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Bundesfernstraßenfinanzierung


Definition und Rechtsgrundlagen der Bundesfernstraßenfinanzierung

Die Bundesfernstraßenfinanzierung umfasst das Recht und die Praxis der Bereitstellung und Bewirtschaftung finanzieller Mittel für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung und Ausbau der Bundesfernstraßen in Deutschland. Bundesfernstraßen bestehen aus Bundesautobahnen und Bundesstraßen, deren Finanzierung gemäß Grundgesetz grundsätzlich Aufgabe des Bundes ist. Die Ausgestaltung und Abwicklung der Finanzierung sind dabei durch eine Vielzahl bundesgesetzlicher und europarechtlicher Regelungen geprägt.

Gesetzliche Grundlage: Das Grundgesetz und das Bundesfernstraßengesetz

Art. 90 Grundgesetz (GG)

Gemäß Artikel 90 Absatz 1 GG steht das Eigentum an den Bundesautobahnen und sonstigen Bundesfernstraßen dem Bund zu. Der Bund ist außerdem für die Verwaltung der Bundesautobahnen und der sonstigen Bundesfernstraßen zuständig. Die Finanzierungspflicht folgt daraus unmittelbar.

Das Bundesfernstraßengesetz (FStrG)

Das Bundesfernstraßengesetz (FStrG) regelt die Planung, den Bau und die Unterhaltung der Bundesfernstraßen. Insbesondere § 1 FStrG betont die Zuordnung der Bundesfernstraßen zum Eigentum des Bundes und die Kostentragung durch diesen. Darüber hinaus finden sich im Gesetz Einzelregelungen zur Finanzierung von Baumaßnahmen (§ 7 FStrG), Beteiligung der Länder und Gemeinden sowie zu Fragen des Grunderwerbs und Enteignung.

Haushaltsrechtliche Verankerung

Die Finanzierung der Bundesfernstraßen ist den jährlichen Haushaltsgesetzen unterworfen. Die Bereitstellung der Mittel erfolgt jeweils durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), das im Bundeshaushalt explizit entsprechende Titel für Investitionen und Erhaltungsmaßnahmen ansetzt.

Struktur und Verfahren der Bundesfernstraßenfinanzierung

Einnahmequellen des Bundes

Bundeshaushaltsmittel

Der Großteil der Mittel stammt aus allgemeinen Steuereinnahmen des Bundes, wobei der Bund jährlich im Rahmen des Haushaltsplans Mittel für Bau, Betrieb und Unterhalt der Bundesfernstraßen einstellt. Diese Mittel sind zweckgebunden, das heißt, sie dürfen nur für Bundesfernstraßenprojekte verwendet werden.

Nutzerfinanzierte Mittel

Mit Einführung der Lkw-Maut (2005) und weiterer Nutzerabgaben entstand eine neue Finanzierungssäule. Die Einnahmen aus der Bundesfernstraßenmaut fließen zweckgebunden in die Bundesfernstraßenfinanzierung ein. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sind im Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) und Mautsystemgesetz (MautSysG) geregelt.

Sonstige Finanzierungsquellen

Neben den genannten Haupteinnahmequellen können zusätzliche Mittel aus EU-Förderprogrammen (z. B. TEN-V), aus ÖPP-Projekten (öffentlich-private Partnerschaften) oder durch besondere vertragliche Gestaltungen, etwa im Rahmen von Betreibermodellen, hinzukommen.

Ausgabenstruktur

Die Bundesmittel werden nach festen Schlüsseln und Vorgaben für Neubau, Ausbau sowie Erhaltungsmaßnahmen verwendet. Verteilung und Priorisierung erfolgen auf Grundlage des Bundesverkehrswegeplans und fortgeschriebener Bedarfspläne.

Institutioneller Rahmen der Bundesfernstraßenfinanzierung

Aufgabenverteilung zwischen Bund, Länder und Gesellschaften

Bis 2020 waren die Länder für Planung, Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes zuständig. Seit Einführung der Autobahn GmbH des Bundes mit Wirkung ab 1. Januar 2021 wurde die Auftragsverwaltung durch eine bundeseigene Gesellschaft ersetzt. Die Finanzierung erfolgt seitdem zentral durch den Bund, wobei die Gesellschaft als operativer Akteur auftritt.

Die Rolle der Bundesanstalt für Straßenwesen und weiterer Behörden

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) unterstützt die Planung und den Mitteleinsatz durch wissenschaftliche Untersuchungen und Empfehlungen. Die projektbezogene Steuerung obliegt den zuständigen Stellen im BMDV und der Autobahn GmbH.

Finanzierungsmodelle und Sonderformen

Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP)

ÖPP-Modelle ermöglichen es, ausgewählte Bundesfernstraßenprojekte mit Beteiligung privater Investoren und Unternehmen zu realisieren. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im ÖPP-Beschleunigungsgesetz und in normative Vorgaben zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Die Rückvergütung privater Investitionen erfolgt meist über nutzungsabhängige Entgelte oder jährliche Verfügbarkeitszahlungen des Bundes.

Mautfinanzierung und Privatisierungshemmnisse

Die Lkw-Maut und deren rechtliche Ausgestaltung sind wesentliche Instrumente der Nutzerfinanzierung. Im Grundsatz bleibt das Eigentum und die Hoheit des Bundes über das Bundesfernstraßennetz jedoch unangetastet. Dem Privatisierungsverbot für das Netz ist ausdrücklich im Grundgesetz Rechnung getragen, insbesondere nach der Föderalismusreform II (§ 90 GG).

Rechtliche Kontrolle und Transparenz

Haushaltsrechtliche Überwachung

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages besitzt umfassende Aufsichts- und Kontrollbefugnisse bezüglich der Verwendung der Bundesmittel. Die Haushaltsführung unterliegt der Kontrolle durch den Bundesrechnungshof.

Rechtliche Vorgaben für Vergabe und Bau

Vergaben von Bauaufträgen im Bundesfernstraßenbereich unterliegen dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie der Vergabeverordnung (VgV) und der Sektorenverordnung (SektVO). Damit wird Transparenz und Rechtskonformität bei der Mittelverwendung gewährleistet.

Umwelt- und Planungsrechtliche Anforderungen

Finanzierte Maßnahmen auf Bundesfernstraßen unterliegen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sowie spezifischen Regelungen aus Raumordnungs- und Bundesnaturschutzgesetzgebung. Hieraus ergeben sich weitere rechtliche und finanzielle Anforderungen an Planung und Bau.

Internationale und Europarechtliche Einflüsse

EU-Beihilfenrecht und Finanzierung

Die Bundesfernstraßenfinanzierung muss mit den Vorgaben des EU-Beihilfenrechts (Art. 107 AEUV) vereinbar sein. Investitionen, insbesondere im Rahmen von ÖPP, unterliegen oft einer Prüfung durch die Europäische Kommission.

Harmonisierung durch europäische Richtlinien

Die Richtlinie 2011/76/EU sowie weitere harmonisierte europäische Vorgaben beeinflussen die rechtlichen und operativen Bedingungen der Nutzerfinanzierung und technischen Standards.

Zusammenfassung

Die Bundesfernstraßenfinanzierung ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Infrastrukturpolitik und unterliegt einem vielschichtigen und dynamischen Regelungsrahmen. Sie vereint verfassungsrechtliche, haushaltsrechtliche, vergaberechtliche sowie europäische und internationale Vorgaben. Die zentrale Rolle des Bundes bei der Finanzierung und Steuerung wird dabei zunehmend ergänzt durch innovative Finanzierungsmodelle und eine konsolidierte Verwaltungspraxis unter Beteiligung spezialisierter Bundesgesellschaften.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich für die Finanzierung der Bundesfernstraßen verantwortlich?

Die rechtliche Verantwortung für die Finanzierung der Bundesfernstraßen liegt seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr 2018 bei der Bundesrepublik Deutschland. Laut Artikel 90 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG) obliegt dem Bund die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen, wobei die Verwaltungskompetenz 2021 auf die bundeseigene Autobahn GmbH des Bundes überging. Die Finanzierung erfolgt somit aus dem Bundeshaushalt, ergänzt durch zweckgebundene Einnahmen aus der Lkw-Maut gemäß Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG). Rechtlich maßgeblich sind darüber hinaus das Bundeshaushaltsgesetz (BHO), das Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) und der Finanzierungsvertrag zwischen Bund und Autobahn GmbH, in denen die Mittelzuweisung, Haushaltsführung und Zweckbindung der Einnahmen detailliert geregelt sind.

Welche rechtlichen Vorschriften regeln die Zweckbindung der Finanzierungsmittel?

Die Zweckbindung der Finanzierungsmittel für Bundesfernstraßen ist im Wesentlichen im Art. 87e GG, im BFStrMG sowie im jeweiligen Haushaltsgesetz geregelt. § 11 Bundesfernstraßenmautgesetz legt fest, dass die Einnahmen aus der Lkw-Maut ausschließlich für Verkehrsinfrastruktur des Bundes verwendet werden dürfen. Dies ist eine strikte haushaltsrechtliche Vorgabe, um die Einnahmen rechtlich gegen Zweckentfremdung abzusichern. Auch das Fernstraßenausbaugesetz (§ 3 Abs. 2 FStrAbG) bestimmt, dass Mittel für Planung, Bau, Erhaltung, Betrieb und Verwaltung der Bundesfernstraßen zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Haushaltsmittel werden jährlich im jeweiligen Einzelplan des Bundeshaushalts ausgewiesen und unterliegen einer strengen Kontrolle durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sowie den Bundesrechnungshof.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen können öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zur Finanzierung eingesetzt werden?

Öffentlich-private Partnerschaften im Bereich der Bundesfernstraßenfinanzierung sind nach deutschem Recht grundsätzlich zulässig, müssen sich jedoch an klare normative Rahmenbedingungen halten. Die rechtliche Grundlage bildet insbesondere das Gesetz zur Beschleunigung von ÖPP-Verfahren (ÖPP-Beschleunigungsgesetz) in Verbindung mit haushaltsrechtlichen Vorschriften des Bundes und des Vergaberechts (insbesondere GWB, VgV, SektVO). Entscheidend ist die Erfüllung des Wirtschaftlichkeitsgebotes gemäß § 7 BHO sowie die Vergabe nach transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt auf Basis spezifischer Vertragsmodelle (z. B. Verfügbarkeitsmodell, Betreibermodell), die zudem Zustimmung durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages benötigen.

Wie findet die Kontrolle und Überwachung der Mittelverwendung rechtlich statt?

Die Kontrolle und Überwachung der Mittelverwendung bei der Finanzierung von Bundesfernstraßen unterliegt mehreren gesetzlichen Regelungen. Zentrale Rolle spielt der Bundesrechnungshof, der gemäß §§ 88 ff. BHO sowie auf Grundlage des Finanzverwaltungsgesetzes die Haushalts- und Wirtschaftsführung prüft. Die Autobahn GmbH des Bundes ist verpflichtet, dem BMDV regelmäßig Rechenschaft über die Verwendung der Bundesmittel abzulegen, einschließlich detaillierter Wirtschaftlichkeits-, Verwendungsnachweise und Jahresabschlüsse. Daneben besteht für größere Investitionsvorhaben eine parlamentarische Kontrolle durch den Haushaltsausschuss, der prüft, ob die Mittel gemäß ihrer Zweckbindung nach FStrAbG sowie den jeweiligen Haushaltsgesetzen der vorgesehenen Verwendung zugeführt wurden.

Welche rechtlichen Regelungen gelten beim Einsatz von Mautgeldern für den Ausbau und die Instandhaltung?

Der Einsatz von Mautgeldern unterliegt speziellen gesetzlichen Vorgaben des Bundesfernstraßenmautgesetzes. Nach § 11 BFStrMG dürfen die eingenommenen Gelder ausschließlich für Bundesfernstraßeninfrastrukturmaßnahmen, insbesondere Neubau, Ausbau, Erhalt und Betrieb verwendet werden. Verstöße gegen diese Zweckbindung können gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze verstoßen und verwaltungs- sowie strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Das Gesetz schreibt zudem die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Verwendungsnachweisen und Mittelberichten vor, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung sicherzustellen.

Was ist rechtlich beim Haushaltsvollzug der Finanzierungsmittel zu beachten?

Der Haushaltsvollzug der Bundesfernstraßenfinanzierung richtet sich nach den Vorschriften des Bundeshaushaltsrechts und des Fernstraßenausbaugesetzes. Insbesondere sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (§ 7 BHO). Des Weiteren sind alle Ausgaben Kapitel für Kapitel im Bundeshaushaltsplan zu veranschlagen, wobei Verpflichtungsermächtigungen und Ausgabereste unterliegen einer Zustimmungspflicht und einer gesonderten Verwaltung. Die geleisteten Mittel dürfen ausschließlich für den im Haushaltsgesetz angegebenen Zweck verwendet werden, etwaige Überschreitungen oder Umschichtungen bedürfen einer gesonderten Genehmigung durch das BMDV bzw. das Bundesministerium der Finanzen (BMF).

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen zur Refinanzierung der Investitionen?

Zur Refinanzierung von Investitionen in die Bundesfernstraßen stehen dem Bund rechtlich vor allem zwei Instrumente zur Verfügung: Die Erhebung von Mautgebühren (insbesondere Lkw-Maut, künftig perspektivisch auch Pkw-Maut) sowie die Aufnahme von Krediten im Rahmen der haushaltsrechtlichen Spielräume. Jegliche Kreditfinanzierung ist nach Art. 115 GG jedoch auf das im Bundeshaushaltsgesetz vorgegebene Maß und die Schuldenbremse beschränkt. Alternativ sind Einnahmen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen zulässig, sofern sie explizit zur Mitfinanzierung oder Refinanzierung von Infrastruktur vorgesehen und rechtlich abgesichert sind. Instrumente wie Anleihen oder Projektbonds sind aktuell haushaltsrechtlich nicht vorgesehen, könnten aber im Rahmen zukünftiger Gesetzesänderungen implementiert werden.