Begriff und rechtliche Einordnung des Bundes
Der Begriff „Bund“ spielt im deutschen und europäischen Recht eine zentrale Rolle und bezeichnet unterschiedliche rechtliche Erscheinungsformen, hauptsächlich die oberste staatliche Ebene der Bundesrepublik Deutschland sowie Körperschaften und Zusammenschlüsse mit Hoheitscharakter. Die folgende Darstellung beleuchtet den Begriff detailliert aus verfassungsrechtlicher, staatsorganisationsrechtlicher, verwaltungsrechtlicher und europarechtlicher Perspektive.
Der Bund als Zentralstaat in der Bundesrepublik Deutschland
Verfassungsrechtliche Grundlagen
Der Bund ist im Grundgesetz (GG) als Bund der Länder normiert und bildet zusammen mit den Ländern die Bundesrepublik Deutschland (§ 20 Abs. 1 GG). Er stellt die oberste staatliche Ebene dar, der im föderalen System übergeordnete Kompetenzen zukommen. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten erfolgt in den Art. 30, Art. 70 ff. GG.
Das Grundgesetz verwendet den Begriff „Bund“ meist als Synonym für die Bundesebene und differenziert damit von den Ländern als Trägern eigenständiger Staatsgewalt.
Kompetenzen und Aufgaben
Die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes bestimmen sich gemäß Art. 70 GG: Grundsätzlich ist die Gesetzgebung bei den Ländern, der Bund erhält sie nur, wenn das Grundgesetz dies ausdrücklich vorsieht (Art. 71, 72 GG). Es wird zwischen ausschließlicher Gesetzgebung (z.B. Außenpolitik, Verteidigung, Währung, Staatsangehörigkeit) und konkurrierender Gesetzgebung differenziert.
Andere Aufgabenbereiche wie Verwaltung, Verteidigung und Justiz werden gemäß GG zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Eigene Verwaltungsaufgaben nimmt der Bund etwa im Bereich Bundeswehr, Zoll, Bundespolizei oder Bundesfinanzverwaltung wahr (Art. 87 ff. GG).
Staatsorganisationsrechtliche Ausgestaltung
Dem Bund obliegen zentrale Staatsorgane: Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident. Sie üben über den bundesstaatlichen Gesamtzusammenhang politische, rechtsetzende und administrative Kontrolle aus.
Finanzhoheit
Nach den Art. 104a ff. GG stehen dem Bund bestimmte Steuerquellen und Finanzmittel zu. Die Verteilung der Steuereinnahmen und die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern (Finanzausgleich) sind komplex geregelt, um eine gleichmäßige Lebensverhältnisse zu gewährleisten.
Völkerrechtliche Vertretung
Der Bund besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für internationale und völkerrechtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland (Art. 32 GG). Auch die Kriegsführungs- und Verteidigungshoheit liegt allein beim Bund (Art. 115a ff. GG).
Bund als Körperschaft oder verbindender Zusammenschluss
Der Bund im öffentlichen Recht
Der Begriff „Bund“ kann ferner eine öffentlich-rechtliche Körperschaft auf Bundesebene bezeichnen. Dazu gehören neben dem Bund als Gesamtstaat auch rechtlich eigenständige Körperschaften wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) oder der Deutsche Bundesrat als Verfassungsorgan.
Der Bund im Privatrecht
Im Privatrechtlich-öffentlichen Bereich kann „Bund“ auch die Zusammenschlüsse von Personen oder Personengruppen zu einem Förder-, Interessen- oder Zweckverband bezeichnen – etwa in der traditionellen Form eingetragener Vereine (z.B. Deutscher Bund für Vogelschutz).
Diese Bedeutung spielt jedoch im öffentlichen Recht nur eine untergeordnete Rolle.
Der Bund im historischen Kontext
Deutscher Bund und Norddeutscher Bund
Historisch wurde der Begriff auch für föderative Zusammenschlüsse von Staaten auf deutschem Gebiet verwendet. Der „Deutsche Bund“ (1815-1866) war ein loser Staatenbund, der keine Staatsqualität im modernen Sinne besaß. Der „Norddeutsche Bund“ (1867-1871) war der Vorläufer des heutigen Bundesstaates und bildete zusammen mit den süddeutschen Staaten das Deutsche Reich ab 1871.
Bund im Sinne anderer Rechtsordnungen und im Völkerrecht
Verwendung in anderen Staaten
In anderen föderalen Staaten wie der Schweiz, Österreich oder Belgien wird der Begriff „Bund“ ebenfalls als staatliche Ebene genutzt. Die jeweiligen Verfassungen regeln die Kompetenzen und Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Gliedstaaten unterschiedlich, weisen aber viele strukturelle Parallelen auf.
Bund im Völkerrecht
Im Völkerrecht wird unter Bund ein Staatenbund (Konföderation) verstanden, in dem die Mitgliedsstaaten ihre Eigenstaatlichkeit weitgehend behalten. Im Unterschied dazu steht der „Bundesstaat“ (Föderation), wie ihn das Grundgesetz für Deutschland kennt.
Zusammenfassung und Abgrenzung
Der Begriff „Bund“ besitzt im deutschen Recht eine Vielzahl von Bedeutungen, deren prägendste jedoch die Rolle als oberste staatliche Ebene im föderalen System der Bundesrepublik ist. Der Bund verfügt über fest umrissene Kompetenzen und Aufgaben, unterliegt strengen rechtlichen Bindungen des Grundgesetzes und vertritt Deutschland nach außen. Ergänzend finden sich historische und begriffliche Verwendungen, die sich von der heutigen staatsrechtlichen Terminologie abgrenzen lassen.
Weiterführende Rechtsgrundlagen:
- Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (besonders Art. 20, 30, 70-115d GG)
- Bundeshaushaltsordnung (BHO)
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
- Völkerrechtliche Verträge der Bundesrepublik Deutschland
Dieser Artikel dient der umfassenden Orientierung über alle rechtlichen Dimensionen des Begriffs Bund und seiner Rolle für die Rechtsordnung, Staatsorganisation sowie als historischer und völkerrechtlicher Begriff.
Häufig gestellte Fragen
Welche Gesetzgebungskompetenzen hat der Bund im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland?
Im deutschen Bundesstaat ist die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz (GG) geregelt. Der Bund besitzt zunächst nur jene Kompetenzen, die ihm ausdrücklich vom Grundgesetz übertragen wurden (Art. 30, 70 GG). Im Wesentlichen werden folgende Kompetenzarten unterschieden: die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes (Art. 71, 73 GG), die konkurrierende Gesetzgebung (Art. 72, 74 GG) und die Rahmengesetzgebung (Art. 75 GG, letzteres ist mit der Föderalismusreform weitgehend weggefallen). In Bereichen der ausschließlichen Gesetzgebung darf nur der Bund Gesetze erlassen, etwa im Außenhandel oder im Passwesen. Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung dürfen hingegen die Länder tätig werden, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch macht – also beispielsweise im Strafrecht oder im Arbeitsrecht. Die genaue Kompetenzverteilung regelt das Grundgesetz durch detaillierte Kompetenzkataloge, die bisweilen auch streitanfällig sind und durch das Bundesverfassungsgericht definiert werden.
Wie verhält sich die Bundesaufsicht gegenüber der Landesverwaltung?
Die Bundesaufsicht ist ein wesentliches Kontrollinstrument des Bundes über die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder. Grundsätzlich führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus (Art. 83 GG), sind hierbei jedoch an Weisungen des Bundes gebunden, soweit das Gesetz dies vorsieht (Art. 84 GG). In bestimmten Fällen, insbesondere dort, wo die Gesetze im Auftrag des Bundes ausgeführt werden (Art. 85 GG), kann der Bund auch Fachaufsicht ausüben und den Ländern verbindliche Weisungen erteilen. Die Bundesaufsicht umfasst die Rechtsaufsicht (Überprüfung, ob Landesvollzug den rechtlichen Vorgaben entspricht) und in Fällen der Bundesauftragsverwaltung die Fachaufsicht (inhaltliche Weisungen durch den Bund). Bei Streitigkeiten ist das Bundesverfassungsgericht zuständig (Art. 93 GG).
Welche Bedeutung hat die Bundestreue für das Verhältnis zwischen Bund und Ländern?
Das ungeschriebene Verfassungsprinzip der Bundestreue verlangt, dass sich Bund und Länder im föderalen Gefüge partnerschaftlich, loyal und kooperativ begegnen. Es verpflichtet beide Ebenen – auch ohne ausdrückliche Regelung – zu wechselseitiger Rücksichtnahme und gegenseitiger Unterstützung sowie zur Wahrung des Bundesstaates in seiner Funktionsfähigkeit. Die Bundestreue wirkt insbesondere als verfassungsrechtliche Schranke gegen ein übergriffiges Verhalten einer Ebene und hat durch das Bundesverfassungsgericht eine Konkretisierung erfahren. Sie beeinflusst etwa Kooperationspflichten, Informationspflichten und die Notwendigkeit gegenseitiger Anhörung bei Maßnahmen mit Auswirkungen auf die jeweils andere Ebene. Verstöße gegen die Bundestreue können vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden.
Welche Rolle spielt der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene?
Der Bundesrat ist das Verfassungsorgan, durch das die Länder am Prozess der Bundesgesetzgebung sowie an der Verwaltung und an Angelegenheiten der Europäischen Union mitwirken (Art. 50 GG). Er besteht aus Mitgliedern der Landesregierungen. Im Gesetzgebungsverfahren prüft und berät der Bundesrat alle Gesetzesvorlagen, kann Initiativrecht ausüben (als Gremium oder auf Antrag eines Landes), Änderungsvorschläge unterbreiten und muss in bestimmten Fällen (Zustimmungsgesetze, Art. 77 Abs. 2 GG) zwingend zustimmen. Andernfalls kann ein Gesetz nicht zustande kommen. Auch bei Einspruchsgesetzen hat der Bundesrat die Möglichkeit, Einwände zu erheben, die durch den Bundestag überstimmt werden können. Die Beteiligungsrechte sichern föderale Einflussnahme und verhindern, dass der Bund ohne Länderbeteiligung in sensiblen Bereichen entscheidet.
Welche gerichtlichen Instanzen überwachen die Handlungen des Bundes?
Die wichtigsten Instanzen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Bundeshandeln sind das Bundesverfassungsgericht und, im Bereich der Fach- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, die obersten Bundesgerichte (z.B. Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht, Bundesarbeitsgericht usw.). Das Bundesverfassungsgericht prüft dabei insbesondere die Vereinbarkeit von Bundesgesetzen und anderen Akten des Bundes mit dem Grundgesetz (Normenkontrolle, Verfassungsbeschwerde, Organstreitverfahren, Bund-Länder-Streitigkeiten gemäß Art. 93 GG). Die übrigen Bundesgerichte sind für Fachfragen im Rahmen ihrer Gerichtsbarkeit zuständig und entscheiden abschließend über Bundesrechtsfragen, etwa in Verwaltungssachen, Steuersachen oder im Sozialrecht. Damit besteht eine umfassende gerichtliche Kontrolle des Bundes über verschiedene Instanzen hinweg.
Welche Haushaltsautonomie besitzt der Bund im Vergleich zu den Ländern?
Dem Bund steht nach Art. 110 GG das Recht der eigenständigen Haushaltsaufstellung und -führung zu. Der Bundeshaushalt wird jährlich vom Bundestag als Haushaltsgesetz erlassen. Dieser Prozess unterliegt den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Haushaltsgrundsätze wie Vollständigkeit, Jährlichkeit, Einheit und Öffentlichkeit. Der Bund muss zudem die Schuldenbremse gemäß Art. 109, 115 GG beachten, die eine strukturelle Nettokreditaufnahme weitgehend untersagt, von Ausnahmen im Rahmen außergewöhnlicher Notsituationen abgesehen. Die Kontrolldichte des Haushaltsvollzugs erfolgt durch den Bundesrechnungshof. Während die Länder über eigene Haushaltsautonomie verfügen, koordiniert der Bund gemeinsam mit den Ländern den Finanz- und Lastenausgleich, wobei dem Bund – anders als im Bereich der Gesetzgebung – bei der Verwendung seiner Mittel eine starke Eigenständigkeit zukommt.
Welche besonderen Gesetzgebungserfordernisse gelten im Verteidigungsfall für den Bund?
Im Verteidigungsfall (Art. 115a ff. GG) treten zahlreiche Sonderregelungen für den Bund ein. Er kann die Zuständigkeit haben, für bestimmte Gebiete Gesetze zu erlassen, die sonst den Ländern vorbehalten wären. Zudem erhält der Bund weitgehende Handlungsbefugnisse zur Sicherstellung der äußeren und inneren Sicherheit sowie der Aufrechterhaltung lebensnotwendiger Versorgungen. Die Bundesregierung kann etwa Dienststellen zur Sicherstellung wichtiger Infrastruktur errichten, den Einsatz der Bundeswehr im Inneren anordnen und auch Länderbehörden unmittelbaren Weisungen unterstellen. Die Gesetzgebungsverfahren verkürzen sich; zudem kann die Bundesregierung Notgesetze erlassen, falls Bundestag und Bundesrat verhindert sind. Diese Sonderrechte gelten ausschließlich für den Zeitraum des ausgerufenen Verteidigungsfalls und sind im Grundgesetz eng begrenzt und überwacht.