpflichtungen, wie Führungs- oder Organisationsaufgaben, auferlegt werden. Besondere Eilvorschriften und verkürzte Rechtsbehelfe können ebenfalls eintreten. Die generellen Grundrechte, insbesondere das Eigentumsrecht, erleiden in diesem Ausnahmezustand modifizierte Geltung.

Zusammenfassung

Das Bundesleistungsgesetz ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Notfall- und Verteidigungsarchitektur. Es regelt umfassend die Voraussetzungen, Verfahren und Rechtsfolgen der Inanspruchnahme von privaten und unternehmerischen Leistungen für öffentliche Zwecke im Spannungs- und Verteidigungsfall. Neben weitreichenden Eingriffsrechten des Staates stellt das Gesetz jedoch auch hohe Anforderungen an die Rechtsstaatlichkeit und gewährleistet durch umfangreiche Entschädigungs- und Rechtsschutzregelungen einen fairen Ausgleich zwischen staatlichem Interesse und den Rechten der Betroffenen. Das Bundesleistungsgesetz ist damit ein bedeutendes Regelwerk im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheitsrechten und ein wichtiger Baustein der verfassungsrechtlichen Ordnung in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Wann findet das Bundesleistungsgesetz Anwendung?

Das Bundesleistungsgesetz (BLeistG) kommt immer dann zur Anwendung, wenn im Verteidigungsfall, bei innerem Notstand oder in besonderen Katastrophenlagen ein Bedarf an Sach- oder Dienstleistungen besteht, den der Staat ohne besondere Rechtsgrundlage nicht decken könnte. Es erweitert die Hoheitsrechte insbesondere des Bundes, um im Rahmen der Daseinsvorsorge und der Landesverteidigung rechtmäßig auf private Ressourcen zugreifen zu können. Die Anwendung erfolgt ausschließlich in den durch das Gesetz vorgesehenen Ausnahmesituationen und nach gesonderter Feststellung durch die dafür zuständigen Behörden. Voraussetzung für das Tätigwerden ist regelmäßig eine formale Anordnung (z.B. Leistungen zur Sicherstellung der Versorgung in Kriegszeiten) durch die zuständigen Ressorts auf Bundes- oder Landesebene. Das Gesetz findet seine Grenze stets in den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere den Grundrechten, sodass Eingriffe immer verhältnismäßig und zu rechtfertigen sein müssen.

Wer ist nach dem Bundesleistungsgesetz leistungspflichtig?

Leistungspflichtig im Sinne des Bundesleistungsgesetzes sind grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts, die sich im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten bzw. ansässig sind und über die im Einzelfall geforderten Sach- oder Dienstleistungen verfügen. Die individuelle Leistungspflicht wird durch einen behördlichen Verwaltungsakt konkretisiert, etwa durch eine sogenannte Heranziehungsverfügung, die dem Betroffenen zugestellt wird. Die Auswahl der Leistungspflichtigen trifft die zuständige Verwaltungsbehörde nach den gesetzlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit und der Kapazitäten des Einzelnen. Das Gesetz sieht hierbei spezielle Regelungen für besonders geschützte Personengruppen vor, etwa für Minderjährige oder Menschen mit besonderen sozialen Bindungen.

Welche Arten von Leistungen können gefordert werden?

Nach dem BLeistG können insbesondere Sachleistungen (z.B. Bereitstellung von Fahrzeugen, Geräten oder Betriebsstoffen), Werkleistungen (Handwerks- und Instandsetzungsarbeiten), Dienstleistungen sowie Arbeitsleistungen angeordnet werden. Die Bandbreite reicht von Transportdiensten über Materialbereitstellungen bis hin zu persönlichen Arbeitsdiensten. Die konkrete Art der geforderten Leistung richtet sich nach dem festgestellten Bedarf durch die zuständige Behörde und unterliegt den rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten der jeweiligen leistungspflichtigen Personen oder Unternehmen. Auch die Dauer und der Umfang der Leistungen werden durch Verwaltungsakt festgelegt und müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.

Wie erfolgt die Entschädigung für erbracht Leistungen nach BLeistG?

Das Bundesleistungsgesetz sieht ausdrücklich vor, dass für alle in Anspruch genommenen Leistungen eine angemessene Entschädigung gezahlt wird. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich grundsätzlich nach den zum Zeitpunkt der Leistungserbringung üblichen Marktpreisen. Für bestimmte Leistungen können durch Rechtsverordnungen Pauschalen oder feste Sätze festgelegt werden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, besteht die Möglichkeit eines gerichtlichen Feststellungsverfahrens. Die Auszahlung der Entschädigung erfolgt durch die öffentliche Hand, also das jeweilige Bundesland oder den Bund, je nachdem, welche Behörde die Anordnung erlassen hat. Auch eventuelle Folgeschäden aus der Inanspruchnahme können über entsprechende Vorschriften kompensiert werden.

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Heranziehung verweigert werden?

Eine Heranziehung nach dem Bundesleistungsgesetz kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich angefochten beziehungsweise verweigert werden. Hierzu zählen insbesondere Fälle, in denen die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist, z.B. bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen, besonderen persönlichen Lebensumständen oder wenn die geforderte Leistung mit besonderen beruflichen oder familiären Belastungen kollidiert. Das Gesetz sieht zudem eine Einzelfallprüfung der Zumutbarkeit und Notwendigkeit vor. Außerdem besteht die Möglichkeit, gegen eine Heranziehungsverfügung Widerspruch einzulegen und im weiteren Verlauf gegebenenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Solche Rechtsbehelfe haben in der Regel keine aufschiebende Wirkung, können aber im Einzelfall durch das Gericht angeordnet werden.

Welche Verwaltungsverfahren regelt das Bundesleistungsgesetz?

Das Bundesleistungsgesetz regelt detailliert das Verwaltungsverfahren zur Feststellung des Bedarfs, die Auswahl der Leistungspflichtigen sowie die Durchführung und ggf. zwangsweise Durchsetzung der angeordneten Leistungen. Dazu zählen unter anderem: das Ermittlungsverfahren zur Bedarfsermittlung, die Erfassung und Registrierung möglicher Ressourcen, das Verwaltungsverfahren zur Heranziehung (inklusive Anhörung und Zustellung von Bescheiden), Regelungen zum Rechtsschutz (Widerspruch, Klage), die Durchführung von Sofortmaßnahmen im Eilfall sowie das Verfahren der Festsetzung und Auszahlung von Entschädigungen. Die Verfahren sind grundsätzlich strengen rechtsstaatlichen und verfahrensrechtlichen Anforderungen unterworfen, um Willkür und Ungleichbehandlung zu vermeiden.

Welche Rolle spielen Grundrechte und Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung des BLeistG?

Das Bundesleistungsgesetz steht im Spannungsverhältnis zum Schutz der verfassungsmäßigen Grundrechte, insbesondere des Eigentums, der Berufsfreiheit und der körperlichen Unversehrtheit. Eingriffe in diese Rechte sind nach dem Gesetz nur zulässig, wenn sie zur Abwehr erheblicher Gefahren für den Bestand des Staates oder die Allgemeinheit erforderlich sind. Jeder Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage und muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen sein. Die Behörden haben stets eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherstellung lebens- oder verteidigungswichtiger Dienstleistungen und den individuellen Rechten der Betroffenen vorzunehmen. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit erfolgt im Rahmen der vorgesehenen Rechtsbehelfe durch die Verwaltungsgerichte.