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Bundesagentur für Arbeit


Bundesagentur für Arbeit – Rechtliche Einordnung und Aufgaben

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die zentrale Arbeitsmarkt- und Dienstleistungsbehörde der Bundesrepublik Deutschland. Sie nimmt umfangreiche hoheitliche, sozialversicherungsrechtliche und öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr und ist ein eigenständiges rechtsfähiges Bundesorgan. Die BA zählt zu den bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts und ist durch spezifische Gesetze organisiert und geregelt.


Rechtsgrundlagen der Bundesagentur für Arbeit

Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)

Die Bundesagentur für Arbeit wurde auf Grundlage des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) – Arbeitsförderung errichtet. Das SGB III regelt die Aufgaben, Organisation und die Finanzierung der Arbeitsförderung. Die wesentlichen Aufgaben der BA sind in § 363 SGB III (Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit) sowie in weiteren Vorschriften des SGB III gesetzlich verankert.

Weitere einschlägige Gesetze und Vorschriften

Neben dem SGB III finden sich auch Regelungen im Ersten Sozialgesetzbuch (SGB I) und im Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende), insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung der Grundsicherung durch gemeinsame Einrichtungen (Jobcenter).

Rechtsstellung und Selbstverwaltung

Die Bundesagentur für Arbeit ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 367 SGB III). Sie handelt im eigenen Namen, ist rechtsfähig und unterliegt der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).


Aufgaben, Funktion und Organisation

Zentrale Aufgaben nach SGB III

Zu den gesetzlich definierten Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit gehören insbesondere:

  • Förderung der Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Wiedereingliederung (§§ 77 ff. SGB III)
  • Vermittlung und Beratung von Arbeitsuchenden und Arbeitgebern (§§ 35 ff. SGB III)
  • Erbringung von Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld, Insolvenzgeld)
  • Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung (§§ 108 ff. SGB III)
  • Arbeitsmarktbeobachtung und -forschung (§ 282 SGB III)
  • Kooperation mit anderen Leistungsträgern im Sozialleistungsbereich

Durchführung der Grundsicherung (SGB II)

Im Rahmen der Grundsicherung (§ 6 SGB II) wirkt die Bundesagentur für Arbeit bei der Umsetzung des Zweiten Sozialgesetzbuchs mit, vor allem durch „gemeinsame Einrichtungen“ (Jobcenter) mit den Kommunen. Die Aufgaben beziehen sich auf die Sicherstellung des Lebensunterhalts für erwerbsfähige Hilfebedürftige und deren Integration in Arbeit.

Aufbau, Organe und Verwaltung

Die strukturelle Organisation der BA umfasst:

  • Zentrale in Nürnberg (§ 371 SGB III)
  • Regionaldirektionen (§ 372 SGB III)
  • Agenturen für Arbeit auf lokaler Ebene (§ 373 SGB III)
  • Gemeinsame Einrichtungen für die Grundsicherung (zusammen mit kommunalen Trägern, § 44b SGB II)

Die selbstverwalteten Organe setzen sich aus dem Vorstand, dem Verwaltungsrat und lokalen Verwaltungsgremien zusammen. Die Mitglieder dieser Gremien unterliegen öffentlich-rechtlichen Pflichten und werden durch Arbeitnehmer-, Arbeitgeber- und öffentliche Vertreter demokratisch besetzt.


Rechtsaufsicht, Weisungsgebundenheit und rechtliche Beziehungen

Rechtsaufsicht

Die BA untersteht der Rechtsaufsicht des BMAS (§ 393 SGB III). Die Aufsicht betrifft insbesondere die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und nicht die Zweckmäßigkeit. Die Bundesagentur für Arbeit erarbeitet jährliche Geschäfts- und Finanzpläne und unterliegt der Überprüfung durch den Bundesrechnungshof (§ 374 SGB III).

Weisungsbefugnisse und Delegationsverfahren

Im Rahmen der Umsetzung von Sozialleistungen ist die BA grundsätzlich zur eigenverantwortlichen Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben befugt. Im Bereich der Grundsicherung (SGB II) existieren hinsichtlich der bundesgesetzlichen Vorgaben Weisungsrechte des BMAS gegenüber der BA und den gemeinsamen Einrichtungen.


Finanzierung und Vermögensverwaltung

Beitragserhebung und Umlagen

Die Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit erfolgt in erster Linie durch Beiträge zur Arbeitsförderung, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu gleichen Teilen getragen werden (§ 341 SGB III). Der Beitragssatz wird regelmäßig vom Gesetzgeber nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten festgelegt.

Haushaltsführung und Sondervermögen

Die BA verwaltet ein eigenes Sondervermögen des Bundes (§ 370 SGB III), aus dem sie die Zahlungsflüsse im Rahmen der Arbeitsförderung bestreitet. Sie ist zur ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet und muss ihre Mittel ausschließlich für die gesetzlich festgelegten Aufgaben einsetzen.


Rechtsschutz, Aufsicht und Kontrolle

Verwaltungsakte und Widerspruchsverfahren

Die Entscheidungen der BA erfolgen regelmäßig durch Verwaltungsakte (§ 31 SGB X). Gegen diese Akte können Adressaten im Widerspruchsverfahren (§§ 78 ff. SGG) Rechtsschutz suchen. Nach erfolglosem Widerspruch besteht die Möglichkeit einer Klage vor dem Sozialgericht.

Datenschutz und Sozialgeheimnis

Die Bundesagentur für Arbeit unterliegt den Vorgaben des Datenschutzes, insbesondere gemäß den §§ 67 ff. SGB X und den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Alle Beschäftigten sind zur Wahrung des Sozialgeheimnisses verpflichtet.


Bedeutung und Rolle der Bundesagentur für Arbeit im Rechtssystem

Die BA ist ein maßgeblicher Träger der öffentlichen Arbeitsverwaltung in Deutschland. Sie wirkt maßgeblich an der Sicherstellung des Sozialstaatsprinzips mit und garantiert wesentliche Elemente der Daseinsvorsorge durch die Gewährleistung von Solidarität und Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Die von ihr erbrachten Leistungen und Angebote unterliegen dabei umfangreichen gesetzlichen Vorgaben, Kontrollen und Möglichkeiten zur gerichtlichen Überprüfung.


Literatur- und Quellenhinweise

  • Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) – Arbeitsförderung
  • Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)
  • Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)
  • Bundesagentur für Arbeit – Geschäftsbericht und Statistiken
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales – Rechtsvorschriften
  • Entscheidungen der Sozialgerichte und des Bundessozialgerichts

Dieser Artikel bietet eine umfassende und strukturierte Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Arbeitslosengeld I von der Bundesagentur für Arbeit zu erhalten?

Um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) bei der Bundesagentur für Arbeit geltend machen zu können, sind nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) insbesondere drei rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen. Erstens muss eine Arbeitslosigkeit im rechtlichen Sinne vorliegen (§ 119 SGB III), das heißt, die antragstellende Person darf keiner Beschäftigung nachgehen, steht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und unternimmt eigene Bemühungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit. Zweitens muss die Person in den letzten 30 Monaten mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben (sogenannte Anwartschaftszeit gemäß § 142 SGB III); hierbei werden auch Zeiten des Bezugs von Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Zeiten der freiwilligen Versicherung in der Arbeitslosenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigt. Drittens ist die persönliche Arbeitslosmeldung (§ 141 SGB III) bei der zuständigen Agentur für Arbeit zwingend erforderlich, wobei der Arbeitslose spätestens am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit vorsprechen muss. Bei Nichterfüllung dieser Vorgaben kann der Leistungsanspruch ganz oder teilweise (z.B. als Sperrzeit) entfallen.

In welchen Fällen kann eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld verhängt werden und welche rechtlichen Folgen ergeben sich daraus?

Eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld kann gemäß §§ 159 ff. SGB III verhängt werden, wenn die leistungsberechtigte Person gegen ihre versicherungsrechtlichen Pflichten verstößt. Zu den häufigsten Gründen zählen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses ohne wichtigen Grund, Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung oder Maßnahme sowie das Herbeiführen von Arbeitslosigkeit durch vertragswidriges Verhalten. Die Rechtfolge einer Sperrzeit besteht darin, dass für die Dauer der Sperrzeit – je nach Art und Häufigkeit des Pflichtverstoßes zwischen einer und zwölf Wochen – kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Darüber hinaus reduziert sich durch die Sperrzeit auch die Gesamtdauer des Anspruchs entsprechend (§ 148 SGB III). Zusätzlich kann eine Sperrzeit Auswirkungen auf den Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsschutz haben, da während der gesperrten Zeit keine Versicherungsleistungen erbracht werden.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit im laufenden Leistungsbezug und wie sind diese rechtlich geregelt?

Im Rahmen des Bezugs von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit treffen die Leistungsberechtigten umfassende Mitwirkungspflichten, die sich aus §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sowie spezifischen Regelungen des SGB III ergeben. Leistungsberechtigte sind verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Leistungsanspruch oder die -höhe erheblich sind, der Agentur für Arbeit unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen; hierzu zählen insbesondere Arbeitsaufnahme, Änderungen des Wohnsitzes, Nebeneinkommen oder der Eintritt von Krankheit. Ferner müssen sie an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilnehmen, Bewerbungsbemühungen nachweisen und auf entsprechende Einladungen erscheinen (§ 309 SGB III). Die Verletzung dieser Mitwirkungspflichten kann zu Leistungskürzungen, Rückforderungen oder zum vollständigen Verlust des Leistungsanspruchs führen.

Welchen rechtlichen Rahmen setzen Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen der Bundesagentur für Arbeit?

Gegen Bescheide der Bundesagentur für Arbeit können betroffene Personen gemäß §§ 83 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Agentur für Arbeit einzureichen. Wird dem Widerspruch nicht oder nicht vollständig stattgegeben, kann anschließend innerhalb eines weiteren Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Während des Widerspruchs- und Klageverfahrens kann unter bestimmten Bedingungen einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden (§ 86b SGG). Voraussetzung für die Zulässigkeit ist grundsätzlich die vorherige Durchführung des Widerspruchsverfahrens, sofern keine Ausnahme, beispielsweise bei bestimmten Verwaltungsakten, greift.

Welche Datenschutz- und Auskunftsrechte bestehen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit aus rechtlicher Sicht?

Die Bundesagentur für Arbeit unterliegt den Datenschutzbestimmungen des Sozialgesetzbuchs (§§ 67 ff. SGB X) sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Betroffene haben das Recht, über die zu ihrer Person gespeicherten Daten Auskunft zu erhalten, die Berichtigung unrichtiger oder die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten zu verlangen. Eine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte ist grundsätzlich nur im Rahmen gesetzlicher Befugnisse, wie etwa zur Zahlung von Kindergeld, zum Schutz sozialer Rechte oder zur Verfolgung von Straftaten zulässig. Anfragen zur Datenverarbeitung sind schriftlich, elektronisch oder mündlich an die zuständige Agentur für Arbeit oder den behördlichen Datenschutzbeauftragten zu richten. Der Missbrauch oder die rechtswidrige Offenlegung von Sozialdaten kann mit Geldbußen oder Strafmaßnahmen geahndet werden.

Unter welchen rechtlichen Bedingungen kann die Bundesagentur für Arbeit Leistungen zurückfordern?

Die Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen durch die Bundesagentur für Arbeit richtet sich rechtlich nach § 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes) und § 50 SGB X (Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen). Rückforderungsansprüche entstehen beispielsweise, wenn Arbeitslosengeld aufgrund falscher Angaben, unterlassener Mitteilungen oder rechtsfehlerhafter Bescheiderteilung gezahlt wurde. Die Rückforderung erfolgt regelmäßig durch einen schriftlichen Rückforderungsbescheid, gegen den Widerspruch und gegebenenfalls Klage möglich sind. Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche beträgt vier Jahre ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Rückforderungsanspruch entstanden ist (§ 50 Abs. 4 SGB X). In Fällen von vorsätzlich falschen Angaben beträgt die Frist 30 Jahre. Erfolgt keine freiwillige Rückzahlung, kann die Bundesagentur für Arbeit im Wege der Vollstreckung die Beträge beitreiben lassen.