Begriff und rechtlicher Status des Bundeslandes
Ein Bundesland ist im verfassungsrechtlichen Sinne ein Gliedstaat innerhalb eines Bundesstaats. In der Bundesrepublik Deutschland bilden die Bundesländer die föderalen Einheiten, welche neben der Bundesebene eigenständige Hoheitsrechte, Gesetzgebungskompetenzen und Verwaltungshoheit besitzen. Das föderale Prinzip ist im deutschen Grundgesetz als zentrales Strukturprinzip verankert und unterscheidet die Bundesrepublik von einem Zentralstaat.
Bundesländer im bundesstaatlichen System Deutschlands
Historische Entwicklung und Bestand
Die Zahl und die Zuschnitte der Bundesländer gehen auf verschiedene historische Entwicklungen und politische Entscheidungen zurück. Im Zuge der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 entstanden sie vor dem Hintergrund der vormaligen Länder, Gebiete und Verwaltungsbezirke. Gemäß Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes ist Deutschland ein Bundesstaat und besteht heute aus 16 Bundesländern.
Verfassungsrechtliche Grundlagen
Staatsrechtlicher Status
Die Bundesländer sind gemäß Artikel 30 Grundgesetz (GG) Träger der Staatsgewalt, soweit das Grundgesetz keine abweichende Regelung trifft oder zulässt. Sie sind damit „Gliedstaaten“ mit eigenem Staatsgebiet, Staatsvolk und eigener Staatsgewalt. Jedes Bundesland besitzt eine eigene Verfassung, ein Parlament (der Landtag) und eine Landesregierung.
Bundesstaatliches Prinzip und Bund-Länder-Verhältnis
Artikel 70 ff. GG regeln die grundsätzliche Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern. Danach gilt der Grundsatz der Landeszuständigkeit, wonach die Ausübung der Staatlichkeit grundsätzlich den Ländern zusteht, soweit das Grundgesetz keine abweichenden Regelungen trifft.
Vertikale Gewaltenteilung
Die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern manifestiert sich in einer vertikalen Gewaltenteilung. Diese ist geprägt durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung des Bundes, subsidiär zur originären Zuständigkeit der Bundesländer.
Bundesland als eigenständiges Rechtssubjekt
Jedes Bundesland ist als öffentlich-rechtliches Gebilde rechtsfähig, kann Partei in Verwaltungsverfahren und Gerichtsprozessen sein, Eigentum besitzen und durch seine Organe handeln. Rechtsgeschäfte mit anderen öffentlichen Rechtsträgern, Privaten oder auch dem Bund sind möglich.
Zuständigkeiten und Aufgaben der Bundesländer
Gesetzgebungskompetenzen
Die Gesetzgebungskompetenz liegt gemäß Artikel 70 GG grundsätzlich bei den Ländern, es sei denn, das Grundgesetz weist bestimmte Materien explizit dem Bund zu (ausschließliche oder konkurrierende Gesetzgebung).
Ausschließliche Länderkompetenz
Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz verbleibt bei den Ländern beispielsweise im Bereich der Kulturpolitik (Bildung, Rundfunkrecht), Polizeirecht und Teile des Kommunalrechts.
Konkurrierende Gesetzgebung
Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung kann auch der Bund Gesetze erlassen, soweit eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist. Nach Artikel 72 GG steht dann den Ländern die Gesetzgebung nur zu, wenn der Bund von seiner Kompetenz keinen Gebrauch gemacht hat.
Ausführung der Bundesgesetze
Bundesgesetze werden im Regelfall von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt (Artikel 83 GG). Die Länder übernehmen hierbei die Organisation und den Vollzug, Bundesaufsicht erfolgt nur in engen Ausnahmefällen.
Organe und politische Struktur der Bundesländer
Verfassungsorgane der Länder
Die wesentlichen Verfassungsorgane der Länder sind:
- Landtag: Parlament mit gesetzgebender Gewalt
- Landesregierung: Ausführende Gewalt (häufig zwei Organträger, Ministerpräsident/in und Kabinett)
- Landesverfassungsgericht: Verfassungsgerichtliche Kontrolle (sofern vorhanden)
Demokratieprinzip, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sind ebenfalls auf Länderebene verpflichtend (Artikel 28 GG).
Staatsgebiet und Verwaltungsgliederung
Das Staatsgebiet eines Bundeslandes ist im jeweiligen Landesrecht festgelegt. Jedes Land ist in Gemeinden, Landkreise und kreisfreie Städte gegliedert, wobei die Kommunen über einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Schutz (Artikel 28 Abs. 2 GG) verfügen.
Finanzverfassung und Finanzausgleich
Haushaltsautonomie der Länder
Die Länder finanzieren sich nach dem Konnexitätsprinzip überwiegend aus eigenen und übertragenen Steuern, Zuweisungen und eigenen Einnahmen. Die Haushaltsautonomie ist im Grundgesetz geschützt, jedoch durch die Pflicht zur Schuldenbegrenzung (Artikel 109 GG, sog. Schuldenbremse) eingeschränkt.
Länderfinanzausgleich
Als Teil des Gesamtstaats ist jedes Bundesland in den bundesstaatlichen Finanzausgleich eingebunden. Das Ziel des Länderfinanzausgleichs (Artikel 107 GG) ist es, unterschiedliche Finanzkraft auszugleichen und vergleichbare Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet zu schaffen.
Bundesländer im internationalen und europäischen Rechtsrahmen
Völkerrechtliche Beteiligungsrechte
Bundesländer sind keine Völkerrechtssubjekte, besitzen aber gemäß Artikel 32 GG Mitwirkungsrechte. Insbesondere in den Angelegenheiten ihrer ausschließlichen Gesetzgebung sind sie an Vertragsverhandlungen durch den Bund zu beteiligen.
Umsetzung von EU-Recht
Da auch die Länder Träger staatlicher Gewalt sind, trifft viele landesrechtliche Bereiche (z. B. Umwelt- und Bildungsrecht) die Pflicht zur Umsetzung europäischen Rechts. Die Koordinierung erfolgt u. a. durch den Bundesrat.
Änderungen und Auflösung von Bundesländern
Neuordnung im Grundgesetz
Das Grundgesetz sieht nach Artikel 29, 118 und 118a GG die Möglichkeit der Neugliederung des Bundesgebiets und damit die Änderung, Verschmelzung oder Auflösung von Bundesländern durch Gesetz mit Zustimmung der betroffenen Länder und der Bevölkerung vor.
Historische Neugliederungen
Historische Beispiele sind die Zusammenlegung von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern (1952 zu Baden-Württemberg) sowie die Auflösung der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen während der DDR-Zeit und deren Wiedererrichtung nach der Wiedervereinigung.
Übersicht: Die 16 Bundesländer Deutschlands
Liste der Bundesländer
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Hamburg
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Sachsen
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
Zusammenfassung
Das Bundesland stellt eine zentrale rechtliche Kategorie des deutschen Bundesstaats dar. Es verfügt über eigene Verfassungsorgane, umfassende Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Finanzkompetenzen und ist im Grundgesetz als staatsrechtlicher Akteur mit Eigenverantwortlichkeit sowie als Teil eines föderalen Gefüges fest verankert. Die Regelungen zur Abgrenzung, Neuordnung und Zusammenarbeit der Länder sowie deren Verhältnis zum Bund sind detailliert im Grundgesetz geregelt und sichern sowohl die Autonomie als auch die Integration im Rahmen der Gesamtstaatlichkeit Deutschlands.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Kompetenzen stehen einem Bundesland in Deutschland zu?
Die rechtlichen Kompetenzen eines Bundeslandes in Deutschland sind durch das sogenannte föderale System und die Vorgaben des Grundgesetzes bestimmt. Die Bundesländer verfügen über das Recht zur Gesetzgebung in den Bereichen, die nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen sind. Das betrifft vor allem das Polizei- und Ordnungsrecht, das Bildungswesen (Schul- und Hochschulrecht), das Kultur- und Medienrecht, das Kommunalrecht sowie das Verwaltungsrecht. Die Bundesländer können zudem Landesverfassungen verabschieden, die jedoch im Einklang mit dem Grundgesetz stehen müssen. Darüber hinaus nehmen sie die Verwaltung der meisten Bundesgesetze durch eigene Behörden wahr („Landesvollzug“). Allerdings unterliegen die Kompetenzen der Länder den sogenannten Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes (insbesondere den Artikeln 30, 70 ff GG), wobei der Bund oft durch Rahmengesetzgebung, konkurrierende Gesetzgebung und Auftragsverwaltung Einfluss hat. Aufgrund dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen ist das Kompetenztableau zwischen Bund und Ländern ein stetiges Aushandlungsfeld, das sich auch durch politische und gesellschaftliche Entwicklungen verändern kann.
In welchem Verhältnis stehen die Landesverfassungen zum Grundgesetz?
Jedes Bundesland hat eine eigene Landesverfassung, die die jeweilige staatliche Ordnung im Land regelt. Rechtlich gesehen dürfen diese Landesverfassungen den Grundsätzen des Grundgesetzes, namentlich den Grundrechten sowie der staatlichen Grundstruktur der Bundesrepublik, nicht widersprechen (Art. 31 und Art. 28 GG). Im Kollisionsfall geht das Grundgesetz als Bundesrecht stets vor. Auch die demokratische Grundordnung, der Rechtsstaatsgrundsatz und föderale Strukturen müssen gewahrt bleiben. Landesverfassungen können Rechte und Institutionen einführen, die über das Grundgesetz hinausgehen, solange keine Grundgesetznormen verletzt werden. Die Ausgestaltung der Landesverfassungen erfolgt durch die jeweiligen Landes-, Verfassungs- und Verfassungsgerichtsbarkeiten, welche die Einhaltung der föderalen Grundstruktur überwachen.
Welche Bedeutung kommt dem Bundesrat bei der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung zu?
Der Bundesrat ist das Verfassungsorgan, durch das die Bundesländer an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes sowie an Angelegenheiten der Europäischen Union mitwirken. Juristisch betrachtet stellt der Bundesrat ein zentrales föderales Kontroll- und Mitbestimmungsorgan dar. Jedes Bundesland ist mit einer bestimmten Anzahl von Stimmen vertreten, die von der Bevölkerungszahl abhängen. Landesregierungen entsenden ihre Vertreter in den Bundesrat und stimmen dort einheitlich ab. Zustimmungsbedürftige Gesetze bedürfen einer Mehrheit im Bundesrat, wodurch die Bundesländer unmittelbaren Einfluss auf bundesrechtliche Regelungen nehmen können. Ferner kann der Bundesrat Initiativrecht bei Gesetzesvorlagen ausüben und ist somit ein Bindeglied zwischen Landes- und Bundesebene. Der Bundesrat schützt die Interessen der Länder gegen eine potenzielle Zentralisierung der Bundesgewalt.
Inwiefern können Bundesländer internationales Recht setzen oder Verträge abschließen?
Nach dem Grundgesetz haben die Bundesländer begrenzte Möglichkeiten zur Setzung internationalen Rechts oder zum Abschluss von Verträgen mit dem Ausland. Gemäß Artikel 32 GG ist die auswärtige Gewalt grundsätzlich Sache des Bundes, jedoch können Bundesländer mit Zustimmung der Bundesregierung in Angelegenheiten ihrer eigenen Gesetzgebungskompetenz Verträge mit ausländischen Staaten abschließen. Dies betrifft regelmäßig Bereiche wie Bildung, Kultur oder regionale Zusammenarbeit. Die völkerrechtliche Wirksamkeit solcher Verträge ist an die Zustimmung des Bundes gebunden, um eine einheitliche Außenpolitik zu gewährleisten und Konflikte mit Bundesinteressen zu vermeiden. In der Praxis treten die Bundesländer daher hauptsächlich im Rahmen multilateraler Kooperationen auf Länderebene in Erscheinung.
Wie erfolgt die Kontrolle der Landesgesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit?
Die Kontrolle der Landesgesetze auf Verfassungsmäßigkeit erfolgt in erster Linie durch die jeweiligen Landesverfassungsgerichte. Jedes Bundesland hat ein eigenes Verfassungsgericht, das Streitigkeiten bezüglich Auslegung und Anwendung der Landesverfassung entscheidet. Darüber hinaus prüft das Bundesverfassungsgericht Bundes- und Landesrecht auf Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass ein Landesgesetz gegen das Grundgesetz verstößt, wird dieses Gesetz für nichtig erklärt. Neben diesen gerichtlichen Kontrollen existieren noch weitere Mechanismen, wie das Normenkontrollverfahren oder die Kommunalaufsicht, die speziell darauf ausgelegt sind, die Übereinstimmung von Landesgesetzgebung mit höherrangigem Recht sicherzustellen.
Welche Rolle kommt den Bundesländern bei der Verwaltung von Bundesgesetzen zu?
Die Länder sind gemäß Artikel 83 ff. GG in erheblichem Maße für die Ausführung von Bundesgesetzen zuständig. Die Verwaltung erfolgt meist als eigene Angelegenheit der Länder („Landesvollzug“), wobei die Länder bei der Umsetzung der auf Bundesebene erlassenen Gesetze weitgehende organisatorische und personelle Autonomie besitzen. In speziellen Fällen ordnet das Grundgesetz die sog. „Bundesauftragsverwaltung“ an. Hierbei handeln die Länder als ausführendes Organ des Bundes und sind dessen Weisungen unterworfen; Beispiele sind die Verwaltung der Bundesfernstraßen oder des Bundesgrenzschutzes. Die Differenzierung der Verwaltungskompetenzen ist ein zentrales Element des Föderalismus und sichert, dass Bundesgesetze landestypisch umgesetzt werden können, ohne die Einheitlichkeit des Rechtsraums in Frage zu stellen.