Bundeskindergeldgesetz (BKGG)
Das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ist ein deutsches Bundesgesetz, das die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von Kindergeld an in Deutschland wohnhafte Personen regelt, die nicht nach dem Einkommensteuergesetz anspruchsberechtigt sind. Es ist ein wichtiger Bestandteil des sozialen Sicherungssystems Deutschlands und dient vornehmlich der finanziellen Unterstützung von Familien und Sorgeberechtigten.
Gesetzliche Grundlagen
Systematik und Zielsetzung
Das BKGG wurde erstmals im Jahr 1964 eingeführt und ist seitdem mehrfach novelliert worden. Das zentrale Anliegen des Gesetzes besteht darin, Eltern und Sorgeberechtigte durch monatliche Kindergeldzahlungen bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Aufgaben finanziell zu entlasten. Während das Kindergeld vorrangig für Steuerpflichtige über das Einkommensteuergesetz (§§ 62 ff. EStG) gewährt wird, kommt das Bundeskindergeldgesetz insbesondere für Personen zur Anwendung, die nicht unter das Einkommensteuergesetz fallen, wie etwa nicht erwerbstätige oder geringverdienende Eltern beziehungsweise bestimmte ausländische Staatsangehörige oder Empfänger von Sozialleistungen.
Verhältnis zu anderen Rechtsquellen
Das BKGG steht in engem Zusammenhang mit dem Einkommensteuergesetz (EStG), Sozialgesetzbuch (SGB) und diversen europarechtlichen Regelungen. Es ist ein eigenständiges Gesetz neben dem EStG und kommt subsidiär in Kraft. Die Ausführung erfolgt durch die Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit.
Persönlicher Geltungsbereich
Anspruchsberechtigte Personenkreise
Nach dem BKGG können folgende Personen Kindergeld beanspruchen:
- Personen ohne Anspruch nach dem Einkommensteuergesetz, insbesondere sozialversicherungsfreie Personen,
- bestimmte ausländische Bürgerinnen und Bürger mit Aufenthaltstitel,
- Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen,
- in Ausnahmefällen auch Personen, die in Deutschland keinen Wohnsitz, jedoch gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Sonderregelungen für Ausländer
Für Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit regelt das BKGG besondere Anforderungen. Anspruch hat, wer im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder einer bestimmten Aufenthaltserlaubnis ist (§ 1 Abs. 2 BKGG). Staatsangehörige aus EU-/EWR-Staaten und der Schweiz sind Deutschen im Wesentlichen gleichgestellt.
Sachlicher Geltungsbereich und Anspruchsvoraussetzungen
Voraussetzungen für den Kindergeldbezug
Das Kindergeld wird ausschließlich für Kinder nach den Vorgaben des BKGG gewährt. Voraussetzung ist insbesondere:
- das Alter des Kindes (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, unter besonderen Bedingungen bis 25),
- die Erfüllung bestimmter Ausbildungs- oder Beschäftigungskriterien,
- das Vorliegen sonstiger sozialrechtlicher Tatbestände, wie z. B. Behinderung (bei Kindern, die wegen einer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten – dann über das 25. Lebensjahr hinaus).
Höhe des Kindergelds
Die Höhe des Kindergelds richtet sich nach der Zahl der Kinder und wird per Rechtsverordnung, auf Grundlage des § 6 BKGG, regelmäßig an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst. Seit diversen Gesetzesnovellen ist die Höhe des Kindergeldes für alle Kinder gleich.
Verfahren der Antragstellung und Auszahlung
Das Kindergeld wird auf Antrag gewährt. Die Einrichtung der Familienkassen ist mit der Bearbeitung beauftragt. Für die Antragstellung sind diverse Nachweise (z. B. Geburtsurkunde des Kindes, Nachweis des gewöhnlichen Aufenthaltes) erforderlich. Die Auszahlung erfolgt in der Regel monatlich im Voraus an die berechtigten Personen.
Kindergeldberechtigte Kinder
Berücksichtigungsfähigkeit von Kindern
Kindergeld wird für eigene, als auch für in bestimmten Fällen für Pflegekinder, Enkelkinder oder unter besonderen Umständen für die Kinder des Ehegatten gezahlt, sofern diese im Haushalt leben und unterhalten werden. Das Gesetz definiert ausdrücklich, wann ein Kind als berücksichtigungsfähig gilt (§ 2 Abs. 1 BKGG).
Altersgrenzen und Sonderregelungen
- Grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres,
- bis zu 25 Jahren bei Ausbildung, Studium, Freiwilligendienst,
- unbegrenzt bei Kindern mit Behinderung, sofern die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist.
Ausschlussgründe und Ruhen des Anspruchs
Vorrangige Leistungen
Bezieht das Kind eigene finanzielle Leistungen (z. B. Waisenrente, sonstige staatliche Unterstützungen), kann dies zum Ruhen oder zur Minderung des Anspruchs führen. Außerdem besteht für ein Kind stets nur ein Kindergeldanspruch (keine Doppelzahlung bei mehreren Berechtigten).
Ausschluss bei Aufenthalt außerhalb Deutschlands
Ein dauerhafter Aufenthalt außerhalb Deutschlands kann den Anspruch entfallen lassen, sofern keine Ausnahme nach EU- oder Abkommensrecht greift.
Europarechtliche und internationale Dimension
Mit Blick auf die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union ist das BKGG europarechtskonform ausgestaltet und sieht besondere Regelungen für grenzüberschreitende Sachverhalte vor. Bei Ansprüchen in mehreren Staaten (sog. Mehrfachansprüche) regeln bilaterale oder EU-weit geltende Abkommen, welcher Anspruch vorrangig ist.
Verwaltung und Rechtsschutz
Bearbeitung
Die Bearbeitung und Verwaltung der Anträge auf Kindergeld erfolgt durch die Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit. Deren Entscheidungen können mit dem Einspruch angefochten werden; es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, den Rechtsweg zum Sozialgericht zu beschreiten.
Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen
Wird Kindergeld zu Unrecht bezogen, ist die Rückzahlung zu leisten. Auch Bußgeld- und Strafvorschriften sind bei missbräuchlicher Inanspruchnahme einschlägig (§ 10 BKGG).
Änderungen und Reformen
Das Bundeskindergeldgesetz wurde mehrfach angepasst; mit Wirkung vom 1. Januar 2023 etwa erfolgte eine signifikante Erhöhung des Kindergeldes sowie Vereinheitlichungen bei der Anspruchsberechtigung und -höhe.
Literatur und Weblinks
Weiterführende Regelwerke
Wichtige Entwicklungen
Die Entwicklung des Bundeskindergeldgesetzes ist Gegenstand fortlaufender Diskussionen innerhalb der Sozial- und Familienpolitik. Es wird regelmäßig an sozioökonomische Veränderungen und familienpolitische Zielsetzungen angepasst.
Zusammenfassung: Das Bundeskindergeldgesetz bildet in Deutschland die rechtliche Grundlage für die Gewährung von Kindergeld an einen wesentlichen Personenkreis außerhalb des Steuerrechts. Es trägt maßgeblich zur finanziellen Unterstützung von Familien bei und wird fortwährend aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst. Die Regelungen des BKGG sind komplex, gewährleisten jedoch einen umfassenden Schutz und Unterstützung von Kindern und deren Sorgeberechtigten im Bundesgebiet.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) rechtlich gewährt und wer ist anspruchsberechtigt?
Das Kindergeld wird gemäß dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) als steuerliche Ausgleichsleistung zur Förderung von Familien durch die zuständigen Familienkassen gezahlt. Anspruchsberechtigt sind alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und mit einem Kind in einem Haushaltsverhältnis stehen, das im BKGG näher definiert ist. Hierzu zählen insbesondere Eltern, Stiefeltern, Großeltern und Pflegeeltern, sofern das Kind in ihrem Haushalt lebt und von ihnen betreut wird. Der Anspruch besteht für die in § 2 BKGG ausdrücklich genannten Berechtigten unabhängig von der Staatsangehörigkeit, wobei unter bestimmten Voraussetzungen auch ausländische Staatsangehörige anspruchsberechtigt sein können, beispielsweise wenn sie eine gültige Aufenthaltsgenehmigung besitzen, die sie zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Die Beanspruchung erfolgt grundsätzlich per Antrag bei der zuständigen Familienkasse und kann rückwirkend für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten erfolgen, wobei die Anspruchsprüfung detailliert das Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen sowie die Vermeidung einer Mehrfachzahlung umfasst.
Welche rechtlichen Altersgrenzen gelten für den Bezug von Kindergeld nach BKGG?
Das Kindergeld wird nach den Vorschriften des BKGG grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes gewährt. Über das 18. Lebensjahr hinaus besteht ein Anspruch, wenn das Kind sich in Ausbildung befindet, einen anerkannten Freiwilligendienst leistet oder sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet. Für volljährige Kinder kann der Anspruch ebenfalls bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres verlängert werden, sofern sie die genannten Voraussetzungen erfüllen. Bei Kindern mit Behinderung kann ein zeitlich unbegrenzter Anspruch auf Kindergeld bestehen, sofern die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist und das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Diese rechtlichen Altersgrenzen ergeben sich aus den §§ 2 und 32 Einkommensteuergesetz, auf die das BKGG ausdrücklich verweist, und sind durch weitere Regelungen, beispielsweise im Sozialrecht, konkretisiert.
Wie erfolgt die rechtliche Berücksichtigung mehrfacher Kindergeldansprüche bei mehreren Berechtigten?
Im Falle mehrerer potenziell Anspruchsberechtigter für dasselbe Kind sieht das BKGG eine besondere Regelung zur Vermeidung von Doppelleistungen vor. Gemäß § 3 BKGG ist bei Vorliegen mehrerer anspruchsberechtigter Personen, beispielsweise bei getrennt lebenden Elternteilen, eine klar definierte Rangfolgebestimmung maßgeblich. Vorrangig ist in solchen Fällen derjenige anspruchsberechtigt, zu dessen Haushalt das Kind überwiegend gehört. Haben mehrere Anspruchsberechtigte das Kind in ihren Haushalten aufgenommen, erfolgt die Zuweisung des Kindergelds nach im Gesetz festgelegten Kriterien, wobei die zeitliche Betreuung und tatsächliche Lebensverhältnisse entscheidend sind. Die endgültige Feststellung erfolgt durch die Familienkasse, wobei immer die Ausschlussregelungen zum Tragen kommen: Das BKGG schließt einen gleichzeitigen Bezug für ein und dasselbe Kind durch mehrere Personen ausdrücklich aus, auch wenn sie jeweils individuell anspruchsberechtigt wären.
Welche Auskunfts- und Mitwirkungspflichten bestehen für Kindergeldberechtigte nach dem BKGG?
Kindergeldberechtigte unterliegen weitreichenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gegenüber der Familienkasse nach Maßgabe des § 8 BKGG. Änderungen in den für die Kindergeldgewährung maßgeblichen Verhältnissen, wie etwa Änderungen des Wohnsitzes, der Schul- oder Ausbildungsstatus des Kindes, oder das Ende eines Anspruchsgrundes, sind der Familienkasse unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt der Anspruchsberechtigte diese Mitteilungspflichten vorsätzlich oder fahrlässig, kann dies zu Rückforderungen überzahlter Beträge und ggf. auch zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren oder strafrechtlichen Ermittlungen führen. Die Mitwirkungspflicht umfasst ferner die Vorlage aller notwendigen Nachweise und Bescheinigungen, insbesondere Ausbildungsnachweise, Bescheide zu einem eventuellen Behindertenstatus oder Nachweise über das Vorliegen eines bestimmten Aufenthaltsstatus. Die Familienkasse ist berechtigt, die bereits gewährten Leistungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu berichtigen, sollten die Voraussetzungen für den Bezug nicht mehr vorliegen.
Unter welchen rechtlichen Bedingungen kann das Kindergeld nach dem BKGG zurückgefordert oder aufgehoben werden?
Die Rückforderung oder Aufhebung von Kindergeldbescheiden ist im BKGG in Verbindung mit den Vorschriften des Sozialgesetzbuches geregelt, insbesondere wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für den Kindergeldbezug rückwirkend nicht oder nicht mehr vorgelegen haben. Ein rechtswidrig gewährter Kindergeldbescheid kann gemäß § 7 BKGG in Verbindung mit § 48 SGB X aufgehoben werden, wenn sich nachträglich Tatsachen ergeben, die zum Wegfall oder zur Minderung des Kindergeldanspruchs führen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Kind die Ausbildung abbricht oder der Hauptwohnsitz ins Ausland verlegt wird, ohne dass hierfür eine Fortgeltung des Anspruchs vorgesehen ist. Überzahlte Kindergeldbeträge sind in diesen Fällen nach § 8 BKGG zu erstatten. Die Familienkassen sind zudem verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Kindergeldfestsetzung regelmäßig zu überprüfen, wobei auch die Rückforderung von Leistungen wegen fehlerhafter Angaben durch die Berechtigten oder infolge nicht eingehaltener Mitwirkungspflichten möglich ist.
Wie ist das Verhältnis des BKGG zur steuerlichen Kindergeldregelung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)?
Das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ist vorrangig auf Personen anwendbar, die in Deutschland nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder keine inländischen Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes haben. Für Steuerpflichtige, die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, richtet sich der Kindergeldanspruch grundsätzlich nach den § 62 ff. EStG. Das BKGG enthält insoweit eine Auffangregelung für Personen, die keinen Anspruch nach dem EStG geltend machen können, etwa für Sozialleistungsbezieher oder Personen ohne ausreichende Steuerpflicht in Deutschland. Beide Regelungsbereiche sehen vergleichbare Anspruchsvoraussetzungen und Einkommensgrenzen vor, erlauben jedoch grundsätzlich keinen zeitgleichen Bezug von Kindergeld aus beiden Systemen. Eine genaue rechtliche Prüfung der Anspruchsgrundlage ist notwendig, um die Abgrenzung beider Gesetze in der praktischen Anwendung sicherzustellen.
Welche rechtlichen Besonderheiten bestehen für ausländische Staatsangehörige beim Bezug von Kindergeld nach dem BKGG?
Ausländische Staatsangehörige sind nach dem Bundeskindergeldgesetz grundsätzlich dann anspruchsberechtigt, wenn sie sich rechtmäßig, gewöhnlich und längerfristig in Deutschland aufhalten und über einen Aufenthaltstitel verfügen, der sie zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Maßgeblich ist dabei § 1 Abs. 3 BKGG i. V. m. § 62 EStG, wonach bestimmte Gruppen von Ausländern vom Kindergeldbezug ausgeschlossen werden können – etwa Geduldete oder vollziehbar Ausreisepflichtige. Für Angehörige eines EU- oder EWR-Staates sowie der Schweiz gelten die Bestimmungen zur Freizügigkeit, sodass für sie grundsätzlich ein Anspruch nach denselben Voraussetzungen wie für deutsche Staatsangehörige besteht. Bei Drittstaatsangehörigen muss regelmäßig eine Prüfung erfolgen, ob ein entsprechender Aufenthaltstitel, beispielsweise eine Niederlassungserlaubnis oder eine Blaue Karte EU, vorliegt und die Beschäftigungserlaubnis nicht lediglich auf einen bestimmten Zweck begrenzt ist. Zudem sind im Rahmen der europäischen Koordinierung überstaatlicher Leistungen Besonderheiten zu beachten, etwa im Falle grenzüberschreitender Sachverhalte oder bei parallelem Bezug von Familienleistungen im Ausland.